Vom Oberarzt zum Chefarzt ist ein entscheidender Karrieresprung, der sich auch finanziell auszahlen soll. Im Schnitt verdienen Chefärztinnen und Chefärzte fast doppelt so viel wie Oberärztinnen und Oberärzte und deutlich mehr als ärztliche Direktoren im Krankenhaus. Allerdings gehört dazu eine gute Gehaltsverhandlung, denn Chefärzte werden außertariflich vergütet. Für Oberärzte, die sich erstmals auf eine Chefarztstelle bewerben, ist das „Feilschen um das Gehalt“ oft eine ungewohnte Situation, kennt man doch bisher nur Tarifbezahlung. Unsere Tipps für die Gehaltsverhandlung können weiterhelfen, sich nicht unter Wert zu verkaufen.
Chefärztinnen und Chefärzte sind die Top-Verdiener in Kliniken. Das durchschnittliche Chefarzt-Gehalt bewegt sich in einer Größenordnung von 300.000 Euro brutto jährlich – mit erheblichen Abweichungen nach oben und unten. Dafür gibt es verschiedene Gründe: die Größe des Hauses bzw. der Abteilung spielt eine Rolle, ebenso die eigene fachliche Ausrichtung. Chefärztinnen und Chefärzte in der Inneren Medizin oder der Radiologie verdienen im Schnitt mehr als Chefärzte in der Geriatrie oder Pädiatrie. Last but not least zählt das persönliche Verhandlungsgeschick.
Das sind die typischen Bestandteile eines Chefarzt-Gehalts
Das Chefarzt-Gehalt besteht heute üblicherweise aus drei Komponenten:
- dem Fixum als Grundgehalt, das durchweg monatlich gezahlt wird;
- einer variablen Vergütung als wirtschaftlicher Erfolgsbeteiligung;
- einem jährlichen Bonus, den man bei Erreichen bestimmter vereinbarter Ziele zahlt.
Das früher übliche chefärztliche Liquidationsrecht – das Recht, direkt und persönlich mit Patienten abzurechnen –, ist inzwischen eher die Ausnahme. An seine Stelle tritt mehr und mehr die variable Vergütung.
Gehaltsverhandlung: Unterschiedliche Verhandlungspositionen berücksichtigen
Grundsätzlich stehen sich bei der Gehaltsverhandlung zwei Verhandlungspositionen gegenüber. Die Klinikleitung bzw. der Krankenhausträger ist an einem möglichst „günstigen Chefarzt-Einkauf“ interessiert, wobei selbstverständlich auf Kompetenz Wert gelegt wird. Im Unterschied zum Chefarzt-Kandidaten verfügt die Gegenseite in der Regel über bessere Kenntnisse der Gehaltssituation, insbesondere weiß sie um das Gehalt des Vorgängers. Es ist meist auch mehr Erfahrung mit Gehaltsverhandlungen und -vereinbarungen vorhanden.
Demgegenüber befindet man sich als Bewerberin oder Bewerber erst einmal im Nachteil. Oft fehlt Verhandlungserfahrung und die Informationsbasis ist lückenhaft. Natürlich besteht Interesse an einer möglichst attraktiven Vergütung, man möchte aber auch nicht die Aussicht auf die Position gefährden. Wichtig ist die Entwicklung einer realistischen Gehaltsvorstellung. Dazu sollte man sich soweit möglich zunächst alle zugänglichen und relevanten Informationen für die „Gehaltsberechnung“ beschaffen. Mit einem Aufschlag – z.B. 20 Prozent – als Verhandlungsmasse kann man dann in die Gehaltsverhandlung gehen.
Gehaltsverhandlung: Das Grundgehalt als solides Fundament
Das Grundgehalt als Fixum bildet das Fundament der Chefarzt-Vergütung. Die Höhe des Grundgehalts hängt von Betriebsgröße, Verantwortungsbereich und fachlicher Ausrichtung ab. Auch der Standort des Krankenhauses spielt eine Rolle. Bei Lagen in städtischen Ballungsräumen wird mehr gezahlt als bei Krankenhäusern auf dem Land und es gibt nach wie vor ein Ost-West-Gefälle. Schon durch die richtige Auswahl offener Chefarzt-Positionen für Bewerbungen lässt sich daher Einfluss auf das erzielbare Grundgehalt nehmen. Eine Auswahl an Chefarzt-Stellenangeboten finden Sie hier.
Ein fixes Grundgehalt bedeutet nicht, dass keine Anpassungen möglich sind. Oft finden sich in Chefarzt-Verträgen Regelungen, dass nach einer gewissen Zeit (zum Beispiel nach drei Jahren) neu über das Gehalt verhandelt werden kann. „Kann“ bedeutet allerdings nicht „muss“. Besser ist eine Regelung, die eine verbindliche Neuverhandlung in regelmäßigen Zeitabständen vorsieht, idealerweise enthält der Chefarzt-Vertrag eine automatische Anpassung um einen bestimmten Prozentsatz (Dynamisierungs-Regel). Gehaltsneuverhandlungen erübrigen sich dann.
