Zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung in den Industrieländern erkranken an Neurodermitis. Eine international sehr gebräuchliche Bezeichnung hierfür lautet auch atopische Dermatitis oder Ekzem. Atopie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „ortlos“. Hierbei handelt es sich um eine chronische oder chronisch rezidivierende (in Abständen wiederkehrende) entzündliche Erkrankung der Haut.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Neurodermitis?
Neurodermitis (atopische Dermatitis) ist eine chronische, nicht ansteckende Hauterkrankung. Die Haut weist eine genetisch veranlagte Überempfindlichkeit, also Neigung zu allergischen Reaktionen auf. Sie neigt hierdurch zu Ekzemen und zeigt sich altersabhängig in charakteristischen Erscheinungsbildern und Lokalisationen. Die Hautkrankheit manifestiert sich bereits im Kleinkindalter. Begleitet wird sie in erster Linie von einem starken Juckreiz.
Extrinsische Krankheitsform
Etwa 80% der Neurodermitis Patienten weisen einen erhöhten IgE-Spiegel im Blut auf. Das Immunglobulin E (IgE) animiert Mastzellen, entzündungsfördernde Stoffe auszuschütten. Diese Stoffe verursachen bei Neurodermitis Patienten Ekzeme. Bei Erwachsenen handelt es sich bei den IgE-Antikörpern meist um Antikörper gegen Katzenhautschuppen, Hausstaubmilben und Gräserpollen. Bei Säuglingen hingegen sind meist Antikörper gegen Hühnerei und Kuhmilch anzutreffen. Das Immunsystem reagiert dabei stark auf allergieauslösende Stoffe, wie z.B. Pollen oder gewisse Nahrungsmittel.
Intrinsische Krankheitsform
Die atopische Dermatitis liegt hier bei völlig unauffälligen IgE-Spiegel vor. Dies ist bei etwa 20% der Betroffenen der Fall. Allergische Symptome spielen bei dieser Krankheitsform eine eher unwichtige Rolle. Zudem ist hier keine höhere Anfälligkeit wie Heuschnupfen oder Nahrungsmittelallergien vorzufinden.
Neurodermitis – Ursachen
Die genauen Ursachen von Neurodermitis sind noch nicht ausreichend geklärt. Es spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die die Erkrankung begünstigen. Das ist zum einen eine gestörte Hautbarriere, die nur unzureichend Barrierefette herstellen kann. Patienten haben zudem eine zu hohe Anzahl an Staphylococcus aureus Bakterien gepaart mit einer schlechteren Abwehr gegen Viren.
Hinzu kommt eine genetisch bedingte Neigung des Immunsystems mit einer Überreaktion auf harmlose Umweltreize zu antworten. Gerade in den Industrienationen ist das Atopische Ekzem auf dem Vormarsch. Wissenschaftler und Ärzte erklären dies mit der sogenannten Hygiene-Theorie. Diese besagt, dass das Immunsystem in den westlichen Industrienationen durch hohe Hygienestandards regelrecht „aus der Übung“ gerät. Es muss sich dadurch immer weniger mit Krankheitserregern und Allergenen auseinandersetzen. Somit reagiert das Immunsystem auf harmlose Stoffe und Umweltreize unangemessen heftig in Form von Entzündungen und Juckreiz.
Die Tatsache, dass Stadtkinder weit häufiger an Neurodermitis erkranken als Landkinder, unterstreicht diese Theorie. Bei Kindern, die auf dem Land aufwachsen ist das Immunsystem ganz offensichtlich durch den täglichen Kontakt mit Staub, Bakterien und Schmutz besser trainiert. Ein weiterer Grund liegt in einer erblichen Vorbelastung. Es gibt bei Neurodermitis, ähnlich wie bei Allergien, sogenannte Trigger (mögliche Auslöser), die einen Schub der Erkrankung begünstigen. Hierzu zählen Textilien, insbesondere Wolle. Auch Infektionen (Grippe oder Erkältung), Hitze oder Kälte, bestimmte Lebensmittel sowie psychischer Stress können den Hautzustand verschlimmern.
