
Die optimale Einarbeitung von Ärzten/-innen in ihr neues Arbeitsumfeld ist essenziell, um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten und Personalfluktuationen zu reduzieren. Ärzte/-innen, die in den ersten Wochen sich selbst überlassen werden, springen oftmals ab, was vermeidbare Nachrekrutierungen erforderlich macht. Außerdem garantiert ein guter Einarbeitungsprozess einen guten Ruf für die eigene Klinik bei Neurekrutierungen, denn wer durch den „Buschfunk“ von der strukturierten Einarbeitung gehört hat, möchte diese auch erleben.
Der optimale Einarbeitungsprozess integriert den/die neue/n Mitarbeiter/in reibungslos in den Klinikalltag und schafft die perfekte Balance zwischen aktiver und passiver Unterstützung sowie Ermutigung zur Selbständigkeit. Dies kann nicht in einer Woche geschehen und sollte gründlich und mit Weitsicht geplant sein. Im Idealfall integriert gute Einarbeitung neue Ärzte/-innen schnell in das bestehende Team, macht sie schneller produktiv und selbständig, reduziert Unsicherheiten bei Vorgesetzten und Kollegen/-innen und vermeidet Leerläufe und Chaos.
Wir zeigen hier, wie man neue Ärzte/-innen umfassend fachlich einarbeitet, sie Schritt für Schritt in ihr neues Arbeitsumfeld integriert und ihnen damit schneller ermöglicht, gute Leistungen zu erbringen. Dazu haben wir für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen einen detaillierten Leitfaden für den konkreten Einarbeitungsprozess sowie zwei praktische Checklisten für einen guten Einstieg und die Tätigkeiten der ersten vier Wochen ausgearbeitet.
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Checkliste für ein vollständiges Willkommenspaket
„Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens.“ Diese Aussage wird Mahatma Gandhi zugeschrieben und verdeutlicht v.a. im Gesundheitswesen, was für eine wichtige Rolle ein guter Einstieg ins neue Arbeitsumfeld spielt. Medizin ist mehr als ein Job, sie ist für viele Ärzte/-innen eine Lebensaufgabe. Dementsprechend wichtig nehmen angehende Ärzte/-innen auch ihre berufliche Laufbahn, denn viele wollen in diesem Beruf nicht nur bleiben, sondern sich darin möglichst weit entwickeln. Damit das geschehen kann, ist der erste Tag als Grundstein einer erfüllten Arztkarriere essenziell.
Wer im neuen Krankenhaus keine Unterstützung bekommt, Arbeitsabläufe und Aufgaben nicht kennt und in den ersten Wochen „ins kalte Wasser geworfen“ wird, sieht eher keine Zukunft in der Klinik, in der man gerade den Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Eine freundliche Begrüßung, gründlich durchgeplante Einarbeitung und aktive Unterstützung vom ersten Tag an binden den Neuling jedoch sofort an den neuen Arbeitsplatz.
Informationsmaterialen, Kontaktdaten und Checklisten
Damit das gelingt, sollte dem Neuling ein Ordner mit umfangreichen Informationsmaterialien ausgehändigt werden. Darin sollten unbedingt enthalten sein:
- EDV-Zugänge, Passwörter etc.
- Schlüssel für Spinde, Türen, evtl. Garage etc.
- evtl. Arztkittel, notwendige Arbeitsmaterialien und Gerätschaften
- Lageplan des Krankenhauses
- detaillierter Tagesablauf und eigene Dienstzeiten sowie die von Kollegen/-innen
- Termine von Fortbildungen und Besprechungen
Ganz wichtig ist eine Liste mit Kontaktdaten für Rückfragen. Diese sollte in drei Teilbereiche unterteilt werden und in etwa so ausformuliert sein:
- Als Pate/-in ist Ihnen zugeteilt: Name Chef-, Ober- oder Stationsarzt/-ärztin, Telefon, persönlicher Mobilnummer, E-Mail
- In Ihrer Abteilung arbeiten: Auflistung aller Ärzte/-innen, Pflegekräfte, Therapeuten/-innen mit Namen, Telefon und E-Mail
- Ihre Ansprechpartner/innen sind: sämtliche zuständigen Ärzte/-innen, erfahrenes Pflegepersonal, Pflegedienstleitung, Personalsachbearbeitung, EDV-Mitarbeiter/innen
Für den Einarbeitungsprozess der nächsten Tage und Wochen sollte darüber hinaus eine Checkliste zum Abhaken beigefügt werden. Anhand dieser Liste kann der Neuling nicht nur ersehen, was ihn/sie an den einzelnen Tagen erwartet, sondern er/sie kann übersichtlich nachverfolgen, ob er/sie etwas übersehen hat. Die Auflistung sollte so detailliert wie möglich sein und den Zeitpunkt, die Tätigkeit, den Ort und den Namen des/-r Einweisenden enthalten, z.B.: „Woche 1: Einführung Beatmungsgerät in der Notaufnahme; Dr. Mustermann“.
