Wie gelingt Kliniken eine ideale Candidate Experience für den Arzt? Eine wichtige Frage. Denn viele Arbeitgeber im Gesundheitswesen unterschätzen die Wichtigkeit des Candidate Journey für alle Touchpoints zwischen Bewerber und potenziellem Arbeitgeber. Wie Rekrutierungsprozesse für Fachkräfte im Gesundheitswesen optimiert werden können und was Arbeitgeber dabei beachten sollten, behandelt dieser Artikel.
Candidate Experience für den Arzt – was das genau bedeutet
Der englische Begriff „Candidate Experience“ oder auch „Candidate Journey“ bezeichnet die individuellen Erfahrungen, die Bewerber während des Rekrutierungsprozesses bei Unternehmen machen. Dabei lassen sich drei große Touchpoints bzw. Kontaktpunkte zwischen Arbeitgeber und Kandidat identifizieren.
- Bereits vor der eigentlichen Bewerbung beeinflusst das Image einer Klinik die Entscheidung von Fachkräften, ob sie sich diese als zukünftigen Arbeitgeber vorstellen können. Um hier bei Kandidaten zu punkten, eignen sich z.B. die Ausstellung auf Jobmessen, ansprechender Social-Media-Content, Werbung und die Mundpropaganda zufriedener Mitarbeiter.
- Während der Rekrutierungsphase spielen vor allem eine informative Stellenanzeige, ein unkomplizierter Bewerbungsprozess mit klar benannten Ansprechpartnern und ein wertschätzendes Vorstellungsgespräch eine große Rolle. Achtung: Auch Absagen können positiv für den Candidate Journey genutzt werden. Vielleicht bietet sich die Aufnahme in einen Talent-Pool oder eine Benachrichtigung bei zukünftig offenen Stellen an?
- Mit dem ersten Arbeitstag ist ein weiterer wichtiger Touchpoint angesprochen. Ein optimaler Onboardingprozess beinhaltet die Förderung eines guten Arbeitsklimas unter den Fachkräften. Ebenso eine Feedback-Kultur und die Möglichkeit, sich mit innovativen Ideen einzubringen. Das sorgt einerseits für zufriedene Mitarbeiter und tut andererseits dem Arbeitgeber-Image gut.
Welche Rolle spielt die Zeit vor der Bewerbung für die Candidate Experience?
Wo suchen junge Ärztinnen und Ärzte nach offenen Stellen? Wenn man aktuellen Statistiken glauben darf, dann vor allem online. Für Kliniken, Krankenhäuser und andere Arbeitgeber im Gesundheitswesen bedeutet das: eine ansprechende Unternehmenswebsite und auf die Zielgruppen abgestimmter Social-Media-Content werden immer wichtiger.
Kliniken, die Online-Bewerbungsformulare nutzen, sollten diesen Prozess möglichst einfach gestalten. Online-Formulare, die potenzielle Kandidaten direkt zu Beginn mit zu vielen Fragen „erschlagen“, können zu Frustration und hohen Absprungraten führen, obwohl Bewerber grundsätzlich an dem betreffenden Unternehmen interessiert sind.
Vorteilhaft sind dagegen Online-Formulare, die ihre Struktur durch eine schlicht gehaltene Gliederung gut erkennen lassen oder für deren Abschluss der Bewerber möglichst wenige Schritte benötigt.
Arzt im Krankenhaus: Wie kann die Bewerbungsphase optimiert werden?
Nach der Bewerbung kommt idealerweise das Vorstellungsgespräch. Nicht nur junge Mediziner, sondern auch Kliniken und Krankenhäuser können hier einiges falsch machen. Findet anstelle eines interessierten Gesprächs nur die einseitige Abarbeitung eines Fragenkatalogs statt, ist dies nicht nur ein absolutes No-Go, sondern hinterlässt auch keinen guten Eindruck bei Bewerbern.
Eine Unterhaltung auf Augenhöhe, eine freundliche, wertschätzende Atmosphäre, Transparenz und Pünktlichkeit sind dagegen gute Voraussetzungen für ein Vorstellungsgespräch, das für beide Parteien angenehm verläuft. Besonders wichtig in dieser Phase ist direktes Feedback und eine endgültige Rückmeldung, die nicht allzu lange auf sich warten lässt.
Tipp: Wer Bewerber nach Abschluss des Auswahlverfahrens um ihre Meinung zum Bewerbungsprozess bittet, hat damit ein wichtiges Tool für die Verbesserung des Recruiting in der Hand.
