
Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran und soll nun auch verstärkt im Gesundheitswesen und den Krankenhäusern Einzug halten. Digitale Patientenakten, den Arzttermin online buchen, Video-Sprechstunden, digitaler Check-In ins Krankenhaus, Online-Rezepte ausstellen, digitale Therapien und Operationen mit digitalen Hilfsmitteln sind auf dem Vormarsch. Die medizinische Vernetzung und technische Tools scheinen immer selbstverständlicher zu werden. Was einerseits für bessere Abläufe sorgen, Zeit beim Dokumentieren sparen könnte und somit Freiräume für mehr Austausch mit Patienten schafft, könnte andererseits aber noch mehr Platz für Arbeitsverdichtungen schaffen und dafür sorgen, dass eventuell noch schneller gearbeitet werden muss. Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus, wenn man sich in Zukunft völlig digitalisiert im Gesundheitswesen bewegen soll?
Welche Neuerungen könnte digitale Medizin bringen?
Unendliche Wartezeiten, Zimmer und Betten sind nicht bereit oder der Arztbrief kommt nicht an – all das könnte dann wohl der Vergangenheit angehören. Mithilfe technischer Programme werden Abläufe und Termine besser koordiniert und zielgerichteter auf Patienten abgestimmt werden können. Es stünde ein Maximum an Informationen bereit, die über Abruf von Codes eingesehen werden würden – jeder medizinische Bereich (ambulant, klinisch, Reha etc.) wäre mit einem Klick auf dem gleichen Stand. Hier bestehen oft noch verschiedene Praxisinformationssysteme. Medizinische Daten der Patienten würden also immer und überall abrufbar sein und alle relevanten Daten direkt an andere Versorger des Gesundheitswesens übergeben.
Durch Telemedizin können Fernbehandlungen stattfinden und Patienten über räumliche Distanz hinweg betreut werden. Folglich kann dadurch womöglich in einigen Fällen vermieden werden, dass sie stationär aufgenommen werden müssen.

Die Telemedizin macht Arztgespräche auch über eine große Distanz möglich.
Ebenso lässt digitale Medizin auch neue Möglichkeiten entstehen – beispielsweise könnte ein Patientenportal eingerichtet werden. Patienten könnten so über ihren Behandlungsstatus auf dem Laufenden bleiben und sich schon vor und nach dem Krankenhausaufenthalt über diese Plattform über alles Wichtige rund um die Behandlung erkundigen und mit anderen Leistungsträgern austauschen. Patienten würden dann beispielsweise schon gut informiert ins Krankenhaus kommen, sodass es Erleichterungen bei den Anmeldungen, Aufnahmeprozessen und Aufklärungsgesprächen gibt.
Der Umbau auf Digitalisierung beinhaltet einen hohen Aufwand und birgt auch Risiken
So unkompliziert und effektiv das alles klingt, macht man sich mit der Einführung digitaler Strukturen verwundbar. Beispielsweise, wenn die Technik mal nicht reibungslos läuft oder man Opfer von Cyberangriffen wird. Das kann das Leben der Patienten wiederum gefährden. Ebenso darf man den Datenschutz nicht außer Acht lassen. Nicht jeder ist mit dem elektronischen und automatisierten Datenaustausch einverstanden und sollte selbst entscheiden dürfen, welche Informationen andere einsehen. Und dann stellt sich ebenfalls die Frage nach der Finanzierung – so große Veränderungen sind teuer – dabei fehlt es dem Gesundheitswesen und der Pflege ohnehin schon an Geld und Kapazitäten, seit Jahren bestehen Missstände.
Digitalisierung bedeutet auch, dass man mit viel Schulungsaufwand rechnen muss, es bedarf mehr Kräfte in den IT- und EDV-Abteilungen. Es müssen Weiterbildungen für Mitarbeiter stattfinden, um bestehende Ängste im Umgang mit Technik abzubauen. Und das bei einem schon vorherrschenden Personalmangel.
Die digitalen Angebote sollten außerdem auch für ältere Patienten nutzbar sein, technische Anforderungen müssen also möglichst geringgehalten werden, sodass sie darin auch einen Vorteil für sich erkennen können.
Status quo: Noch hinkt Deutschland in punkto Digitalisierung hinterher
Bei der Digitalisierung in der Medizin hat Deutschland noch großen Nachholbedarf, das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen 3-Länder-Studie von Fresenius und Allensbach. Die USA sind auf diesem Gebiet bereits deutlich weiter und besonders Spanien ist Vorreiter in Sachen Digitalisierung. Dies betrifft den Austausch unter Ärzten, die Diagnose und auch die Telemedizin.

Quelle: Fresenius
Bei der Vernetzung von Ärzten oder Gesundheitseinrichtungen untereinander ist Spanien Vorläufer im Vergleich der drei Länder untereinander. 67% gaben an, in diesem Bereich bereits digitale Möglichkeiten zu nutzen. Das sind weit mehr, als in den USA (45%) oder Deutschland (40%).

Quelle: Fresenius
Auch was das Potential digitaler Diagnosemethoden betrifft liegt Spanien weit vorne. 63% der Befragten nutzen in diesem Bereich bereits die Digitalisierung. Deutschland liegt mit 38% wieder deutlich hinter Spanien, ist in diesem Fall aber fortschrittlicher als die Vereinigten Staaten (35%).

Quelle: Fresenius
In der Telemedizin hat Deutschland gegenüber den anderen beiden befragten Nationen den deutlichsten Aufholbedarf. Nur 16 % der Befragten gaben an, dies bereits zu nutzen. Damit liegt Deutschland weit hinter den Werten der USA (43%) und Spanien (55%).
Fazit
Es geht darum, ein fortschrittliches Arbeitsumfeld zu schaffen, das auf dem neuesten Stand der Technik ist und gleichzeitig dafür sorgt, dass sich die Patienten wohlfühlen. Die jetzige Zeit dürfte ein großer Katalysator dafür sein, dass Digitalisierung in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen wird. Digitale Medizin wird die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren verändern. Diese verändernde Kraft in Gänze abzuschätzen, ist schwierig – sie wird aber einige Neuerungen bringen.
Der digitale Zug fährt schon – entweder gestalten Krankenhäuser ihn aktiv mit oder sie schauen zu und müssen dann versuchen, sich später irgendwie darin einzufinden, wenn kein Weg mehr daran vorbeiführt und es dann nicht mehr ausreicht, ein Ultraschallbild auf einer CD mitzugeben und eine Mailadresse zu haben. Innovation entsteht auch, indem man das Denken verändert, wie ein Krankenhaus zu sein hat und agiert; alte klassische Projektmanagement-Ansätze reichen nicht mehr aus. Schließlich geht Innovation nicht immer nur über Medizintechnik und neue Chefärzte, sondern auch auf der Prozessebene. Und dennoch wird auch in Zukunft kein Computer den persönlichen Kontakt vollständig ersetzen können. Denn Vieles lässt sich eben doch nur von Angesicht zu Angesicht besprechen. Auch körperliche Untersuchungen werden nicht von einem Smartphone abgenommen werden können. Die digitalen Tools sind nur eine zusätzliche Möglichkeit.