Schlägt das Herz zu langsam, sprechen Ärzte von einer Bradykardie. Ein zu langsamer Herzschlag ist dann gegeben, wenn weniger als 60 Schläge pro Minute auftreten. Manchmal kann der Herzschlag sogar gänzlich aussetzen. Ausnahmen bilden hierbei gut trainierte Sportler, welche eine geringe Ruhefrequenz besitzen. Tritt ein langsamer Herzschlag allerdings im Alltag oder ohne Anlass auf, benötigt dieser eine Abklärung vom Arzt.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Bradykardie?
Bei einer Bradykardie handelt es sich um einen verlangsamten Herzschlag. Die normale Herzfrequenz beträgt dabei 60 Schläge pro Minute. Häufig ist die Bradykardie asymptomatisch und zeigt sich erst dann, wenn die Herzfrequenz bei körperlicher Anstrengung nicht genügend ansteigt. Dies kann Schwindel und Atemnot zur Folge haben.
Im Regelfall werden die elektrischen Impulse für einen Herzschlag im Sinusknoten gebildet. Von dort aus erfolgt die Weiterleitung über den sogenannten AV-Knoten in die Herzkammern, woraufhin die Herzmuskelzellen kontrahieren. Eine Bradykardie kann im Zuge dieses Prozesses entweder vorkommen, wenn zu wenig elektrische Impulse im Sinusknoten gebildet werden (Sinusbradykardie).
Im Anschluss ist die EKG-Aufzeichnung einer Sinusbradykardie zu sehen, wobei das EKG eine langsamere Wiederholung der EKG-Kurve aufzeigt.
Sie kann gleichermaßen bei einer Störung der Weiterleitung auftreten, zum Beispiel bei einem sogenannten Schenkelblock. Außerdem können andere Herzrhythmusstörungen eine schnellere Herzfrequenz unterbinden.
Einen langsamen Herzschlag kann man oftmals selbst durch Ertasten des eigenen Pulses spüren. Bemerkt man während des Zählens im entspannten Zustand weniger als 60 Schläge, kann eine solche Bradykardie vorliegen.
Bradykardie – Ursachen
Eine Bradykardie kann durch Störungen der Erregungsbildung und Reizleitung im Herzen ausgelöst werden. Die Störungen sind im Folgenden aufgeführt.
Herzblock oder AV-Block
Der AV-Knoten, auch AV-Bock oder atroventrikulärer Block genannt, ist der sekundäre Schrittmacher des Herzens. Dieser empfängt die elektrischen Impulse, welche vom Sinusknoten über die Vorhofmuskulatur kommen und leitet sie über das Reizleitungssystem an die Herzkammern weiter, was zu einer Kontraktion dieser führt.
Bei einer Blockierung des AV-Knotens ist die Verbindung zwischen Herzvorhof (Atrium) und Herzkammer (Ventrikel) gestört oder unterbrochen. Infolgedessen kommen die elektrischen Impulse entweder gar nicht mehr oder verzögert in die Herzkammer. Der Herzschlag ist demgemäß zu langsam oder bleibt ganz aus.
In diesem Zusammenhang unterteilt man diese Erkrankung in drei Schweregrade:
- 1. Grad, verzögerte Weiterleitung der Impulse: Das Herz schlägt trotzdem rhythmisch und normal schnell.
- 2. Grad, zeitweise Unterbrechung der Weiterleitung: Einige Impulse treffen nicht mehr in den Kammern ein, das Herz setzt ab und zu einen Schlag aus.
- 3. Grad, vollständige Unterbrechung der Weiterleitung (kompletter AV-Block): Es gelangt kein Impuls mehr in die Kammern. Daraufhin entstehen Ersatzimpulse, welche verhindern, dass das Herz stehen bleibt. Es schlägt dann nur noch sehr langsam mit weniger als 40 Schlägen pro Minute. Hier kann man von der Bradykardie sprechen. Personen mit diesem Schweregrad des AV-Blocks benötigen einen Herzschrittmacher.
