Was ist, wenn Mitarbeiter einfach nicht mehr zur Arbeit kommen? Wenn sie völlig von der Bildfläche verschwinden und auch nicht auf Nachrichten und Anrufe reagieren? Was eher ein Begriff aus Dating und Beziehungen ist, gibt es auch im Job und ist für Arbeitgeber sehr ärgerlich – Ghosting.
Auf einmal ist Funkstille. Neue Ärzte, Krankenschwestern, MFAs, die den Vertrag unterzeichnen, dann aber nicht zum ersten Arbeitstag erscheinen. Vielleicht hat man sie sogar schon eingearbeitet. Man hat intensive Gespräche geführt, sie im Dienstplan eingeteilt, aber sie tauchen völlig unter. So ein Verhalten kann in jeder Arbeitsphase auftreten, ob direkt beim Jobeinstieg oder nach Jahren der Zusammenarbeit. Auch langjährige Mitarbeiter können von einem auf den anderen Tag einfach nicht mehr zu erreichen sein. Wie kann man sich als Arbeitgeber davor schützen? Mit welchen rechtlichen Mitteln kann man dagegen vorgehen? Und was kann darüber hinaus noch helfen? Der folgende Überblick gibt ein paar hilfreiche Tipps.
Vertragsstrafe bei Ghosting mit in den Arbeitsvertrag aufnehmen
Besonders die Unverbindlichkeit der digitalen Welt ist für das Ghosting wie gemacht. Daher sollten Arbeitgeber ihre Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter auch zeitnah vertraglich festhalten. Um sich abzusichern, können sie hier eine pauschale Vertragsstrafe bei Nichtantritt der Arbeitsstelle in den Vertrag mit aufnehmen. Jedoch sollte man beachten, dass keine übertriebenen Fantasie-Summen genannt werden dürfen, sondern sie müssen, im Rahmen der allgemeinen Rechtsprechung, relativ moderat ausfallen.
Denn: Nur der Vertrag allein schützt Arbeitgeber nicht vor Ghosting. Auch nach der Vertragsunterzeichnung kann es dazu kommen. In einigen Fällen liegen zwischen dieser und dem Arbeitsbeginn manchmal mehrere Monate. Vielleicht lässt dann jemand ein paar Tage vor dem ersten Arbeitstag über einen Anwalt verkünden, dass der- oder diejenige die Stelle doch nicht antreten wird – das ist so eine Art Halb-Ghosting, bei dem man aber als Arbeitgeber wahrscheinlich auch nie wieder etwas von dem Bewerber persönlich hört.
Damit das nicht passiert, sollte man unbedingt auch in der Phase zwischen Vertragsunterzeichnung und dem Arbeitsbeginn regelmäßigen Kontakt zu neuen Mitarbeitern halten. So kann man eine persönliche Bindung aufbauen und lässt die neuen Mitarbeiter nicht allein. Selbstverständlich sollte man als Arbeitgeber und Personalabteilung selbst nie die Entscheidung treffen, sich nicht mehr zu melden. Außerdem sollte man auch klarstellen und vertraglich festhalten, dass es keine Kündigung vor Arbeitsantritt gibt, sonst besteht für Bewerber natürlich das Recht, sich alternativ anderweitig umzusehen.
Kommt es dann zu einem Vertragsbruch seitens der Mitarbeiter, tritt jemand also seinen Dienst nicht an, können Arbeitgeber Schadensersatz wegen nicht-erfüllter Vereinbarungen verlangen. Hierzu zählen auch zusätzliche Kosten für Aushilfen und Überstunden der anderen Mitarbeiter, die die Schichten auffangen müssen.
