Das Risiko einer Berufsunfähigkeit (i. F. BU) ist für Mediziner immer vorhanden – vom Berufsbeginn bis zum Ruhestand. Ärztliche Versorgungswerke zahlen ihren Mitgliedern im Falle einer BU mehr als die gesetzliche Rentenversicherung – dies auch schon ab dem ersten Tag. Müssen Ärztinnen oder Ärzte ihre berufliche Tätigkeit einstellen, können sie auf die Unterstützung ihrer Versorgungswerke mit einer Rente hoffen.
Sie werden finanziell so gestellt, als hätten sie bereits Beiträge in das Versorgungswerk bis zum 62. Lebensjahr entrichtet und erhalten eine entsprechende Berufsunfähigkeitsrente. Eine Gesundheitsprüfung findet nicht statt, auch gibt es keine Wartezeit, bis der Schutz der Berufsunfähigkeitsversicherung greift. Allerdings sind die Hürden für die Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente wesentlich höher als z.B. bei privaten Versicherern.
In diesem Artikel legen wir exemplarisch die Satzung der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (i. F. ÄVWL) zugrunde. Andere Versorgungswerke gehen sehr ähnlich vor. Wir geben Antworten zu den 12 wichtigsten Fragen rund um die Themen Ärztliche Versorgungswerke, Berufsunfähigkeit und private Vorsorge und klären auf unter welchen Voraussetzungen Ärztliche Versorgungswerke Berufsunfähigkeitsrenten geleistet werden und wann nicht, ob private Zusatzversicherungen notwendig und sinnvoll sind und welche Kriterien ein privater Top-Anbieter erfüllen muss, damit Ärztin und Arzt gut versichert sind.
1. Wann ist ein Mitglied der ÄVWL berufsunfähig im Sinne der Satzung?
Beispiel: Eine angestellte Fachärztin für Innere Medizin an der Uniklinik Münster erleidet einen schweren Autounfall und ist auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage ihren Beruf als Internistin auszuüben. Entscheidend ist jetzt die Begrifflichkeit der ‚Verweisbarkeit‘.
Die Satzung sagt dazu: Eine Ärztin, ein Arzt ist berufsunfähig, wenn seine Fähigkeit zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zur Einkommenserzielung, bei der die ärztliche Aus- und Weiterbildung ganz oder teilweise verwandt werden kann, infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte vollständig entfallen ist.
Dabei ist nicht zu berücksichtigen, ob die Berufsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt umgesetzt werden kann. Wie die Formulierung „des ärztlichen Berufes“ zeigt, stellt die Satzung für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht darauf ab, ob das Mitglied noch in der Lage ist, seine bisher ausgeübte oder eine ganz bestimmte andere ärztliche Tätigkeit auszuüben oder nicht. Nach der Definition der Satzung liegt Berufsunfähigkeit vielmehr nur dann vor, wenn die Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes umfassend entfallen ist.
Fazit: Berufsunfähig im Sinne der Satzung sind Ärztinnen und Ärzte, wenn es ihnen nicht mehr möglich ist, ihre ärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in irgendeinem ärztlichen Beruf einzubringen. Grundsätzlich ist eine Verweisung auf andere als die bisher ausgeübte ärztliche Tätigkeit zulässig.
Dazu ist notwendig zu definieren, was eine ärztliche Tätigkeit ausmacht.
2. Was versteht man unter ärztlicher Tätigkeit?
Zitat aus der Satzung: Der Begriff der „ärztlichen Tätigkeit“ beinhaltet nicht nur die Behandlung von Patienten, sondern es ist darunter weitergehend jede Tätigkeit zu verstehen, bei der ärztliche Fachkenntnisse eingesetzt werden oder zumindest mit verwertet werden können.
Fazit: Jede Arbeit, die ärztlicher Fachkenntnis bedarf ist als ärztliche Tätigkeit zu verstehen. Die unter Punkt 1 beschriebene Fachärztin könnte daher auf die Tätigkeit als Gutachterin verwiesen werden. Das ÄVWL versteht auch eine rein gutachterliche („Schreibtisch-“) Tätigkeit, die eine ärztliche Ausbildung erfordert, als ärztliche Tätigkeit.
3. Wann tritt der Versorgungsfall (Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente) ein?
Die Satzung ist hier eindeutig: Der Versorgungsfall ist eingetreten, wenn: (a) die Berufsunfähigkeit voraussichtlich auf Dauer oder vorübergehend eingetreten, (b) die gesamte ärztliche Tätigkeit eingestellt und (c) der Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente gestellt ist.