Erbliche Veranlagung
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind an Neurodermitis erkrankt ist am höchsten (60-80 %), wenn beide Elternteile daran leiden. Die Veranlagung für die atopischen Erkrankungen wird polygen über verschiedene Gene auf mehreren Chromosomen vererbt. Auch durch nur ein erblich vorbelastetes Elternteil ist das Risiko an Neurodermitis zu erkranken immer noch hoch, besonders wenn die Mutter davon betroffen ist.
Geschwächtes Immunsystem
Durch ein geschwächtes Immunsystem kommt es auch auf der Haut zu einer stärkeren Besiedlung durch Krankheitserreger. Wie bereits erwähnt besitzen die meisten Neurodermitiker einen erhöhten IgE-Spiegel (extrinsische Krankheitsform). Dies ist ein Indikator für Entzündungsvorgänge im Körper. Auch andere Infektionen, wie z.B. eine Angina kann sich zusätzlich negativ auf den Patienten auswirken.
Psychische Belastung und Stress
Psychische Belastungen sowie emotionaler Stress zählen zu den großen und anerkannten Auslösefaktoren von Neurodermitis. Ungefähr die Hälfte aller Neurodermitis Patienten geben Stress (privat oder beruflich) als Auslöser eines Schubs an.
Dem gegenüber steht die psychische Belastung durch die Neurodermitis Symptome selbst. Vor allem der starke, meist in der Nacht vorherrschende Juckreiz führt zu Reizbarkeit und Konzentrationsschwäche durch mangelnden Schlaf. Viele Patienten leiden unter sozialer Ausgrenzung, wenn sich Mitmenschen aufgrund des Erscheinungsbilds der Haut distanzieren. Diese Form der Belastung kann sich bis zu einer Depression entwickeln.
Weitere Einflussfaktoren
Zu ihnen gehören Störungen der Hautbarriere und die Zusammensetzung der Hautflora. Störungen der Hautbarriere werden durch erhöhten transepidermalen Wasserverlust, gesteigerte Durchlässigkeit, sowie verminderte Oberflächenlipide verursacht. Hinzu kommt eine Ceramidproduktion, die sich in Menge und Qualität von einer gesunden Hautbarriere stark unterscheidet. Durch die Störung der Hautbarriere wird das Eindringen von allergieauslösenden Stoffen und Krankheitserregern erleichtert. Die oftmals fehlenden Hautoberflächenlipide verursachen eine starke Austrocknung der Haut. Es kommt zu starkem Juckreiz, der über vermehrtes Kratzen zu Hautläsionen führt. Bei Neurodermitis Patienten weist die Hautflora eine verminderte Vielzahl an Mikroben auf. Dadurch können sich gewisse Bakterien (z. B. Staphylococcus aureus) leichter vermehren, was Krankheitsschübe begünstigt.
Neurodermitis – Auslöser (Trigger)
Bei der atopischen Dermatitis sind zahlreiche Provokationsfaktoren, sogenannte Trigger, vorhanden, die einen Krankheitsschub auslösen können, sowie bestehende Symptome intensivieren. Diese Trigger gestalten sich von Patient zu Patient unterschiedlich. In den folgenden werden die häufigsten Trigger vorgestellt.
Jahreszeit und Klimafaktoren
Die kalte und trockene Luft im Winter führt dazu, dass die Haut von Neurodermitis Patienten sehr trocken ist. Sie reagiert dann gerade in der kühleren Jahreszeit mit starkem Juckreiz auf die Kombination von trockener Heizungsluft und kalter Außenluft. Herrscht extreme Schwüle vor, kann sich auch das negativ auf den Allgemeinzustand der Haut auswirken.
Pflegeartikel
Stoffe, die die Neurodermitiker Haut reizen, sollten vermieden werden. Zum Reinigen der Haut eignen sich pH neutrale Ölbäder oder Waschlotionen. Ungeeignet sind hingegen herkömmliche Seifen oder Duschgele, die die Haut zu sehr austrocken können. Das Duschen und Baden sollten auf ein Minimum reduziert sein. Zu beachten ist hierbei auch eine nicht zu hohe Wassertemperatur und beim Baden eine maximale Badedauer von 10-15 Minuten.
Allergene
Nahrungsmittelallergene (v. a. im Kindesalter) und aerogene Allergene gehören zu den nicht so häufigen Auslösern von Neurodermitis. Wurde jedoch eine Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Stoffen belegt, so gilt es diese nach Möglichkeit zu vermeiden.
