Viele Ärztinnen und Ärzte sind auch noch nach Eintritt in den Ruhestand ärztlich tätig und bringen weiterhin gerne ihr medizinisches Wissen ein. Die Auswahl möglicher Tätigkeitsfelder im In- sowie Ausland ist hierbei groß. Im folgenden Beitrag eine Übersicht über den Arztberuf im Ruhestand und dessen Möglichkeiten.
Generation „Active Retirement “: Aktive Rente
Mehr als eine Millionen Senioren sind auch noch in ihrem Ruhestand aktiv. Auch in vielen Arztpraxen und Kliniken sind die sogenannten Silver-Worker-Ärzte beschäftigt und zählen zum betrieblichen Alltag dazu. Insbesondere Hausärzte sind noch nach dem 65. Lebensjahr beschäftigt – der Anteil von rund fünf Prozent im Jahr 2008 verdreifachte sich innerhalb von zehn Jahren auf über 15 Prozent.
Arzt im Ruhestand- Gründe für eine ärztliche Tätigkeit nach Eintritt in den Ruhestand
Eine Umfrage des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen (BDC) aus dem Jahr 2018, in welcher 1420 Ärzte zum Thema „Arbeiten im Ruhestand“ befragt worden sind, hat ergeben, dass der häufigste Grund für eine fortbestehende ärztliche Tätigkeit nach Eintritt in den Ruhestand mit 77,13% die Erhaltung des Selbstwertes ist und die Möglichkeit, auch künftig noch Wertschätzung zu erfahren (74,36%).
An der Umfrage nahmen insgesamt 1420 Ärzte aus unterschiedlichen Generationen teil:
- Generation Baby-Boomer (Geburtsjahrgänge 1946-1964)
- Generation X (Geburtsjahrgänge 1965 – 1979)
- Generation Y (Geburtsjahrgänge ab 1989)
Darunter vertreten waren zehn Prozent niedergelassene Chirurgen und drei Prozent in MVZ tätige Chirurgen.
Weitere Beweggründe, die genannt worden sind, sind unter anderem:
- das Gefühl, gebraucht zu werden (72,21%)
- die Angst, nichts mehr zu tun zu haben (59,25%)
Dagegen werden Gründe wie finanzielle Anreize oder die Sorge vor Altersarmut nicht genannt und spielen demnach kaum eine Rolle.
Arzt im Ruhestand – Mögliche Tätigkeitsfelder
Für arbeitende Senioren stehen flexible Beschäftigungsformen und zahlreiche Einsatzmöglichkeiten zur Auswahl.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen:
- 71 % der Studienteilnehmer gaben an, nach Renteneintritt als Lehrkraft arbeiten zu wollen
- 70 % der Studienteilnehmer können sich vorstellen, in Teilzeit weiter zu arbeiten
- 68 % der Studienteilnehmer können sich vorstellen, die Position als Mentoring einzunehmen
Für Silver-Worker-Ärzte ist die 20-Stunden-Woche besonders attraktiv sowie das Modell, einen Tag pro Woche arbeiten zu gehen.
Weitere mögliche Tätigkeitsfelder, die der Übersichtshalber im Folgenden aufgelistet werden, stehen nach Eintritt in den Ruhestand zur Wahl:
- Ärztliche Tätigkeit als Vertretungsarzt in einer Praxis für Urlaubs- und Krankheitsvertretungen (Honorararzt)
- Ärztliche Tätigkeit als Gutachter
- Reise- oder Hotelarzt
- Ehrenamtliche Tätigkeit im In- und Ausland
- Berufspolitisches Engagement im Ausschuss Altersfragen und Medizin
Arzt im Ruhestand – Rechtliche Beratung
Nach Einschätzung des Hartmannbundes (HB) ist es ratsam, sich vorab (steuer)rechtlich beraten zu lassen, wenn man sich vorstellen kann, einer Honorararzttätigkeit im Ruhestand nachzugehen. Prinzipiell ist eine Praxisvertretung berufs- und vertragsarztrechtlich zulässig; wichtig ist aber, dass es sich um einen Arzt desselben Fachgebietes handelt.
Der Abschluss einer sogenannten Ruhestandsversicherung wird in diesem Fall Ärzten in Rente empfohlen.
Auch eine zeitlich- und tätigkeitsbezogene ärztliche Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis in Praxen, MVZ oder Kliniken ist durchaus möglich.
Im Hinblick auf Einsätze im In- und Ausland ist auch hier ein notwendiger Versicherungsschutz nach Angaben des Hartmannbundes mit dem Berufshaftpflichtversicherer abzuklären.
Arzt im Ruhestand – Vor- und Nachteile
Nach Ansicht jüngerer Generationen werden den „Silver-Worker-Ärzten“ die Stärken hohes Erfahrungswissen, selbstständige Arbeitsweise und hohes Qualitätsbewusstsein zugeschrieben, so eine Mitteilung des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen (BDC). Eigenschaften, die durchaus positiv zu bewerten sind.
Die Kehrseite der Medaille: die Entstehung von Generationskonflikten durch den zunehmenden Anteil betagter Ärzte. Einer Umfrage zufolge glauben junge Ärzte (36% der Generation X und 38% der Generation Y), dass ältere Ärzte ihren beruflichen Aufstieg verhindern und im Hinblick auf Karrierefortschritte ihnen zur Last fallen.
Vielmehr könnten junge Ärzte an dieser Stelle aber von den älteren Ärzten profitieren, indem sie sich beispielsweise einen Arzt-Sitz im Rahmen einer Niederlassung teilen (ein alter und ein junger Arzt) und nach einer Übergangsphase erhält der junge Nachwuchsmediziner dann den gewünschten Kassensitz.
Dass sich ältere Ärzte nach Eintritt in den Ruhestand, die weiterhin praktizieren wollen, weiterbilden müssen, damit sie auf dem aktuellen medizinischen und technischen Wissensstand bleiben, ist den Senioren durchaus bewusst: 55 % der Befragten würden ab dem 60. Lebensjahr an einem Self-Assessment teilnehmen, um die eigene operative Leistungsfähigkeit überprüfen zu lassen.
In einer Sache sind sich alle Generationen einig: Altersgemischte Teams sind erfolgsversprechender als andere Teamkonstellationen. Jede Generation hat eigene Werte und kann Stärken einbringen und letztendlich kann jeder vom anderen profitieren.
Arzt im Ruhestand: Nützliche Adressen
Auch im Ruhestand können Ärztinnen und Ärzte ihr medizinisches Wissen einbringen und sich in vielerlei Hinsicht ärztlich betätigen.
Nützliche Adressen, die Senioren in Anspruch nehmen können, um als Silver-Worker-Ärzte aktiv bleiben zu können, sind zum Beispiel Senior Experten Service, Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH sowie Malteser Migranten Medizin