Sinusknotensyndrom (Störungen der Sinusknotenfuktion)
Der Sinusknoten ist der Taktgeber des Herzens. Bei dem Sinusknotensyndrom gibt der Sinusknoten seltener elektrische Impulse ab. Im Zuge dessen sinkt die Herzfrequenz und der Herzschlag verlangsamt sich (Sinusbradykardie) bis hin zu einem Aussetzen des Herzschlags (Sinusarrest).
Nimmt die Aktivität ab, übernimmt normalerweise ein anderer Bereich im Herz die Funktion des Sinusknotens. Dieser “Ersatzschrittmacher” liegt entweder im unteren Teil des Vorhofs, im Atrioventrikularknoten, im Reizleitungssystem oder in einem Ventrikel.
Bei einem langsamen Puls, insbesondere wenn er unregelmäßig ist, vermutet man eine Störung im Sinusknoten. Aber auch bei ständig wechselndem Pulsschlag oder bei einem Puls, welcher trotz körperlicher Aktivität nicht ansteigt, kann eine Störung der Sinusknotenfunktion vorliegen.
Anhand der Symptome wie Schwächegefühl oder Müdigkeit und der Ergebnisse der Elektrokardiographie (EKG) kann der Arzt oder die Ärztin schlussendlich feststellen, ob das Sinusknotensyndrom die Ursache der Bradykardie ist. Personen, welche Beschwerden durch diese Krankheit aufweisen, erhalten im Normalfall einen künstlichen Herzschrittmacher, welcher die Herzfrequenz beschleunigt.
Chronotrope Inkompetenz (Koronare Herzkrankheit)
Im Normalfall steigt die Herzfrequenz bei körperlicher Belastung. Bei einer chronotropen Inkompetenz gibt der Sinusknoten allerdings nicht häufiger Impulse ab, sodass der Herzschlag nicht ansteigt und deswegen zu langsam ist. Ein Symptom dessen ist, dass der/die PatientIn sich nicht mehr genug beim Sport belasten kann.
Die Krankheit ist ein Teil des Syndroms des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom). Außerdem kann sich eine Störung der Überleitung am AV-Knoten in eine chronotrope Inkompetenz auswirken.
Diese Erkrankung wird als Teil des Syndroms des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom) betrachtet. Normalerweise ist der Sinusknoten der natürliche Schrittmacher des Herzens. Bei der chronotropen Inkompetenz ist die Funktion des Sinusknotens gestört, so dass der Herzschlag nicht entsprechend der Belastung ansteigt. Auch eine Störung der Überleitung am AV-Knoten kann zur chronotropen Inkompetenz führen.
Die einzige Behandlungsoption für die chronotrope Inkompetenz liegt im Einsetzen eines frequenzstimulierenden Herzschrittmachers, welcher den Herzhythmus mit einem Frequenzsensor beurteilt. Bei Belastung sorgt dieser des Weiteren dafür, dass das Herz wieder ausreichend schlägt.
Karotissinussyndrom
Das Nervengeflecht an der Halsschlagader reagiert bei einem Karotissinussyndrom überempfindlich. Bei Bewegung oder Druck führt dies zu einem langsamen Herzschlag, manchmal sogar zu einem kurzen Herzstillstand mit Ohnmacht. Ferner können vor der Ohnmacht zuvor Schwitzen, Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Herzklopfen und Blässe auftreten.
Die Krankheit erfährt oftmals ihren Auslöser durch schnelles Drehen oder Neigen des Kopfes. Seltener kommt ein Tumor im Hals vor, welcher auf die Schlagader Druck ausübt. Sobald die Patienten liegen, sind sie allerdings unmittelbar wieder bei Bewusstsein.
Um zu evaluieren, woher die Ohnmacht und der langsame Herzschlag rührt, kann ein Arzt oder eine Ärztin einen “Karotisdruckversuch” an den Druckrezeptoren des Halses durchführen. Lediglich Fachärzte sind hierfür zuständig, wobei die Patienten genau überwacht werden. Es kann nämlich vorkommen, dass Bewusstlosigkeit beim Patient eintritt oder der Puls sich stark verlangsamt.
