Zu der Arbeit von Medizinerinnen und Medizinern im Labor existiert ein standardisiertes Bild: Die Fachkraft agiert über das Mikroskop gebeugt oder mit der Pipette in der Hand. Tatsächlich ist die Laboratoriumsmedizin eine der am häufigsten konsultierten Facharztbereiche überhaupt. Aber wie sieht der Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten im Labor aus und welche Vorteile hat man als Teil der der Arztgruppe?
Was ist Labormedizin?
Obwohl die Facharztrichtung Labormedizin eine der kleinsten in Deutschland ist, ist sie an ca. 2/3 der Diagnosestellungen beteiligt. Auch bei der Überwachung von Krankheitsverläufen sowie der Bewertung von Therapien spielen die Medizinerinnen und Mediziner eine große Rolle. Ihre Arbeit wird häufig als Grenze zwischen Medizin und Naturwissenschaften bezeichnet, da sie sich unter anderem mit morphologischen, chemischen, physikalischen, immunologischen, biochemischen, molekulargenetischen und mikrobiologischen Untersuchungsverfahren befassen, um Körperflüssigkeiten und andere -materialien zu untersuchen.
Wie die Facharztbezeichnung vermuten lässt, ist die Laborärztin oder der Laborarzt primär im Labor beschäftigt. Aber auch die enge Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Gruppen, wie der Gynäkologie, Onkologie oder Transfusionsmedizin gehört zu ihrem Alltag.
Wie wird man Laborärztin/Laborarzt?
In Deutschland und Österreich gibt es die Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Laboratoriumsmedizin. Die 60 Monate lange Ausbildung ermöglicht die Aneignung verschiedenster Analysewege und -methoden und bildet das breite Spektrum an Fächern und Bereichen ab, welche sich mit der Labormedizin überschneiden. 30 Monate der Weiterbildungszeit müssen in der klinischen Chemie, im immunologischen, hämatologischen, hämostaseologischen und molekulargenetischen Labor abgeleistet werden. Weitere zwölf Monate im mikrobiologischen und sechs Monate im immunhämatologischen Labor. Zusätzlich gelten zwölf Monate der Weiterbildung der stationären Patientenversorgung.
Neben Laboranalyse und -management gehören zu den zu erwerbenden Fähigkeiten auch Handlungskompetenzen, wie die Beratung sowie die Erstellung und Beurteilung von Befunden. Meist haben die Assistenzärztinnen und Assistenzärzte mehrere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die sich für aufkommende Fragen Zeit nehmen.
Das Labor als Arbeitsplatz
Biologische Substanzen in Form von Proben landen im Labor. Hier beginnt die Arbeit der Labormedizinerinnen und -mediziner. Für die Qualitätssicherung der Analyse der eintreffenden Körpermaterialien sind Technisierung und Digitalisierung obligat und seit Jahren etabliert. Komplexe spezialisierte Softwareprogramme unterstützen alle Arbeitsabläufe. Diese Labor-EDV ist bei der Auftragserfassung, technischen und medizinischen Validation, Befunderstellung, Statistik, Abrechnung, aber auch der Kommunikation mit Analysegeräten zur Auftrags- und Messwertübermittlung, der statistische Aufbereitung der Messwerte sowie der Abrechnung mit den Kostenträgern beteiligt und wird ständig weiterentwickelt.
Das Laborinformationssystem erleichtert nicht nur die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte, sondern hilft auch konkret bei Diagnosestellungen. Beispielsweise können so bei der Blutkrebsanalyse die Charakteristika einzelner Blutzellen besser unterschieden werden. Neben medizinischem und naturwissenschaftlichem Verständnis sollten sich werdende Labormedizinerinnen und Labormediziner entsprechend auch mit technischen und digitalen Hintergründen auskennen.
Arbeitsschritte wie das Pipettieren von Hand gehören längst nicht mehr zum Arbeitsalltag.
Grundsätzlich sind Medizin- und Forschungslabore zu unterscheiden. Besonders an Unikliniken wird aber auch in den Medizinlaboren viel Forschung betrieben. Fachärztinnen und Fachärzte können analog zu anderen Arztgruppen aber auch eine Niederlassung mit einem Labor gründen und dieses selbstständig leiten.
