
Eine Hyperglykämie ist der medizinische Fachbegriff für zu hohe Blutzuckerwerte über einen definierten Grenzwert. Dieser liegt bei einem absoluten Insulinmangel vor oder wenn die Körperzellen eine Resistenz gegen die Wirkung des Insulins entwickelt haben. Ein anhaltend hoher Glukosespiegel gilt als führender Indikator für eine Diabetes mellitus und kann neben den akuten Beschwerden vor allem zu schweren diabetischen Spätkomplikationen führen.
Was ist eine Hyperglykämie?
Der medizinische Fachbegriff Hyperglykämie beschreibt das erhöhte Angebot von Blutzucker (Glukose) im Blut bzw. den Anstieg des Blutzuckerspiegels über einen definierten Grenzwert. Eine Hyperglykämie mit leicht erhöhten Blutzuckerwerten besteht bei einem Nüchtern-Blutzuckerspiegel von über 125 mg/dl und 1-2 Stunden postprandial (nach dem Essen) über 180 mg/dl. Von einer Hyperglykämie mit stark erhöhten Blutzuckerwerten spricht man bei Werten von über 250 mg/dl 1-2 Stunden postprandial (nach dem Essen). Sehr hohe Blutzuckerwerte können in lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisungen resultieren und zu Komplikationen wie einer diabetischen Ketoazidose oder einem hyperosmolaren Koma führen. Die verwendeten Begriffe werden im weiteren Verlauf des Artikels näher erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Prädiabetes und Diabetes mellitus
Liegt im nüchternen Zustand ein abnormer Blutzuckerspiegel von 100-125 mg/dl vor und/oder beträgt der Blutzuckerspiegel zwei Stunden nach einer Nahrungsaufnahme zwischen 140-199 mg/dl spricht man von einer gestörten Glucosetoleranz – die Glucose kann nicht optimal von den Zellen aufgenommen werden und verbleibt im Blut. In dieser Situation liegt beim Menschen ein sogenannter Prädiabetes vor mit wahrscheinlich schon bestehender Insulinresistenz.
Eine Hyperglykämie gilt als führender Indikator für einen Diabetes mellitus, welcher bei einem Nüchternblutzucker von größer als 126 mg/dl und einem Wert von größer als 200 mg/dl zwei Stunden postprandial definiert ist.
Hyperglykämie – Ursachen und Risikofaktoren
Ursache für eine Hyperglykämie ist ein Insulinmangel: Insulin, das körpereigene Hormon der Bauchspeicheldrüse, welches für die Regulation des Blutzuckers verantwortlich ist und diesen senkt, wird vermindert oder gar nicht mehr produziert, sodass Glucose nicht von den Zellen aufgenommen werden kann, sondern im Blut verbleibt.
Ein absoluter Insulinmangel liegt bei Typ 1 Diabetes vor, sodass eine lebenslange Insulintherapie notwendig ist. Ein relativer Insulinmangel besteht bei einer Insulinresistenz (z.B. infolge Gewichtszunahme/Adipositas) bei einem Typ 2 Diabetes – die Körperzellen sind gegenüber Insulin resistent geworden. Auch ein Typ 2 kann langfristig in einen absoluten Insulinmangel münden. Auslöser einer hyperglykämischen Entgleisung ist typischerweise die Erstmanifestation einer Diabetes-Erkrankung.
Zu den häufigen Risikofaktoren bei bereits bestehender Diabetes-Erkrankung zählt ein erhöhter Bedarf an Insulin, der unter anderem durch folgende Faktoren bedingt sein kann:
- Infektionen
- Fieber
- Entzündung
- unter bestimmter Medikamenteneinnahme (z.B. Cortison)
- unzureichende Insulintherapie / Unterversorgung mit Insulin (z.B. durch: Insulinspritze vergessen, Pen-Defekt, Katheterprobleme bei Insulinpumpenpatienten/-innen etc.)
Hyperglykämie – Symptome
Die Symptome einer Hyperglykämie unterscheiden sich abhängig vom Ausmaß der erhöhten Blutzuckerwerte. Bei einer Überzuckerung mit leicht erhöhten Blutzuckerwerten sind in der Regel keine Beschwerden spürbar, während sich Hyperglykämien mit stark erhöhten Werten klinisch äußert.
