Das rheumatische Fieber ist eine Autoimmunreaktion, die wenige Wochen nach einer Infektion der oberen Atemwege auftreten kann. Ausgelöst wird es durch betahämolysierende A-Streptokokken. Das rheumatische Fieber führt einerseits zu allgemeinen Krankheitszeichen, wie zum Beispiel Fieber, Müdigkeit oder Erschöpfung, befällt aber typischerweise auch das Herz, die Gelenke oder die Haut, indem die gebildeten Autoantikörper auch dort zu Entzündungsreaktionen führen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist rheumatisches Fieber?
Beim rheumatischen Fieber handelt es sich um eine entzündliche Systemerkrankung. Hierbei greifen Autoantikörper – also Antikörper, welche sich „fälschlicherweise“ gegen körpereigene Strukturen richten – vor allem Herz, Gelenke und Haut an und führen dort zu ausgeprägten Entzündungsreaktionen. Zur Bildung dieser Autoantikörper wird der Körper durch eine vorangegangene Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (z.B. Scharlach, Streptokokkentonsillitis) angeregt.
Häufigkeit
In 1 bis 3 von 100 Fällen, führt eine Streptokokken-Infektion in der Folge zum rheumatischen Fieber. Sie betrifft überwiegend Kinder und Jugendliche zwischen dem 3. und 16. Lebensjahr. In den Ländern der Südhalbkugel gilt das rheumatische Fieber als häufigster Auslöser für Herzerkrankungen bei Kindern, während die moderne Medizin, und hier im Speziellen die Antibiotika-Therapie, auf der Nordhalbkugel zu einem nur noch seltenen Auftreten des rheumatischen Fiebers geführt hat.
Unterschiede Rheuma und rheumatisches Fieber
Allgemeinhin wird unter „Rheuma“ meistens die rheumatoide Arthritis verstanden, die genau wie das rheumatische Fieber durch Autoimmunprozesse entsteht. Die rheumatoide Arthritis verläuft chronisch, während es sich beim rheumatischen Fieber um eine hochakute Entzündung handelt. Daher werden beide Erkrankungen medizinisch gesehen auch scharf voneinander abgegrenzt.
Die Erkrankung „Rheuma“ gibt es als Solches alleingestellt nicht. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind sehr vielgestaltig und können stark in ihrer Erscheinung, Dauer und Behandlung variieren. Gemäß der aktuell gültigen Klassifikation werden Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises anhand ihrer Ursache im Wesentlichen in vier Hauptgruppen eingeteilt. Insgesamt unterscheidet dieses System international 200 bis 400 verschiedene Einzelerkrankungen.
Rheumatisches Fieber: Symptome
Neben allgemeinen Symptomen wie Fieber, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Erschöpfung, können beim rheumatischen Fieber autoimmune Kreuzreaktionen im Körper ebenfalls zu weiteren organspezifischen Symptomen führen.
Herz
Am Herzen löst das rheumatische Fieber eine generalisierte Entzündung aus, die sowohl den Herzbeutel (Perikard) und den Herzmuskel (Myokard), aber auch die innerste Auskleidung des Herzens und die Herzklappen (Endokard) befällt. Die Entzündung des Endokards unter Beteiligung der Herzklappen, ist häufig ein entscheidender Faktor für den Verlauf und den Ausgang der Erkrankung und bestimmt dadurch häufig auch die Prognose. In der Akutphase bilden bakterielle Absiedlungen und Entzündungen am Herzen die Grundlage für strukturelle Verkalkungen und Vernarbungen in der Folge. Hieraus können sich dann Herzerkrankungen ergeben, die ein Leben lang Probleme bereiten können. Vor allem in Ländern mit weniger hoch entwickelten Gesundheitssystemen, stellt das rheumatische Fieber die häufigste Ursache für kindliche Herzerkrankungen dar. So ist in fast zwei Dritteln der Fälle von Mitralklappenstenosen das rheumatische Fieber ursächlich.
Gelenke
Neben dem Befall des Herzens, kann es auch zu einer Entzündung in einem oder mehreren Gelenken kommen (Polyarthritis). Diese verläuft meist asymmetrisch und betrifft bevorzugt die großen Gelenke (Kniegelenk, Hüftgelenk, Sprunggelenk usw.). Außerdem sind flüchtig wechselnde Schmerzen in verschiedenen Gelenken typisch für das rheumatische Fieber.
