
Die Autoimmunerkrankung Hashimoto Thyreoiditis stellt die häufigste Form der Schilddrüsenentzündungen dar und ist unheilbar. Meist beginnt die Erkrankung schleichend und entwickelt sich langsam – oftmals vor einer offiziellen Diagnose. Durch die Bildung von Antikörpern wird das Schilddrüsengewebe langsam aber meist unaufhaltsam zerstört. Langfristig produziert die Schilddrüse unzureichend Hormone und Betroffene leiden an den typischen Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion. Doch was ist die Ursache der Erkrankung, wie läuft die Behandlung ab und was sollten Betroffene beachten?
Inhaltsverzeichnis
Was ist Hashimoto Thyreoiditis?
Unter der Hashimoto Thyreoiditis, welche auch chronisch lymphozytäre oder Autoimmunthyreoiditis bezeichnet wird, ist eine Autoimmunerkrankung zu verstehen. Ihren Namen verdankt die Erkrankung dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto, der sie im Jahre 1912 entdeckte. Mit circa 80 Prozent macht die Hashimoto Thyreoiditis die häufigste Form der Schilddrüsenentzündung aus. Die Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung beträgt 5-10%. Jedoch sind Frauen rund 9 mal häufiger von Hashimoto Thyreoiditis betroffen als Männer. Schätzungsweise 75% aller Betroffenen wissen allerdings nicht, dass sie an der Schilddrüsenerkrankung leiden. In den meisten Fällen tritt die Erkrankung zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf.
Typischer Weise ist die Erkrankung Hashimoto Thyreoiditis durch eine fortschreitende Zerstörung der Schilddrüse gekennzeichnet. Die Ursache für die Erkrankung liegt in einer Störung des Immunsystems, welches im Normalfall Abwehrstoffe gegen Bakterien, Viren oder Pilze bildet. Liegt jedoch eine Autoimmunerkrankung vor, so erkennt das Immunsystem die körpereigenen Zellen nicht an, stuft diese als fremd ein und bildet Antikörper gegen die Zellen. Im Falle der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung, erkennt das Immunsystem auch noch unbekannter Ursache die eigenen Schilddrüsenzellen als fremdes Gewebe an. In Folge dessen zerstören die sogenannten T-Zellen im Blut der Betroffenen die Schilddrüsenzellen, indem eine entzündliche Reaktion in der Schilddrüse ausgelöst wird.
Atrophe Hashimoto Thyreoiditis
Prinzipiell wird zwischen zwei Formen der Hashimoto Thyreoiditis unterschieden. Die Atrophe Hashimoto Thyreoiditis ist am häufigsten vertreten und zeichnet sich durch die kontinuierliche Abnahme des Schilddrüsenvolumens aus. Ein Gesamtvolumen von unter 6ml bei Frauen und unter 8ml bei Männern wird als auffällig betrachtet und könnte auf einen Gewebeschwund der Schilddrüse hindeuten.
Hypertrophe Hashimoto Thyreoiditis
Die Hypertrophe Form der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung ist weniger häufig vertreten als die atophe Form. Charakteristisch für die Hypertrophe Form ist die Vergrößerung der Schilddrüse, welche mit einer Kropfbildung einhergeht. Auch bei konsequenter und frühzeitiger Behandlung lässt sich das Wachstum eines Kropfes nicht immer verhindern, so dass in vielen Fällen eine operative Verkleinerung erforderlich ist. Ein Gesamtvolumen von ca. 18ml bei Frauen und 25ml bei Männern, deutet auf ein vergrößertes Schilddrüsenvolumen hin und kann als auffällig betrachtet werden.