Leicht erhöhte Blutzuckerwerte
Manchmal können sich folgende unspezifische Symptome äußern:
- leichte Ermüdbarkeit
- Abgeschlagenheit
- Durstgefühl
- Harndrang
Ohne eine Blutzuckermessung sind die leicht erhöhten Blutzuckerwerte nicht zu erkennen.

Eine Blutzuckermessung lässt sich ganz leicht selbst durchführen und gibt nach wenigen Momenten den aktuellen Blutzuckerwert an.
Stark erhöhte Blutzuckerwerte
Bei einer Hyperglykämie mit stark erhöhten Werten sind die klinischen Beschwerden deutlicher zu spüren. Folgende Symptome können unter anderem genannt werden:
- Müdigkeit
- Kraftlosigkeit
- Infektanfälligkeit
- schlechte Wundheilung
- starkes Durstgefühl
- starker Harndrang (erhöhte Urinausscheidung (Polyurie), auch nachts (Nykturie))
- Sehstörungen
Eine diabetische Ketoazidose oder diabetisches Koma kann die Folge sein.
Diabetische Ketoazidose
Folgende Symptome können bei einer diabetischen Ketoazidose auftreten:
- Bauchschmerzen, akutes Abdomen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Kussmaul-Atmung
- Acetongeruch (Ausatemluft riecht nach Aceton (fruchtiger Geruch))
Leidet ein Diabetiker an Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen sollte immer an die Komplikation einer diabetischen Ketoazidose gedacht werden, weshalb Ketonkörper im Urin sowie der pH-Wert im Blut kontrolliert werden sollten.
Hyperosmolares Koma
Zunächst stehen die Symptome Polyurie, Polydipsie und ein allgemeines Schwächegefühl im Vordergrund. Im fortgeschrittenen Stadium entwickeln sich zentralnervöse Symptome, wie zerebrale Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma. Die Blutzuckerwerte sind sehr hoch, zum Teil über 1000 mg/dl. Weitere Komplikationen können auch sein: Volumenmangelschock und Nierenversagen.
Hyperglykämie – Komplikationen
Oberbegriff der schweren Komplikation eines Diabetes mellitus ist das sogenannte hyperglykämische Koma, auch Coma diabeticum genannt. In Abhängigkeit vom Diabetestyp lassen sich zwei Formen unterscheiden, die bedingt durch die hohen Blutzuckerwerte zum Koma führen können:
- Diabetes mellitus Typ 1: Diabetische Ketoazidose
- Diabetes mellitus Typ 2: Hyperglykämisch-hyperosmolarer Zustand
Diabetische Ketoazidose
Eine diabetische Ketoazidose gilt als eine typische und schwere Komplikation des Diabetes mellitus Typ 1 und ist auf einen absoluten Insulinmangel zurückzuführen. Sie bewirkt eine gesteigerte Lipolyse (Fettspaltung/Fettverdauung) und Ketogenese (Bildung von Ketonkörpern). Die Folge: eine metabolische Azidose (Übersäuerung des Blutes und des Körpers) und Elektrolytentgleisungen. Die diabetische Ketoazidose.
Um der metabolischen Azidose entgegenzuwirken, ist die Atemtätigkeit des/der Patienten/-in kompensatorisch erhöht, was als sogenannten Kussmaul-Atmung bezeichnet wird. Unbehandelt kann die diabetische Ketoazidose zum Koma führen.
Hyperosmolares Koma
Eine hyperglykämisch-hyperosmolare Entgleisung kann in ein hyperosmolares Koma münden und findet sich vorwiegend bei Patienten/-innen mit einem Diabetes mellitus Typ 2, die Blutzuckerwerte sind meist sehr hoch (teilweise über 1000 mg/dl).
Im Gegensatz zum Diabetes mellitus Typ 1 liegt bei einem Diabetes mellitus Typ 2 kein absoluter Insulinmangel vor, weshalb das vorhandene Insulin eine Lipolyse (Fettspaltung/Fettverdauung) und Ketogenese (Bildung von Ketonkörpern) hemmt und folglich auch eine Ketoazidose verhindert, sodass der ph-Wert im Blut normal ist.
