Bis 2030 werden ungefähr 110.000 Ärzte fehlen. Die medizinische Versorgung auf dem Land ist davon besonders betroffen, da gerade dort die dauerhafte Sicherung der Patientenversorgung inzwischen nicht mehr gewährleistet werden kann. Doch weshalb nimmt die Problematik gerade auf dem Land so drastische Ausmaße an? Und wie bekommt man konkret Ärzte aufs Land?
Bis zum Jahr 2019, prognostiziert das DKI in einer Studie im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft, werden in Deutschland insgesamt 37.400 Ärztinnen und Ärzte fehlen
Mehr Ärzte aufgrund des demographischen Wandels notwendig
Laut Daten der Bundesärztekammer arbeiteten im Jahr 2017 385.149 Ärztinnen und Ärzte. Überraschenderweise waren das sogar 6.532 Mediziner mehr als im Vorjahr. Die Problematik liegt tatsächlich in den steigenden Behandlungsfällen in Krankenhäusern. Denn der demographische Wandel bringt nach dem Statistischen Bundesamt bis zum Jahr 2040 eine Steigerung des Bevölkerungsanteils der über 67-jährigen um 42% mit sich.
Die Bundesärztekammer berichtete, dass die Zahl der Krankenhausärzte nur leicht um 2,1% anstieg. Das Resultat: viele Mediziner, welche in Kliniken arbeiten, sind 49 bis 59 Stunden pro Woche im Einsatz. Jeder fünfte Mediziner im Krankenhaus ist durchschnittlich 60 bis 80 Stunden pro Woche tätig. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt in Deutschland jedoch 35,6 Stunden.
Demnach benötigt es mehr Ärzte – damit die vorhandenen nicht weiterhin bis zur Erschöpfung arbeiten müssen. Die Einbindung junger Mediziner sowie Medizinstudierender für Kliniken ist von hoher Relevanz. Insbesondere die junge Generation möchte sich nicht auf Kosten der eigenen Gesundheit aufreiben.
Wieso gibt es so wenig Ärzte auf dem Land?
Anschließend werden nun einige Gründe aufgezeigt, weshalb das Ausführen der Arzttätigkeit für viele Mediziner unattraktiv ist.
Entfernung vom Wohnort ausschlaggebend
Laut einer repräsentativen Umfrage des Berliner Meinungsforschungsinstituts Civey ist für jeden dritten Arzt die Entfernung vom Wohnort bei der Entscheidung für einen Arbeitsplatz das wichtigste Kriterium.
Auf dem zweiten Platz stehen mit 19,1% die Berufsperspektiven für den Partner oder die Partnerin, auf dem dritten Platz mit 18,6% das Bildungsumfeld für die Kinder. Gleichermaßen war für die teilnehmenden Ärzte ebenso der Wunsch nach einem urbanen Umfeld mit 18,3% essenziell.
Tätigkeit in kleinen Kommunen ist nicht gefragt
Die Präferenzen machen die Nachteile einer Arbeit auf dem Land stark deutlich. Eine bundesweite Umfrage der Universität Trier, an der 13,5% aller Medizinstudierende in Deutschland befragt wurden, zeichnet ebenfalls ein ähnliches Bild. Demgemäß können sich 46,4% der jungen Ärzte nicht vorstellen, eine Tätigkeit in Kommunen mit weniger als 2000 Einwohnern anzustreben.
Der Trend, in die Stadt zu ziehen, ist nicht nur bei Ärzten ausgeprägt. Überwiegend junge Leute und junge Familien zieht es in Metropolen. Bessere Ausbildungs- und Jobaussichten sind attraktiv – genauso wie das urbane Lebensgefühl und abwechslungsreiche kulturelle Angebote.
Es gibt viele Gründe, weswegen Medizinstudierende oder junge Mediziner die Arztarbeit auf dem Land nicht ausüben möchten. Welche Vorgehensweisen und Lösungsmöglichkeiten gibt es, um trotzdem mehr Ärzte aufs Land zu bekommen?
Lösungsansätze, um mehr Ärzte aufs Land zu locken
Im Folgenden werden nun Lösungsansätze vorgestellt, um mehr Ärzte in Landkrankenhäuser zu bekommen.