Abmahnung und fristlose Kündigung
Bei Mitarbeitern, die von heute auf morgen nicht mehr zur Arbeit erscheinen und vielleicht auch nach mehrmaligen Kontaktversuchen (Telefon, Mail, privater Besuch) nicht erreichbar sind und auf die Abmahnung nicht reagieren, kann man eine fristlose Kündigung in Erwägung ziehen. Da sollten Arbeitgeber aber einige Tage abwarten, denn es könnte immer auch etwas Unvorhergesehenes passiert sein, womit das Nichterscheinen im Nachhinein doch gerechtfertigt werden kann. Die Frage ist hier nur: die Person, die ghostet und von der Arbeit fernbleibt, hat mit einer Kündigung wahrscheinlich kein Problem. Denn genau das ist es ja, was jemand dann absichtlich oder unterbewusst bezweckt – den kompletten Kontaktabbruch.
Persönliche Bindung aufbauen
Persönliche Gespräche und eine persönliche Verbindung helfen immer, Missverständnisse, Unklarheiten oder Ängste aus dem Weg zu räumen. Arbeitgeber sollten dafür sorgen, dass der Bewerbungs- und Einstellungsprozess oder auch die Einarbeitung ganz klar für die Kandidaten sind oder, dass mögliche neue Aufgabenbereiche für schon langjährige Mitarbeiter klar definiert sind. Sonst bauen sich vielleicht Ängste auf, weil sie nicht genau wissen, was auf sie zukommt und gehen dem dann über Ghosting lieber aus dem Weg. Ghosting hat ja im Kern doch auch viel mit Angst und Überforderung (persönlich oder beruflich) zu tun. Daher ist es auch wichtig, dass Arbeitgeber regelmäßig Feedback einholen – egal ob vor Arbeitsantritt oder bei bereits Angestellten. So spürt man, wo es eventuell noch Klärung und Redebedarf gibt oder Veränderungen nötig sind. Wenn alle Beteiligten zufrieden sind und sich gesehen fühlen, kommt es gar nicht zum Ghosting.
Möglicherweise hilft es auch, den Bewerbenden direkt mit auf den Weg zu geben, dass man anderen Kandidaten absagt oder absagen wird – ihnen somit die Konsequenzen aufzeigt und vermittelt, dass man sich klar für sie entschieden hat und man sehr an einer guten Zusammenarbeit interessiert ist. Am besten bietet man hier dann auch direkt mögliche nächste Schritte an und bespricht, was es beiderseits dafür braucht, dass diese Zusammenarbeit langfristig gelingt.
Fazit
Ghosting im Arbeitsleben ist ein schwieriges Thema. Man ist als Arbeitgeber nie komplett davor gefeit. Man kann aber mit den oben genannten Tipps etwas dafür tun, dass Ghosting zukünftig nicht mehr so oft vorkommt. Die beste Variante ist es, eine Pauschalstrafe mit in den Arbeitsvertrag aufzunehmen und neue Mitarbeiter darauf hinzuweisen. Jedoch sollte man als Arbeitgeber auch wissen, dass es damit allein nicht getan ist. Dadurch mag man rechtlich abgesichert sein, aber auch die zwischenmenschliche Ebene sollte nicht vergessen werden. Schließlich geht es beim Ghosting oftmals um Ängste, Überforderung und Unsicherheiten. Natürlich gibt es aber auch Fälle, in denen aus purem Egoismus und Desinteresse gehandelt wird (nur, um das vollständigkeitshalber auch zu erwähnen).
Es wirft nie ein gutes Licht auf denjenigen, der ghostet – besonders in der digitalen Welt sind viele miteinander vernetzt, kennen sich in der Gesundheitsbranche untereinander – und irgendwie trifft man sich berufsbedingt vielleicht dann doch immer zweimal. Ghosting setzt also weder als Bewerber, langjähriger Mitarbeiter oder aber als Arbeitgeber und potenzieller Geschäftspartner ein gutes Zeichen. Absagen sind immer etwas unangenehm, egal ob diese nun aus der Personal- und Chefabteilung kommen oder vom Mitarbeiter selbst. Aber sie sind dennoch immer der bessere Weg für alle Beteiligten, als einfach gar nichts mehr von sich hören zu lassen.