Im Vordergrund stehen bei dem Erkrankungsbild eine starke Dehydration und Elektrolytverschiebungen/ Elektrolytverlust bedingt durch die pathologisch erhöhte Urinausscheidung (Polyurie). Ein Flüssigkeitsdefizit von 6-8 Liter und mehr liegt vor – es besteht Lebensgefahr.
Hyperglykämie – Chronische Komplikationen
Ein erhöhter Blutzuckerwert über einen längeren Zeitpunkt kann auch zu chronischen Komplikationen führen. Insbesondere die Manifestation eines Diabetes mellitus Typ 2, kann mit makrovaskulären Komplikationen assoziiert sein und den Gefäßstatus gefährden.
Komplikationen, die auftreten können, sind unter anderem:
Als weitere typische chronische Komplikationen sind die mikrovaskulären Komplikationen (Schädigungen der kleinen Gefäße) zu nennen, die vor allem die Augen, Nieren und Nerven betreffen. Der schleichende Verlauf über mehrere Jahre sind direkt mit der Blutzuckereinstellung sowie auch Blutdruckeinstellung verknüpft.
Nervenschäden
Auch Nervenschäden können eine Komplikation sein. Bei einer Polyneuropathie sind die peripheren Nerven, beginnend in den Füßen und/oder Händen geschädigt. Das Berührungsempfinden ist gestört, es kommt zu Kribbeln, Taubheit und/oder Schwächegefühl. Es besteht die Gefahr, sich zu verletzen und es nicht zu bemerken. Insbesondere die Füße sollten daher auf Wunden überprüft werden, um zu vermeiden, dass sich diese infizieren.
Eine anhaltende Hyperglykämie kann darüber hinaus auch das autonome Nervensystem schädigen (autonome Neuropathie) und automatische, unwillkürliche Prozesse, wie beispielsweise die Blasenkontrolle, die Sexualfunktion und die Verdauung beeinträchtigen.
Augenkomplikationen
Diabetiker/innen können eine diabetische Retinopathie entwickeln, die zu den häufigsten Erblindungsursachen in den Industrienationen zählt. Es kommt zu Schädigungen der Blutgefäße im hinteren Teil des Auges – die Sehkraft lässt nach und kann zu einem vollständigen Sehkraftverlust führen.
Komplikationen an der Haut
Eine anhaltende Hyperglykämie erhöht auch die Anfälligkeit für Komplikationen an der Haut. Folgende Krankheitsbilder können an der Haut unter anderem in Erscheinung treten:
- bakterielle Infektionen
- Pilzinfektionen
- Furunkel
- Juckreiz
- Fußpilz
- Ringelflechte
- diabetische Dermopathie (ovale oder kreisförmige, hellbraune Flecken an den Beinen)
- Acanthosis nigricans (erhabene braune Bereiche am Hals, in der Leiste, in den Achselhöhlen)
- diabetische Blasen (meist an den Extremitäten und schmerzlos)
Hyperglykämie: Werte-Tabelle
Im Folgenden eine Übersichts-Tabelle mit den orientierenden Blutzuckerwerten:
Hyperglykämie-Stufe | Blutzuckerwerte |
Hyperglykämie mit leicht erhöhten Blutzuckerwerten | >125 mg/dl |
Hyperglykämie mit stark erhöhten Blutzuckerwerten | >250 mg/dl |
Diabetische Ketoazidose (Diabetes mellitus Typ 1) | 400-700 mg/ dl (auch tiefere Blutzuckerwerte möglich) |
Hyperosmolares Koma (Diabetes mellitus Typ 2) | sehr hohe Werte um 600-1.200 mg/dl |
Hyperglykämie – Maßnahmen
Im Mittelpunkt einer Hyperglykämie-Therapie stehen die Insulingabe sowie die Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution. Bei einer akuten Hyperglykämie mit lebensbedrohlichen Entgleisungen ist die Gabe von Insulin indiziert, damit der Blutzuckerspiegel normalisiert/gesenkt werden kann. Um ein Flüssigkeitsdefizit auszugleichen, erfolgt eine Flüssigkeitssubstitution sowie eine Elektrolytsubstitution (frühzeitige Kaliumgabe). Eine intensivmedizinische Betreuung ist sowohl bei Patienten/-innen mit manifester diabetischer Ketoazidose als auch mit hyperosmolarem Koma obligat.
