
„Mein Hausarzt ist schon 67 und arbeitet immer noch…“ gerade in den ländlichen Regionen hört man diesen Satz leider immer häufiger. Die Politik der vergangenen Jahre mit Vorteilen für hochspezialisierte Fachärzte, den Nachteilen einer Standortbindung, vielen Diensten, überbordender Bürokratie und Auflagen für Praxen macht sich langsam bemerkbar – immer weniger Mediziner wollen als Hausarzt in ländlichen Gebieten arbeiten. Hinzu kommen geringe Einkommen und die hohe Arbeitsbelastung, die mangelnde Anerkennung und die fehlende Infrastruktur auf dem Land. Auch wenn es im Bereich der Politik bereits viele Fortschritte für Hausärzte gibt, ist der Ruf unter den (angehenden) Medizinern doch noch nachhaltig geschädigt.
Wie kann der Arztmangel auf dem Land bekämpft werden?
Damit die medizinische Versorgung für die Zukunft gesichert werden kann, muss der Ärztemangel, vor allem auf dem Land, ernst genommen werden. Mittlerweile gibt es einige Modelle, wie auch als Hausarzt heute eine gute Vergütung bei angemessener Arbeitszeit erreicht werden kann. Welche Modelle es gegen den Ärztemangel gibt und welche Perspektiven sich für Allgemeinmediziner ergeben, stellen wir im Folgenden vor.
Gemeinschaftspraxis
Das althergebrachte Modell der Gemeinschaftspraxen gibt es natürlich immer noch. Die Idee, sich mit anderen Ärzten zusammen zu schließen, um Personalkosten und Kosten für die Praxisausstattung zu sparen, ist nicht neu. Was sich aber ändert ist die Flexibilität, bzw. die Aufteilung der Arbeitszeit. Es gibt Praxen, in denen sich Ärzte stunden-, oder tageweise, manchmal sogar wochen- oder monatsweise abwechseln. Wenn ein Arzt nur Teilzeit arbeitet und wochenweise im Ausland ist, hat er mittlerweile gute Chancen, jemanden zu finden, mit dem er sich eine Praxis teilen kann. Oft hat man für so ein Modell mittlerweile im ambulanten Bereich bessere Chancen als im Krankenhaus.
Regiopraxen
Das Modell der Regiopraxen wird in einigen Regionen auch seit einiger Zeit von den lokalen Kassenärztlichen Vereinigungen gefördert. Die Grundidee ist, dass Arztpraxen in einem Mangelgebiet eine Art Zweigniederlassung eröffnen. Hierdurch kann die Versorgung in einem Raum sichergestellt werden. Das wäre für manche Hausärzte an sich nur sehr wenig lukrativ. Da es aber von den KVen entsprechend finanziell unterstützt wird, kann es letztendlich doch lohnend sein.
Gesundheitszentren
Das Konzept der Gesundheitszentren findet ebenfalls sowohl bei der Bevölkerung als auch medizinischem Fachpersonal zunehmend Anklang. In den Gesundheitszentren sind meist nicht nur Hausärzte tätig, sondern oft noch andere Fachrichtungen vertreten (Orthopädie, Gynäkologie). Hier ist der Träger in den meisten Fällen eine Gemeinschaft, oder eine der großen Organisationen wie Helios oder Sana. Der Vorteil für die Hausärzte ist auch hier, dass die Verwaltung und die Personalführung von der Organisation übernommen werden, oder zumindest auf mehrere Schultern verteilt wird.
Ambulanzen
Eine etwas zweischneidige Entwicklung ist auch, dass zunehmend Chefärzte größerer Kliniken darauf achten, dass ihre Ambulanzen ebenfalls eine Abrechnungsmöglichkeit für auch längerfristige ambulante Behandlungen haben. Das ersetzt natürlich nicht den Hausarzt. Es bietet in gewisser Weise in manchen Fällen eine Entlastung (beispielsweise kann ein Patient mit mehreren Herzinfarkten in einer kardiologischen Ambulanz die nötige Sicherheit und schnelle Behandlung erfahren). Andererseits ist es natürlich nicht wünschenswert, dass ein Patient direkt den Facharzt aufsucht, ohne den Hausarzt zu konsultieren.
Medibus
Eine ganz andere Idee, um dem Hausärzte-Mangel beizukommen hatte die KV Hessen. Sie hat zusammen mit einigen Bürgermeistern aus der Region Nordhessen und der Deutschen Bahn den Medibus ins Leben gerufen. Das ist eine mobile Hausarztpraxis, die nach einem bestimmten Fahrplan Dörfer im ländlichen Nordhessen anfährt. Dadurch werden einerseits die Hausärzte der Region entlastet, andererseits profitieren Patienten von kurzen Wegen. Das Projekt startete im Juli 2018 und findet seither viel positiven Anklang.
Hausarztquote
Sogar im Studium werden mittlerweile Anstrengungen unternommen, die Situation der hausärztlichen Versorgung zu verbessern. Im „Masterplan Medizinstudium 2020“ wurde die sogenannte „Landarztquote“ verabschiedet. Über diese Quote können Abiturienten Zugang zum Medizinstudium finden, deren Notendurchschnitt für die Zulassung über den NC nicht gereicht hat.
Sie verpflichten sich, später als Hausärzte im ländlichen Bereich tätig zu sein. Auch hier gab es durchaus Kontroversen: „Die schlechten Abiturienten sind als Hausärzte gut genug?“ – Andererseits sagt der Notendurchschnitt im Abitur nur sehr bedingt etwas über die Eignung als Arzt aus.
Fazit
Insgesamt zeichnet sich also eine sehr positive Entwicklung ab. Die Hausärztinnen und Hausärzte sind flexibler, wie schon oben angedeutet. Durch diese Flexibilität ist die Allgemeinmedizin mittlerweile familienfreundlicher als viele andere Bereiche der Medizin. Die finanzielle Seite ist ebenfalls zunehmend attraktiver, da sich durch Direktverträge mit einigen Krankenkassen und Änderungen in der Abrechnungsmöglichkeit einiges zum Positiven gewandt hat. Es ist also mittlerweile durchaus eine Überlegung wert, sich in den Bereich der Allgemeinmedizin zu begeben.