Haut
Wie bei anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, kann es auch beim rheumatischen Fieber zum Auftreten von sogenannten „Rheumaknötchen“ kommen. Hierbei handelt es sich um subkutane knotige Veränderungen, die meistens an den Streckseiten der Extremitäten auftreten. Weiterhin können sich runde Hauterscheinungen darstellen, die im Randbereich betont und leicht erhaben imponieren, und sich rasch, meist stammbetont ausbreiten. Dieses sogenannte Erythma anulare rheumaticum tritt typischerweise schubweise auf.
Gehirn
Neben den genannten spezifischen Symptomen kann es auch im Bereich des zentralen Nervensystems und im Gehirn selbst zu einem Befall kommen. Die Patienten fallen häufig durch gesteigerte Muskelaktivität der distalen Extremitäten (Chorea minor) auf, die sich der willkürlichen Kontrolle entziehen. Auch Zuckungen des Kopfes werden beobachtet. Die Symptome sind auf eine Entzündung im Bereich des Großhirns zurückzuführen und können über mehrere Monate bestehen bleiben. Weiterhin kommt es infolge der entzündungsbedingten Veränderung des Hirnstoffwechsels häufig auch zu psychiatrischen Auffälligkeiten, wie Angststörungen, Depressionen, Unruhe oder Apathie.
Rheumatisches Fieber: Ursachen und Risikofaktoren
Ursächlich für das akute rheumatische Fieber ist eine vorangegangen Streptokokken-Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A. Diese lösen Entzündungen der oberen Atemwege aus, z.B. eine Angina mit belegten Gaumenmandeln oder Scharlach. Ungefähr 2 bis 3 Wochen später kommt es bei einigen Patienten zum rheumatischen Fieber. Rezidive sind sehr häufig, sodass diese Patienten vor Eingriffen mit erhöhtem Risiko für eine Entzündung am Herzen, vorbeugend Antibiotika einnehmen müssen. Je nach Verlaufsform und abhängig davon, ob es eine Beteiligung des Herzens bzw. der Herzklappen gab, ist die Antibiotika-Prophylaxe bis ins Erwachsenenalter oder teilweise weit darüber hinaus durchzuführen.
Ein Risikofaktor für das Auftreten ist vermutlich eine genetische Veranlagung, die bei einigen Menschen eher zu Autoimmunreaktionen führt als bei Anderen. Das rheumatische Fieber betrifft weiterhin überwiegend jüngere Kinder, sodass das Erkrankungsrisiko mit steigendem Alter sinkt. Im Erwachsenenalter tritt das rheumatische Fieber als Erstmanifestation nur äußerst selten auf. Auch der Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung und Medikamenten senkt die Auftretenswahrscheinlichkeit des rheumatischen Fiebers maßgeblich. Da es sich bei Streptokokkeninfekten um ansteckende Infektionskrankheiten handelt, spielen auch die individuelle Körperhygiene und allgemeine Hygienemaßnahmen im Umfeld eine entscheidende Rolle.
Rheumatisches Fieber bei Kindern
Im europäischen Raum ist das rheumatische Fieber, aufgrund von Antibiotika-Prophylaxe bei Streptokokkeninfektionen sehr selten geworden. Die Patienten, bei denen das rheumatische Fieber erstmals auftritt, sind fast ausschließlich jüngere Kinder zwischen 3 und 16 Jahren, da hier auch das Auftreten von Racheninfektionen häufiger vorkommt.
Rheumatisches Fieber bei Erwachsenen
In der Regel sind vom rheumatischen Fieber nur Kinder und Jugendliche im Alter von ca. 3 bis 16 Jahren betroffen. Eine Neuerkrankung im Erwachsenenalter ist sehr, sehr selten.
