Der Alltag im Krankenhaus ist geprägt von Stress, Eile und Hektik und entspricht unserer heutigen sogenannten „High-Speed-Gesellschaft“. Die eigenen Bedürfnisse des medizinischen Personals werden zurückgesteckt und auf regelmäßige Pausen sowie Nahrung und Flüssigkeit verzichtet. Darunter kann nicht nur das eigene Wohlbefinden leiden, sondern auch die Patientensicherheit. Wissenswertes zu dem Thema hier zum Nachlesen.
Ernährungsgewohnheiten in Deutschland
Die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland haben sich gewandelt. Früher sind Familien zur Mittagszeit zusammengekommen und haben gemeinsam gegessen, heute sieht dies anders aus: Die gemeinsame Hauptmahlzeit ist für viele Menschen erst abends; das Abendessen fällt hierbei häufiger als warme Speise aus.
Dieser Wandel ist unter anderem der geforderten höheren Flexibilität in der Arbeitswelt geschuldet. Über den Tag hinaus und zur Mittagszeit greifen die Verbraucher/innen eher zu schnellen sogenannten Convenience-Produkten, die mehr als nur ein Snack für Zwischendurch sind und zu denen unter anderem fertige Salate, belegte Brote und Sandwiches oder gehaltvolle Smoothies zählen. Der Grund: Der fehlende Faktor Zeit.
Ernährung im Klinikalltag
Der fehlende Faktor Zeit und die geforderte höhere Flexibilität in der Arbeitswelt spiegeln sich auch im Klinikalltag von Ärztinnen und Ärzten wider. Häufig werden eigene Bedürfnisse vernachlässigt, um den Verpflichtungen der Arbeit nachzukommen bzw. ansatzweise gerecht zu werden: man gönne sich keine Pausen und auf gesunde Nahrung und Flüssigkeit werde verzichtet. Dies habe einen negativen Effekt.
In einem Artikel im „British Medical Journal (BMJ)“ wird berichtet, dass nicht das Maximum der Leistungsfähigkeit erreicht werden könne, wenn nicht gesund gegessen und getrunken werde. Anzeichen für Durst und Hunger zeigen sich sicherlich auch beim medizinischen Personal, aber aufgrund des Zeitdrucks bleiben diese Grundbedürfnisse ungeachtet.
Ergebnisse einer Studie haben gezeigt, dass insbesondere junge Ärzte, die auf Intensivstationen arbeiten, eine größere Wahrscheinlichkeit für Oligurie (= stark verminderte Harnausscheidung) aufweisen, als ihre Patienten.
Folgen von Dehydrierung und ungesundem Essen
Es scheint schon als normal betrachtet zu werden, dass es keine regelmäßigen Pausen im Alltag für Angestellte des medizinischen Bereichs gibt. Die Arbeitsbedingungen sind zudem nicht angenehm: Die Tage beginnen früh und enden spät.
Nicht genug Flüssigkeit trinken und Mahlzeiten weglassen führen dazu, dass Energie, Konzentration und Leistung nachlassen. Und: Das Risiko für menschliches Versagen nimmt zu. Eine logische Konsequenz, wenn die banalsten Grundbedürfnisse auf der Strecke bleiben.
Die Folgen von nur geringen Wasserdefiziten im Körper und zunehmender Dehydrierung sind unter anderem:
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Apathie
- Ungeduld
Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit
Untersuchungen an Piloten in der Luftfahrt hatten zudem ergeben, dass unter Dehydrierung auch eine Abnahme von Arbeitsgedächtnis, räumlicher Wahrnehmung und Fluggenauigkeit beobachtet werden konnte. Aspekte, die sich auch auf den medizinischen Bereich ableiten lassen. Ungesundes Essen ist ebenfalls mit schlechter Leistung verknüpft.
Wenn das Hungergefühl aufkommt, greifen Ärztinnen und Ärzte zu folgenden „Notlösungen“:
- Fertignahrungsmittel
- Fastfood
- Gummibärchen
- Schokoriegel
Gesunde Ernährung in Krankenhäusern ist Mangelware. Eine abwechslungsreiche Auswahl an frischen, gesunden und ausgewogenen Lebensmitteln wird kaum angeboten. Dabei könnten Kliniken einen großen Beitrag für ihre Mitarbeiter leisten, wenn es zum Beispiel 24-Stunden geöffnete Kantinen gäbe und dadurch die Erhaltung der Gesundheit und das Wohlbefinden gefördert würde. Bedauerlicherweise verfügen aber die wenigsten Krankenhäuser über eine „richtige“ Küche.
Ärzte im Zustand von Disstress
Unabhängig von Alter, Fachbereich, Geschlecht, Dienstalter oder Ethnizität sei der Zustand von Disstress unter Ärztinnen und Ärzten überall verbreitet, wie nie zuvor. Die Folgen von Disstress sind unter anderem: Entstehung psychischer Erkrankungen, emotionale Erschöpfung und die Entstehung von Ängsten.
Die Ursache hierfür sind den Arbeitsbedingungen geschuldet, die folgende Eigenschaften mit sich bringen:
- Zeitmangel (insbesondere am Patienten)
- Verlust von Kontinuität
- Industrialisierung des Gesundheitswesens („Fließbandarbeiten“)
- wachsende Belastung
- zunehmende Erwartung, mit weniger Ressourcen mehr zu leisten
Um das Wohlergehen von Mitarbeitern zu verbessern und gleichzeitig Patientensicherheit gewährleisten zu können, bedarf es ein Umdenken!
Es ist von großer Wichtigkeit, dass Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit haben, sich in komfortablen Bereitschafts- und Pausenräumen aufhalten zu können und sich die Pausen zu nehmen, die sie benötigen. Die eigenen Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken dürfen nicht auf Kosten der Patienten auf der Strecke bleiben.