Nahrungsmittel
Zahlreiche Nahrungsmittel gehören ebenfalls zu den Triggern. Besonders scharfe Gewürze, Kaffee, Zitrusfrüchte und -säfte, Tomaten oder enthaltene Konservierungsstoffe provozieren einen Krankheitsschub.
Psychischer und emotionaler Stress
Durch psychischen und emotionalen Stress wird in erster Linie der bestehende Juckreiz intensiviert. Das Risiko eines Ekzemschubs erhöht sich.
Kleidung
Bestimmte Textilien, z.B. aus Wolle oder synthetischen Fasern gefertigt, können ebenfalls einen Schub auslösen. Daher sollte bei der Kleiderwahl auf natürliche Fasern (Baumwolle) und eine nicht zu enge Passform geachtet werden, um die Haut nicht zu irritieren.
Infekte
Einer der häufigsten Neurodermitis Trigger sind Infekte, oftmals schon in Form einer Erkältung oder Grippe. Jedoch ist die Verschlechterung des Hautzustands in Verbindung mit einem grippalen Infekt nicht von allzu langer Dauer. Ähnlich verhält es sich mit Impfungen. Auch sie können einen Schub verursachen.
Neurodermitis – Symptome
Neurodermitis äußert sich schubweise durch gerötete, nässende und hautabschürfende Erscheinungen an der Haut, die mit einem quälenden Juckreiz einhergehen. Im späteren Verlauf kommt es zu einer flächenhaften Verdickung und Vergröberung der Haut. Dieses Symptom wird auch Lichenifikation genannt.
Symptome nach Typ
- Trockene Haut: sehr Trockene Haut ist eines der Kernsymptome von Neurodermitis. Die Haut spannt in Folge der Trockenhaut und wirkt rau sowie schuppig.
- Juckreiz: ein quälender Juckreiz ist das zweite Hauptsymptom für Neurodermitis. Nahezu alle Betroffenen leiden stark darunter und es entsteht oft ein Teufelskreis aus Jucken, Kratzen und Aufrauen der Haut bis hin zu Blutungen und dem Entstehen von Krusten. Zwar entsteht durch das Kratzen eine kurzzeitige Erleichterung, jedoch wird wie beschrieben die Haut beschädigt und anschließend setzt der Juckreiz wiederum verstärkt ein. Daneben entsteht eine Art Juckgedächtnis, d.h. Betroffene nehmen den Juckreiz ständig war und schon kleinste Störungen führen zu einem starken Juckgefühl.
- Ekzeme: sowohl durch die Krankheit selbst als auch eben durch das permanente Kratzen entstehen Ekzeme. Zu diesen zählen eine ganze Reihe von Symptomen wie Rötungen, Blasen, nässende Haut, Schwellungen sowie Blutungen und Krustenbildung
Symptome nach Alter
Je nach Alter des Patienten gestalten sich die Symptome unterschiedlich.
Im Säuglingsalter zeigt sich die Erkrankung meist mit juckenden Rötungen der Haut, die zur Krustenbildung neigt. Dieser sogenannte „Milchschorf“ ist im Bereich des Kopfes und des Gesichts aufzufinden. Im Kleinkindalter stehen trockene Ekzeme mit Papeln, Schuppung und Lichenifikation im Vordergrund. Davon betroffen sind vor allem die Beugeseiten wie Kniekehlen, Ellenbeugen, Hals und Lider. Zudem können auch die Außenseite der Arme und Beugefalten betroffen sein. Bei Kleinkindern und Jugendlichen äußern sich die Symptome eher an den Gelenkbeugen, im Nackenbereich, an den Handgelenken und Händen. Die Haut verdickt sich, wird gröber und neigt zu Verkrustungen.
Bei Erwachsenen weist die Erkrankung zusätzlich stark juckende Knötchen auf. Neurodermitis ist in jedem Alter von einem starken Juckreiz begleitet, der vor allem nachts stärker als tagsüber auftritt. Dadurch haben die Betroffenen häufig mit schlechtem, nicht erholsamem Schlaf bis hin zu Schlafstörungen zu kämpfen, wodurch sich der Leidensdruck immens erhöht. Bei Patienten im Erwachsenenalter sind flächige, lichenifizierte Ekzeme im Gesicht, am oberen Thorax und in den Beugen typisch. Auch exkoriierte Papeln und Knoten gehören zum Erscheinungsbild. Akute Steigerung mit allen Veränderungen nebeneinander sind möglich.