Willkommenskultur für neue Mitarbeiter: Warum sie so wichtig ist
Ein reibungsloses Onboarding ist die beste Grundlage für langfristige Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit in der Belegschaft. Angesichts des Fachkräftemangels und der hohen Kosten von Recruitingprozessen ein Punkt, dem im Gesundheitswesen große Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Wie können Kliniken eine ansprechende Willkommenskultur umsetzen?
- Vorbereitungsschulungen und -trainings: Nutzt die Klinik ein bestimmtes Softwaresystem, bestimmte Verfahren oder Kürzel in der Kommunikation? Dann sollten neue Fachkräfte alle wichtigen Infos dazu im Vorfeld erhalten.
- Fester Ansprechpartner: Während der ersten Arbeitstage kann es immer wieder vorkommen, dass junge Assistenzärzte Rückfragen zu klinikinternen Prozessen oder Abläufen haben. Ein fest zugeteilter „Pate“ kann das auffangen und so helfen, die Einarbeitung für alle Seiten möglichst reibungslos zu gestalten.
- Job-Rotation: Dieses Instrument lässt sich zwar nicht in allen Bereichen anwenden, kann neuen Mitarbeitern aber zumindest in der ersten Zeit helfen, verschiedene Teams und Arbeitsabläufe innerhalb des Klinikums kennenzulernen.
Die Vorteile einer optimierten Candidate Experience
Eine Umfrage unter Klinikärzten im Jahr 2018 ermittelte, dass 80 Prozent der Befragten ihren Job wechseln würden. Auch wenn diese Zahl im ersten Moment möglicherweise überrascht, ist sie doch ein wichtiges Signal für Kliniken und Krankenhäuser.
Einerseits scheinen vielerorts dringende Verbesserungen in der Unternehmenskultur nötig zu sein. Andererseits tun sich durch die hohe Anzahl von grundsätzlich zu einem Jobwechsel motivierten Ärzten auch Chancen auf, als innovativer Arbeitgeber hervorzutreten.
Ein positives Klima in der Belegschaft, Wertschätzung gegenüber Mitarbeiterleistungen und Feedbackrunden sind Faktoren, die für Zufriedenheit und langfristige Mitarbeiterbindung sorgen. Viele Krankenhäuser und andere Unternehmen im Gesundheitswesen haben die Vorteile einer solchen Unternehmenspolitik bereits erkannt. Sie nutzen sie für sich: steigende Produktivität, positive Mundpropaganda und die schnelle (und damit kostengünstige) Besetzung offener Stellen sind das Ergebnis einer mitarbeiterorientierten Unternehmensführung.
Wie finden sich Healthcare Professionals in die Rolle des Bewerbers ein?
Um herauszufinden, wie und wo der Bewerbungsprozess noch optimiert werden kann, hilft es, das Ganze einmal aus Bewerberperspektive zu betrachten. Fachzeitschriften, aber auch Online-Jobportale ermöglichen einen schnellen Vergleich von Stellenanzeigen anderer Kliniken mit dem eigenen Jobangebot. Wie übersichtlich und authentisch wirken die Jobinserate der eigenen Klinik, wenn man sie anderen Anbietern gegenüberstellt?
Der nächste Schritt kann die Optimierung der Feedbackzeiten sein. Eine freundliche Eingangsbestätigung mit einer ungefähren Angabe, wann eine endgültige Antwort zu erwarten ist, kommt bei Bewerbern gut an. Und – wie bereits erwähnt – auch Absagen wichtige Elemente einer guten Candidate Experience, wenn sie richtig genutzt werden. Individuelles Feedback lässt zumindest die Möglichkeit offen, dass Bewerber z.B. nötige Qualifikationen nachholen und sich in Zukunft erneut bewerben.
Beachten sollten Krankenhäuser und Kliniken auch, dass viele Berufsgruppen online stark miteinander vernetzt sind. Ärzte und Pflegekräfte tauschen sich in sozialen Netzwerken über gute Erfahrungen mit verschiedenen Arbeitgebern im Gesundheitswesen aus. Sie teilen auch oft ihre negativen Erlebnisse. Kliniken, die Bewerber vergraulen oder sich nicht intensiv genug um die Belange ihrer Belegschaft kümmern, haben somit schnell einen schlechten Ruf in der Branche.
Fazit: Eine optimierte Candidate Experience verschafft Kliniken ein positives Employer-Branding
Keine Fata Morgana – wenn Kliniken, Krankenhäuser und andere Unternehmen in der Gesundheitsbranche es schaffen, die eigene Unternehmenskultur authentisch nach außen zu tragen, bringt das viele Pluspunkte. Ansatzpunkte für eine verbesserte Candidate Experience gibt es dabei viele. Von der Phase vor der Bewerbung über den Recruitingprozess bis hin zum Onboarding lauten die Stichworte Wertschätzung und Vertrauen.