Wer in Deutschland Arzt werden will, an den werden hohe Voraussetzungen und Ansprüche ...

Dass in Deutschland Pflegemangel herrscht, ist schon lange bekannt. Doch auch die Anzahl der Ärzte/-innen reicht in der alternden Gesellschaft bald nicht mehr aus. Zugespitzt wird die Situation noch durch den baldigen Renteneintritt der Boomer-Generation. Arbeitgeber versuchen, diesem Ärztemangel durch attraktive Angebote entgegenzuwirken. Dabei bieten sie oft flexible Teilzeitmodelle und Weiterbildungsmöglichkeiten an, doch auch finanzielle Anreize werden gesetzt. Einstiegsprämien für Assistenzärzte/-ärztinnen von bis zu mehreren Tausend Euro machen dabei Schlagzeilen. Welche Risiken es gibt und wo Alternativen zu finden sind, dazu mehr in diesem Artikel.
Einstiegsprämie: Voraussetzungen
Die Zahlung von Einstiegsprämien ist keineswegs selbstverständlich. Eingesetzt wird sie vor allem als finanzieller Anreiz, um Mitarbeiter/innen für weniger beliebte Fächer, Regionen oder Arbeitsstellen zu finden. Vor allem Reha-Kliniken sowie Krankenhäuser, die außerhalb der Ballungsgebiete liegen, haben häufiger Personalprobleme. Gerade junge Assistenzärzte/-ärztinnen sehen wenig Anreiz, um in ländliche Regionen umzuziehen, auch angesichts der entstehenden Kosten. Einstiegsprämien werden ausschließlich an neue Mitarbeiter/innen gezahlt. Wer also von einem Krankenhaus einer Kette in ein anderes wechselt, wird eher weniger Chancen auf einen Bonus erhalten. Die Prämie kann sich außerdem bei Teilzeitverträgen anteilig verringern.
Einstiegsprämie: Worauf zu achten ist
Auch wenn Einstiegsprämien für Assistenzärzte/-ärztinnen gerade bei möglicherweise bestehenden Studienschulden attraktiv erscheinen, sollten dennoch einige Dinge beachtet werden. Einerseits müssen je nach Art der Prämie möglicherweise Steuern gezahlt werden, was den effektiven Bonus deutlich schmälert. Andererseits sollten auch die durch einen Umzug entstehenden Kosten bedacht werden. Durch die Beauftragung einer Umzugsfirma, eventuell in der Übergangszeit doppelt anfällige Miete, neue Möbel und weitere Punkte kann die Prämie schnell aufgebraucht werden.
Des Weiteren haben einige Einstiegsprämien besondere Voraussetzungen, an die sie gebunden sind. Ein typisches Beispiel ist eine Mindestverweilzeit im Unternehmen, etwa eine erfolgreiche Übernahme nach der Probezeit. Wenn die Stelle doch nicht so gut zur eigenen Person passt, wie man sich erhofft hatte, muss die Prämie eventuell (anteilig) zurückgezahlt werden.
Andere Boni und Prämien
Einstiegsprämien bzw. Willkommensboni sind für Assistenzärzte/-ärztinnen recht selten. Es gibt jedoch andere Prämien, die sie möglicherweise nutzen können. Hierdurch können teilweise große finanzielle Vorteile entstehen.
Werbebonus
Wer bereits bei einem Krankenhaus angestellt ist und Kontakt zu anderen Arbeitssuchenden im Gesundheitssystem hat, kann eventuell eine Prämie für die Werbung neuer Mitarbeitenden erhalten. Dazu muss bei der Bewerbung des/der Bekannte/n ein Hinweis auf die eigene Person erfolgen. Da Personalvermittlungsfirmen sehr kostspielig sein können, bevorzugen Kliniken oft die Vermittlung über Angestellte – und zahlen dafür auch gut. Üblich sind Einmalzahlungen von bis zu mehreren Tausend Euro. Diese können bei Werbung mehrerer Mitarbeiter/innen auch mehr als einmal ausgezahlt werden. Zu beachten ist, dass bei Teilzeitstellen der Bonus entsprechend prozentual reduziert wird, auch wird er teilweise erst nach abgeschlossener Probezeit der geworbenen Person ausgezahlt.
Umzugsprämie und Arbeitnehmerwohnungen
Arbeitgeber können sich an bei Dienstantritt entstehenden Umzugskosten beteiligen. Da diese Unterstützungen meist steuerfrei gezahlt werden können, werden viele Einstiegsprämien als Zuschuss zu den Umzugsgebühren deklariert. Teilweise besitzen Kliniken auch Wohnhäuser und Wohnungen, die sie Mitarbeitern/-innen selten kostenfrei, oft jedoch zu günstigen Konditionen anbieten. Meist sind diese Wohnungen als Übergangslösung gedacht, bis die neuen Mitarbeitenden etwas Langfristiges gefunden haben.
