
Im Arbeitsalltag erlebt man immer mal wieder unzufriedene Patienten, die sich beschweren. Doch so unangenehm sich Beschwerden im ersten Moment anfühlen, sind sie dennoch ein Geschenk und eine Chance, die Qualität der Arbeitsabläufe und -leistungen zu verbessern, interne Schwachstellen zu erkennen und Wünsche der Patienten zu erfahren. Mit dem richtigen Umgang der Beschwerden kann ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Patienten geschaffen werden, das die Zufriedenheit steigert und sie eventuell langfristig bindet. Worauf man achten sollte, damit das gelingt und wie ein gutes Beschwerdemanagement dazu beitragen kann, dass Patienten am Ende noch zufriedener sind, zeigt der folgende Artikel.
Was ist eigentlich Beschwerdemanagement?
Wie es das Wort schon erahnen lässt, geht es darum, Beschwerden zu managen. Management fängt damit an, dass man sich bewusst mit Patientenbeschwerden beschäftigt – etwas, das vielleicht nicht so gerne gemacht wird und eher als lästig empfunden wird, aber dennoch sehr wirksam ist. Ein gutes Beschwerdemanagement führt nämlich dazu, dass man Beschwerden systematisch auswertet, sie auf die Ursachen hin analysiert und erfolgreich abstellt, um Patienten dauerhaft zufriedener zu stellen.
Ein gutes Beschwerdemanagement zahlt sich aus
Es lohnt sich, Zeit in das Beschwerdemanagement zu investieren, auch wenn möglicherweise ein hoher Aufwand damit verbunden ist. Patienten liefern wertvolle Informationen und machen darauf aufmerksam, wo Optimierungsbedarf besteht. Beschwerden geben eine kostenlose Auskunft darüber, was Patienten erwarten, wie sie Behandlungsabläufe gern gehabt hätten, weisen auf Mängel hin oder geben an, dass vielleicht etwas in der Kommunikation nicht stimmt. Daran lässt sich analysieren, wo Fehler auftauchen und wie man diese verändern kann. Daher leistet ein gutes Beschwerdemanagement immer einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung.
Übrigens: Eine hohe Beschwerderate muss nicht unbedingt heißen, dass die Patienten besonders unzufrieden sind – oftmals sind es Kleinigkeiten, über die sich aufgeregt werden. Auch sehr beliebte Branchen haben eine hohe Beschwerderate.
Anforderung an das Beschwerdemanagement
Jedes Management braucht klare Ziele, so auch ein Beschwerdemanagement. Es braucht klare Zuständigkeiten, die sich der Tätigkeit annehmen. Damit gehen auch klare Verantwortlichkeiten einher, die ebenfalls definiert sein müssen. Ein gut strukturierter Ablauf und Aktionen sollten ebenfalls stattfinden, damit jeder Mitarbeiter genau weiß, was zu tun ist. Mit Beschwerden sollte man immer konsistent umgehen und nicht willkürlich entscheiden.
Worauf kommt es an?
So wie Beschwerden ein Geschenk und Chance sein können, bergen sie auf der anderen Seite auch Gefahren, wenn man schlecht mit ihnen umgeht oder Patienten gar nicht erst die Möglichkeit bekommen, sich zu beschweren. Das sorgt für Unzufriedenheit und Patienten suchen in solchen Fällen möglicherweise eine andere Praxis auf. Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden, ist so ein Vorfall nie gut für das Image. Unzufriedene Patienten erzählen oftmals auch anderen Menschen von den Erlebnissen.
Mehrere Kanäle für Beschwerden einrichten und klare Zuständigkeit festlegen
Man sollte es den Patienten so leicht wie möglich machen, sich zu beschweren. Dafür können verschiedene Orte und Kontaktaufnahmemöglichkeiten eingerichtet werden. Über eine leicht auffindbare Mailadresse direkt auf der Website, aber auch über Meinungskarten oder Impulsbögen lassen sich wertvolle Informationen sammeln. Das signalisiert, dass man daran interessiert ist, sich zu verbessern und Wünsche der Patienten Raum und Gehör finden.