Einarbeitung von Ärzten/-innen in 6 Schritten
Eine optimale Einarbeitung muss gut durchdacht sein und ist selbst im Gesundheitswesen nicht überall gleich. Von Station zu Station und Fachbereich zu Fachbereich gibt es unterschiedliche Anforderungen, die beachtet werden sollten. Obwohl sich die Ausgestaltung in Feinheiten unterscheiden kann, sind in jeder Klinik dieselben sechs Schritte mit individuellen Abwandlungen und Ergänzungen sinnvoll.
Schritt 1: Planning
Jede gute Einarbeitung sollte gründlich geplant sein, denn es gibt viele beteiligte Stellen. Nicht nur die Station oder Fachabteilung muss mitwirken, sondern das gesamte Krankenhaus: Personal- und Rechtsabteilung, die hauseigene EDV und natürlich das medizinische Personal sollte in diesem Planungsprozess beteiligt werden.
Die oben genannte Checkliste ist mit ihren ausführlichen Gliederungspunkten eine gute Basis. Sie sollte weiterhin ergänzt werden um eine detaillierte Liste mit administrativen, rechtlichen und weiteren Aufgaben, die dieses Mal aber nicht für den Neuling, sondern für die Mitarbeitenden gedacht ist. Schließlich muss jeder seine Aufgaben kennen, damit am ersten Arbeitstag alles vorbereitet ist. Daher sind möglichst klare Vorstellungen über den genauen Zeitplan, die jeweils zuständige Abteilung und die konkreten Mitarbeitenden der erste Planungsschritt.
Darauf aufbauend folgen die Überlegungen zu den individuellen Gegebenheiten in der Klinik:
- Welche Stationen sollte der Neuling besuchen, wann und mit wem?
- Wer erklärt welche Aufgaben?
- Wer ist dafür zuständig, alle notwendigen Unterlagen und Arbeitsgegenstände auszuhändigen?
- Welche hausinternen Besonderheiten müssen erklärt werden?
- Gibt es spezielle Arbeitsabläufe, Therapieverfahren oder medizinische Geräte, die der Neuling nicht kennt?
Je detaillierter man den Einarbeitungsprozess durchplant, desto reibungsloser wird später der Ablauf sein.
Schritt 2: Announcing
Die beste Planung nutzt nichts, wenn sie niemand kennt. Daher sollten alle am Einarbeitungsprozess Beteiligten über den geplanten Ablauf informiert werden, ihre Aufgaben kennen und wissen, wer der/die Neue überhaupt ist. Man sollte lieber zu viele Mitarbeitende informieren als zu wenige, mindestens aber das medizinische Personal, die Geschäftsführung und den Vorstand. Sofern notwendig, können z.B. auch externe Fachtherapeuten/-innen oder vermittelnde Hausärzte/-innen darüber informiert werden, dass es personellen Zuwachs gibt.
Ein kleines Rundschreiben genügt, wenn der ausgearbeitete Einarbeitungsprozess bereits öfter erfolgreich abgelaufen ist. Ist dieser jedoch frisch geplant worden oder wird erst zum dritten Mal angewendet, sollte im Rahmen einer kleinen Versammlung erläutert werden, wie der Prozess vonstattengeht.