Rheumatisches Fieber: Dauer und Krankheitsverlauf
Es wird die akute Erstmanifestation von Rezidiven, die sehr häufig sind, unterschieden. Die typischen Symptome treten nach ca. 2 bis 3 Wochen im Anschluss an eine Streptokokkeninfektion auf und führen im Verlauf dann zum Arztbesuch. Die Krankheitsdauer und der Krankheitsverlauf sind individuell sehr verschieden. Bei Vollausprägung aller Symptome und massivem Organbefall, kann die Erkrankung mehrere Monate dauern oder gar zum Tode führen. Vor allem der Befall des Herzens, führt in bis zu 5 Prozent der Fälle zum Tode. Darüber hinaus flammt das rheumatische Fieber sehr häufig wieder auf -rezidiviert also, was oft auch zu strukturellen langfristigen Schäden an Organen führt. Diese können teilweise ein Leben lang zu medizinischen Problemen führen.
Rheumatisches Fieber: Diagnose
Die Diagnose wird anhand der Jones-Kriterien gestellt. Hierbei handelt es sich um einen medizinischen Score, der nach seinem Entwickler benannt ist. Dieser Score unterscheidet Haupt- und Nebenkriterien voneinander und führt zur Diagnose „rheumatisches Fieber“, wenn zwei Hauptkriterien oder ein Haupt- und zwei Nebenkriterien vorliegen. Davon abweichend beeinflusst auch die individuelle Befundkonstellation die Diagnosestellung. Zu den Hauptkriterien des Jones-Scores zählen:
- Karditis
- Subkutane Knoten
- Erythema anulare
- Rheumatische Chorea
- Polyarthritis
Fieber, Gelenkschmerzen, EKG- und/oder Laborveränderungen zählen unter anderem zu den Nebenkriterien.
Labor
Laborchemisch fallen beim rheumatischen Fieber vor allem Entzündungswerte auf. Eine stark erhöhte Zahl an Leukozyten (weiße Blutkörperchen) sowie eine massive Blutsenkung (Sturzsenkung) und CRP-Anstieg, lösen weitere Untersuchungen aus und bilden einen Baustein bei der Diagnosefindung.
Darüber hinaus kann im Blut ganz gezielt nach den Autoantikörpern gesucht werden, die sich durch die Streptokokkeninfektion gebildet haben, und das rheumatische Fieber auslösen (Antistreptolysin-O-Titer, ADB-Titer).
Kardiologische Untersuchung
Zur kardiologischen Diagnostik zählt eine Vielzahl von Untersuchungen. Ein sehr sensitives Unterschuchungsverfahren für strukturelle Veränderungen am Herzen, stellt beispielsweise der Herzultraschall dar, der von außen durch den Brustkorb, aber auch innerlich, durch eine schluckbare Ultraschallsonde durchgeführt werden kann. Weitere Hinweise können sich durch EKG-Untersuchung ergeben. Andere bildgebende Verfahren, wie zum Beispiel eine MRT oder eine CT stehen ebenfalls für die kardiologische Diagnostik zur Verfügung. Insgesamt gibt es in der modernen Medizin eine Vielzahl an Untersuchungsmöglichkeiten, deren Einsatz von den individuellen Symptomen des Patienten abhängt.
Rheumatisches Fieber: Therapie
Die Behandlung der zugrundeliegenden und auslösenden Streptokokkeninfektion erfolgt durch die Gabe eines Antibiotikums, welches klassisch das Penicillin V darstellt. Auch Cephalosporine sind sehr gut wirksam. Darüber hinaus muss die Entzündung im Körper behandelt werden, was mit fiebersenkenden und antientzündlich wirkenden Substanzen wie z.B. Ibuprofen gelingt. Sehr schwere Verläufe und Beteiligung des Herzens, machen zusätzlich auch oft den Einsatz von Cortison-haltigen Präparaten nötig.
Abhängig davon, welche Organe befallen sind und welche Symptome auftreten, wird eine entsprechende symptomatische Therapie durchgeführt. Weiterhin ist körperliche Schonung bis zur Genesung unabdingbar.
Im Anschluss an die akute Erkrankung erfolgt für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine Antibiotika-Prophylaxe. Tritt dennoch ein Rezidiv auf, hat diese Prophylaxe ein Leben lang zu erfolgen.
Lebensstilanpassungen
Einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit im Allgemeinen, haben Lifestyle-Faktoren. So erhöht der Konsum typischer Noxen wie Koffein, Alkohol, Nikotin oder anderer Drogen das Risiko an Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken und stellt auch für das rheumatische Fieber einen Prognose-verschlechternden Faktor dar.