Fazit: Es müssen demnach alle drei Punkte erfüllt sein, bevor eine Berufsunfähigkeitsrente gewährt werden kann. Tritt nur eine der 3 oben genannten Situationen ein, wird keine Berufsunfähigkeit gewährt.
4. Zahlt die ÄVWL auch bei teilweiser Berufsunfähigkeit?
Zitat aus der Satzung: Die Rentenzahlung bei einer teilweisen Berufsunfähigkeit ist laut Satzung nicht vorgesehen. Es muss immer eine umfassende Berufsunfähigkeit für den gesamten ärztlichen Beruf bestehen.
Fazit: Es gibt im ÄVWL nur zwei Ausprägungen: Eine Berufsunfähigkeit liegt vor oder nicht. Eine teilweise BU gibt es nicht.
5. Ist die Rückgabe der Approbation, der Kassenzulassung oder die Aufgabe der Praxis erforderlich zum Bezug einer BU-Rente?
Auch hier gibt die ÄWL unmissverständlich Auskunft: Die Rückgabe der Approbation oder der Kassenzulassung für die Rentengewährung ist nicht erforderlich. Es wird lediglich auf die Einstellung der gesamten ärztlichen Tätigkeit abgestellt. Auch die Aufgabe der Praxis ist nicht erforderlich, solange diese mit einem Vertreter ggf. bis zum Verkauf der Praxis weitergeführt wird.
Die Beschäftigung eines Praxisassistenten ist hingegen nicht zulässig, weil hier davon ausgegangen wird, dass der Praxisinhaber in der Praxis sein muss und der Praxisassistent nur nach Weisung des Praxisinhabers tätig wird.
Fazit: Nein, der Rückgabe der Approbation bedarf es nicht. Die Einstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit ist ausreichend zum Bezug einer BU-Rente.
6. Kann während des Bezuges einer Berufsunfähigkeitsrente eine (nicht-)ärztliche Tätigkeit ausgeübt werden?
Beispiel: Unserer Fachärztin bekommt eine Berufsunfähigkeitsrente, möchte jedoch zusätzlich als Gutachterin beim Gesundheitsamt tätig sein, um ihr Einkommen zu erhöhen. Hat das Konsequenzen für den Bezug der BU-Rente?
Die ÄVWL gibt eine klare Antwort:
Die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit während des Bezuges der Berufsunfähigkeitsrente ist nicht zulässig. Unter dem Begriff der „ärztlichen Tätigkeit“ ist nicht allein die Behandlung von Patienten durch den Arzt, sondern weitergehend jede Tätigkeit zu verstehen, bei der ärztliche Fachkenntnisse eingesetzt oder zumindest mit verwertet werden können. Hierzu gehören u.a. auch ärztliche Schreibtischtätigkeiten, Gutachtertätigkeiten, die Erteilung von medizinischem Unterricht bei Krankenpflegepersonal oder wissenschaftliche Tätigkeiten im medizinischen Bereich.
Es ist jedoch trotz Bezuges einer Berufsunfähigkeitsrente durch die ÄVWL möglich, alle Tätigkeiten auszuüben, die nicht unter den Begriff der „ärztlichen Tätigkeit“ (siehe oben) fallen. Ob und in welcher Höhe für die nichtärztliche Tätigkeit ein Entgelt bezogen wird, ist für den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente ohne Bedeutung. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass sich aus der Tatsache, dass das Mitglied zu einer nichtärztlichen Tätigkeit gesundheitlich in der Lage ist, sich die Frage stellen könnte, ob nicht auch ärztliche Tätigkeiten ausgeübt werden können. Aus der Tatsache, dass eine nichtärztliche Tätigkeit ausgeübt wird, könnte sich die Ärzteversorgung daher veranlasst sehen, das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit im Sinne der Satzung erneut zu überprüfen.
Fazit: Die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit ist nicht möglich. Dagegen darf unsere Beispiel-Ärztin einer nichtärztlichen Tätigkeit nachgehen. Es kann jedoch zu einer erneuten Prüfung der Berufsfähigkeit durch die ÄVWL kommen. Es ist im Zweifelsfall davon abzuraten.
7. Ist eine zusätzliche Absicherung bei einem privaten Versicherer gegen Berufsunfähigkeit empfehlenswert?
Beispiel: Der Lebensstandard oben beschriebenen Fachärztin kann allein mit den BU-Leistungen aus dem ÄVWL nicht aufrechterhalten werden. Wie würde sich eine private BU-Versicherung auswirken?
