Viele brauchen sie, alle profitieren davon, aber keiner kann sie produzieren.
Die Rede ist von der Anti-D-Prophylaxe, einer kleinen Spritze, die seit den 1960er Jahren tausenden Babys das Leben gerettet hat.
Rhesus-Inkompabilität zwischen Mutter und Säugling ist eine ernst zu nehmende Sache:
Bekommt eine Rhesus-negative Mutter ein Rhesus-positives Kind, kann sie Antikörper gegen den Rhesus-Faktor entwickeln.
Wird sie mit einem zweiten Rhesus-positiven Kind schwanger, richten sich die mütterlichen Antikörper gegen den Feten: Es kommt zum gefürchteten Morbus haemolyticus fetalis bzw. –neonatorum, der im Abort oder in schweren Fehlbildungen oder Behinderungen der Säuglinge enden kann.
Um dem vorzubeugen, erhalten seit den 1960er Jahren alle Rhesus-negativen Mütter vor und nach ihrer ersten Entbindung die Anti-D-Prophylaxe.
Diese Anti-D-Antikörper verhindern, dass der mütterliche Organismus selbst Antikörper produziert.
Aber wo kommen diese Anti-D-Antikörper eigentlich her?
Tatsächlich ist man bis zum heutigen Tag auf Plasmaspenden von Personen, die Anti-D-Antikörper tragen, angewiesen.
Oft handelt es sich bei den Spendern um Kriegsveteranen, die in früheren Zeiten Rhesus-inkompatible Bluttransfusionen erhielten und daraufhin den Antikörper produzierten. Auch Mütter, die noch keine Anti-D-Prophylaxe erhielten, kamen in Frage.
Doch damit ist es nun vorbei: Die potenziellen Spender sterben aus, oder sie existieren schlichtweg nicht mehr, weil das System der Prophylaxe so gut funktioniert.
Tatsächlich steht in Deutschland kein einziger Spender zur Verfügung, sodass die Bundesrepublik ihren kompletten Bedarf an Anti-D-Immunisierung aus den USA importieren muss.
Synthetisch herstellen kann man Anti-D bislang nicht. Die einzige probate Möglichkeit, so scheint es, ist die Beimpfung von gesunden, Rhesus-negativen Individuen mit Rhesus-positiven Erythrozyten, in der Hoffnung, dass diese Personen Antikörper bilden, die dann im Rahmen einer Plasmaspende geerntet werden können.
Dieses Vorgehen ist weder frei von Risiken noch frei von ethischen Bedenken – sicher ist jedoch, dass für den drohenden Anti-D-Mangel eine Lösung gefunden werden muss, sodass auch weitere Generationen von der Prophylaxe profitieren können.
Bildnachweis: Thank you, anonymous donor. via photopin (license)
Themen
- Sonstige