Schritt 3: Integrating
Damit sich der/die neue Arzt/Ärztin auf Anhieb wohl und wie ein eingefügter Bestandteil des Teams fühlt, sollte er/sie nicht nur über alles rund um die Arbeit informiert werden. In vielen Kliniken gibt es soziale Netzwerke, die man dem Neuling ans Herz legen sollte. Gibt es z.B. klinikinterne Sportgruppen? Treffen sich alle Ärzte/-innen einmal im Monat zum Golf? Bestellen die Kollegen/-innen jeden Mittwoch gemeinsam Pizza? Vor allem im stressigen Klinikumfeld, wo man oftmals mehr als zehn Stunden täglich zubringt, können solche internen Kleinigkeiten dabei helfen, sich als neue/r Arzt/Ärztin schnell heimisch zu fühlen.
Schritt 4: Mentoring
Ein gut strukturiertes Mentoring-Programm erleichtert neuen Ärzten/-innen das Zurechtfinden vor allem in großen Kliniken mit komplexen Arbeitsabläufen. Oftmals ergeben sich Fragen nämlich erst während der Einarbeitungsphase, für die man als Neuling dann immer den/die richtige/n Ansprechpartner/in zur Hand hat. Der/die Mentor/in sollte mindestens für die ersten drei Monate bei Unsicherheiten zur Seite stehen und immer problemlos erreichbar sein.
Schritt 5: Networking
Ähnlich wie das Integrating zielt das Networking auf die soziale Komponente der Einarbeitungsphase ab. Networking ist jedoch etwas spezieller und bezieht sich primär auf – wie der Name schon sagt – die Vernetzung des/-r neuen Arztes/Ärztin mit anderen Medizinern/-innen.
Besonders geeignet sind z.B. Mitarbeiterversammlungen speziell für Ärzte/-innen und medizinisches Fachpersonal, informelle Treffen nach der Arbeit oder Kennenlernrunden z.B. während der Mittagspause. Je besser sich die Ärzteschaft untereinander kennt (auch fachübergreifend), desto besser für den klinikinternen Arbeitsablauf.
Auch das Thema Familie sollte aufgegriffen werden, da für ein möglichst langfristiges und für alle Seiten zufriedenstellendes Arbeitsverhältnis die Vereinbarkeit von Familie und Beruf früher oder später eine zentrale Rolle spielt. Veranstaltungen zur Vernetzung von Ärzten/-innen und deren Familien sorgen dafür, dass diese „Wurzeln schlagen“. Betriebsinterne Kindergärten oder Hausaufgabenbetreuungsangebote sind zusätzliche Anreize.
Schritt 6: Assessing
Die beste und strukturierteste Planung bringt nichts, wenn gesteckte Zwischenziele nicht immer wieder überprüft werden. Beim Assessing nimmt man sich daher in kleiner, informeller Runde Zeit, den aktuellen Stand des Neulings zu evaluieren. Mentor/in, Vorgesetzte/r und ein bis zwei Kollegen/-innen können so sicherstellen, dass der Einarbeitungsprozess wie geplant funktioniert. Wissens- und Kenntnislücken können schnell geschlossen und etwaige Probleme identifiziert und beseitigt werden. Als Faustregel sollte man von einem Turnus von ca. zwei bis drei Wochen über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten ausgehen.
Zeitplan für die Einarbeitung von Ärzten/-innen
Bei der Zeitplanung des Einarbeitungsprozessen für Ärzte/-innen sollte man darauf achten, den Neuling weder zu überfordern noch zu langweilen. Eine zu kurze Zeitplanung stresst, während eine zu lange Zeitplanung das Gefühl vermittelt, an der Hand gehalten zu werden.
Wir haben daher für Arbeitgeber/innen im Gesundheitswesen einen übersichtlichen Zeitplan für die Einarbeitung neuer Ärzte/-innen aufgestellt. Darin schildern wir Punkt für Punkt, wie der/die Neue an seine/ihre neue Tätigkeit herangeführt werden sollte.
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Tag 1
Der erste Tag ist für den/die neue/n Arzt/Ärztin nervenaufreibend. Daher sollte man nicht stur die folgende Checkliste abarbeiten, sondern zwischendurch immer wieder Zeit für kleine Pausen lassen. Selbst bei nur fünf Minuten Ruhe in der Kaffeeküche kann der/die neue Arzt/Ärztin die gewonnene Eindrücke auf sich wirken und Informationen sacken lassen.
