Männlich, weiblich, divers, inter – Gemäß dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) dürfen Arbeitgeber keine Bewerber aufgrund des Geschlechts benachteiligen. Mit der Option, „divers“ oder „inter“ als Geschlecht im Geburtenregister einzutragen, müssen sich Stellenanzeigen, Behörden und öffentliche Stellen um Geschlechterneutralität bemühen und das auch kommunizieren. Das Ziel der gendergerechten Sprache ist, dass sich niemand mehr sprachlich diskriminiert fühlt. Doch, wie macht man es richtig und formuliert so, dass man allen Bewerbergruppen Chancengleichheit bietet?
Was sagt die Rechtslage?
Seit 2019 ist es amtlich – neben männlich und weiblich kann im Geburtenregister auch die Option divers als Geschlecht eingetragen werden. Das ist für diejenigen gedacht, die weder männlich noch weiblich sind oder sich so empfinden. Damit erkennt der Gesetzgeber an, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Neben den neutralen Personenbezeichnungen (generisches Maskulinum) muss nun auch das dritte Geschlecht rechtskonform eingebaut werden. Die bislang übliche Ergänzung des Stellentitels mit „m/w“ reicht nicht mehr. Jetzt muss das dritte Geschlecht explizit genannt werden – nicht nur im Titel, sondern im gesamten Text der Stellenanzeige.
Chancengleichheit: Viele verschiedene Möglichkeiten, viele Fragen
Es gibt viele Empfehlungen und Varianten – von „a“ wie anders über Anglizismen wie „all gender“ bis zu einem einzelnen „x“. Soll man vielleicht aber doch eher ein „d“ verwenden oder „divers“ ausschreiben? Geht auch ein „gn“ oder muss genderneutral angegeben werden?
Alle AGG-konformen Kürzel und Ergänzungen für die gendergerechte Sprache und mehr Chancengleichheit im Überblick:
- d – divers
- a – anders
- gn – genderneutral
- all gender
- i – intersexuell
- t – transgender
- * – beliebig
- x – beliebig
Tipps für die richtige Formulierung
Wie sieht das nun konkret aus und wie werden Berufsbezeichnungen richtig angegeben? Die folgenden Tipps zeigen, was man beim Texten einer Stellenanzeige beachten sollte:
Genderneutrale Stellennamen wählen
Um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen und sämtliche Geschlechter einzubeziehen, kann der Jobtitel einfach im Plural oder ganz neutral im Singular angegeben werden. Dann wird anstatt nach Kaufmännern und -frauen nach Kaufleuten gesucht. Statt einem Vorsitzenden oder einem Leiter wird nach einem Vorsitz und einer Leitung gesucht. Ebenso kann dies bei einer Assistenz oder Bürofachkraft geschehen. Bei diesen klassischen Varianten geht jeder Arbeitgeber auf Nummer sicher. Schwieriger wird es hingegen bei englischen Berufsbezeichnungen, die keine weiteren Genderformen haben. Dort müssen dann hinter dem Jobtitel immer die Kürzel mitangegeben werden – z.B. Senior Trader (m/w/d). Das gilt für alle Berufe, bei deren Bezeichnung sich keine allgemeine, geschlechtsneutrale Form finden lässt.
Weitere Beispiele für richtige Berufsbezeichnungen in Stellenanzeigen:
- statt Administrator lieber Admin oder Administration wählen
- aus Altenpfleger und Krankenschwestern werden Pflegekräfte oder Pflegefachkräfte
- den Archivar in Fachkraft für Archivwesen umformulieren
- es wird nicht nach Chirurgen, sondern nach chirurgischen Fachkräften gesucht
- die Stelle richtet sich nicht an Gynäkologen, sondern an medizinisches Fachpersonal für Frauenheilkunde
- anstatt Barkeeper schreibt man lieber Servicekraft an der Bar
- Diplomingenieure werden diplomierte technische Fachkräfte genannt
Sternchen und Fußzeile
Eine weitere Möglichkeit ist, dass man ein Sternchen an den Stellenanfang einfügt und in der Fußzeile darauf verweist, dass sich das Stellenangebot an alle Interessenten richtet – unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, sexueller Orientierung und Behinderung.
