
Als Assistenzärztin oder Assistenzarzt steht man noch am Anfang seiner beruflichen Karriere. Erfahrungen mit Gehaltsverhandlungen sind da eher die Ausnahme. Ist man überhaupt in der Position, über sein Gehalt verhandeln zu können? Und wenn ja, was gilt es zu beachten? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen wir uns in diesem Beitrag.
Grundsätzlich dürfte es Assistenzärztinnen und Assistenzärzten wie den meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehen. Gehaltsverhandlungen sind eine heikle Sache, insbesondere wenn man zuvor noch keine Stelle hatte. In der Regel fühlt man sich in der ungünstigeren Position. Die Gegenseite ist in Gehaltsverhandlungen geübt, entscheidet über die Stellenbesetzung und kennt den Markt besser. Das Bewusstsein um diese Konstellation wirkt nicht selten hemmend, seine berechtigten Ansprüche geltend zu machen. Das Ergebnis ist bekannt: man verkauft sich unter Wert.
Verhandeln überflüssig, wo ein Tarifvertrag gilt
Die gute Nachricht ist: in sehr vielen Fällen müssen sie gar nicht über ihr Gehalt verhandeln, ganz einfach, weil es tariflich festgelegt ist. Das trifft üblicherweise auf Assistenzarzt-Tätigkeiten an Kliniken und Krankenhäusern zu. Bei Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft gilt zum Beispiel der „TV-Ärzte VKA“. Bei Unikliniken ist es der „TV-Ärzte TVÄ“. Die großen privaten Klinikkonzerne verfügen über eigene Tarifverträge. Eine aktuelle Übersicht über alle Tarifverträge findet sich hier. Die Assistenzarzt-Vergütung ist zwar nicht überall identisch, aber doch ähnlich gestaltet. Etwas anders sieht es bei Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft aus. Bei katholischen Krankenhäusern besteht für Ärzte kein Tarifvertrag, man orientiert sich häufig am TV-Ärzte VKA. Im Bereich der evangelischen Kirche existiert ein TV-Ärzte-KF (KF = kirchliche Fassung) für Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Teilen Hessens.
Betrachten wir beispielhaft den Tarifvertrag TV-Ärzte VKA. Hier sind Assistenzärzte der Entgeltgruppe I zugeordnet. Entsprechend der Dauer der Tätigkeit steigt die Vergütung schrittweise in sechs Stufen. Bei einer Anstellung als Facharzt erfolgt eine Eingruppierung in Entgeltgruppe II und beim Aufstieg zum Oberarzt in Entgeltgruppe III/IV, wobei hier bereits der Bereich außertariflicher Vergütung beginnt. Wechselt man als Assistenzarzt zu einem anderen Krankenhaus, fängt man üblicherweise nicht wieder bei null an, sondern die bisherige Tätigkeit wird bei der Einstufung berücksichtigt. Auch Zuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feierabendarbeit sowie für Überstunden sind tarifvertraglich geregelt, so dass man ebenfalls nicht ins Verhandeln kommt. Insoweit ist gehaltlich für die Assistenzärztin oder den Assistenzarzt alles geregelt.
Assistenzarzt: Nicht mit zu wenig in Verhandlungen gehen
Bei Assistenzarzt-Tätigkeiten in ambulanten Einrichtungen, Medizinischen Versorgungszentren und Facharztpraxen besteht dagegen überwiegend keine Tarifbindung. Hier ist das Gehalt tatsächlich Verhandlungssache. Da die tarifvertraglich geregelte Vergütung in Krankenhäusern bekannt ist, hat man eine gut fundierte, objektive Verhandlungsgrundlage. Das Einstiegsgehalt für Assistenzärzte bewegt sich bei Tarifverträgen in einer Bandbreite von rund 4.700 Euro bis 4.950 Euro brutto monatlich in der Einstiegsstufe, nach sechs Jahren zwischen 5.650 Euro und 6.200 Euro. Es besteht kein Grund, hiervon deutliche Abstriche zu machen.
Im Gegenteil, es kann durchaus ratsam sein, mit einer Gehaltsforderung „über Tarif“ in die Verhandlung zu gehen. Natürlich gilt es dabei, das rechte Maß zu wahren. Zum Beispiel mit einem Aufschlag von zehn Prozent. Das lässt Verhandlungsspielraum nach unten und erhöht die Chance auf ein Ergebnis, das mindestens der Tarifbezahlung entspricht. Gute Aussichten auf ein höheres Gehalt bieten besondere Qualifikationen, zum Beispiel:
- die Spezialisierung in einem für die Stelle relevanten Fachgebiet;
- die Promotion;
- eine Zusatzausbildung, u.a. als Rettungssanitäter;
- besondere Sprachkenntnisse passend zum Patientenstamm.
Alles was dem Arbeitgeber über die reine ärztliche Tätigkeit hinaus „Mehrwert“ bringt, sollte eine Mehrvergütung wert sein. Das kann bereits die Bereitschaft sein, seinen Lebensschwerpunkt abseits begehrter Großstädte und Ballungsräume aufs „platte Land“ zu verlegen. In ländlichen Regionen ist es für Arbeitgeber oft nicht einfach, Assistenzarztstellen zu besetzen. Auch, weil das Gehaltsniveau niedriger ist. Mit Verweis auf bessere Bezahlung andernorts lässt sich unter Umständen eine bessere Vergütung aushandeln.
Besonders gute Gehaltsperspektiven bietet eine Tätigkeit als Honorar- und Vertretungsarzt. Hier ist (deutlich) übertarifliche Bezahlung die Regel, nicht die Ausnahme. Allerdings ist die Arbeit auch besonders anspruchsvoll und fordernd. Es fällt nicht immer leicht, die Work-Life-Balance zu wahren. Für Berufseinsteiger kommt diese Option weniger in Betracht, man sollte schon ein paar Jahre Berufserfahrung mitbringen.
Konkrete Vorstellungen entwickeln
Auf keinen Fall sollte man sich von der Frage nach der Gehaltsvorstellung überraschen lassen. Die Frage nach dem Gehaltswunsch ist elementarer Bestandteil des Bewerbungsgesprächs, wenn das Gehalt Verhandlungssache ist. Eine gute Vorbereitung mit einer soliden Datengrundlage bietet Sicherheit und liefert Argumentationshilfen für die Verhandlung. Dabei geht es nicht nur um das Einstiegsgehalt, sondern auch um Gehaltsperspektiven. Gerade hier empfiehlt es sich, nicht auf mündliche Zusagen zu bauen. Diese sind im Zweifel nicht einklagbar. Die vertragliche Fixierung, wann erneut über das Gehalt verhandelt wird, ist das Mindeste. Im Übrigen besteht kein Anlass, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Wer selbstbewusst in die Gehaltsverhandlung geht, gewinnt!