Hashimoto Thyreoiditis – Symptome
In der Regel verläuft die Erkrankung Hashimoto Thyreoiditis zunächst lange Zeit ohne Beschwerden, denn der Körper kann den Hormonspiegel noch eine Weile aufrechterhalten. Da die Entzündung der Schilddrüse meist langsam beginnt, werden die Symptome und Beschwerden zunächst kaum wahrgenommen oder andere Ursachen vermutet. Zu Beginn der Hashimoto-Thyreoiditis kann es somit in vielen Fällen zu einer übermäßigen Produktion von Schilddrüsenhormonen kommen, sodass eine leichte Schilddrüsenüberfunktion auch Hyperthyreose genannt, zu Beginn der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung nicht ungewöhnlich ist. Jedoch kann es auch im Verlauf der Erkrankung zu Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion kommen, denn die Zerstörung der Schilddrüsenzellen veranlasst die Schilddrüse Hormone auf Vorrat zu produzieren, welche dann unkontrolliert ausgeschüttet werden.
Zu den typischen Symptomen der Schilddrüsenüberfunktion zählen Schwitzen, Herzrasen, sowie hoher Blutdruck und Gewichtsabnahme, allerdings auch Durchfall, sowie gesteigerte Angst, Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit und Nervosität. Erst im späteren Verlauf der Erkrankung steht die Zerstörung der Schilddrüse im Vordergrund, welche mit einer Schilddrüsenunterfunktion und den klassischen Symptomen wie unerklärlicher Gewichtszunahme, Verstopfung, Kälteempfindlichkeit, Müdigkeit, Haarausfall, Zyklusunregelmäßigkeiten sowie depressiver Verstimmung einhergehen kann. Die Symptome müssen jedoch nicht zwangsweise auftreten und können sehr unterschiedlich ausfallen.
Hashimoto Thyreoiditis – Ursachen und Risikofaktoren
Ursache der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung ist eine fehlerhafte Reaktion des eigenen Immunsystems. Bestimmte Abwehrzellen des Körpers (sogenannte T-Lymphozyten) richten sich gegen die Schilddrüsenzellen, da sie diese als fremdes Gewebe deuten und zerstören sie. Deshalb wird die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung auch als Autoimmunerkrankung bezeichnet. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist somit eigentlich keine Schilddrüsenerkrankung, sondern vielmehr eine Erkrankung des Immunsystems, aus welcher jedoch eine chronische Entzündung der Schilddrüse resultiert. Der genaue Grund warum das Immunsystem die Schilddrüse angreift, ist jedoch nach heutigem medizinischen Stand noch unklar.
Genetische Ursachen
Häufig werden erbliche Faktoren als Auslöser der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung diskutiert. So tritt Hashimoto bei Verwandten ersten Grades häufiger auf. Des Weiteren tritt die Erkrankung gehäuft bei Menschen auf, die unter erblich bedingten Erkrankungen wie Diabetes mellitus, der Weißfleckenkrankheit oder auch Zöliakie leiden.
Gluten
Als weiterer Auslöser der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung wird unter anderem Gluten diskutiert. Unzweifelhaft ist, dass Gluten bei dazu veranlagten Menschen eine sogenannte Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) auslösen kann. Bisher konnte kein sicherer Zusammenhang belegt werden, jedoch berichten viele Patienten nach Glutenverzicht über einen deutlichen Rückgang ihrer Symptome.
Jod
Raue Vermutungen kursieren auch um Jod als Auslöser der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung. Eine zu hohe Jodzufuhr soll den Ausbruch der Krankheit begünstigen. Denn hohe Joddosen sollen zu einer vermehrten Bildung von Zytokinen und Chemokinen führen. Dies wiederrum hat zur Folge, dass das Immunsystem aktiviert wird und bei bestimmten Personengruppen zur Auslösung von Autoimmunerkrankungen, insbesondere im Bereich der Schilddrüse, führen kann. So soll die Häufigkeit der Hashimoto Erkrankungen in Ländern stark zugenommen haben, in denen die sogenannte Zwangsjodierung eingeführt wurde. Auch in Deutschland besteht die Zwangsjodierung seit 1993. Ein kompletter Verzicht auf Jod ist somit praktisch unmöglich. Experten empfehlen jedoch stark jodierte Lebensmittel wie Seefisch, Sushi, Milch und Milchprodukte in möglichst geringen Mengen zu konsumieren.