Symptome nach Körperstelle
Als allgemeines Symptom von Neurodermitis, unabhängig von der Lokalisation, ist trockene Haut aufzuführen. Meistens sind dabei Körperstellen betroffen, an denen die Haut besonders dünn ist. An den Handinnenflächen zeigt sich eine verstärkte Linienzeichnung. Unterhalb der Augen findet sich eine doppelte Lidfalte („Dennie-Morgan-Falte“). Diese Lidfalte zeigt sich sehr häufig bei Patienten mit einer atopischen Dermatitis und gilt als klinisches Anzeichen einer allergischen Veranlagung. Allerdings besitzt die Hälfte aller Neurodermitiker diese Lidfalte nicht.
Bei Säuglingen befindet sich Milchschorf am Kopf und an den Wangen nässende Ekzeme. Die Symptome von Kindern sind in Form von Ekzemen an Kniekehlen, Ellenbeugen und Handgelenken anzutreffen. Bei erwachsenen Patienten bestehen Ekzeme an Beinen, Armen, Händen, Hals und Kopf. Bei Erwachsenen zeigen sich Neurodermitis Symptome unauffällig an zusätzlichen Körperstellen. Im Winter werden durch die kalten Temperaturen und häufiges Befeuchten der Lippen mit der Zunge das sogenannte Leckekzem begünstigt. Ekzeme an den Augenlidern entstehen dabei oftmals im Frühling und Sommer. Der Kontakt mit Pollen in der Luft sorgt für eine allergische Reaktion der Haut. An Fingerkuppen, Zehen, Fingerzwischenräumen sowie dem Ansatz des Ohrläppchens können schmerzhafte Rhagaden (Hautrisse) entstehen, die sich auch auf Handflächen sowie Fingerrücken ausdehnen können.
Neurodermitis – Diagnose
Die Diagnose von Neurodermitis gestaltet sich umfangreich. Um die sichere Diagnose Neurodermitis stellen zu können bedarf es dem Nachweis von mehreren Krankheitsmerkmalen. Diese Merkmale werden in Diagnose-Kriterien erster Ordnung und zweiter Ordnung eingeteilt und zusammengeführt. Bei den Diagnose-Kriterien erster Ordnung, den Hauptkriterien, handelt es sich um folgende Krankheitsmerkmale:
- Ekzeme an Stellen, die für Neurodermitis typisch sind (Ellenbeugen, Kniekehlen, Nacken, Hals und Gesicht)
- starker Juckreiz
- chronischer Verlauf (länger als sechs Monate) und wiederholte Rückfälligkeit
- die Erkrankung eines oder mehrerer Menschen in der Familie an atopischem Ekzem, Heuschnupfen oder Bronchialasthma
Bei den Diagnose-Kriterien zweiter Ordnung handelt es sich um Auffälligkeiten, die oftmals in Verbindung mit Neurodermitis stehen, allerdings auch bei nicht Erkrankten vorkommen können.
- Juckreiz, bei direktem Kontakt mit Wolle auf der Haut, oder bei starkem Schwitzen.
- Oftmals Gesichtsblässe; unter Umständen sind die Augen von dunklen Augenringen umgeben.
- Insbesondere bei jüngeren Patienten kann eine doppelte Lidfalte („Dennie-Morgan-Falte“) am Unterlid ein Diagnose-Kriterium sein. Diese Falte kommt bei etwa 60 Prozent aller Menschen mit atopischer Veranlagung, aber nur bei etwa 20 Prozent der Normalbevölkerung vor.
- Der seitliche Anteil der Augenbrauen kann ausgedünnt wirken.
- Bedingt durch die Trockenheit wirkt die Haut faltig.
- Eine verstärkte Handlinienzeichnung an den Handflächen kann hinzukommen.
- Weißer Dermographismus. Festes Streichen auf der Haut mit einem Holzspatel resultiert in einem weißen Streifen an der ausgeführten Stelle.