Der Arbeitsalltag in einem Labor
Da die Labormedizin ein so umfangreiches und vielseitiges Fach darstellt, ist auch der Arbeitsalltag variabel. Oftmals sind Analysemethoden und -verfahren planbar und ermöglichen geregelte und individuelle Arbeitsmodelle. Den Platz der Pipette als wichtigstes Instrument hat der Computer übernommen. Fachärztinnen und Fachärzte überprüfen Laborergebnisse, vergleichen Zahlen und interpretieren auffällige Werte. Dabei stehen sie ständig in Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen.
Beratungsleistung
Die weit verbreitete Vorstellung, Medizinerinnen und Mediziner stünden allein und isoliert im Labor, passt nicht zur Labormedizin. Vielmehr brauchen die Ärztinnen und Ärzte zwingend soziale Kompetenz und allem voran Kommunikationsfähigkeiten. Für die optimale Patientenversorgung ist ein ständiger Austausch zwischen Labormedizin und behandelnden Ärztinnen und Ärzten von großer Bedeutung. Befunde und Ergebnisse müssen erklärt sowie das weitere Vorgehen bei der Therapie besprochen werden. Bei Rückfragen muss das Labor erreichbar sein und Entscheidungen beratend mittragen. Auch die Präanalytik wird von der Labormedizin unterstützt: Welche Tests müssen gemacht, welche Proben genommen werden.
Je nach Einrichtung finden auch Beratungen für Patientinnen und Patienten direkt statt. Da hier häufig zusätzliches medizinisches Fachwissen fehlt, ist die Art der Kommunikation besonders bedeutend für das Verständnis von Ergebnissen.
Interdisziplinäre Teamarbeit im Labor
Aufgrund der Vielfalt von Aufgaben und -Bereichen ist ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Medizinerinnen und Medizinern sowie Nicht-Medizinerinnen und Nicht-Medizinern, im Labor unverzichtbar. Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler und Medizintechnische (Labor-)Assistentinnen und Assistenten (MT(L)As) arbeiten Hand in Hand mit Expertinnen und Experten aus der Hämatologie, Immunologie, Mikro- und Molekularbiologie, sowie der Humangenetik oder Transfusionsmedizin.
Delegation von Aufgaben
Aufgaben wie die Qualitätskontrolle von Analysegeräten und Proben, die Zuordnung der Proben oder die Rückmeldung bei Problemen mit einer Probe gehören zur Routinearbeit im Labor. Diese und weitere Arbeitsschritte können von Laborärztinnen und Laborärzten an qualifiziertes Personal delegiert werden. Mit Ausnahme von automatisierten Verfahren hat die Ärztin oder der Arzt dabei allerdings eine Aufsichtspflicht und muss ungewöhnliche oder pathologische Ergebnisse persönlich überprüfen. Andersherum sollen auch Assistenzärztinnen und Assistenzärzte die Aufgaben von MT(L)As kennenlernen.
Vorteile für Ärztinnen und Ärzte im Labor
Weniger als 1.200 Fachärztinnen und Fachärzte der Labormedizin sind in Deutschland berufstätig.
Wie in vielen anderen Facharztbereichen mach sich der Ärztemangel hier stark bemerkbar. Auch im Medizinstudium wird diese Facharztgruppe kaum beleuchtet. Aber welche Vorteile hat man als Labormedizinerin oder Labormediziner?
Besonders die Planbarkeit macht das Labor zu einem besonderen Arbeitsplatz im Gesundheitsbereich. Das Fachpersonal hat die zeitliche Freiheit, sich in Themen einzuarbeiten, sich weiterzubilden oder Auszubildenden mit Fragen und Problemen zu helfen. Auch die Arbeitszeiten lassen sich gut planen, was den Beruf mit persönlicher Freizeit oder zum Beispiel der Familienplanung kompatibel macht.
Da die Labormedizin nicht nur nahezu jeden medizinischen Bereich betrifft, sondern auch naturwissenschaftliche Themen mit abdeckt, bietet sie ein breites Arbeitsspektrum mit vielen Weiterbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten. Besonders wer naturwissenschaftliches und technisches Interesse hat, bereit ist, ständig Neues zu lernen und sich nicht auf einer „das haben wir immer schon so gemacht“-Mentalität ausruhen möchte, ist in dieser Arztgruppe richtig.