
Plötzlicher Durchfall, heftigste Bauchschmerzen – Menschen mit Morbus Crohn müssen ihren Tagesablauf oft rund um die Uhr um die Krankheit organisieren. Sie bedeutet für viele Betroffene einen langen Leidensweg. Und obwohl die Crohn-Krankheit in Deutschland vergleichsweise häufig auftritt – jährlich erkranken ca. 6.300 Personen neu an Morbus Crohn – bleibt Vieles an ihrer Entstehung noch ungeklärt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Morbus Crohn?
Morbus Crohn (benannt nach dem amerikanische Arzt Burrill Bernard Crohn) auch „Crohn’sche Krankheit“, “Enteritis regionalis” oder „Ileitis terminalis“ genannt, ist eine schubweise verlaufende, chronisch-entzündliche Erkrankung des Magen-Darm-Trakts. Sie tritt vor allem in westlichen Industrienationen auf. Die Inzidenz hat seit den 1960ern drastisch zugenommen. Morbus Crohn befällt vor allem Kinder und junge Erwachsene, mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen 15 und 35 Jahren. Beide Geschlechter sind in etwa gleich häufig betroffen sind.
Im Gegensatz zu ihrer „Zwillings-Erkrankung“ Colitis ulcerosa, beschränkt sich die entzündliche Aktivität bei Patienten/-innen mit Morbus Crohn nicht nur auf den Dickdarm, sondern kann grundsätzlich jeden Abschnitt des Gastrointestinaltrakts vom Mund bis zum Anus befallen. Es ist also keine reine Darmkrankheit. Morbus Crohn betrifft jedoch meist das Ende des Dünndarms oder den oberen Dickdarms (Kolon). Dabei ist die Darmschleimhaut nicht nur oberflächlich sondern in allen Darmwand-Schichten entzündet.
Ursachen von Morbus Crohn
Warum es eigentlich zur Erkrankung Morbus Crohn kommt, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Während früher die Crohn’sche Krankheit als klassische Autoimmunerkrankung galt, wird von dieser Einordnung inzwischen eher Abstand genommen.
Wissenschaftler bezeichnen den Morbus Crohn heute als „komplexe Barriereerkrankung“. Ihre Entstehung vereint sowohl genetische als auch immunologische Hintergründe. Auch Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle.
Genetische Faktoren
Wie bei den meisten immunvermittelten Krankheiten können genetische Einflüsse auf die Krankheitsentstehung nicht ignoriert werden. Zum Einen ist heute bekannt dass Verwandte ersten Grades ein deutlich erhöhtes Risiko für Morbus Crohn haben. Außerdem tritt die Krankheit bei bestimmten genetischen Subpopulationen (z.B. Ashkenazi-Juden) gehäuft auf.
Zum Anderen weisen knapp die Hälfte der Morbus-Crohn-Patientinnen und -Patienten eine Veränderung der Erbanlage auf. Das bisher am besten erforschte Beispiel hierfür ist das NOD2/CARD15-Gen, das auf Chromosom 16 liegt. Es ist wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass sogenannten Makrophagen („Fresszellen“; Immunzellen des Körpers) die natürlich im Darm vorkommenden Bakterienzellen als „harmlos“ erkennen und nicht angreifen. Eine Veränderung im NOD2-Gen stört diese physiologische Immuntoleranz und begünstigt Entzündungen aufgrund einer fehlgeleiteten Abwehrreaktion des Darmimmunsystems.
Immunologische Faktoren
Voraussetzung für eine gesunde Interaktion zwischen darmeigenem Immunsystem und Darmflora ist eine intakte Darmbarriere. Beim Morbus Crohn hingegen zeigt sich eine veränderte Schleimschicht auf der Darmmukosa. Dies hat eine gesteigerte Durchlässigkeit gegenüber Stoffen zur Folge, die potentiell eine Immunantwort auslösen.
In der Tat wurde an Mausmodellen festgestellt, dass die veränderte Darmmukosa bei Crohn-Patienten/-innen ein Einwandern von antigenen Bestandteilen der Darmflora in das Darmepithel (im Sinne einer Schrankenstörung) ermöglicht. Dies wiederum setzt dort eine Abwehrreaktion mit Entzündung und lokaler Gewebeschädigung in Gang.
