Viele Arzneimittel können zu einer gestörten Glukosetoleranz führen, den Blutzuckerspiegel erhöhen und so das Risiko steigern, an Diabetes mellitus zu erkranken. Ein medikamenteninduzierter Diabetes mellitus entwickelt sich meist wieder zurück, sobald die verursachenden Arzneimittel abgesetzt werden. Dennoch ist es ratsam, die Therapie mit einem geeigneten Diabtesscreening zu begleiten. Hier gibt es eine Übersicht über fünf häufig verschriebene Medikamente, die nachweislich die Blutzuckerkontrolle stören.
Glukokortikoide
An erster Stelle der Liste an Medikamenten, die den Blutzuckerspiegel erhöhen, stehen Kortikosteroide. Glukokortikoide fördern die hepatische Glukoseproduktion und -freisetzung und führen weiterhin dazu, dass sich im peripheren Gewebe eine verminderte Insulinempfindlichkeit entwickelt. Bei Patienten ohne bestehenden Diabetes steigern eine Steroidtherapie das Risiko für eine diabetische Stoffwechsellage um das 1,4- bis 2,3-fache. Zur Kontrolle sollten regelmäßige Blutzuckermessungen durchgeführt werden, vorzugsweise zwei Stunden nach dem Mittagessen. Bei mehrtätiger Einnahme länger wirksamer Kortikosteroide sollte ein Blutzuckertagesprofil angefertigt werden.
Bei Personen mit bestehendem Diabetes können Glukokortikoide den Blutzuckerspiegel deutlich verschlechtern. Das Ausmaß hängt vom glykämischen Status zu Behandlungsbeginn sowie von der verabreichten Dosis und der Dauer der Therapie ab. Patienten mit glukokortikoidinduzierte Hyperglykämie können mit einer Metformin-Therapie behandelt werden. Bei schlecht eingestelltem Diabetes oder bei einer Behandlung mit hochdosierten Steroiden wird eventuell eine Insulintherapie notwendig.
Antipsychotika
Eine Studie der University of Colombo in Sri Lanka hat gezeigt, dass zwischen 15 und 72 Prozent der Menschen, die Antipsychotika der zweiten Generation einnehmen, um mindestens sieben Prozent an Körpergewicht zunehmen. Weiterhin wird vermutet, dass sich Antipsychotika auf die intrazelluläre Insulinsignalübertragung auswirken und zu einer Insulinresistenz führen, was ebenfalls das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht. Zellkultur-Experimente lassen zudem den Schluss zu, dass die Medikamente direkt auf die Betazellen des Pankreas einwirken. Eine Gewichtszunahme lässt sich insbesondere in Zusammenhang mit Wirkstoffen beobachten, welche die Muscarin-M3- und Histamin-H1-Rezeptoren stark blockieren. Dazu gehören unter anderem Clozapin, Olanzapin und Haloperidol.
Um die Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel möglichst gering zu halten, sollte zunächst eine Therapie mit Medikamenten begonnen werden, die seltener zu einer Gewichtszunahme führen. Antipsychotika der dritten Generation (Partialagonisten) weisen aktuell die besten Ergebnisse auf.
Statine
Eine Statin-Therapie kann nach bisherigem Kenntnisstand die Insulinempfindlichkeit herabsetzen und die Insulinsekretion beeinträchtigen. Einer Studie aus dem Jahr 2015 zufolge erhöhen vor allem die beiden häufig verordneten CSE-Hemmer Simvastatin und Atorvastatin das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Für gesunde Menschen steigt die Erkrankungswahrscheinlichkeit um 46 Prozent.
Experten gehen dennoch davon aus, dass die Vorteile einer Statin-Therapie kardiovaskulärer Krankheiten die mit einer Hyperglykämie einhergehenden Risiken überwiegen. Die potenziellen Nebenwirkungen sollten allerdings mit Patienten besprochen werden.
Betablocker
Auch Betablocker, die zur Therapie von Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und koronarer Herzerkrankungen eingesetzt werden, können sich auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Das gilt insbesondere für vasodilatierende Betablocker wie Metoprolol und Atenolol, die mit einem Anstieg des mittleren Blutzuckerspiegels und der Triglyceride sowie mit Gewichtszunahme in Verbindung gebracht werden. Studien zufolge gehen beide Wirkstoffe auch mit einem höheren Risiko für Hypoglykämie einher als vasodilatierende Betablocker wie Carvedilol, Nebivolol und Labetalol. Da Betablocker zudem einige typische Symptome der Hypoglykämie wie Zittern, Herzklopfen und Reizbarkeit maskieren können, empfiehlt es sich, bei hohem Krankheitsrisiko den Blutzuckerspiegel mit Glukosesensoren zu überwachen.
Thiazid-Diuretika
Thiazid-Diuretika kommen ebenfalls zur Therapie von Bluthochdruck zum Einsatz. Sie werden mit verschiedenen stoffwechselbezogenen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht und können den Blutzuckerspiegel erhöhen. So steigern sie etwa die hepatische Insulinresistenz und stimulieren die Freisetzung von Glukose aus der Leber. Zudem reduzieren die Medikamente den Kaliumgehalt im Blut, was ebenfalls das Entstehen einer Glukosetoleranzstörung fördert.
Die medizinische Empfehlung lautet, den Kaliumspiegel während der Therapie zu überwachen und eine eventuell auftretende Hypokaliämie mit Kaliumpräparaten zu behandeln.