
Immer mehr Ärzte/-innen arbeiten auch noch im Rentenalter. Die Motivation zum Weitermachen im Ruhestand ist hoch und im Hinblick auf das Tätigkeitsgebiet sind die Senioren/-innen in der Ärzteschaft besonders offen für Neues. Im folgenden Artikel werden mögliche Tätigkeitsfelder für die sogenannten „Silver Worker“ genauer beschrieben.
Vielfältige Möglichkeiten im Ruhestand
Für viele Ärzte/-innen steht fest, dass sie auch noch nach Eintritt in den Ruhestand ärztlich tätig sein möchten, allerdings so weiterzumachen wie vor der Rente wollen tatsächlich nur die wenigsten. Die meisten präferieren flexible Beschäftigungsformen, die Mehrzahl bevorzugt eine Teilzeitstelle und mehr als die Hälfte entscheidet sich für eine 20-Stunden-Woche oder nur einen Arbeitstag pro Woche.
Im Hinblick auf das Tätigkeitsgebiet besteht ebenfalls Offenheit für Neues und die Bereitschaft, neue Perspektiven kennen zu lernen. Neben einer ärztlichen Tätigkeit als Vertretungsarzt/-ärztin kann die Arbeit als medizinische/r Gutachter/in, als Reise- oder Hotelarzt/-ärztin genannt werden. Auch die Vorstellung, sich berufspolitisch zu engagieren oder im Rahmen der Pandemie als Helfer/in in einem Corona-Impfzentrum zu arbeiten besteht.
Im Folgenden werden einige Tätigkeitsfelder näher beleuchtet und nützliche Tipps für das Arbeiten im Ruhestand gegeben.
Medizinische Gutachten schreiben
Die Anfertigung medizinischer Gutachten als ärztliche Tätigkeit im Ruhestand ist besonders beliebt. Zu den Auftraggebern für das Schreiben von medizinischen Gutachten zählen unter anderem Rentenversicherungsträger, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder Betreuungsgerichte. Von Vorteil ist, dass man diese Tätigkeit von zu Hause ausüben kann und hierbei frei wählen kann, zu welcher Uhrzeit, ob morgens oder abends, man schreiben möchte.
Stellenangebote für Ärzte/-innen im Ruhestand gibt es zum Beispiel bei Medicproof, dem Tochterunternehmen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband): Für Einsteiger/innen liegt die Altersgrenze bei 67 Jahren, da die Gutachter/innen im besten Fall bereits mehrere Jahre für das Kölner Unternehmen tätig sein sollen. Um hier als Gutachter/in arbeiten zu können, ist für alle eine Basisschulung von vier Wochen mit Fokus auf ein digitales Selbststudium von 25 Stunden, das flexibel einteilbar ist, sowie einer 1,5-tägigen Veranstaltung in Präsenz erforderlich. Der Vorteil dieser Tätigkeit ist zudem, dass man selbst entscheiden kann, wie viele Gutachten man erstellen möchte.
Ärztlich begleitete Reisen
Wer im Rentenalter noch die Welt bereisen und dabei zusätzlich Geld verdienen möchte, kann sich bei Touristikunternehmen Informationen einholen lassen. Einige Touristikunternehmen bieten ärztlich begleitete Reisen an, darunter beispielsweise der Reiseanbieter Viamonda.
Ärzte/-innen im Ruhestand übernehmen Tätigkeiten, wie das tägliche Blutdruckmessen, die Versorgung von Verletzungen, die Begleitung ins Krankenhaus bei ernsteren Erkrankungen und auch manche Reiseleiterfunktionen. Auch die Einsätze als Schiffsarzt/-ärztin sind sehr gefragt und beliebt, häufig allerdings von jüngeren Kollegen/-innen belegt.