Umweltfaktoren
Auch Umweltfaktoren, die einen Einfluss auf die Mukosabarriere haben, können so krankheitsbegünstigend wirken. Beispielsweise ist bekannt, dass NSAR wie Aspirin, Ibuprofen und Paracetamol schubfördernd sind. Ebenso standen lange Zeit orale Kontrazeptiva und psychische Belastungen als potenzielle Gefahren im Raum. Die meisten Gastroenterologen/-innen lehnen diese Sichtweise aber inzwischen ab.
Rauchen hingegen scheint sowohl die Entwicklung eines Morbus Crohn, als auch die damit assoziierten periodischen Krankheitsattacken zu unterstützen. Daher kommt dem Nikotinverzicht als bei den vermeidbaren Risikofaktoren eine besonders große Rolle bei der Krankheitsprävention zu.
Morbus Crohn – Symptome
Zu den ersten Anzeichen für Morbus Crohn gehören Durchfall, Erbrechen und Krämpfe im Unterbauch. Die klinischen Erscheinungen sind allerdings äußerst variabel, weil die Entzündungsprozesse unterschiedlichste Abschnitte des Gastrointestinaltrakts befallen können. Die Krankheitszeichen entstehen auf zwei Wegen: einerseits durch die entzündlichen Veränderungen im Magen-Darm-Trakt sowie durch deren lokale Folgen an der Darmwand, und andererseits durch extraintestinale Immunprozesse.
Intestinale Symptome
Wie bei der Colitis ulcerosa stehen bei Morbus Crohn zunächst einmal die direkten Folgen der entzündlichen Veränderungen im Gastrointestinaltrakt im Fokus der Erkrankung: Bauchschmerzen, Durchfall, und Allgemeinbeschwerden. Die Symptome beginnen meist schleichend, können jedoch auch so plötzlich auftreten und so schmerzhaft sein, dass sie als Appendizitis fehlgedeutet werden können.
Die Bauchschmerzen sind teils diskret und diffus, teils krampfartig mit deutlichem Fokus im rechten Unterbauch. Manchmal lässt sich dort auch eine derbe Resistenz tasten, der sogenannte „Konglomerattumor“- entzündlich bedingte Verwachsungen der Darmschlingen, die oft im terminalen Ileum auftreten.
Wenn zusätzlich der Dickdarm betroffen ist (d.h. in etwa bei zwei Dritteln aller Crohn-Patienten/-innen), kann auch Durchfall vorkommen; dieser ist meist nicht mit bloßem Auge als blutig zu erkennen, okkultes Blut im Stuhl ist fast immer vorhanden. Bei ungefähr 15 Prozent aller Betroffenen stehen schließlich die Allgemeinbeschwerden im Vordergrund, z.B. Fieber, Gewichtsverlust, häufiger Stuhldrang und Schwäche.
Unvorhersehbares Befallsmuster
Das Befallsmuster des Morbus Crohn ist unvorhersehbar; man spricht hier von „diskontinuierlich“. In vielen Fällen beschränkt sich die Krankheit auf das terminale Ileum und Kolon, es kann aber auch zu Mund- Magen- und Dünndarmbefall kommen. Ist der Dünndarm sehr stark betroffen, kann es zum sogenannten „Malabsorptionssyndrom“ kommen. Hier kommt es zur Mangelernährung weil die wichtigen Spaltprodukte der Nahrung nur unzureichend über die geschädigte Darmwand aufgenommen werden können. Bei Kindern führt dies zu Entwicklungsverzögerungen und Wachstumsstörungen; Erwachsene fallen vor allem durch chronischen Durchfall, Gewichtsverlust und Anämie (vor allem durch Eisenmangel) auf.
Auch andere Vitamine und Spurenelemente können fehlen und Krankheitszeichen hervorrufen: beispielsweise führt ein Zinkmangel zu bullösen Hautablösungen an Händen, Füßen und im Genitalbereich (die sogenannte „Acrodermatitis enteropathica“).
Ein Drittel aller Crohn-Patienten/-innen leidet schließlich auch unter den lokalen Folgen der chronischen Darmwandentzündung. Ulzerationen, Strikturen, Abszesse und Fisteln vor allem im perianalen Bereich sind oftmals sogar die ersten Veränderungen, die eine Neuerkrankung anzeigen. Fisteln sind unphysiologische Verbindungsgänge zwischen zwei Hohlorganen, Gefäßen oder Körperhöhlen, bzw. dem Körperinneren und der Körperoberfläche. Sie können sich unter Anderem zwischen Darmschlingen, perianal, zur Harnblase, zur Scheide oder zur Bauchhaut entwickeln und sind mitunter auch für die Entstehung von Darmstrikturen (und im schlimmsten Fall einer mechanischen Darmparalyse) verantwortlich.
