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Arbeitgebersiegel können ein sinnvolles Instrument sein, um dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken. Kliniken haben es immer schwerer, Pflegefachkräfte, Therapeuten/-innen und Fachärzte/-innen zu finden. Um Kliniken für Bewerber/innen attraktiver zu machen, hat daher das Employer Branding in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Um sich erfolgreich nach außen als guter Arbeitgeber zu präsentieren, können Arbeitgebersiegel von Nutzen sein, sofern bestimmte Qualitätskriterien eingehalten werden.
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Sind Arbeitgebersiegel oder Zertifizierungen für Kliniken empfehlenswert? Wir stellen das Konzept der Arbeitgebersiegel für Kliniken vor, beleuchten dabei aber auch deren kritische Seite und geben Tipps für Alternativen.
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Arbeitgebersiegel: Definition
Ein Arbeitgebersiegel ist eine Auszeichnung für Arbeitgeber generell, aber auch im Gesundheitswesen. Da viele potenzielle Arbeitnehmer/innen vor ihrer Bewerbung interessiert, ob die entsprechende Klinik tatsächlich zu ihnen passt, können Arbeitgebersiegel diese potenziellen Mitarbeitenden anlocken. Sie verdeutlichen Ärzten/-innen und Pflegepersonal auf den ersten Blick, dass es sich hier um eine Klinik mit gesundem Arbeitsklima, respektvollem gemeinsamen Umgang und fairer Vergütung handelt.
Arbeitgebersiegel können für verschiedene Kriterien erworben werden, z.B. für herausragende Familienfreundlichkeit oder besonders vorbildliche Ausbildungskliniken. Ebenso wie es verschiedene Kriterien der Zertifizierung gibt, gibt es auch verschiedene Stellen der Zertifizierung. Diese Gütesiegel sind aber jeweils mit mehr oder weniger hohen Kosten verbunden. Diese Kosten fallen außerdem meist nicht nur für den einmaligen Zertifizierungsprozess an, sondern in bestimmten Abständen (z.B. monatlich, jährlich oder zweijährlich) immer wieder. Dabei muss jedes Mal erneut ein verwaltungsaufwändiger Zertifizierungsprozess durchlaufen werden, in dem bestimmte Kriterien geprüft werden.
Die Arbeitgebersiegel sind deutschlandweit nicht einheitlich geregelt. Zertifikats-Vergeber haben eigene Kriterien, an denen sie sich für ihre Arbeitgebersiegel orientieren. Das Angebot ist dementsprechend groß und teilweise etwas unübersichtlich. Es lohnt sich daher, sich vollumfänglich zu informieren, bevor man sich für eine Zertifizierungsstelle entscheidet und dort ein Arbeitgebersiegel erwirbt.
Arbeitgebersiegel: Vorteile
Es gibt zahlreiche Vorteile eines Arbeitgebersiegels für
- Klinikchefs/-innen: Das Arbeitgebersiegel ist effektive Klinikwerbung und zeigt, dass es sich um eine gute Klinik handelt. Die Siegel werden meist prominent auf den Homepages platziert und im Eingangsbereich der Kliniken mit professionell aufgemachten Urkunden.
- Kliniken: Mit einem Arbeitgebersiegel hebt man sich von anderen Kliniken ab, die um dieselben Fachkräfte kämpfen. Kommt es z.B. einem Assistenzarzt besonders auf Work-Life-Balance und Familienvereinbarkeit an, wird dieser sich wohl eher für eine entsprechend zertifizierte Klinik als Arbeitgeber entscheiden.
- Recruiter/innen: Mit einem Arbeitgebersiegel steigt die Zahl der Bewerbungen, was die Erfolgschancen verbessert, qualifizierte Mitarbeitende zu finden und Fluktuationen zu reduzieren. Damit erhalten Recruiter/innen nicht nur einen größeren Bewerber/innen-Pool, aus dem sie auswählen können, sondern haben auch weniger regulären Arbeitsaufwand mit Kündigungen bzw. Neueinstellungen.
- Bewerber/innen: Ärzte/-innen, Therapeuten/-innen und Pflegekräfte sind heiß umkämpft und können es sich daher leisten, sich die Klinik auszusuchen, die am besten mit ihren Mitarbeitenden umgeht und am meisten Benefits aufweist. Arbeitgebersiegel bieten eine Orientierungshilfe für viele, die auf bestimmte Qualitätskriterien wie z.B. Diversität oder Gleichberechtigung und Fairness am Arbeitsplatz Wert legen.