Weitere Ursachen
Des Weiteren werden als potentielle Auslöser der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung Phasen der Hormonumstellung wie Pubertät und Wechseljahre diskutiert. Auch Stress und seelische Belastungen sowie verschiedene Infektionen scheinen Forschern als Auslöser nicht abwegig. Auch starker Alkohol sowie Nikotinkonsum werden als Auslöser in Betracht gezogen. Zuweilen ist zu lesen, dass Östrogene die Krankheitsentstehung positiv und Testosteron negativ beeinflussen sollen. Was wiederum auch die enorme Geschlechtsverteilung zugunsten der Frauen erklären würde.
Hashimoto Thyreoiditis – Diagnose und Untersuchungen
Um eine Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung diagnostizieren zu können ist ein ausführliches Arztgespräch, eine klinische Untersuchung, sowie Blutabnahme und ein Ultraschall erforderlich. Die Entzündung ist anfangs meist nur im Ultraschall erkennbar und deshalb für die Diagnosestellung unabdingbar. Denn im Blut lässt sich die Erkrankung in den meisten Fällen erst später nachweisen. Bei der Ultraschalluntersuchung ist häufig ein typisches Bild zu erkennen: eine verminderte Echostruktur mit gesteigerter Durchblutung. Je nachdem in welchem Stadium der Erkrankung sich der Patient befindet, kann die Schilddrüse vergrößert, verkleinert oder sogar kaum noch erkennbar sein.
Im Blut lässt sich die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung aufgrund der vom Immunsystem produzierten Schilddrüsenantikörper erkennen. So bilden 9 von 10 Betroffenen sogenannte TPO-Antikörper. TG-Antikörper bilden hingegen nur etwa 60 % der Betroffenen. Meist sind sowohl die TPO-Antikörper und die TG-Antikörper gleichzeitig erhöht. In manchen Fällen ist jedoch auch nur einer der beiden Werte erhöht. Des Weiteren kann sich die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung anhand der Schilddrüsenwerte im Blut nachweisen lassen. Durch die Bestimmung der Hormone TSH, fT3 und fT4 kann festgestellt werden, ob eine normale Schilddrüsenfunktion, sowie eine Überfunktion oder eine Unterfunktion der Schilddrüse vorliegt.
Überaus bedeutend für die Diagnosefindung und vor allem für die Abgrenzung zu anderen Autoimmunerkrankungen ist jedoch vor allem die Bestimmung verschiedener Antikörper-Werte im Blut. Da die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung jedoch vor allem Auswirkungen auf viele Organe haben können, sollte die Schilddrüse nicht isoliert betrachtet werden. Ein umfangreicher Gesundheitscheck ist bei Schilddrüsenerkrankungen im Allgemeinen unumgänglich, um die Symptome und das Befinden der Patienten miteinzubeziehen, welche mit Erkrankungen der Schilddrüse einhergehen.
Hashimoto Thyreoiditis – Behandlung
Nach derzeitigen medizinischen Erkenntnissen ist die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung nicht heilbar. Behandlungen zielen also lediglich darauf ab, Symptome zu lindern und den Alltag für Betroffene somit erträglicher zu machen. Da die Erkrankung mit verschiedenen Stadien einhergeht, kommen verschiedene Behandlungsformen in Frage, welche individuell auf die aktuelle Phase der Patienten angepasst werden. Je nach Stadium und Symptomatik des Patienten, sollten vor allem in der Einstellungsphase medikamentöser Therapien, alle 4 – 12 Wochen Kontrolluntersuchungen erfolgen.
Da sich zu Beginn der Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung oftmals Symptome der Schilddrüsenüberfunktion zeigen, ist eine Hormontherapie wenig sinnvoll. Besteht eine Schilddrüsenüberfunktion werden oftmals Medikamente wie Thyreostatika, Carbimazol, Thiamazol und Natriumperchlorat verschrieben, welche die Bildung von Schilddrüsenhormonen sowie dessen Freisetzung hemmen sollen. Jedoch wirken die Medikamente im Falle von Hashimoto Thyreoiditis oftmals nur sehr eingeschränkt oder gar nicht. Bei besonders starken Symptomen der Schilddrüsenüberfunktion können sogenannte Betablocker verschrieben werden, welche Herz-Kreislauf Beschwerden wie Herzrasen, Bluthochdruck oder Zittern lindern. Im weiteren Verlauf von Hashimoto-Thyreoiditis überwiegen die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion. Die Behandlungsmethode der Wahl ist eine Schilddrüsenhormontherapie. Hierbei werden Schilddrüsenhormone in Form von Medikamenten ersetzt. In den meisten Fällen erfolgt die Gabe des künstlichen Schilddrüsenhormons L-Thyroxin, welches täglich circa 30 Minuten vor dem Frühstück eingenommen werden sollte.