Extraintestinale Symptome
Durch die unzähligen Möglichkeiten, wie der Morbus Crohn sich auch außerhalb des Gastrointestinaltrakts manifestieren kann, ist die Erkrankung bisweilen auch als „Chamäleon“ der Inneren Medizin bekannt. Interessanterweise gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere der gastrointestinalen Krankheitsaktivität und der Anzahl, oder Intensität der extraintestinalen Begleitsymptome. Es wird vielmehr angenommen, dass diese auf Autoimmunprozesse zurückzuführen sind, die vom Crohn „getriggert“ wurden und die das Krankheitsbild mitunter sogar dominieren können. Betroffen sind vor allem Gelenke, Augen, Leber und Gallengänge, sowie Haut- und Schleimhautveränderungen.
An den Gelenken kann der Morbus Crohn zwei verschiedenen Arten von Arthritiden hervorrufen. Einerseits eine nicht-deformierende Arthritis der großen Gelenke (z.B. Kniegelenk). Andererseits eine dem Morbus Bechterew ähnliche Sakroileitis und ankylosierende Spondylitis. Bei letzterer kommt es neben nächtlichen Rückenschmerzen zu einer immer stärker ausgeprägten Versteifung der Wirbelsäule, die im typischen Bild des „bucklig Männlas“ gipfelt.
Am Auge manifestiert sich der Morbus Crohn häufig in einer ausgedehnten Entzündung der Gefäßhaut (Uveitis), der Regenbogenhaut (Iritis) und des Bindegewebes (Episkleritis).
An Leber und Gallengängen begünstigt Morbus Crohn oft die Entstehung einer Fettleber, bzw. einer Zirrhose, sowie einer Pericholangitis (d.h. einer Entzündung der Gallenwege und des umliegenden Gewebes). Eine primär sklerosierende Cholangitis mit zunehmender Obstruktion der Gallenwege wird hingegen fast ausschließlich bei der Colitis ulcerosa beobachtet.
Die Haut als das größte menschliche Organ ist schließlich auch bei Morbus Crohn mitbetroffen. Hauterscheinungen manifestieren sich bei immerhin fast 30 Prozent der Patienten/innen. Häufig sind Aphten der Mundschleimhaut sowie Trommelschlegelfinger. Seltener sind das Erythema nodosum (druckschmerzhafte, rötliche Knötchen meist an den Streckseiten der Unterschenkel) und das Pyoderma gangränosum (großflächige, schmerzhafte Hautulzerationen).
Diagnose des Morbus Crohn
Um die Diagnose auf Morbus Crohn zu stellen, benötigt der Arzt / die Ärztin zunächst eine Dosis Feingefühl und Intuition, da sich nicht hinter jeder Art von krampfartigen Bauchschmerzen und Durchfall eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung verbirgt, und der körperliche Untersuchungsbefund bei Morbus Crohn oft auch wenig ergiebig verläuft. Die abdominelle Untersuchung zeigt gelegentlich Druckschmerzhaftigkeit oder einen palpablen Tumor im Unterbauch. Häufig sind Aphten der Mundschleimhaut und perianale Veränderungen. Bei analem oder rektalem Befall kann eventuell Blut am Fingerling oder tastbare Wandveränderungen festgestellt werden.
Grundsätzlich kann die Diagnose Morbus Crohn also nur durch eine Zusammenschau von Klinik, Labor sowie makro- und mikroskopischen Befunden (Endoskopie und Schleimhautbiopsie) gestellt werden. Bei der anschließenden Ausbreitungsdiagnostik kommen vor allem die Abdomensonographie und das MRT-Enteroklysma nach Sellink zum Einsatz.
Laborbefunde
Die Laborbefunde reflektieren bei Morbus Crohn meist nur das Entzündungeschehen und sind damit relativ unspezifisch. Im Blut finden sich erhöhte Entzündungsparameter (z.B. das CRP, eine beschleunigte BSG und eine Leukozytose), aber auch gelegentlich Werte, die auf eine Anämie hindeuten (oft durch Eisenmangel) und Anzeichen eines Malassimilationssyndroms (erniedrigte Werte für Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D, Calcium, Magnesium und Zink).