- Mitarbeitende: Ein Arbeitgebersiegel gibt es nur, wenn gewisse Ansprüche der Mitarbeitenden erfüllt wurden, was wiederum für ein angenehmes Arbeitsklima sorgt. Wer sich z.B. als Top-Ausbildungsklinik zertifizieren lassen will, muss zwangsläufig entsprechende Programme und zufriedene Azubis vorweisen können.
Arbeitgebersiegel: Arten
Es gibt zahlreiche Arten von Arbeitgebersiegeln. Sie unterscheiden sich maßgeblich nach den Kriterien, die man als Arbeitgeber im Gesundheitswesen anlegen möchte. Will man z.B. als besonders gute Ausbildungsklinik anerkannt werden, kann man sich z.B. als „Best Place to Learn“ zertifizieren lassen. Legt man eher Wert auf Diversität, kommt z.B. das Arbeitgebersiegel „Charta der Vielfalt“ in Betracht. Es gibt auch Zertifizierungen für herausragende Familienfreundlichkeit, Karrierechancen, Förderung junger Familien etc.
Hier eine kleine Auswahl der möglichen Siegel:
- AUBI-Plus: Best Place to Learn
- Xing: New Work Award
- Charta der Vielfalt: Charta der Vielfalt
- Handelsblatt: Fair Company
- TÜV Rheinland: Ausgezeichneter Arbeitgeber
- Glassdoor: Beste Arbeitgeber
- LinkedIn: Top Companies
- Focus & Kununu: Top Nationaler Arbeitgeber
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Erfolgsfaktor Familie
- Zeag GmbH: Top Job
- Pludoni: Faire Karriere
- Total E-Quality: Total E-Quality
- Top Employers Institute: Top Employer
- FAZ: Deutschlands begehrteste Arbeitgeber
- Berufsstart: Attraktive Arbeitgeber
- Bertelsmann Stiftung: Familienfreundlicher Arbeitgeber
Alternativen zum Arbeitgebersiegel
Es muss aber nicht unbedingt ein Arbeitgebersiegel sein, um öffentlichkeitswirksam zu zeigen, dass man eine herausragende Klinik ist. Die folgenden internen und externen Maßnahmen können eine ähnlich gute Wirkung auf das Krankenhaus-Image haben.
Interne Maßnahmen
- Arbeitsbedingungen: Gute Arbeitsbedingungen auf Station oder im Verwaltungsbereich der Klinik steigern die Motivation und halten die Mitarbeiterzufriedenheit aufrecht. In Kliniken bedeutet das z.B. eine funktionierende Stationsorganisation, zuverlässige Schichtplanung und klare Zuständigkeitsregelungen. Auch Flexibilität ist oftmals wichtig, wo sie organisatorisch und praktisch möglich ist, z.B. in Form von Homeoffice-Angeboten für Büromitarbeiter/innen oder Gleitzeitmodellen für die Stationsbelegschaft.
- Weiterbildungen: Wer sein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung durch den Erwerb größeren Fachwissens und neuer Fähigkeiten erfüllen kann, bleibt meist in der Klinik, die das ermöglicht. Viele medizinische Fachkräfte schätzen die Bereitschaft eines Arbeitgebers, ihre Weiterbildungen zeitlich zu ermöglichen und entweder finanziell zu unterstützen oder komplett zu übernehmen.
- Teamevents: In eine belastbare Klinikkultur sollten Teambildungsmaßnahmen und die aktive Integration neuer Mitarbeiter/innen fest integriert sein. Besonders sinnvoll sind z.B. Sportaktivitäten nach Feierabend, Stations-Events oder Meditationsangebote. Diese sollten aber unbedingt freiwillig stattfinden und nicht in Zwangsveranstaltungen ausarten.
- Mitarbeiterbefragungen: Sie vermitteln ehrliches Interesse, Wertschätzung und Dankbarkeit. Dies erhöht wiederum die Loyalität und das Engagement der Klinikmitarbeitenden, da diese sich von der Klinikleitung in ihren Bedürfnissen und Wünschen ernstgenommen fühlen.
Externe Maßnahmen
- Karriereseite: Moderne Kliniken sollten eigene Karriereseiten einrichten und diese ansprechend mit interessanten und informativen Inhalten gestalten. Sie bieten potenziellen Bewerbern/-innen neben der allgemeinen Übersicht aller Stellenangebote die Möglichkeit, sich über die Unternehmensphilosophie zu informieren. Übersichtlichkeit, Authentizität und Nutzerfreundlichkeit sind hier das A und O.