Variable Vergütung – auf die Zahlen kommt es an
Das Grundgehalt sollte zwar gegenüber der Oberarzt-Vergütung eine deutliche Verbesserung aufweisen, aber erst die variable Vergütung macht den entscheidenden Gehaltssprung aus. Mit dem variablen Gehaltsbestandteil beteiligt man den Chefarzt am wirtschaftlichen Erfolg des Krankenhauses. Oft ist die variable Vergütung an Einnahmen aus Wahlleistungen der geleiteten Abteilung gekoppelt. Die Vergütungsbasis wird noch breiter, wenn auch Klinikeinnahmen aus Gutachten der Abteilung oder aus ambulanten Behandlungen von Privatpatienten und Selbstzahlern mit in die Berechnung einfließen.
Eine leistungsstarke Abteilung ist Voraussetzung für eine attraktive variable Vergütung, Darauf sollte man von vorneherein bei der Suche nach offenen Chefarzt-Positionen achten. Wichtig für die Gehaltsverhandlung ist die Kenntnis der Zahlen aus vergangenen Jahren, die man sich auf jeden Fall zeigen lassen sollte – sonst operiert man in der Verhandlung mit unbekannten Größen, was selten zu einem guten Ergebnis führt.
Gehaltsverhandlung: Boni – konkrete und realistische Ziele wichtig
Boni als dritte Komponente der Chefarzt-Vergütung werden auf der Grundlage einer Zielvereinbarung gezahlt. Das Erreichen der Ziele ist Voraussetzung für die Bonusgewährung. Schon daraus wird deutlich, dass es wichtig ist, möglichst konkrete Ziele zu vereinbaren. Es gilt die sogenannte SMART-Formel: Spezifisch, Messbar, Ausführbar, Realistisch und Terminiert. Ansonsten sind Unstimmigkeiten bezüglich der Zielerreichung vorprogrammiert.
Zielvereinbarungen für Chefärztinnen und Chefärzte sind in der Vergangenheit häufig kritisiert worden, weil sie Fehlanreize bewirken konnten. Zum Beispiel zur medizinisch unbegründeten Leistungsausweitung. Inzwischen gelten hier strengere Regeln. Die ärztliche Unabhängigkeit darf man durch die Zielvereinbarung nicht beeinträchtigen. Zulässig sind u.a. Ziele ohne unmittelbaren ärztlichen Leistungsbezug. Zum Beispiel zur Einführung neuer Behandlungsverfahren. Im Chefarzt-Vertrag sollte das Procedere der Zielvereinbarung klar festgeschrieben sein.
Weitere Verhandlungsbestandteile: Zusatzvergütungen, Nebentätigkeit
Ein weit überdurchschnittliches Gehalt impliziert überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft. Deshalb enthalten Chefarzt-Verträge meist die Bestimmung, dass Mehrarbeit und Überstunden mit dem Gehalt bereits abgegolten sind. Strittig sind häufig Vergütungen für Ruf- und Bereitschaftsdienste. Arbeitgeber wollen diese ebenfalls gerne abgegolten sehen, Oberärztinnen und Oberärzte erhalten dagegen eine tarifvertragliche Extra-Vergütung. Als angehender Chefarzt sollte man versuchen, analog dazu eine Zusatzvergütung durchzusetzen, zum Beispiel durch entsprechende Bezugnahme auf die tariflichen Regelungen im Chefarzt-Vertrag.
Nebentätigkeiten als Gutachter oder als Referent bei Kongressen und Seminaren bieten Chefärzten einen schönen Zusatzverdienst. Sie dürfen allerdings die Hauptberufstätigkeit nicht beeinträchtigen und setzen die Genehmigung durch den Arbeitgeber voraus, die dieser bei voller Funktionserfüllung im Krankenhaus nicht verweigern darf. Wenn für solche Nebentätigkeiten auf Krankenhausressourcen zurückgegriffen werden soll, muss der Chefarzt Kostenersatz leisten. Es empfiehlt sich, diesen Punkt in einem separaten Nutzungsvertrag zu regeln.
Generelle Empfehlung: Alles schriftlich festhalten
Zum Schluss noch ein allgemeiner Rat: Vereinbarungen sollte man immer vertraglich fixieren. Auch, wenn es vermeintlich um Kleinigkeiten oder Details geht. Mündliche Zusicherungen bergen das Risiko von „Missverständnissen“ in sich und können im Streitfall nur mit Problemen eingefordert werden. Eine weitere Empfehlung: möglichst jetzt umfassende und konkrete Regelungen treffen, Nachjustierungen sind immer schwerer durchzusetzen.