Hepatitis E ist eine virale Lebererkrankung. Sie wird durch einen magensaftresistenten RNA-Virus verursacht. Virushepatitiden sind in Deutschland eine oft unterschätzte Gefahr. Die Krankheit verursacht jährlich mehr Todesfälle als HIV oder Tuberkulose. Das Tückische dabei: die Hepatitis kann lange symptomlos im Körper bleiben, weswegen es auch eine hohe Dunkelziffer bei der Erkrankung gibt. Schätzungsweise 290 Millionen Menschen weltweit leiden an chronischer Hepatitis ohne davon zu wissen. Die Folge: irreparable Leberschäden und Leberkrebs.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Hepatitis E?
Hepatitis E ist einer von fünf Subtypen der Hepatitis. Es wird durch das Hepatitisvirus E (HEV) aus der Familie der Hepeviridae (Genus Orthohepevirus) hervorgerufen. Diese Infektion befällt überwiegend die Leber und führt dort zu einer diffusen, nicht eitrigen Entzündung.
In Deutschland erkranken jährlich ungefähr 4 von 100.000 Einwohnern an einer Hepatitis E, davon proportional mehr Männer als Frauen. Der Altershöhepunkt der Erkrankung liegt zwischen 15 und 40 Jahren. Eine Hepatitis E-Erkrankung ist in Deutschland meldepflichtig! Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG (Infektionsschutzgesetz) müssen sowohl der Krankheitsverdacht als auch die Erkrankung und der Tod durch eine akute Virushepatitis mit HEV innerhalb von 24 Stunden namentlich beim jeweiligen Gesundheitsamt gemeldet werden. Dies ist unabhängig vom klinischen Bild und dem Infektionsstadium.
Übertragung von Hepatitis E
Das Hepatitis E-Virus kommt weltweit vor. In Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern ist aber hauptsächlich die durch das HEV-Virus vom Genotyp 3 verursachte Hepatitis endemisch. Für dieses Virus stellen Haus- und Wildschweine das wichtigste tierische Erregerreservoir dar. Dementsprechend häufig sind Infektionen in Folge des Genusses von unzureichend gegartem Schweine- bzw. Wildfleisch und daraus hergestellten Produkten. Das Virus kann auch parenteral (z.B. über kontaminierte Blutprodukte) übertragen werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kann über Schmierinfektion erfolgen, ist in Deutschland aber sehr selten.
In Asien und Afrika hingegen ist hauptsächlich das HEV-Virus vom Genotyp 1 und 2 heimisch, welches in der Regel über mit menschlichen Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser oder Lebensmittel übertragen wird. Bisweilen findet sich das Virus auch bei Reiserückkehrern aus diesen Ländern. Die Inkubationszeit der Erkrankung beträgt zwischen zwei und sechs Wochen.
Symptome mit Hepatitis E
Der klinische Verlauf ist für die Hepatitis E meist unauffällig und verläuft oft ohne Gelbsucht (anikterisch). Nicht selten wird eine Hepatitis E-Erkrankung deswegen als Grippe fehlgedeutet und erst in Retrospektive, durch den Nachweis von Antikörpern, diagnostiziert. Im Prodromalstadium, das Tage bis Wochen dauern kann, dominiert ein unspezifisches Krankheitsgefühl mit mehr oder weniger stark ausgeprägter Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Inappetenz, Oberbauchschmerzen und Gelenk- bzw. Muskelschmerzen. Fast immer gehen diese Symptome mit Störungen des Geschmacks- oder Geruchsempfinden einher (z.B. „schmeckt“ Rauchern die Zigarette nicht mehr). Danach können leberspezifische Symptome dazu treten. Beispielsweise die Gelbfärbung der Haut und Skleren oder die Entfärbung des Stuhls und Dunkelfärbung des Urins, die beide Ausdruck einer intrahepatischen Cholestase sind.
Chronische Verläufe sind bei der Hepatitis E bisher nur bei Immunsupprimierten beschrieben. Auch hier äußert sich die Krankheit meist ohne ausgeprägte Symptomatik, führt aber im Verlauf nicht selten zu einer Leberzirrhose und zur Notwendigkeit einer Transplantation.
Aus bislang unbekanntem Grund kommt es in Ländern, in denen das HEV Virus mit Genotyp 1 weit verbreitet ist, vor allem bei Schwangeren im letzten Schwangerschaftsdrittel gehäuft zu einem fulminanten Verlauf der Hepatitis E mit Todesraten von bis zu 30 Prozent. Bei dieser Art der HEV-Erkrankung kommt es zu einer schweren nekrotisierenden Hepatitis mit „Schrumpfleber“ und progredientem Leberversagen.
Außerdem gibt es eine Reihe neurologischer Erkrankungen (z.B. das Guillain-Barré-Syndrom und die Enzephalitis/Myelitis), von denen ein kausaler Zusammenhang mit einer HEV-Erkrankung angenommen wird. Oftmals dominiert bei diesen Erkrankungen das neurologische Bild und die Leberwerte sind nur geringfügig verändert.