- Über-uns-Seite: Sie zeigt, was die Klinik einzigartig macht, und vermittelt außerdem einen positiven Eindruck von der Belegschaft und dem Arbeitsumfeld. Hier hinein gehören unbedingt Informationen zur Unternehmenskultur, Geschichte und Entwicklung sowie den einzelnen Stationsteams. Sie wird branchenübergreifend von Interessenten/-innen am meisten besucht und ist daher ein wichtiger Schritt, sich als Arbeitgeber im Gesundheitswesen bei potenziellen Bewerbern/-innen gut darzustellen.
- Social-Media-Präsenz: Vor allem bei der jungen Generation der Ärzte/-innen, Therapeuten/-innen und Pflegekräfte steigt die Relevanz von Social Media immer mehr. Zu einer effektiven Einrichtung dieser Kanäle müssen Kliniken wissen, auf welchen Plattformen (z.B. Facebook, Instagram, YouTube, Xing, LinkedIn etc.) sich ihre gewünschte Zielgruppe am meisten aufhält. Mit einer gezielten Nutzung sozialer Medien vermitteln Kliniken Authentizität und das Gefühl, ein guter Arbeitgeber zu sein, der am Puls der Zeit ist und seine Mitarbeitenden ernst nimmt.
- Weitere externe Maßnahmen: Teilnahmen an Veranstaltungen wie Messen, Karrieretagen oder Hochschulevents sowie Arbeitgeberwettbewerben erhöhen die Reichweite zusätzlich.
Arbeitgebersiegel: Nachteile
Ein Arbeitgebersiegel macht nicht zwangsläufig einen guten Arbeitgeber im Gesundheitswesen aus. Je nach Arbeitgebersiegel bzw. Zertifizierungsinstanz lassen diese Gütesiegel sogar oft bezüglich ihrer Aussagekraft zu wünschen übrig. Dafür sind sie oftmals sehr teuer: Eine Arbeitgebersiegel-Zertifizierung für Arbeitnehmerfreundlichkeit kann z.B. über 10.000 Euro kosten.
Auch der Zertifizierungsprozess ist oftmals undurchsichtig und aufwendig: Für einige Arbeitgebersiegel muss man sich bewerben, andere werden von unabhängigen Instanzen auf Antrag erteilt oder durch beauftragte Zertifizierungen erlangt. In Deutschland gibt es über 84 solcher Arbeitgebersiegel, aber keine einheitliche Regelung oder einen öffentlich einsehbaren Qualitäts-Katalog mit nachvollziehbaren Qualitätskriterien. Die tatsächliche Aussagekraft solcher Siegel ist also eingeschränkt.
Abgesehen davon überprüft niemand nach der Erteilung des Siegels, ob die Kriterien tatsächlich noch immer eingehalten werden. Es kann also sein, dass man z.B. ein hervorragendes Ausbildungsprogramm für Assistenzärzte/-innen hatte und sich dafür als Exzellenter Ausbildungsbetrieb zertifizieren ließ – aber einen Monat später schließt man dieses Programm ersatzlos. Das Siegel bleibt bis zum Gültigkeitsende aber erhalten, auch ohne die konstante Aufrechterhaltung der qualifizierenden Kriterien.
Auch diese Gültigkeitsfristen sind je nach Anbieter ungleichmäßig geregelt. Manche Zertifizierungsstellen erteilen das Siegel jährlich oder zweijährlich, andere monatlich. Nach Ablauf dieser Frist folgen dann erneuter „Papierkram“ für den wiederholten Zertifizierungsprozess und wiederholte Kosten. Diesen zusätzlichen Arbeits-, Verwaltungs- und Zeitaufwand sollte man also unbedingt mitberücksichtigen.
Arbeitgebersiegel: Alternativen
Zum Arbeitgebersiegel bieten sich auch meist kostenlose Alternativen, die bei strategischer Nutzung genauso effektiv in ihrer Außenwirkung sein können.