Die ÄVWL sagt dazu: Wie sich aus dem Obenstehenden ergibt, wird die Berufsunfähigkeitsrente der ÄVWL nur bei vollständiger Berufsunfähigkeit für den gesamten ärztlichen Beruf gewährt. Es ergibt sich also für den Fall eine Versorgungslücke, dass die Berufsfähigkeit nicht vollständig entfällt oder die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (z.B. Facharzt Innere Medizin) nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere ärztliche Tätigkeit (z.B. als angestellter Arzt beim MDK) möglich ist.
In diesem Fall leistet eine privat abgeschlossene Berufsunfähigkeitsrente in der Regel, da die Versicherer z.B. auf eine mehr als 50-prozentige Berufsunfähigkeit oder aber die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abzielen. Ein anderer Grund für eine zusätzliche Absicherung kann darin bestehen, dass eine höhere Absicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit gewünscht oder benötigt wird, als die ÄVWL sie anbieten kann. Wenn eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen wird, muss dabei jedoch beachtet werden, dass keine Überversicherung besteht, da die private Versicherung die zu gewährenden Leistungen sonst unter Umständen kürzen kann.
Fazit: Eine zusätzliche Absicherung ist empfehlenswert. Im oben genannten Falle lässt sich mit einer privaten BU-Rente die Versorgungslücke decken.
8. Welche Leistungen sollte ein BU-Versicherer speziell für Ärztinnen und Ärzte im Optimalfall bieten?
Wichtige Leistungen im Überblick |
Versicherungsleistung ab 50 % |
Infektionsklausel |
Genereller Verzicht auf die abstrakte Verweisung |
Verzicht auf Verweisung bei einer Einkommensverschlechterung von mehr als 20 Prozent |
6-Monats-Prognose |
Ausreichende Nachversicherungs- bzw. Erhöhungsmöglichkeiten |
Wiedereingliederungsklausel |
Verlängerung auf die Regelaltersgrenze ohne Gesundheitsprüfung |
Leistungssteigerung auch im Leistungsfall |
Eine BU-Rente greift bei einer mind. 50% Berufsunfähigkeit, wobei die Leistung auch unbegrenzt rückwirkend geltend gemacht werden kann. In einem medizinischen Beruf profitiert der Versicherungsnehmer auch von der Infektionsklausel, die die Rentenzahlung auch im Falle eines Tätigkeitsverbots durch Infektionsgefahr garantiert.
Bei einem frühzeitigen Vertragsabschluss sollte der Versicherungsnehmer von niedrigen Anfangsbeiträgen profitieren. In der Folgephase wird der Beitrag um den vereinbarten Prozentsatz erhöht und der Zahlbeitrag angepasst. Grundsätzlich gilt eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren, wobei das Höchstablaufalter derzeit bei 67 Jahren liegt. Durch die Besserstellungsoption ist ein niedriger Beitrag bei einem Berufswechsel möglich.
Die abstrakte Verweisung zielt auf noch vorhandene Fähigkeiten des Arztes, um theoretisch eine berufliche Tätigkeit weiter ausüben zu können. Der sehr wichtige generelle Verzicht auf die abstrakte Verweisung bedeutet in der Leistungspraxis, dass Kenntnisse und Fähigkeiten, sowie die Ausbildung und die berufliche Erfahrung des/der Arztes/Ärztin zum Zeitpunkt des Leistungsfalles zu berücksichtigen sind. Auch muss das soziale Ansehen mit der zuletzt ausgeübten ärztlichen Tätigkeit vergleichbar sein und Gehaltseinbußen sollten sich in Grenzen halten.
Schon bei einer zu erwartenden ununterbrochenen Krankschreibung von mind. 6 Monaten (6-Monats-Prognose) sollte bereits eine Zahlung bis zu 18 Monate gewährt werden.
Darüber hinaus sind ausreichende Nachversicherungs- bzw. Erhöhungsmöglichkeiten ohne erneute Risikoprüfung innerhalb der ersten 5 Jahre der Vertragslaufzeit wichtig. Dazu zählt die Möglichkeit der flexiblen Anpassung bei bestimmten Anlässen wie z.B. Heirat, Geburt eines Kindes, berufliche Veränderung oder bei Wegfall des versicherungspflichtigen Status in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Eine gute BU-Versicherung sollte außerdem eine Wiedereingliederungsklausel enthalten, die einen Anspruch auf eine halbe BU-Jahresrente während der Wiedereingliederung nach einer Umschulung gewährt.
