
Summen, Pfeifen oder Knistern: Ein Tinnitus äußert sich auf vielfältige Weise. Der Fachbegriff bezeichnet ganz allgemein Ohrgeräusche. Betroffene nehmen diese meistens als unangenehm und störend war. Vor allem ein chronischer Tinnitus kann zur großen Belastung werden. Lässt sich Tinnitus heilen? Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei akutem und chronischem Tinnitus?
Inhaltsverzeichnis
Tinnitus Typen
Rund 40 Prozent aller Deutschen leiden mindestens einmal im Leben unter einem akuten Tinnitus. Das Wort leitet sich vom lateinischen “tinnire” ab, was so viel wie “klingeln” bedeutet und wird in der Fachsprache der Medizin auch Tinnitus Aurium genannt. Die Ohrgeräusche treten in vielfältiger Form auf und werden als Piepsen, Klingen oder auch Rauschen im Ohr.wahrgenommen. Die Symptome können einseitig oder beidseitig auftreten.
Sind die Ohrgeräusche erst seid kurzer Zeit vorhanden, spricht man von akutem Tinnitus. Dauert es länger als drei Monate, spricht man vom chronischen Tinnitus. Etwa zehn bis 20 Prozent aller Deutschen sind betroffen. Der Tinnitus selbst ist ein Symptom, dem unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen können. Die Behandlung fällt daher nicht für alle Patienten gleich aus, sondern richtet sich nach der Ursache, dem Schweregrad und eventuellen weiteren Symptomen.
Bei Ohrgeräuschen schnell zum Arzt
Wer Ohrgeräusche feststellt, sollte so bald wie möglich einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen. In akuten Fällen besteht dadurch die beste Chance, einen Tinnitus zu heilen. Schnelligkeit ist hier entscheidenden: je früher man den Arzt aufsucht, desto besser sind die Heilungsmöglichkeiten. Wer Unsicher ist sollte sich also Mut nehmen und schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen. Denn je länger die Tinnitus Symptome andauern, umso schwieriger wird die Behandlung.
Die Ursachen von Tinnitus sind vielfältig und nicht immer eindeutig. Man geht davon aus, dass rund ein Drittel aller akuten Tinnitus-Fälle auf ein sogenanntes Knalltrauma zurück geht. Diese werden also von einem lauten Geräusch ausgelöst. Weitere Tinnitus Ursachen sind Ohrenschmalzpropfe, Stress, Erkrankungen des Innenohrs wie Morbus Menière oder auch Schwerhörigkeit im Alter. Darüber hinaus können Probleme mit der Nackenmuskulatur und den Zähnen das Ohrenklingeln auslösen.
Akuten Tinnitus heilen
Wer sich fragt, was tun bei Tinnitus, muss zunächst Ursachenforschung betreiben. Die Tinnitus Behandlung richtet sich nach dem jeweiligen Auslöser für die Ohrgeräusche. Liegt eine organische Grunderkrankung vor, wird zunächst diese therapiert. Bei Verspannungen der Wirbelsäule hilft eine manuelle Therapie mit Massagen und Chiropraktik. Bei Zahn- und Kieferproblemen bringt eine Zahnbehandlung Linderung.
Sind die Ohrgeräusche durch ein Knalltrauma, etwa durch eine Explosion oder laute Musik entstanden, verabreicht der Arzt Infusionen. Diese sollen die Durchblutung des Innenohrs und damit die Sauerstoffversorgung verbessern. Auch gefäßerweiterndes Kortison kommt zum Einsatz, um den akuten Tinnitus zu heilen. Alternativ kann der HNO-Arzt eine Hyperbare Sauerstofftherapie durchführen. Dabei atmet der Patient in einer Druckkammer 100-prozentigen Sauerstoff ein. In Studien zeigt diese Therapie eine höhere Wirksamkeit als die medikamentöse Behandlung.
Chronischer Tinnitus heilbar?
Während sich ein akuter Tinnitus meistens recht gut therapieren lässt, ist das bei einem chronischen Tinnitus nicht mehr der Fall. Das Gehirn lernt mit der Zeit, das störende Ohrgeräusch ständig wahrzunehmen. Die Betroffenen hören es auch dann noch, wenn der Auslöser längst beseitigt wurde. Grund dafür ist eine krankhafte Überaktivität der Hörzentren im Hirn. Selbst die Behandlung einer Grunderkrankung bringt keine dauerhafte Linderung mehr.