Hashimoto Thyreoiditis und Ernährung
Die Ernährung spielt im Falle der Hashimoto Thyreoiditis eine bedeutende Rolle, denn oftmals können die Beschwerden mit Hilfe der richtigen Ernährung gelindert werden. Ziel der Hashimoto Ernährung ist keinesfalls eine Heilung der Krankheit, denn die Hashimoto Thyreoiditis Erkrankung ist chronisch und kann bislang nicht geheilt werden. Vielmehr soll mittels eines gesunden Lebenswandels und der Auswahl richtiger und geeigneter Lebensmittel, das Abschwellen der Symptome erzielt werden. So legt die Hashimoto Ernährung besonderen Wert auf nährstoffreiche Produkte mit möglichst wenigen Schad- und Giftstoffen. Besonders wichtig ist es den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Kohlenhydratreiche Kost und Lebensmittel mit viel Zucker wie Süßigkeiten oder Weißmehlprodukte sollten demnach vorrangig vermieden werden.
Des Weiteren steht das in Getreideprodukten enthaltene Gluten im Verdacht, Entzündungsprozesse im Körper zu fördern, sowie Immunreaktionen gegen das Gewebe des Körpers zu verstärken. Betroffene sollten glutenhaltige Produkte somit möglichst meiden. Stattdessen sollten reichlich natürliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse, qualitative Öle wie Olivenöl oder Kokosöl, sowie frischer Fisch und Vollkornprodukte konsumiert werden. Neben einer nährstoffreichen und gesunden Ernährung zählt jedoch vor allem ein gesunder Lebenswandel. Betroffene sollten somit weitestgehend auf Alkohol und Nikotinkonsum verzichten, um dem Immunsystem nicht zu schaden.
Hashimoto Thyreoiditis – Prognose
Nach derzeitigem Stand der medizinischen Forschung ist Hashimoto Thyreoiditis eine unheilbare Krankheit. In seltenen Fällen kann die Erkrankung in sehr frühen Stadien geheilt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt wird. Dies ist meist nur in Einzelfällen gegeben. Auch der Krankheitsverlauf ist äußerst schwierig zu prognostizieren. Fakt ist jedoch, dass sich die Krankheit selten von alleine zurück bildet.
In vielen Fällen wird das Schilddrüsengewebe durch Bindegewebe ersetzt, häufig bildet sich jedoch auch die gesamte Schilddrüse zurück. Da die Schilddrüse nicht mehr genügend Hormone bilden kann, sind die meisten Betroffenen lebenslänglich auf die Einnahme künstlicher Schilddrüsenhormone angewiesen. In den meisten Fällen lassen sich die Symptome der Erkrankung jedoch mittlerweile so gut behandeln, dass Einschränkungen in der Lebensqualität kaum bis gar nicht gegeben sind. Des Weiteren hat die Erkrankung nach aktuellem Stand der Forschung keine negativen Auswirkungen auf die Lebenserwartung der Betroffenen.
Weitere Schilddrüsenerkrankungen
1. Arasteh, K., Baenkler, H.-W. , Bieber, C.: Innere Medizin, Thieme Verlag, 2. Auflage, 2009
2. Piper, W.: Innere Medizin, Springer Medizin Verlag, 2007
3. Thyreoiditis, www.schilddruesenzentrum-koeln.de (Abrufdatum: 03.09.2020)
4. Diagnose von Hashimoto-Thyreoiditis, www.hashimoto-thyreoiditis.de (Abrufdatum: 04.09.2020)
1. Orawan Pattarawimonchai/shutterstock.com