Wer die ganze Sache mit Humor lösen will, fügt unter den Titel der Stellenanzeige alle 26 Buchstaben des Alphabets ein. So schließt man alle Zweifel aus und stellt klar, dass jeder willkommen ist und sich darin wiederfindet. Als Ergänzung könnte man noch hinzufügen: „Geschlecht, Religion, Hautfarbe – ist uns total egal. Hauptsache, Du passt in unser Team.“
Das könnte dann zum Beispiel so aussehen:
Chirurgische Fachkraft (a/b/c/d/e/f/g/h/i/j/k/l/m/n/o/p/q/r/s/t/u/v/w/x/y/z)
Geschlecht, Religion, Hautfarbe – ist uns total egal. Hauptsache, Du passt in unser Team!
Wer es förmlicher mag, nutzt eine formelle Variante:
Chirurgische Fachkraft (w/m/d)
Geschlecht, Herkunft, Religion oder Hautfarbe haben bei uns keinen Einfluss auf die Personalentscheidungen. Wir fördern Chancengleichheit, Integration und Inklusion!
Das Team hervorheben
Statt im Stellentext von Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen zu sprechen, kann im Text von der Unterstützung des Teams die Rede sein. So spielt das Geschlecht keine Rolle und zeigt, dass jeder willkommen ist. Man könnte zwar auch die geschlechtsneutrale Variante anhängen, beispielsweise „Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen und Intersexuelle“, aber das klingt irgendwie doch sehr seltsam.
Toleranz und Diversität schon in der Stellenanzeige zeigen
Auch, wenn diese Form des Textens anfangs ungewohnt erscheinen mag, stellen Unternehmen direkt klar, dass sie offen und tolerant sind – vorausgesetzt Diversity wird ehrlich im Arbeitsalltag gelebt und nicht nur für den rechtssicheren Auftritt verwendet. Es wird für viele zu einem immer wichtigeren Kriterium bei der Stellensuche und erhöht die Chancen, dass sich talentierte und bereichernde Bewerbende melden.
Die richtige Ansprache
Wie geht es weiter, nachdem Bewerbungen eingegangen sind und man auch bei der Anrede keine Fehler machen will? Bei Namen, die nicht eindeutig als männlich oder weiblich zu identifizieren sind, müssen auch Ansprachen wie „Sehr geehrter Herr“ und „Sehr geehrte Frau“ angepasst werden. Entweder man umgeht das gänzlich und spricht Bewerbende direkt mit dem Vornamen an – wenn das so in der Unternehmenssprache üblich ist. Man könnte aber auch den ganzen Namen bei der Anrede schreiben oder man wählt die Einleitung mit „Sehr geehrte* Frau* Herr (Nachname).
Chancengleichheit: Was im Falle einer Klage zu tun ist
Jeder abgelehnte Bewerbende kann Entschädigung einklagen, wenn in der Stellenanzeige nicht ersichtlich ist, dass sich die Ausschreibung an alle Geschlechter richtet – dabei spielt es keine Rolle, wie sehr das Unternehmen doch sonst für sein offenes und tolerantes Image bekannt ist. Fehlt der Zusatz, kann wegen Diskriminierung geklagt werden.
Damit man sich in solchen Fällen gut absichert und beweisen kann, dass die Ablehnung nichts mit dem Geschlecht zu tun hat, wird folgendes empfohlen:
- Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung mit den oben genannten Tipps verfassen.
- Der Bewerbungsprozess sollte lückenlos dokumentiert sein.
- Es sollten objektive Auswahlkriterien für Bewerbende festgelegt werden.
- Bei einem Vorstellungsgespräch sollten mindestens zwei Mitarbeiter des Unternehmens anwesend sein.
- Nach der Ablehnung sollten die Unterlagen noch für mindestens drei Monate aufbewahrt werden.
- Auf eine gendergerechte und neutrale Formulierung im Ablehnungsschreiben achten.
Fazit
Auch, wenn der Beschluss aus dem Jahr 2019 stammt, mag die neue Art der gendergerechten Bewerberansprache manchem noch etwas ungewohnt erscheinen. Doch mit etwas Aufmerksamkeit und Sorgfalt hat man den Dreh schnell raus. Und es lohnt sich, denn welches Unternehmen möchte nicht dafür bekannt sein, dass es allen Bewerbergruppen mehr Chancengleichheit bietet?