Vertretung an attraktiven Urlaubsorten
Vertretungen für Urlaub oder Krankheit in Facharzt- sowie Hausarztpraxen sind nach wie vor für die sogenannten „Silver Worker“ als Arbeit im Ruhestand von Bedeutung. Dies muss nicht unbedingt in Deutschland in unmittelbarer Umgebung des Wohnorts sein. Auch an attraktiven Urlaubsorten, welche saisonalen Zulauf haben, könne man sich erkundigen.
Dr. Eugen Engels, der neben seiner beruflichen Karriere als Chirurg und Internist außerdem im Hartmannbund sowie in der KV und der Ärztekammer Westfalen-Lippe aktiv ist/war, wo er sich unter anderem um das Thema „Als Arzt im Ruhestand“ kümmerte, empfiehlt, eine kleine Anzeige in den monatlichen Mitteilungsblättern der Ärztekammer aufzugeben und beispielsweise die Vertretung in einer Gemeinschaftspraxis in Skiorten oder an der Nord- oder Ostseeküste anzubieten. Hier könne positive Resonanz erhofft werden.
KV-Notdienst
Die Besetzung eines KV-Notdiensts ist nicht unbedingt für jede/n Arzt/Ärztin im Ruhealter eine Option. Trotz allem werden immer wieder Poolärzte/-innen gesucht, die einen Sitzdienst, der in der Regel bis 22 Uhr geht, übernehmen möchten.
Berufspolitisches Engagement
Wer sich als Arzt/Ärztin im Rentenalter noch berufspolitisch engagieren und berufspolitisch aktiv sein möchte, kann Kontakt zum Ausschuss Altersfragen und Medizin aufnehmen. Zum Ausschuss Altersfragen und Medizin zählen Ärzte/-innen unterschiedlicher Fachgebiete, die sich sowohl mit aktuellen berufs- und gesundheitspolitischen Themen auseinandersetzen als auch sich mit gesellschaftspolitischen Themen befassen. Zum Beispiel: Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung älterer Menschen, der Ärztemangel und der Demografischen Wandel.
Ehrenamtliche Tätigkeit im Ruhestand
Auch eine ehrenamtliche ärztliche Tätigkeit ist im Rentenalter möglich, beispielsweise bei German Doctors als Anlaufstelle für das Helfen in ärmeren Ländern. Für den Ersteinsatz im Ausland liegt die Altersgrenze bei 70 Jahren und für Ärzte/-innen mit entsprechender Erfahrung liegt die Altersgrenze bei 74 Jahren.
Wer nicht ins Ausland möchte, kann sich auch in Deutschland ehrenamtlich engagieren. Unter anderem zum Beispiel bei der Obdachlosenhilfe oder beim Malteser Hilfsdienst. Darüber hinaus könne man auch durch die lokale Recherche bei Ehrenamtsagenturen nach Tätigkeiten fündig werden.
Arbeiten im Ruhestand: Was ist rechtlich zu beachten
Immer mehr Ärzte/-innen entscheiden sich, auch noch im Rentenalter weiterzuarbeiten. Hierbei gilt es rechtliche Anforderungen an die Arbeit im Ruhestand zu berücksichtigen. Prinzipiell ist die Fortführung der ärztlichen Tätigkeit auch über das Rentenalter hinaus gestattet. Diese muss allerdings der Ärztekammer mitgeteilt werden.
Bei der ärztlichen Tätigkeit als Vertretungsarzt/-ärztin ist darauf zu achten, dass es sich um dasselbe Fachgebiet handelt. Und ganz wichtig ist es, entsprechend versichert zu sein. Hier empfiehlt es sich, mit der Berufshaftpflichtversicherung Kontakt aufzunehmen und sich einstufen zu lassen, wenn man weiterhin patientenorientiert arbeiten (weiterhin regelmäßig oder sporadisch) möchte. Für die Tätigkeit als Gutachter/in muss die Berufshaftpflichtversicherung nichts abstimmen. Zudem kann auch – im Hinblick auf das Arbeiten im Rentenalter – der Kontakt zur Steuerberatung durchaus sinnvoll sein.