Untersuchungen und Diagnose
Die Diagnose einer akuten Hepatitis E stützt sich neben dem klinischen Bild hauptsächlich auf Veränderungen der Leberlaborwerte. Leitbefund ist hierbei ein Transaminasenanstieg (AST und ALT), der häufig um mehr als das 15-fache der Norm erhöht ist (auf Werte zwischen 400 und 4000 U/l). Die Gamma-GT und die Alkalische Phosphatase (AP) sind von dieser Erhöhung meist nur gering betroffen. Bei ikterischen Verläufen kommt es zusätzlich zu einer deutlichen Erhöhung des Gesamtbilirubins im Serum und des Urobilinogens im Urin.
Diagnostisch beweisend für eine akute HEV-Infektion ist aber der Nachweis von IgM-Antikörpern gegen das HEV-Virus im Serum. Auch IgG-Antikörper (Anti-HEV-IgG) können zu Beginn der Symptomatik meist nachgewiesen werden. Sie können aber auch auf eine bereits durchgemachte frühere Infektion hindeuten, da HEV-IgG lebenslang im Körper persistieren. Vor allem jedoch ist es wichtig, Nachweisverfahren zu verwenden, die Antikörper gegen den HEV Genotyp 3 mit ausreichender Sicherheit erfassen, denn dieser Subtyp ist in Deutschland am häufigsten. Auch muss man beachten, dass immunsupprimierte Patientinnen und Patienten falsch negative Antikörpertests aufweisen können. Deshalb wird bei dieser spezifischen Patientengruppe direkt der Erregernachweis mittel Nukleinsäureamplifikationstechnik erbracht.
Eine andere Möglichkeit, eine frische Hepatitis E-Infektion nachzuweisen ist ein PCR-Nachweis von HEV-RNA im Stuhl; dies ist aber nur zu Beginn der Krankheitsaktivität möglich und ist mit relativ hohen Kosten verbunden. Durch eine sogenannte HEV-Feintypisierung, eine nur in Speziallaboratorien durchgeführte Sequenzierung von Teilen des HEV-Genoms, ist es sogar möglich, potenzielle Infektionsquellen zu identifizieren oder Ausbruchsanalysen durchzuführen. Im klinischen Alltag spielt diese Methode derzeit jedoch keine Rolle.
Hepatitis E – Therapie
Eine kausale Therapie für Hepatitis E-Infektionen existiert nicht, und ist bei Immunkompetenten in der Regel auch nicht nötig. Wenn überhaupt kann hier bestenfalls eine symptomatische Behandlung erfolgen. Falls jedoch eine Vorschädigung der Leber bekannt ist, oder die Möglichkeit besteht, dass es sich bei der HEV-Infektion um den Genotyp 1 handeln könnte (Reiseanamnese!), besteht insbesondere bei Schwangeren das Risiko eines fulminanten Verlaufs, und die Erkrankten sollten engmaschiger überwacht werden. Sollte es zu einem Leberversagen kommen, ist eine Lebertransplantation derzeit die einzig mögliche Behandlungsoption. Bei chronischer HEV-Infektion von immungeschwächten Personen sollte eine Viruselimination angestrebt werden um eine weitere Zerstörung des Leberparenchyms zu verhindern. Hierfür stehen unter anderem antivirale Medikamente wie Ribavirin oder pegyliertes Interferon Alpha zur Verfügung.
Prävention – Wie man sich vor Hepatitis E schützt
Ein Impfstoff gegen das HEV-Virus existiert derzeit nur in China (Hecolin), dieser ist aber in Europa bisher nicht zugelassen. Für Reisende in Länder mit hoher HEV-Verbreitung (insbesondere im afrikanischen und asiatischen Raum) gelten daher besondere Vorsichtsmaßnahmen im Hinblick auf den Umgang mit rohen Lebensmitteln und nicht abgekochtem Trinkwasser. Grundsätzlich sollte vermieden werden, nicht abgekochtes Leitungswasser zu trinken, oder daraus Eiswürfel für Getränke zu machen. Ebenso sollten keine Speisen konsumiert werden die zuvor nicht ausreichend erhitzt wurden. Es gilt der Merkspruch erfahrener Tropenreisender: „Peel it, cook it, or forget it!“
Auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern sollten Produkte die Schweine- oder Wildfleisch enthalten nur durchgegart verzehrt werden (d.h. erhitzt auf >71 Grad Celsius über mindestens 20 Minuten), da durch Erhitzen das HEV-Virus inaktiviert wird. Bei einer Infektion von Haushaltsangehörigen sind in der Regel keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen nötig, da eine Ansteckung von Mensch zu Mensch extrem selten vorkommt. Trotzdem empfiehlt es sich, auf eine ausreichende Toilettenhygiene zu achten, da Infizierte das Virus mit ihrem Kot und Urin zusammen ausscheiden.