Medikamente
Von den Medikamenten einmal abgesehen, die in der Akutphase zum Einsatz kommen, stellt die mehrjährige prophylaktische Antibiotikagabe im Anschluss die häufigste längerfristige medikamentöse Therapie dar.
Operation
In einigen Fällen sind sogar Operationen nötig, um die strukturellen Schäden an den Herzklappen durch das rheumatische Fieber bestmöglich zu beseitigen. Auch kann bei Patienten mit häufigen Streptokokkeninfekten eine operative Fokussierung wie z.B. eine Tonsillektomie erforderlich sein.
Vorbeugung
Um dem rheumatischen Fieber vorzubeugen, stellt die antibiotische Therapie eines Streptokokkeninfektes in der Frühphase die beste Prophylaxe dar. Durch diese Strategie ist das rheumatische Fieber in der westlichen Welt sehr selten geworden. Auch ein Leben unter hygienischen Bedingungen, sowie ein allgemein gesunder Lebensstil können schützen.
Rheumatisches Fieber: Spätfolgen
Durch bakterielle Absiedlungen während der Akutphase und postentzündliche narbige Veränderungen an den Herzklappen, kommt es in vielen Fällen zu Herzklappenveränderungen. In den allermeisten Fällen ist die Mitralklappe betroffen, die den linken Vorhof mit der linken Herzkammer verbindet. Häufig treten Mitralklappenstenosen oder kombinierte Mitralklappenschäden auf. Neben dem häufigen Befall der Mitralklappe, ist in ungefähr einem Drittel der Fälle auch die Aortenklappe betroffen, die dem linken Ventrikel zur Aorta hin nachgeschaltet ist. Die Beteiligung des Herzens ist durch die hohe Rate an Rezidiven am häufigsten für Spätfolgen verantwortlich. Die anderen Krankheitserscheinungen heilen in den allermeisten Fällen ohne Spätfolgen wieder aus.
Häufige Fragen zu rheumatisches Fieber
- Wie erkennt man rheumatisches Fieber?
- Ist rheumatisches Fieber ansteckend?
- Rheumatisches Fieber: Wie hoch?
- Kann rheumatisches Fieber auch ohne Fieber auftreten?
Das rheumatische Fieber tritt typischerweise circa 2 bis 3 Wochen nach einer Streptokokkeninfektion auf. Man muss also unbedingt auch an rheumatisches Fieber denken, wenn eine Erkältungserkrankung, Scharlach oder eine eitrige Mandelentzündung noch nicht lange zurückliegt, und es zu Fieber, Erschöpfung oder Müdigkeit kommt. Auch flüchtige Schmerzen an verschiedenen Gelenken oder Verhärtungen unter der Haut sind Hinweise auf ein rheumatisches Fieber, und sollten unbedingt ärztliche abgeklärt werden.
Das rheumatische Fieber ist nicht ansteckend, da es sich um eine Autoimmunreaktion des Körpers handelt. Die zugrundeliegende Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A wie z.B. Scharlach ist im Gegensatz dazu allerdings sehr ansteckend, sodass betroffene Kinder auch keine Gemeinschaftseinrichtungen aufsuchen sollten und dürfen.
Von erhöhter Temperatur spricht der Arzt ab 37,5 Grad Celsius. Körpertemperaturen größer als 38,5 Grad Celsius werden als Fieber bezeichnet. Das rheumatische Fieber zeigt oft ein breites Temperaturspektrum. Es sind sowohl Fälle mit hohem Fieber bis 40 Grad Celsius möglich als auch Fälle mit subfebrilen Temperaturen um die 38 Grad Celsius.
Auch diese Fälle sind möglich. Da Fieber im Allgemeinen unspezifisch und beim rheumatischen Fieber so vielgestaltig ist, gilt es auch nur als Minorkriterium bei der Diagnosenstellung.
Dieser Artikel ist nur zu Information bestimmt. Der Inhalt kann und darf nicht verwendet werden, um selbst Diagnosen zu stellen sowie Behandlungen anzufangen oder abzusetzen. Die Informationen können keinen Arztbesuch ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen ist leider nicht möglich.