Bei ungefähr der Hälfte aller Crohn-Patienten/-innen werden auch sogenannte ASCA-Antikörper (Anti-Saccharomyces-cerevisiae-Antikörper) nachgewiesen, die gegen eine zur physiologischen Darmflora gehörenden Hefe gerichtet sind. Dieser Test gibt zwar relativ deutliche Hinweise auf die bei Morbus Crohn vorliegende fehlerhafte Immunreaktion zwischen Darmflora und darmeigenem Immunsystem. Zur Routine-Diagnostik ist der Test jedoch nicht geeignet.
Stuhldiagnostik
Bei der Stuhldiagnostik wird Calprotectin bzw. Lactoferrin bestimmt, um die Verdachtsdiagnose „Crohn“ von funktionellen Darmbeschwerden abzugrenzen. Calprotectin ist ein Protein aus neutrophilen Granulozyten, das eine über 90-prozentige Sensitivität für Morbus Crohn aufweist. Erhöhte Werte im Stuhl sprechen für eine entzündliche Genese der Beschwerden. Lactoferrin hingegen ist ein eisenbindendes Protein mit antibakterieller Wirkung, das ebenso auf Entzündungsreaktionen im Körper hinweisen kann.
Endoskopie
Als nächsten Schritt nach der Basisdiagnostik aus Labor und körperlicher Untersuchung sollte die histologische Bestätigung der Verdachtsdiagnose „Morbus Crohn“ folgen. Hierzu sollte eine Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien zur histologischen Untersuchung angestrebt werden. Endoskopisch zeigen sich charakteristischerweise längliche Ulzera, die als „Schneckenspuren“ bezeichnet werden und kleine, stecknadelkopfgroße hämorrhagische Blutungen, die sogenannten „pinpoint lesions“.
Gesunde und kranke Darmanteile existieren nebeneinander, die Läsionen „überspringen“ gesunde Schleimhautanteile. Auch polypenähnliche Schleimhautvorwölbungen können vorkommen, sind aber nicht so häufig anzutreffen wie bei der Colitis ulcerosa. Wird anschließend eine Biopsie entnommen, ist beim Morbus Crohn nicht nur die oberste Schleimhautschicht von den entzündlichen Veränderungen betroffen, sondern erstreckt sich „transmural“ durch alle Wandschichten des Kolons.
Bildgebende Verfahren
Zuletzt ist die Ausbreitungsdiagnostik zur Beurteilung von Befallsmustern und insbesondere dem Vorliegen von Stenosen und/oder Fisteln ein nicht zu unterschätzender Teil der Diagnosestellung. Die Abdomensonographie ist hier das Verfahren der Wahl, weil es breit verfügbar und dabei wenig invasiv ist.
Als Zeichen der chronischen Entzündungsaktivität kann der Untersucher geschwollene Verdickungen der Darmwand, eine schießscheibenartige Konfiguration der Darmwandschichten (das sogenannte „Kokarden-Phänomen“) sowie eventuell einen Abszess- oder Fistelnachweis erkennen. Gegebenenfalls kann auch ein MRT-Enteroklysma angeschlossen werden, um das spezifische Verteilungsmuster des Crohn herauszufinden und einen Befall des Dünndarms abzuklären. Typische Befunde sind hier Verengungen der Darmschlingen mit ulzerierter Schleimhaut, die entfernt an Pflastersteine erinnert; ein Wechsel zwischen normaler und entzündlich veränderter Schleimhaut (die sog. „Skip lesions“); und Fistelgänge.
Therapie bei Morbus Crohn
Bei der Therapie des Morbus Crohn stehen neben Allgemeinmaßnahmen die medikamentösen Ansätze sowohl für den akuten Schub, als auch zur Remissionserhaltung im Vordergrund. Eine operative Heilung der Krankheit ist nicht möglich; deswegen werden interventionelle und operative Therapien vor allem bei Komplikationen oder ausbleibendem Therapieerfolg in Betracht gezogen.
