Konflikte in der Belegschaft gehören in vielen Einrichtungen im Gesundheitswesen zum Arbeitsalltag. Und es gibt viele Coaching-Modelle, die eine Verbesserung der Kommunikation versprechen. Einen besonderen Ansatz verfolgt Dany Thomas-Schwarz. Sie bringt nicht nur die Konflikte in Krankenhäusern, sondern sogar die Belegschaft selbst auf die große Bühne – als „Business-Theater“. Im Gespräch mit praktischArzt stellt Sie die Vorteile dieses Formats vor.
Frau Thomas-Schwarz, wie sind Sie zum Theater gekommen?
Ich komme aus einer großen Theaterfamilie. Schon als Kind hat es mich fasziniert, wie man durch das Theater den Zuschauern starke Emotionen vermitteln kann. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich dann in verschiedenen Bereichen gearbeitet zum Beispiel habe ich Schauspiel gelernt und selbst Regie geführt.
In meiner Funktion als Kommunikationstrainerin ist mir dann aufgefallen, dass Menschen, wenn sie kommunizieren, zwar immer reden, aber selten wirklich auf der emotionalen Ebene zu erreichen sind. Und das war der Grund, weshalb ich begonnen habe, das Theater als Medium für bessere Kommunikation in meinem Coaching einzusetzen.
Welche verschiedenen Coaching-Modelle bieten Sie an?
Zum einen biete ich das sogenannte „Business-Theater“ an. Das ist ein maßgeschneidertes Angebot für Unternehmen. Dabei bringe ich die Konflikte der jeweiligen Einrichtung bzw. Belegschaft auf die Bühne – als Theaterstück mit professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern.
Zum anderen gibt es das Modul „InterAct“, in welchem die jeweiligen Mitarbeitenden des Unternehmens selbst am Stück teilnehmen, beziehungsweise mit mir als Coach gewisse Szenen erarbeiten.
Welche Vorteile sehen Sie im Theaterformat für das betriebliche Coaching?
Den größten Vorteil sehe ich in der Möglichkeit, echte Emotionen zu vermitteln. Wenn man die Themen oder Konflikte nicht nur bespricht, sondern in Bildern umgesetzt sieht und mitfühlen kann, bleibt das Erarbeitete viel besser im Gedächtnis haften. Man gerät automatisch in eine tiefgehende persönliche Auseinandersetzung mit der Materie. Und diese Emotionen kann man anschließend mit den Kolleginnen und Kollegen teilen. So gelingt es dann, verkrustete Strukturen aufzubrechen.
Mit welchen Problemen sieht sich Ihre Kundschaft besonders konfrontiert, wenn sie mit Ihnen Kontakt aufnimmt?
Das Thema „Kundenorientierung“ steht bei vielen ganz vorne. Unabhängig, ob es sich jetzt um Krankenhäuser, Arztpraxen oder Pharmaunternehmen handelt. Aber auch Konfliktlösungen oder Probleme nach einem Wechsel der Führungskraft kommen häufig vor.
Sie werben damit, dass Sie die Unternehmenswerte, -ziele und -botschaften Ihrer Kundschaft in Ihren Theaterstücken transportieren. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass sich diese ihrer eigenen Werte, Ziele und Botschaften auch stets bewusst sind?
Viele sind sich dessen bewusst. Oder sie denken, dass sie sich dessen bewusst sind. Allerdings kann ich mit meinen Theaterstücken meiner Kundschaft den Spiegel vorhalten und ihre Leitlinien und Change-Prozesse reflektieren. Das führt nicht selten zu einem „Aha“-Moment, einem Umdenken beziehungsweise einer Kurskorrektur. Denn es wird dann deutlich, wie die Dinge im Alltag gelebt werden oder auf Dritte wirken. Nicht immer ist das, was man kommunizieren möchte und das, was man tatsächlich kommuniziert, deckungsgleich!
Wie läuft das ab, wenn ein Krankenhaus bei Ihnen Interesse bekundet? Können Sie den Prozess des „Business-Theaters“ beschreiben – quasi von der Ideenfindung bis hin zur Aufführung.