Storytelling
Storytelling ist eine effektive Marketing-Methode, die mit Hilfe von Geschichten Informationen, Emotionen und Identität erzeugt. Geschichten als Informationsträger verankern sich überdurchschnittlich stark im Bewusstsein von potenziellen Bewerbern/-innen und Patienten/-innen. Storytelling ist deshalb eine gute Methode, um Klinikidentität und Arbeitgeberattraktivität aufzubauen. Indem man z.B. Mitarbeitende oder ehemalige Patienten/-innen erzählen lässt (in Schriftform, als Audio-Datei oder Video), können wertvolle Informationen direkter vermittelt sowie Patientenvertrauen und Arbeitgeberattraktivität erzeugt werden. Die Authentizität persönlicher Erlebnisberichte ist so effektiv wie kaum ein anderes Tool bei der Vermittlung von Informationen.
Mitarbeiterberichte
Klingt ähnlich wie Storytelling, ist aber etwas anderes. Wenn Mitarbeitende ehrlich von ihrem Tagesablauf berichten und erzählen, wie sie ihr Arbeitsumfeld erleben, hat dies eine anziehende Wirkung auf Zuhörende. Nichts ist so authentisch wie die Realität. Diese Art von Werbung sollten sich Arbeitgeber im Gesundheitswesen daher zu Nutze machen und ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen, etwas aus ihrem Arbeitsalltag zu berichten. Dabei ist es egal, ob man dies als geschriebenen Text auf der Homepage platziert oder als Audio- oder Video-Datei. Natürlich sind Texte weniger persönlich als Stimmen, und Stimmen wiederum weniger persönlich als Videos. Aber nicht jeder Mitarbeitende fühlt sich wohl genug, sein Gesicht im Internet zu präsentieren, und dem sollten Arbeitgeber im Gesundheitswesen Rechnung tragen.
Buzzwords
Buzzwords (zu Deutsch: Schlagworte) werden meist als negativ behaftete Worthülsen betrachtet, sind aber wichtige Tools in der Außenkommunikation von Kliniken; sofern sie auch wirklich umgesetzt werden. Schlagwörter wie flexible Arbeitszeitmodelle, Mitarbeitervertrauen und Teamzusammenhalt erregen Aufmerksamkeit, sollten aber unbedingt auch mit Taten unterfüttert werden. Wer flexible Arbeitszeitmodelle ausschreibt, muss diese schließlich auch anbieten. Wenn Mitarbeitervertrauen proklamiert wird, ist es z.B. gut, wenn entsprechende Beweise (z.B. Erfahrungsberichte) vorliegen. Und wer sich Teamzusammenhalt auf die Fahnen schreibt, sollte dies z.B. mit regelmäßigen Klinik-Events oder Teambuilding-Maßnahmen belegen. Auch Buzzwords wie Diversität, Chancengleichheit, Wertschätzung etc. sind gern gelesene Begriffe, auf die Arbeitgeber im Gesundheitswesen eingehen sollten, sofern sie diese mit Taten bzw. Aktionen belegen können.
Fazit und Tipps
Arbeitgebersiegel haben für Arbeitgeber im Gesundheitswesen viele Vorteile, bringen aber auch hohe Kosten und erhöhten Arbeits- und Verwaltungsaufwand mit sich. Generell gilt daher: Man sollte anstelle von Siegeln vorrangig Taten sprechen lassen. Effektiver Zusammenhalt im Klinikteam und kleine Maßnahmen (z.B. gute Social-Media-Präsenz, authentische Berichte von Mitarbeitenden etc.) können oftmals genauso gut wirken wie teure Arbeitgebersiegel. V.a. im medizinischen Bereich ist die Effektivität von Mund-zu-Mund-Propaganda nicht zu unterschätzen. Wer also zufriedene Mitarbeitende hat, hat automatisch eine geringere Fluktuation und zieht zwangsläufig die passenden Fachkräfte an.
Generell wirken Arbeitgebersiegel oder Alternativmaßnahmen nur dann, wenn die versprochene Klinikkultur auch aktiv umgesetzt wird. Um dies zu erreichen, helfen Arbeitgebern im Gesundheitswesen die folgenden Tipps:
- Einzigartigkeit der Klinikkultur identifizieren und Klinikbesonderheiten hervorheben
- in Bildern festhalten, damit Bewerbende von ihrem künftigen Arbeitsalltag einen Eindruck gewinnen können
- Mitarbeitende einbeziehen und authentischen Mitarbeitenden-Content veröffentlichen, z.B. Erfahrungsberichte
- Kommentare und Anfragen (positiv und negativ) beantworten, aktiv auf den Klinik-Socials sein
- Projektberichte, Mitarbeiter-Benefits, Events etc. veröffentlichen
- Klinik-Blog führen, der einen authentischen Einblick hinter die Klinikfassaden bietet