Obwohl Frankreich direkter Nachbar Deutschlands ist und dank EU-Freizügigkeit ein Arbeitsplatzwechsel dorthin vergleichsweise problemlos realisiert werden kann, gehen nur wenige deutsche Ärzte diesen Weg. 2018 waren es gerade mal 36.
Das ist ein Bruchteil im Vergleich zu Zielländern wie der Schweiz oder Österreich. Auch die Niederlande, Spanien oder Großbritannien sind beliebter. Liegt es an der Sprachbarriere, am fehlenden Bedarf, an ungünstigen Rahmenbedingungen oder ist Frankreich einfach noch nicht entdeckt? Nachfolgend mehr Infos zur Tätigkeit als Arzt in Frankreich.
Ärztebedarf in Frankreich
Frankreich kennt Phänomene des Ärztemangels ähnlich wie Deutschland. Die Zahl der niedergelassenen Ärzte ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Prognosen sehen bis 2025 ein Viertel weniger niedergelassene Ärzte im Vergleich zu 2007. Dies ist vor allem durch die Altersstruktur der Ärzteschaft bedingt, viele Mediziner gehen demnächst in den Ruhestand. Derzeit praktizieren in unserem Nachbarland rund 130.000 Ärzte.
Dabei gibt es starke regionale Unterschiede. Am dichtesten ist die Ärzteversorgung im Südosten des Landes, am geringsten in Zentralfrankreich. Regionen mit wirtschaftlichen Problemen sind überdurchschnittlich von Unterversorgung betroffen.
Insgesamt arbeiten in Frankreich mehr als 200.000 Ärzte, das sind knapp 312 pro 100.000 Einwohner. In Deutschland sind es gut 410. Im Vergleich zu uns ist die Ärztedichte um rund ein Viertel geringer. Es besteht eine Ärztelücke, die in Zukunft noch größer werden wird.
Arztgehalt in Frankreich
Die Krankenversicherung ist in Frankreich ähnlich wie das gesetzliche System in Deutschland organisiert. Allerdings gilt grundsätzlich das Kostenerstattungsprinzip. Ärzte rechnen direkt mit den Patienten ab, die sich die Kosten dann von der Krankenversicherung erstatten lassen. Es gibt zwei Kategorien von Ärzten: tariflich gebundene Ärzte (médecins conventionnés) und Privatärzte (médecins non conventionnés), die ihre Honorare frei festlegen können.
Als Berufseinsteiger verdient man in Frankreich deutlich weniger als in Deutschland. Die Gehälter liegen im Schnitt um mehr als ein Drittel unter dem deutschen Niveau – vermutlich auch eine Erklärung, warum es wenige Mediziner nach Frankreich zieht.
Ärzte mit Berufserfahrung verdienen allerdings in vergleichbaren Größenordnungen wie in Deutschland, in leitender Funktion ist sogar mehr drin – bis zu 150.000 Euro p.a. im Schnitt. Als Privatarzt hat man bei entsprechendem Patientenstamm ebenfalls gute Verdienstmöglichkeiten.
Arbeitsbedingungen in Frankreich
Auch in Frankreich müssen Ärzte hart für ihr Geld arbeiten. Erscheinungen wie Burn-out oder Überlastung sind keineswegs unbekannt. In staatlichen Gesundheitseinrichtungen wird im Allgemeinen strenger auf Einhaltung von geregelten Arbeitszeiten und Sozialstandards geachtet als bei uns. Hier wird man zum Teil bessere Bedingungen als in Deutschland finden.
In Privatkliniken ist das anders, dafür sind aber auch die Verdienstmöglichkeiten besser. Der zunehmende Ärztemangel ist ein Stressfaktor, der sowohl Krankenhausärzte als auch frei praktizierende Ärzte betrifft. Im Krankenhaus müssen Ärzte eher auf eine helfende Hand verzichten als in Deutschland und Dinge selbst übernehmen. Französische Kliniken sind hingegen oft noch nicht so streng durchgetaktet und reglementiert wie deutsche Krankenhäuser.
Lebensqualität in Frankreich
“Leben wie Gott in Frankreich” ist ein geflügeltes Sprichwort. Dennoch kann man nicht generell sagen, dass es sich in Frankreich besser lebt als in Deutschland. Es kommt immer auf die persönliche Situation an.
Wirtschaftlich gesehen hat Deutschland die Nase vorn, Work-Life-Balance gelingt in Frankreich tendenziell besser. Die Lebenshaltungskosten liegen geringfügig über dem deutschen Schnitt. Sie sind aber auch stark vom Standort abhängig – in Paris zu leben ist wesentlich teurer als auf dem flachen Land. Vom Lebensstandard, sozialer Absicherung und Infrastruktur wird man als Arzt in Frankreich auf kaum etwas verzichten müssen, was man gewohnt ist. Das Land punktet aber mit einer faszinierenden Kultur und tollen Landschaften.
Fazit
Arzt in Frankreich – lohnt sich das überhaupt? Die Antwort darauf muss jeder für sich selbst finden. Alleine wegen des Verdienstes rechnet sich das vielfach nicht. Wenn es um “savoir vivre” und um Erweiterung des persönlichen Erfahrungshorizonts geht, dagegen schon.