Ab und zu wandern Wundermittel durch die Presse, die ein vollständiges Abklingen der Ohrgeräusche versprechen. Patienten sollten jedoch skeptisch sein. Tatsächlich ist es derzeit nicht möglich, einen chronischen Tinnitus zu heilen. Stattdessen zielt die Tinnitus-Therapie darauf ab, die Ohrgeräusche zu reduzieren. Patienten sollen lernen, die störenden Geräusche nicht mehr wahrzunehmen und so mehr Lebensqualität gewinnen.
Chronischen Tinnitus lindern mit Tinnitus-Retraining-Therapie
Bei chronischen Ohrgeräuschen setzen Mediziner auf die sogenannte Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT). Deren Ziel ist es, einen Umlernprozess einzuleiten, sodass die Geräusche als weniger störend empfunden werden.
Prof. Pawel J. Jastreboff aus Georgia, USA, und Dr. Jonathan Hazell aus London haben die Tinnitus-Retraining-Therapie 1990 entwickelt. Sie stützt sich auf drei Säulen:
- Beim Tinnitus-Counceling erhalten Patienten Aufklärung und Beratung. Sie lernen, wie der Tinnitus entsteht und wie er sich auf den Körper auswirkt.
- Die Hörtherapie setzt auf Hörgeräte und einen Tinnitus-Noiser. Dieser sendet ein Gegengeräusch aus, welches den Tinnitus überlagert.
- Verhaltens- und psychotherapeutische Maßnahmen sollen den Umgang mit den Ohrgeräuschen erleichtern. Dazu gehören auch Entspannungsmethoden wie autogenes Training und Ablenkung durch Sport.
Für die TRT arbeiten HNO-Ärzte, Hörgeräte-Akkustiker und Psychotherapeuten Hand in Hand.
Eine Weiterentwicklung der TRT ist die Neurootologisch-psychosomatische Tinnitustherapie (NPT), die ebenfalls auf die Komponenten Beratung, Hörtherapie und Verhaltenstherapie setzt. Die Behandlung dauert in der Regel 18 Monate und wird ambulant durchgeführt. In besonders schweren Fällen kann auch der Aufenthalt in einer speziellen Tinnitus-Klinik angeraten sein. Abseits vom Alltagsstress sollen die Betroffenen hier entspannen und den Umgang mit dem Tinnitus erlernen.
Weitere Therapieformen werden beim pulssynchronem Tinnitus eingesetzt, dem sogenannten Pulsschlag im Ohr.
Behandlung mit Hörgeräten und Tinnitus-Noiser
Bei rund der Hälfte der Betroffenen tritt ein chronischer Tinnitus im Zusammenhang mit einem Hörverlust auf. Die Hörtherapie ist daher ein wichtiger Teil der TRT. Ein Hörgerät gleicht den Hörverlust aus. Geräte für Tinnitus-Patienten integrieren den sogenannten Noiser. Dieser sendet ein kontinuierliches Geräusch aus, eine “Weißes Rauschen”. In der Regel ist dieses Geräusch ein wenig leiser, als der Tinnitus vom Patienten wahrgenommen wird.
Das Gehirn kann sich nun nicht mehr ausschließlich mit dem Tinnitus-Geräusch beschäftigen. Es lernt, Umgebungsgeräusche wieder wahrzunehmen. Patienten fixieren sich weniger auf ihr Ohrgeräusch, worauf es in den Hintergrund der subjektiven Wahrnehmung tritt. Studien zeigen, dass die TRT einen vormals als unerträglich eingestuften Tinnitus in erträgliche Geräusche umwandeln kann. Den Tinnitus heilen kann man damit zwar im eigentlichen Sinne nicht, Patienten können aber deutlich besser mit ihm leben.
Alternative Therapien bei Tinnitus
Wer den Tinnitus heilen möchte, sieht sich oft auch nach alternativen Therapiemöglichkeiten um. Eine Alternative zum Noiser stellt zum Beispiel die Musiktherapie dar. Genau wie der Noiser soll die Musik das Gehirn vom Ohrgeräusch ablenken und dem Patienten dabei helfen, sich weniger auf den Tinnitus zu konzentrieren.
Andere Betroffene setzen auf Homöopathie, Akupunktur oder Traditionelle Chinesische Medizin. Auch klassische Naturheilverfahren, Ostheopathie und Kinesiologie werden zur Tinnitus-Behandlung angeboten. Den Gang zum HNO-Arzt ersetzen diese Verfahren nicht. Plötzlich auftretende Ohrgeräusche sollten immer erst medizinisch abgeklärt werden. Als ergänzende Therapie können die genannten Maßnahmen einigen Betroffenen jedoch Linderung verschaffen.