Finanzielle Anreize durch die Landesregierung
Es gibt einige Beispiele ländlicher Gegenden, in welchen finanzielle Mittel zum Einsatz kommen. Diese externen Lösungsansätze können Ärzte nachhaltiger aufs Land locken. Dadurch wird versucht, bereits Medizinstudenten langfristig für ländliche Regionen zu bewerben.
In Eberswalde vergibt die Landesregierung Stipendien an Medizinstudierende gegen den dort herrschenden Ärztemangel. Bei einer Verpflichtung zur Arbeit in märkischen Krankenhäusern und Kliniken sind es dabei 500 € monatlich. Die Stipendien sollen junge, gut ausgebildete Studenten anlocken, die sich mit der Region verbunden fühlen.
Stipendien von Kliniken
Ebenso wie die Landesregierung Brandenburg vergeben die Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf lukrative Stipendien, um Ärzte aufs Land zu bekommen. Die Krankenhäuser sprechen dafür vermehrt regionale Abiturienten und Studierende an. Die Förderung beträgt monatlich zwischen 300 und 400 € bei einer Dauer von zwölf Semestern.
Neben einer intensiven persönlichen Betreuung und Mentoring können Studierende das Pflegepraktikum sowie die Famulatur bei den Kreiskliniken absolvieren. Während der Semesterferien gibt es außerdem die Option, bei den Krankenhäusern gegen ein Entgelt zu arbeiten. Ferner bieten die Krankenhäuser Bogen-Mallersdorf nach dem Absolvieren eine Festanstellung als Assistenzarzt an.
Aus diesen Beispielen ergibt sich, dass ein Mix aus finanziellen Mitteln gemeinsam mit der Stipendienvergabe die Problematik der wenigen Ärzte in Krankenhäusern auf dem Land eindämmen kann. Durch Studien ist zudem erwiesen, dass sich die Hälfte aller zukünftigen Ärzte nach ihrem Studium in denselben Kliniken oder Ärztehäusern bewerben, in welchen die Ausbildung stattfand. Aufgrund dessen können diese Förderungsoptionen speziell für Studierende der Medizin wirkungsvoll sein.
Stolz auf die eigene ländliche Region sein
Als Klinik ist es darüber hinaus essenziell, sich selbst bewusst vorteilhaft zu verkaufen. Im Zuge dessen sollte nicht verschleiert werden, dass sich das jeweilige Krankenhaus in einem ländlichen Gebiet befindet. Vielmehr sollte man die positiven Eigenschaften des Orts hervorheben. Denn nicht jeder Bewerber oder jede Bewerberin kann sich tendenziell etwas unter den Lebensbedingungen auf dem Land vorstellen.
Hierbei sollte explizit gefragt werden: Was macht die jeweilige Region und Klinik aus? Welche Perspektiven gibt das Krankenhaus, mit welchen andere nicht ausgestattet sind? Demzufolge sollte man also die grundlegende Vorgehensweise nutzen, die ländliche Komponente zu unterstreichen. Damit verbunden sollte man die herausragenden Vorzüge des jeweiligen Orts illustrieren. Diese Charakteristiken sollten schon in Stellenausschreibungen zum Tragen kommen.
Entwicklung einer Employer Branding Strategie
Möchte man noch einen Schritt weiter gehen und die Vermarktung des von Ärztemangel betroffenen Krankenhauses weiter vorantreiben, kann eine Employer Branding Strategie ertragreich sein. Gerade in Kliniken ist es von hoher Bedeutung, qualifizierte Ärzte für sich zu gewinnen. Diesbezüglich muss die Klinik überzeugend auftreten, sodass sie für potenzielle Bewerber bzw. Stipendiaten attraktiv ist und einen Mehrwert bietet. Wie das vorherige Beispiel zeigt,
- Gestaltung der Employer Branding Strategie
Mitarbeiterbefragungen können helfen, die Mehrwerte und Vorteile des jeweiligen Krankenhauses zu explorieren. Im weiteren Verlauf sollte die Implementierung des Employer Brandings erfolgen. Die Strategie sollte zuerst eine innere Ausrichtung haben.
