
In immer mehr ländlichen Gegenden kommt es heute zum Ärztemangel, dagegen gibt es in Großstädten teilweise eine Überversorgung. Wir haben untersucht was die Gründe dafür sind. Was spricht dafür, sich schon als Assistenzarzt in der Großstadt niederzulassen?
Vor allem junge Menschen verlassen heute die ländlichen Regionen und für diese entwickeln sich gerade die Universitätsstädte zu wahren Magneten, da hier die besten Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dies gilt selbstverständlich auch für viele Nachwuchsmediziner, die für ihr Medizinstudium in eine Stadt ziehen. Hat man dann das Studium abgeschlossen, bieten sich dann gerade für Akademiker in der Stadt wieder die besten Berufsmöglichkeiten, oftmals auch verbunden mit den besseren Verdienstmöglichkeiten.
Kritiker behaupten: die Ärzte folgen dem Geld, nicht den Kranken. Diese These wird dadurch belegt, wenn man die Verteilung von Arztpraxen in deutschen Großstädten genauer betrachtet. Hier zeigt sich, dass es genau dort viele Ärzte gibt, wo die Menschen viel verdienen, wo die Kaufkraft hoch ist. Umgekehrt gilt, dass es oftmals nur sehr wenige Ärzte in ärmeren Stadtteilen gibt. Die Städte sind also in reich und arm unterteilt. Ein Beispiel hierfür bildet zum Beispiel in Köln der Stadtteil Mülheim. Hier stehen nur noch zwei Kinderärzte zur Verfügung, die 6.700 Kinder betreuen. Vor zehn Jahren gab es noch vier Praxen, zwei sind in reichere Stadtteile abgewandert, wo es mehr Privatpatienten gibt. Ein weiteres Beispiel bildet Hamburg. In Hamburg gibt es mehr Psychotherapeuten als in jeder anderen Großstadt. Dennoch sind auch hier die armen Gegenden stark unterversorgt und die Arztpraxen sammeln sich in den reichen Vierteln. Und auch in München gibt es mehr Ärzte als zum Beispiel in Duisburg, da die Stadt München mehr Privatpatienten mit höherem Einkommen bietet.
Diese Fakten nun aber nur den Ärzten vorzuwerfen wäre falsch, schließlich streben es grundsätzlich viele Menschen an, möglichst viel in ihrem Beruf zu verdienen um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern. Viele Menschen zieht es vom Land in die Stadt oder gar in ein anderes Bundesland, wenn sich dort bessere berufliche Möglichkeiten bieten, die oftmals auch mit einem besseren Verdienst verbunden sind. Müssen also neue Gesetze geschaffen werden, die höhere Verdienstmöglichkeiten auf dem Land für Fachärzte und somit Assistenzärzte schaffen?
Ein hoher Verdienst ist nicht das einzige Merkmal, was für die Großstadt spricht. Dies zeigt das Beispiel Berlin. Schon im Jahre 2003 entstand das berühmte Zitat von Klaus Wowereit „Berlin ist arm, aber sexy“. Diese Aussage scheint auch noch heute für die Mediziner zu gelten. Fachärzte erzielen in Berlin deutlich geringere Verdienste als im Bundesdurchschnitt, dennoch ist unsere Hauptstadt mit Ärzten überversorgt. Höhere Verdienste auf dem Land locken dabei kaum neue Ärzte an. So herrscht beispielsweise in Sachsen-Anhalt eine Unterversorgung, obwohl die Verdienstmöglichkeiten hier deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen.
Es scheint als noch andere Kriterien zu geben, die die Ärzte in die Großstadt ziehen. Warum zieht es generell viele Menschen in die Großstadt? Früher war das Häuschen im Grünen der Traum von vielen Deutschen. Heute ziehen viele in die Großstädte. In dieser Urbanisierung zeichnet sich ein langfristiger Trend ab. Bis 2030 sind bereits stark steigende Einwohnerzahlen für Städte wie Berlin, Hamburg, Köln oder München prognostiziert. Gründe hierfür sind die bereits genannten Bildungsmöglichkeiten und Chancen auf gute Jobs. Daneben ist der Hauptgrund für ein Leben in der Großstadt das große Angebot von allem was das Herz begehrt: Einkaufen, Sport, Kultur, Kino, Theater oder ausgehen, alles ist vorhanden und auf kürzestem Wege erreichbar.
Ein Gegenlenken der Länder und der Politik darf also nicht nur Verdienstmöglichkeiten fokussieren, sondern auch die allgemeinen Lebensbedingungen, die nachweislich einen großen Einfluss auf die Wahl des Arbeitsortes darstellen. Viele Verbände und Initiativen versuchen bereits im Kleinen Ärzte auf dem Land zu halten; eine einfache Aufgabe ist dies jedoch nicht.
Wo zieht es Euch bei der Stellensuche hin, aufs Land oder in die Großstadt? Was sind Eure Beweggründe oder was könnte Euch in den Vorstädten oder auf dem Land halten?
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