Für vor dem 1. Januar 1947 geborene Versicherte stellt die Vollendung des 65. Lebensjahres die Regelaltersgrenze dar; bei Versicherten der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1963 liegt die Grenze zwischen 65 und 67 Jahren. Versicherte der Geburtsjahrgänge 1964 und jünger erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 67. Lebensjahres. Eine Verlängerung auf eine mögliche erhöhte Regelaltersgrenze ohne Gesundheitsprüfung sollte angeboten werden.
Zu guter Letzt sollte der Vertrag einen Inflationsausgleich durch die Möglichkeit der garantierten Leistungssteigerung (1 bis 3%) auch im Leistungsfall bieten.
9. Worauf muss bei Tarifen geachtet werden?
Es gibt am Markt viele Basis-Varianten einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die natürlich günstiger sind als die Komfort-Varianten. Hier wird häufig eine Prognose von 3 Jahren bei Krankheit verlangt, die dann erst zur Leistung führen. Weiterhin sind nicht alle am Markt existierenden Tarife für Ärztinnen und Ärzte ausreichend zu erhöhen. Darüber hinaus gibt es immer noch Versicherer, die weder rückwirkend ab Beginn der Berufsunfähigkeit leisten, noch bei Verspätung der Meldung des Leistungsfalls. Dies ist für Ärztinnen und Ärzte im Versicherungsbedingungswerk auf den ersten Blick nur sehr schwer zu erkennen und bedarf deshalb der fachmännischen Prüfung durch spezialisierte Wirtschaftsberaterinnen oder -berater.
Fazit: Die o.g. Leistungen im Überblick, zeichnen qualitativ hochwertige BU-Versicherungen für Ärztinnen und Ärzte aus. Sie geben Orientierung. Vor dem Abschluss einer BU-Versicherung bedarf es aber immer der individuellen Beratung durch die Fachleute.
10. Wie sehen die Beitragsspannen aus?
Berufsunfähigkeitsversicherer werden in Deutschland mit Sternen (*) je nach Qualitätsstandard ihrer Versicherungsbedingungen bewertet bzw. geratet. 5 Sterne genügen somit höchsten Qualitätsstandards.
Die Beiträge (jeweils für 5-Sterne-Versicherer) liegen
- für eine(n) 30-jährige(n) Assistenzärztin und -arzt bei einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.000 Euro bis zum 67. Lebensjahr zwischen 105,61 Euro brutto bzw. 79,21 Euro netto und 260,29 Euro brutto bzw. 187,83 Euro netto
- für eine(n) 45-jährige(n) Oberärztin/-arzt (Innere Medizin) bei einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.000 Euro bis zum 67. Lebensjahr zwischen 104,25 Euro brutto bzw. 72,98 Euro netto und 334,62 Euro brutto 234,23 Euro netto.
11. Wie sollte eine qualifizierte Beratung zu einer Absicherung gegen Berufsunfähigkeit bei einer Vorerkrankungen gestaltet sein?
- Schritt: Risiko-Voranfrage einleiten
Diese serviceorientierte Maßnahme hat den Vorteil, dass die vorliegenden Erkrankungen über Fragebögen zusammengestellt und dann – das ist entscheidend – anonymisiert an diverse Versicherer versendet werden. Danach kann die Wirtschaftsberaterin oder der -berater auf die verschiedenen Risikoentscheidungen zurückgreifen und die Beratung danach ausrichten.
2. Schritt: Alternativen bei abgelehnter BU anbieten
Wenn der Gesundheitszustand eines/-r Mandanten/-in einen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung auch nicht mit Erschwernissen (Risikozuschlag oder Leistungsausschluss) zulässt, sollte zu einer reinen BU-Beitragsbefreiung ohne jegliche Gesundheitsprüfung in Ergänzung zu einem Altersvorsorgevertrag, ggf. sogar mit einer Leistungsdynamisierung, geraten werden. Letztere bewirkt, dass im Falle einer Berufsunfähigkeit der Versicherer nicht nur die Zahlung der Altersvorsorge-Beiträge übernimmt, sondern diese inflationsgeschützt zudem dynamisiert. Diese Art von Existenzschutz sichert zwar nicht unmittelbar das heutige Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab, sorgt aber dafür, dass das Einkommen im Ruhestand nicht gefährdet ist.
3. Schritt: Grundfähigkeitsabsicherung
Doch auch die Absicherung des Einkommens aus der Erwerbstätigkeit von heute ist nicht alternativlos. Viele Versicherer haben im Laufe der Jahre neben der Berufsunfähigkeitsversicherung auch ‚Grundfähigkeitsabsicherungen‘ in ihr Repertoire aufgenommen. Der Leistungsfall definiert sich, anders als bei einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung, nicht über die Unfähigkeit, langfristig oder dauerhaft seiner Arbeit nachgehen zu können.