Mindestens drei diagnostische Kriterien erster Ordnung und gleichzeitig mindestens drei diagnostische Kriterien zweiter Ordnung müssen erfüllt sind, damit die Diagnose eines atopischen Ekzems gestellt werden kann.
Mit Hilfe der Differenzialdiagnostik werden andere Krankheiten, die ähnliche Symptome wie eine Neurodermitis aufweisen, ausgeschlossen bzw. bestätigt. Hierbei müssen bei Säuglingen das seborrhoische Ekzem, bei Kindern eine ekzematisierte Skabies und bei Erwachsenen andere Ekzemformen wie das allergische Kontaktekzem differenziert werden.
Neurodermitis – Krankheitsverlauf
Der Krankheitsverlauf lässt sich in drei Stadien unterteilen. Er beginnt mit der akuten Entstehungsphase, gefolgt von der chronischen Phase und resultiert am Ende in der sogenannten Lichenifikation (Vergröberung und Verdickung der Haut).
In der Entstehungsphase beginnt sich die Haut an der betroffenen Stelle zu röten. Hinzu kommen Schwellung, vermehrter Juckreiz sowie Nässen mit anschließender Krustenbildung. Falls in dieser Anfangsphase keine Behandlung, z.B. mit Kortison erfolgt, geht das entstandene Ekzem in die zweite Phase über. In diesem chronischen Stadium kommen zu den bereits bestehenden Symptomen noch stark juckende, rote Knötchen hinzu.
Sind entzündliche Herde auf der Haut über einen längeren Zeitraum vorhanden, kann es zu einer Verdickung (Lichenifikation) der Oberhaut kommen. Verursacht wird dieser Vorgang durch eine erhöhte Zellteilungsrate in der Basalzellschicht. Diese dritte und letzte Phase des Krankheitsverlaufs wird aufgrund dessen von einer weißlichen Schuppung der Haut bestimmt.
Ist Neurodermitis ansteckend?
Neurodermitis gehört zu den nicht ansteckenden Hautkrankheiten. Somit ist diese Hauterkrankung weder über Blut noch Speichel oder Tröpfcheninfektion übertragbar.
Ist Neurodermitis heilbar?
Nach heutigem Wissensstand ist Neurodermitis nicht heilbar, da es für eine Heilung die anlagebedingte Überempfindlichkeit der Haut zu beheben gilt. Diese Veranlagung ist genetisch genauso unveränderlich festgesetzt wie beispielsweise die Haarfarbe.
Neurodermitis – Komplikationen
Neurodermitis Patienten weisen aufgrund ihrer verminderten Immunabwehr eine höhere Bakterienbesiedlung der Haut auf als gesunde Menschen. Insbesondere der Erreger Staphylococcus aureus ist hierbei häufig anzutreffen. Durch die Lichenifikation der Haut wird eine Bakterienbesiedlung zusätzlich begünstigt. Das häufige Kratzen der Patienten beeinträchtigt die Hautoberfläche und verursacht Verletzungen, die das Eindringen von Krankheitserregern erleichtern. Diese Gegebenheiten führen zu Komplikationen in Form von Infektionen oder Pilzerkrankungen.
Ernährung bei Neurodermitis
Eine pauschal empfehlenswerte Ernährungsformel für Neurodermitis Patienten gibt es nicht. Die Reaktionen auf unterschiedliche Lebensmittel variieren von Patient zu Patient. Es ist jedoch hilfreich ein Ernährungstagebuch zu führen, in dem das Auftreten von Beschwerden nach dem Verzehr von Gerichten bzw. Lebensmitteln festgehalten wird. Dadurch lassen sich die potenziell allergieauslösenden Inhaltsstoffe eingrenzen und ausfindig machen. Bestätigt sich eine Unverträglichkeit mittels Allergietest, kann man die Allergene gezielt meiden.
Auch wenn sich die Lebensmittelunverträglichkeiten sehr unterscheiden, gibt es eine Reihe von Lebensmitteln, die im Verdacht stehen Neurodermitis zu begünstigen und Krankheitsschübe auszulösen.