Anschließend sollte man die Benefits nach außen kommunizieren. Das findet beispielsweise durch die Website der Klinik oder des Klinikverbundes statt. In Form von Interviews, Imagebildern oder -präsentationen kann man Bewerber effizient erreichen. Mittels sozialer Medien kann man vorrangig Medizinstudenten auf das Krankenhaus aufmerksam machen.
Alleinstellungsmerkmale für ländliche Kliniken sind im Rahmen der Strategie-Entwicklung elementar, da man sich hiermit von städtischen abhebt. Die erwähnten Zusatzleistungen wie Stipendien oder finanzielle Zuschüsse können über Drittportale wie praktischarzt vermittelt werden.
- Beispiel: Die Strategie von Celenus / salvea
Die Celenus Kliniken mit Schwerpunkt in der stationären und ambulanten medizinischen Rehabilitation weisen auf ihrer Celenus-Karriere Website durch den Reiter „Celenus als Arbeitgeber“ auf generelle Vorzüge ihrer Kliniken hin. Im Detail beleuchten sie ihre angenehme, kollegiale Arbeitsatmosphäre sowie die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf.
Nicht zuletzt findet man auf der Website der einzelnen Kliniken bei den Stellenausschreibungen weitere Vorteile ländlicher Gebiete, welche einen Mehrwert für Bewerber bieten sollen. So betont beispielsweise die Celenus Klinik Ortenau in ihren Stellenausschreibungen den attraktiven Wohnort mit Nähe zu Offenburg (12km) oder Straßburg im Elsass (30km). Der Klinikstandort mit “hohem Freizeitwert und zehn Gehminuten von der historischen Altstadt Gengenbach” bezieht sich wiederum verstärkt auf das jeweilige Gebiet.
Des Weiteren wird hier nochmals der Gewinn für potenzielle Kandidaten aufgezeigt, indem zum Beispiel auf bezahlte Fort- und Weiterbildungen aufmerksam gemacht wird. Damit dieses positive Hervorheben einen Nutzen erbringt, präsentieren die Celenus Kliniken nicht nur ihre Stellenangebote und ihre Vorzüge über ein Klinik-Profil, sondern auch mit spannenden Employer Branding Inhaltskampagnen wie beispielsweise Interviews mit leitenden Ärzten am Celenus Klinikstandort Schömberg. und tragen dadurch ihre Vorzüge nach Außen. Damit maximieren Kliniken ihre Reichweite, um daraus folgend hochqualifizierte Bewerber zu erlangen.
Fazit: Wie bekommt man mehr Ärzte aufs Land?
Es gibt kein „Idealpaket“, um mehr Ärzte für eine Klinik Tätigkeit auf dem Land zu begeistern. Ein Ansatz wäre allerdings, schon im Medizinstudium gewisse Anreize zu setzen, um Studierende von ländlichen Gebieten zu überzeugen.
Zukünftige Ärzte können Krankenhäuser auf dem Land mit finanziellen Benefits oder Stipendien erreichen. Darüber hinaus ist das Implementieren einer Employer Branding Strategie für Krankenhäuser auf dem Land unverzichtbar. Denn über das Internet informiert sich inzwischen ein Großteil der Medizinstudierenden und Ärzte. Ein vorteilhafter Online-Auftritt ist demgemäß von grundlegender Bedeutung, gleichermaßen wie die Vermittlung über Drittanbieter.
Relevant ist bei all diesen Ansätzen, dass man weitere Anreize bietet, über das Medizinstudium hinaus in einer ländlichen Klinik tätig zu sein. Das Angebot einer Festanstellung als Assistenzarzt oder die im selben Krankenhaus stattfindende Facharztweiterbildung stellt eine Zukunftsperspektive für Medizinabsolventen dar. Daraus ergibt sich möglicherweise eine langfristige Anstellung junger Ärzte in ländlichen Krankenhäusern.
Wie die einzelnen Förderprogramme der Bundesländer für mehr Landärzte in Hausarztpraxen aussehen, gibt es in diesem Artikel.