Meist kommen die Geschäftsführer oder ärztlichen Direktoren auf mich zu, allerdings stehend häufig die Ärztinnen und Ärzte im Hintergrund. Dann nehme ich mir erstmal ausreichend Zeit dafür, mir von den Problemen berichten zu lassen. Allerdings spreche ich nicht nur mit den Führungskräften, sondern ich möchte stets mit allen involvierten Menschen reden, um alle Perspektiven zu erhalten.
Wenn ich alle Informationen zusammen habe, erstelle ich ein Storyboard. Ich entwerfe eine Geschichte, in der ich all das, was ich zuvor an Konflikten oder Problemen ausgemacht habe, rüberbringen kann. Dann bekommen die Kunden das Textbuch ein erstes Mal zum Lesen.
Ist das Skript freigegeben, steht das Casting der Schauspieler an. Es wird an der Regie gearbeitet und wir können mit den Proben beginnen. Im letzten Drittel der Probezeit hat die Kundschaft die Chance, sich das Stück anzuschauen und nochmal Korrekturen oder Ergänzungen einzubringen. Ist das alles fertig, können die Mitarbeitenden zur Premiere kommen.
Was würden Sie sagen, ist Ihre größte Herausforderung während dieses Prozesses?
Das Textbuch. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Reaktionen der Kundschaft, wenn sie das Skript zum ersten Mal lesen, oft heftig sind. Denn sie werden ja zum ersten Mal auch mit den Perspektiven der anderen Abteilungen zu dem jeweiligen Problemfeld konfrontiert. Dann bekommen manche Angst oder fragen sich, ob man das wirklich so zur Aufführung bringen sollte. Andere finden die Darstellung noch zu harmlos und wünschen sich von mir, noch direkter zu werden. Das ist ein enorm spannender, aber auch fordernder Prozess.
Was benötigt Ihre Interessenten an räumlichem „Platz“, um das „Business-Theater“ oder das Mitarbeiter-Theater „InterAct“ durchführen zu können?
Für das „Business-Theater“ ist keine richtige Bühne nötig. Es braucht auch keinen überdimensionierten Raum. Es reicht ein bisschen Platz, indem die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren können. Die Emotionen kommen auf engem Raum, wenn die Zuschauer mit ihren Stühlen dicht am Geschehen sind, am besten rüber.
Da wir bei „InterAct“ die Belegschaft in kleinere Schauspielgruppen einteilen, sind mehrere – gerne kleinere – Räume nötig, so dass eben jede Gruppe für sich die jeweilige Szene erarbeiten kann.
Die Schauspielerei liegt nicht jedem Menschen im Blut, wie gehen Sie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um, die vielleicht im ersten Moment Vorbehalte gegen das Format des Theater-Coachings haben?
Das kommt immer mal wieder vor. Ich würde niemals jemanden zum Mitspielen zwingen. Aber dann involviere ich diese Person auf andere Art und Weise – beispielsweise als Assistenz. Man muss nicht unbedingt auf der Bühne stehen, um Teil des Theaterprozesses zu sein.
Wie fällt, Ihrer Erfahrung nach, das Feedback der Klinikmitarbeitenden aus? Haben Sie Möglichkeiten, den Erfolg Ihres Theater-Coachings zu messen?
Wir messen die Erfolge unseres Coachings unter anderem mittels Feedback-Bögen. Und die haben ergeben, dass die Zeit, in der das Theater-Coaching nachwirkt, mindestens vier Jahre beträgt. Denn die Menschen setzen sich mit dem Thema auf außergewöhnliche Weise auseinander – spielen bei „InterAct“ ja sogar selbst mit. Das sind Erfahrungen, die man nicht so schnell vergisst.
Zur Person:
Dany Thomas-Schwarz ist seit 20 Jahren im Vertrieb und Marketing in den Bereichen Personalmanagement und Marketing tätig. Nebenberuflich erlernte sie Regie, Schauspiel und Maskenbildnerei. 2003 spezialisierte sie sich auf „Business-Theater“ für maßgeschneiderte Theaterstücke für Firmen, Krankenhäuser und Arztpraxen. 2017 gründete sie die Agentur „Dany‘s Event and More“, die sich ebenfalls auf Theater-Methodiken in der Kommunikation von Firmen und Kliniken und Praxen spezialisiert hat.