Zu diesen Lebensmitteln gehören:
- Milch-, Hühner- und Sojaprotein
- Weizenprodukte sowie andere Getreidesorten
- Nüsse
- Äpfel, Pfirsiche, Bananen, Birnen
- Fisch
- Fleisch, insbesondere Schweinefleisch
- Kartoffeln, Sellerie, Karotten, Sojabohnen, Tomaten
- Industriell stark verarbeitete Lebensmittel (Fertigprodukte)
- Histaminreiche Lebensmittel wie Fisch, Käse, Sauerkraut, Tomaten und Wein
- Erdbeeren, Zitrusfrüchte und Schokolade können in seltenen Fällen und in größeren Mengen genossen einen Ekzemschub auslösen oder verstärken, ohne dass eine Allergie nachgewiesen werden kann.
Im Gegensatz dazu gibt es auch Nahrungsmittel, die allgemein als hypoallergen gelten. Folgende Nahrungsmittel lösen selten Allergien aus:
- Reis
- Lamm und Pute
- Karfiol, Gurke, Brokkoli
- Raffiniertes Pflanzenöl und milchfreie Margarine
- Mineralwasser, schwarzer Tee
- Salz und Zucker
Neurodermitis – Behandlung
Die Therapie von Neurodermitis besteht in erster Linie aus der Linderung bestehender Symptome und dem Vermeiden von Triggern, um einen Schub zu verhindern. Durch das Ausdehnen möglichst langer, symptomfreier Phasen gewinnen die Patienten an Lebensqualität. Da derzeit keine Heilung von Neurodermitis möglich ist, sind die Betroffenen darauf angewiesen, sich so gut wie möglich mit ihrer Erkrankung zu arrangieren.
Vermeidungsstrategien
Auslösende Faktoren (Trigger) gilt es zu vermeiden. Je besser der einzelne Patient weiß, um welche Trigger es sich bei ihm persönlich handelt, umso einfacher lassen sich potenzielle Schübe verhindern. Bei bekannten Nahrungsmittelallergien kann konkret auf Nahrungsmittel verzichtet werden, die für eine Verschlechterung des Hautzustandes sorgen. Reagiert der Patient auf Textilien aus Wolle oder Synthetik greift er zu Materialien aus glatten Fasern, wie z.B. Baumwolle. Bei einer Allergie gegen Hausstaubmilben können Neurodermitiker durch den Verzicht auf Vorhänge, Stofftiere, Teppiche etc. für ein milbenfreies Umfeld sorgen. Aufenthalte in Küsten- oder Bergregionen (Reizklima) schaffen Abhilfe bei Pollenunverträglichkeiten.
Basistherapie
Die disziplinierte Pflege der Haut mit Hilfe von wirkstofffreien, rückfettenden Salben, Cremes, Körpermilch oder Lotionen nach jedem Duschen und Baden ist unersetzlich. Die Haut muss stets geschmeidig und gut durchfeuchtet gehalten werden, um einer Ekzem Entwicklung vorzubeugen. Die Wahl der Basispflege und ihrer Zusammensetzung ist abhängig von der Jahreszeit und dem aktuellen Hautzustand. Ist die Haut in einem intakten Zustand bieten sich fetthaltige Pflegeprodukte an. Wenn Entzündungen vorliegen bewähren sich hingegen Lotionen mit hohem Wasseranteil, die für einen angenehm kühlenden Effekt sorgen. Cremes sollten generell im Sommer angewendet werden, Salben bevorzugt im Winter.
Juckreiz behandeln
Durch die Behandlung des konstanten Juckreizes wird das Kratzbedürfnis reduziert. Die Haut hat die Möglichkeit sich zu regenerieren und zu erholen. Eine intakte Hautoberfläche minimiert das Infektionsrisiko. Bewährt haben sich hierbei Umschläge mit Schwarztee oder auch die orale Einnahme von Antihistaminika.
Hautinfektionen bekämpfen
Durch die vermehrte Besiedelung mit Staphylococcus aureus Bakterien ist das Risiko einer Infektion bei Neurodermitis Patienten stark erhöht. Für deren Bekämpfung können Antiseptika lokal eingesetzt werden, um den Bakterienbefall zu reduzieren. Diese Produkte eignen sich allerdings nicht für den regelmäßigen Einsatz.