Zur Beurteilung des Therapieerfolgs und zur Einschätzung der Schwere der Krankheitsaktivität kann der sogenannte CDAI-Index nach Best (Crohns Disease Activity Index) herangezogen werden. In diesen Score geht eine Vielzahl von Punkten ein, beispielsweise die Anzahl der täglichen Stuhlgänge, das Körpergewicht, die Bewertung der Schmerzen und des Allgemeinzustandes, sowie der Grad und die Ausprägung verschiedenster intestinaler und extraintestinaler Krankheitssymptome (z.B. das Vorhandensein von Gelenkschmerzen, Fisteln, Abszessen etc.). Weil die Berechnung des CDAI-Scores aber sehr kompliziert ist, wird er im klinischen Alltag oft nicht bestimmt.
Allgemeinmaßnahmen
Um Krankheitsschübe hinauszuzögern und die Beschwerden im akuten Schub zu lindern, empfehlen Ärzte/-innen ihren Patientinnen und Patienten eine strikte Nikotinkarenz. Falls ein Malabsorptionssyndrom vorliegt, können auch fehlende Vitamine und Spurenelements ersetzt werden. Manchmal ist es auch sinnvoll, im akuten Schub auf eine orale Ernährung vollständig zu verzichten um das Verdauungssystem zu entlasten und die Entzündungsaktivität etwas abklingen zu lassen. In diesem Fall müssen die Betroffenen für diese Zeit mittels Sonde ernährt werden. Wird dies nicht gewünscht, sollte zumindest keine ballaststoffhaltige Nahrung zu sich genommen werden. Auch Milch wird oft nicht vertragen.
Medikamentöse Ansätze
Die medikamentöse Therapie des Morbus Crohn konzentriert sich einerseits auf die Behandlung des akuten Schubs mit Glukokortikoiden. Diese werden wo möglich bevorzugt topisch eingesetzt (z.B. Budesonid als Klysma), ein ausgedehnter Dünndarmbefall oder extraintestinale Krankheitssymptome können aber auch eine systemische Glukokortikoidbehandlung mit Prednisolon nötig machen. In schweren Fällen gibt es die Möglichkeit, zusätzlich Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Ciclosporin, bzw. die sogenannten „Biologicals“ (z.B. TNFa-Hemmer) einzusetzen, die aber häufig stark nebenwirkungsbehaftet sind (beispielsweise sind Pankreasentzündungen und eine Knochenmarksdepression gefürchtet).
Der zweite Pfeiler zur medikamentösen Behandlung des Morbus Crohn konzentriert sich auf die Verhinderung von Rückfällen. Hier sind Salizylate das therapeutische Hauptprinzip. Diese antientzündlich wirkende Substanzgruppe, zu der zum Beispiel das Mesalazin gehört, können oral, rektal, als Klysma oder als Schaumpräparate gegeben werden. Als solche wirken sie bis zur linken Kolonflexur. Sie unterdrücken die Prostaglandin- und Leukotriensynthese, die an chronischen Entzündungen beteiligt sind, und blockieren die chemotaktische Rekrutierung von Entzündungszellen.
Außerdem können ebenfalls Immunsuppresiva zum Einsatz kommen. Neuerdings wird beim Morbus Crohn auch die Darmflora mit Hilfe von probiotischen Keimen (z.B. Lactobazillen) manipuliert, und auch Immunmodulatoren wie der Antikörper Infliximab werden eingesetzt, um die Krankheitsaktivität für bis zu sechs Monate deutlich zu mindern.
Interventionell-operative Therapie
Die chirurgische Therapie bei Morbus Crohn ist ein zweischneidiges Schwert. Zwar können einzelne besonders betroffene Abschnitte des Gastrointestinaltrakts reseziert werden, und die betroffenen Patientinnen und Patienten kurzfristig eine Linderung ihrer Beschwerden erwarten. Aufgrund des langstreckigen und diskontinuierlichen Befallmusters kann die Krankheit jedoch nie beseitigt werden, und häufig kommt es sogar zu einem Wiederaufflammen der Krankheitsaktivität an den Schnittstellen.
Außerdem besteht das Risiko eines sogenannten Kurzdarmsyndroms mit eingeschränkter Möglichkeit zur Nährstoffaufnahme. Nichtsdestotrotz benötigen bis zu 80 Prozent der Morbus Crohn-Patienten/-innen im Laufe ihrer Erkrankung eine chirurgische Intervention, vor allem zur Beseitigung von Fisteln, Abszessen oder Darmstenosen.
Magen und Darm
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