- Begrüßung im Personalbüro
- persönliche Vorstellung aller Kollegen/-innen der Abteilung im Besprechungsraum
- persönliche Vorstellung auf allen zur Abteilung gehörenden Stationen und Funktionsabteilungen
- intensive Vorstellung und Begehung der Station, auf der die ärztliche Tätigkeit begonnen wird
- Bereitstellung eines tragbaren Telefons, einer Umkleidemöglichkeit, Dienstkleidung, Schlüssel
- Zuordnung zu einem/-r erfahrenen Kollegen/-in, der/die wie bei einer Hospitation begleitet
- restlicher Tag: Begleitung des/-r Kollegen/-in
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Tag 2
Nachdem die Örtlichkeiten und neuen Kollegen/-innen vorgestellt wurden, kann man sich am zweiten Tag den Details widmen. Dies auf den zweiten Tag zu verschieben, macht daher Sinn, weil viele neue Mitarbeitende am ersten Tag von neuen Eindrücken erschlagen werden und daher weniger aufnahmefähig für Feinheiten sind.
- Einweisung in die klinikinterne EDV durch Mitarbeitende der IT-Abteilung
- Einweisung in das Krankenhaus-Informations-System und Einweisung in sowie Einrichtung der Zugangsberechtigungen
- Aushändigung von unterstützenden Leitfäden und Arbeitsanweisungen (z.B. Organisationshandbuch, Hygiene-Ordner, Antibiotika-Leitlinien etc.)
- Übergabe eines Ordners mit dem ärztlichen Wochenplan und den wichtigsten Ablaufbeschreibungen
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Woche 1 bis 2
In den ersten beiden Wochen gilt es, die Balance zwischen Betreuung und Unterstützung sowie der Förderung der Selbständigkeit zu halten. Pflegepersonal sowie Stationsärzte/-innen sollten dazu angehalten werden, den/die Neue/n öfter zu fragen, ob alles gut läuft und Hilfe benötigt wird, ihn/sie aber auch allein Dinge ausprobieren lassen.
- schrittweise Heranführung an Tätigkeiten wie Blutentnahmen, Patientenaufklärung, Visiten, Arztbriefschreibung, Kodierung
- Supervision eines/-r erfahrenen Kollegen/-in, aktive Einmischung jedoch nur wenn nötig
- nach zwei bis drei Tagen sollte die Betreuung von anfangs drei Patienten/-innen in der ersten Woche übernommen werden
- Steigerung auf sechs Patienten/-innen in der zweiten Woche
- tägliche oberärztliche Supervision
- wöchentliche chefärztliche Supervision
- Entlastung bei einzelnen Arbeiten durch Kollegen/-innen
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Woche 3
Ab der dritten Woche sollte man dem Neuling nach und nach die aktive Unterstützung drosseln. Z.B. sollten Kollegen/-innen ihm/ihr keine Aufgaben mehr abnehmen, sondern nur noch Tipps geben. Es sollte jedoch auch weiterhin bei Bedarf geholfen werden; den/die neue/n Kollegen/-in bei Fragen und Problemen „an die Wand laufen zu lassen“, bringt niemandem etwas.
- wöchentliche oberärztliche Supervision
- 14-tägige chefärztliche Supervision
- Zielvereinbarungsgespräch mit zuständigem/-r Chefarzt/-ärztin
Einarbeitung von Ärzten/-innen: Woche 4
Ab jetzt sollte der/die neue Kollege/-in in der Lage sein, seine/ihre zugeteilten Aufgaben selbständig zu verrichten. In Ausnahme- und Sonderfällen – z.B. bei exotischen Krankheitsbildern oder außergewöhnlicher zeitlicher Überlastung – sollte natürlich weiterhin Unterstützung gewährt werden.
- oberärztliche Supervision in einem individuell vereinbarten Rhythmus
- chefärztliche Supervision in einem individuell vereinbarten Rhythmus
- innerbetriebliche Fortbildungen für vorhandene Wissenslücken anbieten
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