Wichtig ist, zu erkennen, ob sich Patienten zu Recht beschweren oder die Forderung überzogen ist. Die Bandbreite der Beschwerden ist groß – über Zweifel an der Behandlung, zu lange Wartezeiten bis hin zum leeren Seifenspender auf der Toilette oder fehlenden Zeitschriften im Wartezimmer. Während sich das eine leicht beheben lässt, ist die Lösung eines anderen Problems etwas komplexer. Dennoch sollte man sich für jedes Anliegen interessieren und schnell Rückmeldung geben.
Zuhören und Beschwerden ernst nehmen
Besonders im direkten Kontakt ist es sehr wichtig, aufmerksam zuzuhören, ruhig zu bleiben und Verständnis zu zeigen – so schafft man eine Basis, auf die man aufbauen kann. Es sollte dem Patienten nicht ins Wort gefallen werden, stattdessen sollte er die Zeit haben, sich mitzuteilen – das signalisiert auch, dass das Anliegen ernst genommen wird. Bei mündlichen Beschwerden sollte man sich das Problem direkt notieren, damit es nicht in Vergessenheit gerät. Mit einem aktiven Zuhören und nochmaligem Benennen des Problems, fühlt sich der Patient gehört und verstanden. Man sollte nicht direkt in die Konfrontation gehen, sondern dem Patienten vermitteln, dass man daran interessiert ist, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten und an einem Strang zieht.
Gelassen und sachlich auf die Beschwerde eingehen
Patienten nutzen das Internet, um sich zu informieren und besonders spektakuläre Fälle landen oftmals in Foren. Aber da sind auch viele Fehlinformationen unterwegs, es wird aufgebauscht und Patienten gehen womöglich schon aggressiver in den Erstkontakt. Es ist sehr wichtig, darauf gelassen zu reagieren und immer sachlich auf die Beschwerde einzugehen. Schließlich möchte man deeskalieren und die Situation nicht zusätzlich weiter anfachen.
Außerdem ist es immer gut, sich auf mögliche Beschwerden im Vorhinein vorzubereiten. Manchmal eskalieren Situationen schnell und Patienten wollen unbedingt recht haben. Da ist es ratsam, sich vorher zu überlegen, wie man reagiert und Basisformulierungen festlegt. Besonders für die schnelle Reaktion am Telefon. Dafür kann man einen Gesprächsleitfaden entwickeln, der genau für solche Fälle vorgesehen ist. Dieser lässt sich dann auch leichter auf den speziellen Fall anpassen.
Offene Fragen stellen und sich erkundigen
Es ist ein einfaches psychologisches Prinzip – wenn man mit geschlossenen Fragen konfrontiert wird, also Fragen, die nur mit Ja und Nein beantwortet werden können, neigt man instinktiv eher dazu, die Antwort zu wählen, die am einfachsten ist und die geringste Verpflichtung bedeutet. Dann sagt man vielleicht eher mal Ja, obwohl es vielleicht gar nicht stimmt. Stattdessen eignen sich eher Fragen, die einen gewissen Spielraum lassen: „Wie war die Behandlung für Sie?“ statt: „Hat es Ihnen hier gefallen?“ Die Wahrscheinlich ist dabei oftmals höher, dass man eine ehrliche Antwort bekommt.
Fazit
Beschwerdemanagement – ein nicht ganz so einfaches Thema, bei dem es oftmals Fingerspitzengefühl bedarf, die angemessene Reaktion zu finden. Eine Beschwerde ist immer ein Hinweis darauf, wie eine außenstehende Person etwas wahrnimmt. Das können strukturelle Defizite sein, aber auch Defizite im Wissen und der Qualifikation der Mitarbeiter, in prozessorientierten Dingen oder organisatorischen Abläufen. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass jede Beschwerde ein Verbesserungs- und Entwicklungspotential für das Team, die Praxis, die Station und den Arbeitsbereich hat. Das sollte man annehmen, anerkennen und im nächsten Step auch umsetzen.
Also: Egal, wie lästig und unpassend Beschwerden in dem jeweiligen Moment vielleicht erscheinen, man sollte den Patienten dankbar sein, dass sie auf Mängel aufmerksam machen. An erster Stelle steht die Zufriedenheit der Patienten. Wer sich gut behandelt und aufgehoben fühlt, erzählt und empfiehlt weiter.