Verliert der Versicherte beispielsweise die Fähigkeit zu laufen oder zu sprechen, so wie in den Bedingungen definiert, bedeutet dies den Eintritt des Leistungsfalls und die Zahlung der vereinbarten Rente. Ob nach wie vor einer Erwerbstätigkeit nachgegangen werden kann, ist dabei nicht von Belang. Oft unterscheiden moderne Grundfähigkeitsabsicherungen Basis- und Premiumvarianten. Letztere erlauben beispielsweise diffizilere Definitionen, was ebenfalls zu dem Verlust einer Grundfähigkeit gehört: Bildschirmtätigkeit, Autofahren etc. Bei diesen ist es Absicherungen auch möglich, schwere Krankheiten als Auslöser der Leistung mit versichern zu lassen. Für diese Vertragsarten gibt es ebenfalls Gesundheitsprüfungen.
Jedoch folgt die Risikoprüfung bei diesem Versicherungstypus einer anderen Betrachtungsweise, anhand derer der Gesundheitszustand des Mandanten bewertet wird. Die Frage lautet hier nicht: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, kann zu mindestens 50 % für mindestens 6 Monate nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nachgegangen werden? Nun wird geprüft, ob die verlorene Grundfähigkeit oder Krankheit für 6 oder 12 Monate (je nach Tarif) bestanden hat oder fortbestehen wird.
Fazit: Es gibt Möglichkeiten der Existenzsicherung, auch wenn der Gesundheitszustand der Ärztin oder des Arztes keinen Abschluss einer BU-Versicherung zulässt oder nur zu erschwerten Bedingungen möglich wäre.
12. Wie lassen sich Lebensveränderung in BU-Versicherungen leistungsmäßig abbilden?
Selbstständige BU-Versicherungen lassen sich in den bestimmten Tarifen an den Lebenszyklus anpassen.
Zum besseren Verständnis folgendes Beispiel: Medizinerin Luisa startet im Alter von 25 Jahren mit einer monatlichen BU-Versicherung von 1.500 Euro bis zu einem Endalter von 67 Jahren.
Nach dem Berufseinstieg im Krankenhaus im Alter von 26 Jahren hat sie nun die Option, ihre BU-Rente ohne erneute Risikoprüfung auf 2.500 Euro zu steigern, da sie nun finanziell flexibler ist.
Kurz nach ihrer Hochzeit wird Luisa im Alter von 32 Jahren zum ersten Mal Mutter und entschließt sich zu einer 12-monatigen Elternzeit. Trotz zinsloser Stundung, durch welche die Fälligkeit der Zahlung auf einen Zeitpunkt in der Zukunft verschoben wird, erhält sie während dieser Zeit den vollen Versicherungsschutz. Dies gilt auch, falls Luisa sich im Laufe ihrer Karriere für ein Sabbatical entscheiden sollte.
Im Alter von 35 Jahren beschließt Luisa, aufgrund einer Einkommenssteigerung in die private Krankenkasse zu wechseln. Im Zuge dessen erhöht sie ihre monatliche BU-Rente auf 3.000 Euro ohne erneute Risikoprüfung.
Nach einiger Zeit wird Luisa mit 40 Jahren zur Oberärztin erhoben, wodurch sich ihr Gehalt nochmals deutlich erhöht. Grundsätzlich gilt, dass bei Gehaltserhöhungen um mind. 10 Prozent die BU-Rente ohne erneute Risikoprüfung mehrfach erhöht werden kann. Von dieser Möglichkeit macht sie Gebrauch und steigert ihre BU-Rente auf 6.000 Euro monatlich.
Diese Option hätte Luisa auch, wenn Sie sich mit eigener Praxis niederlassen würde – unabhängig davon, ob sie allein oder gemeinsam mit anderen praktiziert.
Im Alter von 49 wird das gesetzliche Rentenalter auf 70 Jahre erhöht. Die Verlängerungsoption gestattet Luisa, ihren Versicherungsschutz um die gleiche Anzahl von Jahren wie die Anhebung des Renteneintrittsalter zu verlängern. Folglich ist sie ohne erneute Risikoprüfung bis zu ihrem 70. Lebensjahr abgesichert.
Fazit: Qualitativ hochwertige BU-Versicherungen lassen sich im Lebenszyklus anpassen.