Es ist in jedem Lebensbereich zu spüren: Preiserhöhungen wohin das Auge reicht. Die Nachwirkungen der Pandemie, Lieferengpässe, Energieprobleme und die hohe Inflationsrate mit steigender Tendenz setzen der Wirtschaft zu. Davon sind auch deutsche Krankenhäuser betroffen, von denen einige von Insolvenz bedroht sind.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, benennt die Situation dramatisch. Was im vergangenen Jahr bereits für zahlreiche Krankenhäuser starke finanzielle Rückschläge und Minusbilanzen bedeutete, setzt sich in diesem Jahr drastisch fort. Auch Politiker der CSU/CSU sehen ein hohes Risiko eines Kliniksterbens und fordern Sofortprogramme, um Insolvenzen deutscher Krankenhäuser entgegenzuwirken.
Lage bis 2020/21
Während des ersten Pandemie-Jahres konnte sich die wirtschaftliche Situation in den deutschen Krankenhäusern im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren verbessern und das Risiko von Insolvenz gesenkt werden. Zu diesem Ergebnis kamen das Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung, die Healthcare Business GmbH durch eine Datenerstellung, die aktuell in der 18. Ausgabe des „Krankenhaus Rating Reports“ veröffentlicht ist. Hierbei ermittelte man auch die ersten Zahlen aus dem Jahr 2022.
Kostenreduzierungen und staatliche Finanzhilfen
Mit Pandemiebeginn wurden eine Verringerung der Insolvenzgefahr auf sieben Prozent und ein ausbleibender Jahresverlust von 28 Prozent von Krankenhauskonzernen verzeichnet, so handelt es sich bei diesen positiven Veränderungen allerdings nicht um langfristige Situationen. Im Gegenteil, denn sie basieren auf verschiedenen pandemiebedingten Faktoren. Zu diesen zählen unter anderem, dass stationäre Aufnahmen auf das Erforderlichste heruntergefahren und insbesondere geplante Operationen verlegt wurden, wodurch entsprechend geringere Kosten entstanden. Auch in den Notaufnahmen wurden weniger Bedarfskosten verursacht, weil viele Patienten/-innen aufgrund des hohen Ansteckungsrisikos auf eine Versorgung in Krankenhäusern verzichteten.
Einen Großteil des wirtschaftlichen Aufstiegs in deutschen Krankenhäusern sind aber den Ausgleichszahlungen und anderen Finanzhilfen von Bund und Ländern zu verdanken. Die Finanzspritzen haben vor allem die Situation in kleineren sowie städtischen/öffentlichen verwalteten Krankenhäusern und solchen mit unterdurchschnittlichem „Care Mix Index“ verbessert. Diese waren es in der Vergangenheit auch, welche die Zahlen des Insolvenzrisikos deutlich ansteigen ließen.
Doch im Jahr 2022, in dem die Förderungsmittel als „Rettungsschirme“ für die Pandemiezeit immer weiter reduziert werden, kommen auch die weggefallenen Einnahmen aus den verschobenen Operationen und Behandlungsreduzierungen deutlich zum Ausdruck. Gerald Gaß spricht hier von über drei Millionen Patienten weniger. Das reißt jetzt große finanzielle Löcher in die Wirtschaftslage deutscher Krankenhäuser. In Verbindung der Inflationssteigerung und der massiven Teuerungsrate sorgt dies nun für einen besorgniserregenden Anstieg der Insolvenzgefahr von deutschen Krankenhäusern.
Insolvenz: Aktuelle Zahlen und Fakten
Im Wirtschaftsjahr 2021 verzeichneten über 60 Prozent der deutschen Krankenhäuser eine Verschuldung. Hier trugen neben den ausgefallenen Operationen bereits auch die ersten deutlichen Preissteigerungen für Energie und Krankenhausbedarf Mitschuld. Die bevorstehende Winter- und Heizsaison wird die Kosten auf ein Maximum treiben. Auch Medikamente werden kontinuierlich teurer. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft rechnet im laufenden Jahr mit einem Kostenanstieg von etwa 1,45 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass auch weiterhin Einnahmeverluste zu verzeichnen sind. Zahlreiche stationäre Operationen sind auf den ambulanten Bereich übergegangen, wodurch sich immer mehr Patienten/-innen für diese Variante entscheiden und Krankenhausaufenthalte umgehen.
Insbesondere kleinere Krankenhäuser werden allein diese Situation nicht stemmen können und die positiven Änderungen aus dem vergangenen zwei Jahren nicht halten können. Die Strukturen bleiben von den kurzfristigen Rettungsschirmen und Kostenrückgängen unberührt. Durch die Inflation und Teuerungsrate schätzen Experten, dass pro Jahr 20 bis 30 Krankenhäuser von der Insolvenz sind beziehungsweise bedroht sein werden.
Regierungsversprechen, Realität und Zukunft, Wege aus der Insolvenz
Die alte Regierung versprach aufgrund der bereits prekären Wirtschaftslage viele deutscher Krankenhäuser vor Pandemiebeginn, dass durch diese kein Krankenhaus Probleme im wirtschaftlichen sowie personellen Bereich erfahren werde. In der Realität sieht es so aus: die Pandemie neigt sich zwar langsam dem Ende entgegen, aber auch die finanziellen Hilfspakete der Regierung. Dadurch kommen die Nachwirkungen zum Vorschein, die laut CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger dringend einer politischen Lösung bedürfen. Er plädiert auf ein kurzfristiges Handeln, bevor vor allem kleinere Krankenhäuser zahlungsunfähig sowie insolvent werden und ihre Pforten schließen. Er fordert ein Sofortprogramm, das zügig vor allem die hohen finanziellen Belastungen der steigenden Material- und Energiekosten abfedert.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, wird konkreter. Seine Forderung bezieht sich auf einen festen Inflationsausgleich für 2022, der in Form eines Aufschlages von zwei Prozent auf alle Krankenhausrechnungen erfolgen soll. Er fügt hinzu, dass das Versprechen der alten Regierung nicht mit Abflachung der Pandemie enden kann, wenn die wirtschaftlichen Folgen auch noch danach deutsche Krankenhäuser in die Zahlungsunfähigkeit stürzen.
Des Weiteren wünscht sich Gaß, den Selbstbehalt der Krankenhäuser zu streichen, den man im Zusammenhang mit der Einführung der Rettungsschirme bestimmt hatte. Er rechtfertigt seinen Vorschlag damit, dass Krankenhäuser nur geringe Möglichkeiten besitzen, ihre Kosten noch weiter zu senken, ohne dass dies sich nachteilig auf die Gesundheitsversorgung und die Belegschaft auswirkt. Zudem kann kein Einfluss auf die Erlöse erfolgen, um kostendeckender zu wirtschaften.
Ob und wie die Regierung in Zukunft der deutschen Krankenhäuser wirtschaftlich stabilisieren, über die Inflationszeiten hinweghelfen und der Insolvenz vieler wirtschaftsschwachen Krankenhäuser vorbeugen wird, bleibt abzuwarten. Erste Anträge sind zur Vorlage des Gesundheitsministers Karl Lauterbach bereits gefertigt.