
Die Ärztedichte ist eine Kennzahl, die gerne für internationale Vergleiche zur medizinischen Versorgung herangezogen wird. Die OECD – die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – veröffentlicht dazu regelmäßig Zahlen. Das Statistische Bundesamt legt ebenfalls umfangreiche Daten zur Ärztezahl und zur Personalausstattung im Gesundheitswesen vor. Beide Institutionen weisen eine überdurchschnittlich hohe ärztliche Präsenz für Deutschland aus.
Folgt man dem Statistischen Bundesamt, dann hat die Ärztedichte bei uns 2020 mit 4,5 Ärzten pro 1.000 Einwohnern einen Spitzenwert erreicht. 2019 lag die Kennzahl noch bei 4,4, ein Jahr zuvor bei 4,3. Auch im internationalen Vergleich kann sich der Wert sehen lassen. Die neusten OECD-Zahlen beziehen sich allerdings noch auf 2019. Danach belegt Norwegen mit 4,9 Ärzten pro 1.000 Einwohnern den Spitzenplatz unter den OECD-Ländern, gefolgt von Deutschland. Im europäischen Vergleich hat Großbritannien die geringste Dichte mit 3,0 Ärzten pro 1.000 Einwohnern. Noch niedriger fällt die Kennzahl für Kanada mit 2,7 aus.
Steigende Zahlen bei Ärzten und Beschäftigten im Gesundheitswesen
Insgesamt gab es in Deutschland 2020 rund 372.000 behandelnde Ärzte. Die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitswesen ist um ein Vielfaches höher. Hier sind aktuell nur Angaben für 2019 verfügbar. Im deutschen Gesundheitswesen arbeiteten damals rund 5,7 Mio. Menschen – 97.000 oder 1,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Da nicht jeder Gesundheitsmitarbeiter vollzeittätig ist, werden für statistische Zwecke auch sogenannte Vollzeitäquivalente ausgewiesen. Das heißt: Teilzeit-Beschäftigungen werden auf (fiktive) volle Arbeitszeit umgerechnet. Danach entsprach die gesundheitliche Beschäftigung ca. 4,2 Mio. Vollzeit-Stellen. Fast die Hälfte (47 Prozent) der Gesundheits-Beschäftigten arbeitete 2019 tatsächlich in Vollzeit, 39 Prozent waren in Teilzeit tätig und gut jeder achte war geringfügig beschäftigt. Das Gesundheitswesen umfasst neben Arztpraxen auch Krankenhäuser, medizinische Versorgungspraxen, nicht-ärztliche Praxen, medizinische Labore und Apotheken.
In Arztpraxen arbeiteten 2019 rund 718.000 Beschäftigte. 532.000 Mitarbeiter waren in nicht-ärztlichen Praxen beschäftigt. Dazu gehören Praxen von Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Heilpraktikern und Hebammen. Besonders stark ist die Zahl der Psychotherapeuten gestiegen – von 28.000 im Jahr 2015 auf 35.000 im Jahr 2019. Die Personalausstattung hat in nicht-ärztlichen Praxen stärker zugenommen als in Arztpraxen. Hier hat sich der Personalbestand im Vier-Jahrs-Zeitraum seit 2015 um 29.000 oder 4,2 Prozent erhöht, in den nicht-ärztlichen Praxen um 39.000 oder 7,9 Prozent.
Ärztedichte: Quantität bedeutet nicht automatisch Qualität
Ob nun Ärztedichte oder Zahl der Beschäftigten – solche Kennzahlen liefern vor allem Erkenntnisse zur Quantität der medizinischen Versorgung, aber nur in gewissen Grenzen zur Qualität. Zwar setzt eine angemessene medizinische Versorgung auch eine ausreichende Zahl an Ärzten und entsprechendem Personal voraus. Mehr Ärzte oder mehr Personaleinsatz bedeuten jedoch nicht automatisch mehr Qualität. Die Qualität hängt von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Zum Beispiel von der medizinischen Ausbildung, der Ausstattung, den Strukturen und Prozessen des Gesundheitswesens, rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, auch von Vergütung und Abrechnung. Auf jeden Fall bedürfen Qualitätsaussagen und -vergleiche tiefergehender Analysen.
Zahlen nicht überinterpretieren
Auch bei internationalen quantitativen Vergleichen lohnt es sich oft genauer hinzuschauen. So hat Österreich seit jeher eine der höchsten Ärztedichten im Vergleich zu anderen OECD-Ländern. Das liegt u.a. daran, dass hier Ärzte in Ausbildung in der Statistik mitgezählt wurden, in anderen Ländern dagegen nicht. Bereinigt man diesen Fehler, relativiert sich die österreichische Ärztedichte deutlich. Sicher nicht der einzige statistische Makel, der lehrt Daten zu hinterfragen und ein daraus abgeleitetes Bild nicht zu überinterpretieren. Die OECD- und Bundesamt-Statistiken zeigen, dass an Ärzten in Deutschland kein Mangel herrscht und das Gesundheitswesen einen hohen Beschäftigungsstand aufweist – nicht mehr und nicht weniger.