Prämien nach Zeit
Abgesehen von der Zahlung von einer Einstiegsprämie bieten einige Kliniken auch einen Bonus nach Beendigung der Probezeit und abermals nach einer gewissen Zeit im Unternehmen, beispielsweise nach einem Jahr an. Wer sich also länger an einen Arbeitgeber bindet, kann seinen Willkommensbonus von 1.000 schnell auf 5.000 Euro erhöhen.
Leiharbeitsfirmen
Vor allem für Assistenzärzte/-ärztinnen in höheren Weiterbildungsjahren kommen Zeit- und Leiharbeitsfirmen als Option in Betracht. Sie bieten kurz- bis mittelfristige Einsatzmöglichkeiten, die oft sehr gut vergütet werden. Auftraggeber sind oft abgelegene Kliniken, die je nach Angebot Verpflegung, Unterkunft und Reisekosten übernehmen. So kann bei Übernahme mehrerer Vertretungsstellen einiges an Zusatzleistungen zusammenkommen. Zu beachten ist jedoch, dass diese Einsätze nur unter Umständen auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden können. Sie bieten sich daher vor allem an, um kurzfristig Geld zu verdienen, etwa vor einem Sabbatical oder zwischen zwei Weiterbildungsstellen.
Stipendien
Wer sich schon während des Studiums verpflichtet, nach der Approbation bei einer bestimmten Klinikkette oder in einem unterversorgten Gebiet tätig zu sein, kann während des Studiums ein Stipendium erhalten. Oft wird dies für die „P-Fächer“ Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie vergeben, die besonders unter dem Nachwuchsmangel leiden. Aber auch andere Fachbereiche können nach dem Abschluss gewählt werden, wenn es mit den Stipendiums-Bedingungen übereinstimmt. Wer sich anders entscheidet, muss jedoch meistens das erhaltene Geld zumindest anteilig zurückzahlen.
Um mehr Assistenzärzte/-ärztinnen im niedergelassenen Bereich zu gewinnen, bieten einige kassenärztliche Vereinigungen die Ausbildungsförderung in niedergelassenen Praxen an. Das Geld wird dann zwar an die Praxisinhaber/innen ausgezahlt, je nach Vereinbarung kann dies jedoch in einer höheren Vergütung oder einem Willkommensbonus für den/die Assistenzarzt/-ärztin resultieren.
Steuervorteile ausnutzen
Auch wenn es sich hierbei nicht um einen direkten Willkommensbonus für Assistenzärzte/-ärztinnen handelt, ist auf mögliche Steuervorteile hinzuweisen. Umzugskosten, die nicht vom Arbeitgeber übernommen werden, können unter Umständen als Werbekosten abgesetzt werden. Ähnlich verhält es sich für Reisekosten für Vorstellungsgespräche. Um entstehende Kosten bestmöglich von der Steuer absetzen zu können, lohnt sich ein Gespräch mit einem/r Steuerberater/in. Diese können auf die eigene Situation abgestimmte Empfehlungen aussprechen.
Einstiegsprämien in anderen Berufen
Da sich Assistenzärzte/-ärztinnen noch in der Ausbildung befinden und nicht vollständig selbstständig arbeiten können, zahlen zurzeit noch wenige Arbeitgeber Willkommensboni. Wer jedoch bereits die Weiterbildung abgeschlossen hat und sogar schon Erfahrung als Oberarzt/-ärztin sammeln konnte, hat deutlich bessere Verhandlungschancen.
Wer sich als Arzt/Ärztin außerhalb des Gesundheitssystems umsieht und in der freien Wirtschaft nach einer Stelle sucht, wird sehr verschiedene Regelungen finden. In anderen Ländern wie der USA ist ein sogenannter „Sign-on Bonus“ deutlich verbreiteter als hierzulande, sodass internationale Unternehmen oft eher bereit sind, qualifizierte Bewerber/innen mit einer solchen Prämie zu locken. Als Richtwert kann gesagt werden, je größer das Unternehmen und dessen Gewinnorientierung ist, desto eher kann ein Willkommensbonus erhandelt werden. Kleinere Unternehmen verfügen hingegen meist über deutlich weniger Geldmittel.
Fazit
Einstiegsprämien für Assistenzärzte/-ärztinnen sind zwar noch nicht weit verbreitet, werden jedoch von immer mehr Kliniken genutzt, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Größere Chancen auf einen solchen Bonus haben Bewerber/innen in abgelegenen Regionen und weniger beliebten Fächern. Die Prämien bewegen sich dabei teilweise im mittleren einstelligen Tausenderbereich. Zu beachten sind jedoch entstehende Umzugskosten und ein eventueller Steuerabzug. Wird bei der Bewerbung von Arbeitgeberseite kein Bonus angeboten, kann gerade bei tatsächlich entstehenden Umzugskosten eine eventuelle Kostenbeteiligung von Bewerberseite angesprochen werden. Viele Arbeitgeber haben Verständnis für die entstehenden Kosten und ziehen eine Beteiligung in Betracht.