Was kann man selbst tun?
Das Führen eines medizinischen Ausweises (Auskunft über Informationen, z.B. ob ein Diabetes mellitus vorliegt, Allergien bestehen, eine Insulintherapie erfolgen muss) kann in Notfallsituationen – wenn eine Person nicht mehr ansprechbar ist – lebensrettende Informationen liefern. Daneben sind folgende Maßnahmen hilfreich:
- regelmäßige Blutzuckermessung zur Selbstkontrolle
- Führen eines Diabetiker-Tagebuchs
- Verwenden von Keton-Teststreifen zur Kontrolle, ob sich Ketonkörper im Urin befinden
- ausreichend Wasser trinken zur Vermeidung einer Dehydration
- Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten, wenn Medikamente eingenommen werden (evtl. Hyperglykämiegefahr)
Wann zum Arzt?
Ein/e Arzt/Ärztin bzw. der medizinische Notdienst sollte involviert werden wenn:
- der Blutzuckerspiegel dauerhaft über 240 mg/dl liegt
- Ketone im Urin vorliegen
- ein Krankheitsgefühl besteht
- keine Nahrung / keine Flüssigkeit im Körper verbleibt
- anhaltendes Erbrechen / anhaltender Durchfall besteht
- Fieber > 24 Stunden vorliegt
- der Blutzuckerspiegel dauerhaft über 240 mg/dl liegt, obwohl blutzuckersenkende Arzneimittel eingenommen wurden
Hyperglykämie: Prävention
Hohe Blutzuckerwerte lassen sich vorbeugen. Prophylaktische Maßnahmen sind unter anderem auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu achten und regelmäßige körperliche Tätigkeit/Bewegung in den Alltag zu integrieren. Darüber hinaus können Komplikationen verhindert werden: Besteht bereits ein Diabetes mellitus können blutzuckersenkende Arzneimittel eingenommen werden.
Um die Gefahr einer Stoffwechselentgleisung zu minimieren ist eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle wichtig. Darüber hinaus sollte besonders auf Infektionen und Erkrankungen reagiert und die Ursachen für Stress verringert werden.
Häufige Fragen
- Was ist Hyperglykämie?
- Ab wann spricht man von Hyperglykämie?
- Was tun bei Hyperglykämie?
- Welche Symptome sind bei Hyperglykämie zu beobachten?
Hyperglykämie beschreibt einen erhöhten Blutzuckerspiegel (Glukose) bzw. den Anstieg der Glucosekonzentration im Blut über einen definierten Grenzwert (über 125 mg/dl nüchtern über 180 mg/dl 1-2 Stunden nach dem Essen)
Von einer Hyperglykämie spricht man, wenn die Konzentration des Blutzuckers nüchtern über 125 mg/dl bzw. über 180 mg/dl 1-2 Stunden nach dem Essen liegt.
Bei ersten Anzeichen einer Überzuckerung ist es hilfreich, sicherheitshalber den Blutzucker zu messen. Ist der Wert zu hoch sollte man viel Wasser trinken, um den Flüssigkeitshaushalt zu stabilisieren. Alles weitere sollte mit einem/-r Arzt/Ärztin abgesprochen werden.
Je nach Intensität der Überzuckerung können verschiedene Symptome beobachtet werden. Dazu zählen Abgeschlagenheit, Durstgefühl und verstärkter Harndrang bei leichter Überzuckerung, Infektanfälligkeit, schlechte Wundheilung können Symptome einer starken Hyperglykämie sein.
Mehr zu Blutzucker
1. Dormann, A., Isermann, B., Heer, C.: Laborwerte, Urban & Fisher (Verlag), 7. Auflage, 2018
2. Schatz, H.: Diabetologie kompakt, Thieme (Verlag), 4. Auflage, 2006
3. Kellerer, M., Müller-Wieland, D.: Diabetologie und Stoffwechsel, Thieme Verlag, 13. Jahrgang, 2018
4. Mayo Clinic, Hyperglycemia in diabetes, https://www.mayoclinic.org/...
5. Medical News Today, What is hyperglycemia? Symptoms, treatments, causes, and all else you need to know, https://www.medicalnewstoday.com/... (Abrufdatum: 25.02.2021)