Bei einer Infektion mit Herpes Viren bedarf es unmittelbar einer ärztlichen Behandlung, da sich die Viren ansonsten sehr schnell ausbreiten können. Eine Therapie mit antiviralen Stoffen leistet schnelle Abhilfe.
Medikamentöse Therapie
Bei der medikamentösen Behandlung von Neurodermitis kommen unterschiedliche Wirkstoffe zum Einsatz, die jeweils mit Vor- und Nachteilen behaftet sind. Welches Medikament sich daher am besten für den einzelnen Patienten eignet, entscheidet der behandelnde Arzt.
Durch den Einsatz von Kortison Präparaten, meist in Form von Cremes oder Salben, werden Infektionen effektiv bekämpft. Auch wenn das Kortison schnelle Abhilfe schaffen kann, so ist es doch nicht ganz risikolos, da es einige Nebenwirkungen aufweist. Bei langfristiger Anwendung zeigt sich oftmals eine dünner werde Haut (Hautatrophie). Kortison hat sich bei der Behandlung von akuten Schüben oder als vorbeugende Maßnahme bewährt. Die tägliche Anwendung empfiehlt sich allerdings nicht.
Neben Kortison gibt es sogenannte Calcineurin-Inhibitoren: Primecrolimus und Tacrolimus. Diese wirken, ähnlich wie Kortison, entzündungshemmend. Sie kommen bevorzugt an empfindlichen Körperstellen wie Gesicht oder Genitalbereich zum Einsatz. Der Vorteil dieser Präparate besteht darin, dass sich durch deren Anwendung keine Hautatrophie entwickelt. Calcineurin-Hemmer können als Alternative bei einer Kortison Unverträglichkeit angewendet werden. Die Nebenwirkungen belaufen sich auf Hautreizungen zu Beginn der Anwendung etwa in Form von Brennen, Juckreiz oder Rötungen. Da die Hemmer unter Verdacht stehen, das Hautkrebs Risiko zu erhöhen, sollten auch sie nur kurzzeitig angewendet werden. Während der Benutzung sollte auf verdächtige Hautveränderungen geachtet werden und in jedem Fall auf eine Phototherapie verzichtet werden.
Zu den sogenannten Biologikas zählt das Medikament Dupilumab. Eingesetzt wird es bei erwachsenen Patienten mit mittelschweren bis schweren Symptomen. Der Wirkstoff hemmt die Bildung eines Entzündungsstoffs und muss vom Patienten in einem vierzehn tägigen Rhythmus selbst gespritzt werden.
Homöopathie bei Neurodermitis
Da sich die Wirksamkeit von homöopathischen Anwendungen wie etwa Akupunktur nicht wissenschaftlich bestätigen lässt, ist von deren Inanspruchnahme abzuraten.
Hausmittel bei Neurodermitis
Zu den wirksamen Hausmittel bei der Behandlung von Krankheitsschüben zählen feuchte Umschläge mit schwarzem Tee. Die im Tee enthaltenen Gerbstoffe wirken entzündungshemmend. Extrakte aus Kamillenblüten haben einen ähnlichen Effekt. Da sie jedoch das Potential einer Kontaktallergie bergen, ist deren Anwendung nur eingeschränkt möglich.
Neurodermitis vorbeugen
Da es sich bei Neurodermitis um eine genetische Disposition handelt, ist eine Vorbeugung nicht möglich. Durch den angemessenen Umgang mit der Erkrankung in Form von entsprechender Ernährung, Hautpflege und dem Vermeiden von Triggern wird ein Krankheitsschub jedoch verhindert und es kann zu längeren, beschwerdefreien Phasen kommen.
1. Leitlinie Neurodermitis [atopisches Ekzem; atopische Dermatitis]: www.awmf.org (Abrufdatum: 01.03.2020)
2. Fritsch, Peter: Dermatologie und Venerologie für das Studium, Springer (Verlag), 1. Auflage, 2009
3. Ingrid Moll, u.a.: Duale Reihe Dermatologie, Thieme Verlag, 7. Auflage, 2010
4. W.Sterry, R.Paus: Checkliste Dermatologie, Thieme Verlag, 5. Auflage, 2004
5. Neurodermitis Grundlagen, www.allergieinformationsdienst.de (Abrufdatum 05.06.2020)
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