Dementsprechend ist das Ziel der Behandlung, das Risiko für neue Schwindel- und Ohnmachtsanfälle zu verringern. Am wichtigsten ist es demnach, dass der Patient über das Syndrom Bescheid weiß und Situationen verhindert, welche potenziell anfallsauslösend sein können.
Medikamente als Ursache für Bradykardie
Es kann gleichermaßen vorkommen, dass sich der Herzrhythmus bei Einnahme spezifischer Medikamente verlangsamt. Insbesondere Medikamente, welche Betroffene hinsichtlich anderer Rhythmusstörungen einnehmen müssen, weisen diese Nebenwirkung auf.
Medikamente wie Betablocker oder Blutdrucksenker können im Zuge dessen für die Bradykardie verantwortlich sein. Dann ist es erforderlich, die Dosis herabzusetzen oder die Medikamente komplett abzusetzen.
Weitere Ursachen
Außerhalb des Herzens könnten auch diese Auslöser für langsamen Herzschlag verantwortlich sein:
- Schilddrüsenunterfunktion
- Störungen des Elektrolythaushaltes
- Drogen- oder übermäßiger Alkoholkonsum
- Medikamenten-Überdosierung
Zusätzliche Ursachen der Bradykardie können ferner in weiteren Herzerkrankungen wie einer Entzündung des Herzens oder einem Herzinfarkt liegen.
Bradykardie – Symptome
Bei der Bradykardie ziehen sich die Herzkammern nicht oft genug zusammen, um dem Körper die für die Versorgung der Organe benötigte Blutmenge zu liefern. Deswegen können folgende Symptome auftreten:
- extreme Erschöpfung und Müdigkeit
- kälteempfindliche, bläuliche Haut
- Nervosität und Angst
- Atemnot
- Aussetzen des Pulses
- Schwäche, Leistungsminderung
- Sehstörungen und Schwindel
Im schlimmsten Fall kann es zu einer Ohnmacht kommen, wenn das Gehirn nicht genügend Sauerstoffversorgung erhält.
Bradykardie – Diagnose
Haben Betroffene bei sich selbst einen niedrigen Puls gemessen und können sportliche Betätigung als Grund für die Bradykardie ausschließen, sollten sie dies ärztlich abklären lassen. In einer Anamnese befragt der/die behandelnde Arzt oder Ärztin nach Grundkrankheiten und eventueller Medikamenten-Einnahme.
Im Anschluss hört der/die Arzt/Ärztin das Herz ab und macht ein EKG, welches die Herzströme gut darstellt. Aussagekräftiger ist das Langzeit-EKG, welches die Veränderung des Pulsschlags innerhalb von 24 Stunden misst. Hiermit können Mediziner ebenfalls eine Bradykardie mit Pausen und eine nächtliche Bradykardie einer Betrachtung unterziehen.
Des Weiteren können neben dem EKG diese Untersuchungen zum Einsatz kommen:
- Blutuntersuchungen
- Ultraschalluntersuchung des Herzens
- Herzkatheteruntersuchung
- Kipptischuntersuchung für die Diagnostik von Ohnmachtsanfällen
- Elektrophysiologische Untersuchung (EPU)
- Implantierbarer Herzmonitor
Ein Belastungs-EKG kann darüber hinaus Aufschluss über Störungen, welche unter Belastungen auftreten, geben. Die Herzfrequenz des Patienten wird hierbei gemessen, während er sich auf einem Fahrrad oder Laufband sportlich betätigt.
Bradykardie – Therapie
Sind die leicht behebbaren Ursachen der Bradykardie ausgeschlossen wie die Einnahme bestimmter Medikamente, muss der Arzt oder die Ärztin in der Regel einen Herzschrittmacher einpflanzen. Dieser kommt ebenso bei den oben genannten Erkrankungen zum Einsatz. Er sorgt dafür, dass das Herz bei Bedarf schneller schlägt und überwacht den Herzrhythmus rund um die Uhr.
Hierneben können bei auftretenden langsamen Herzrhythmusstörungen Medikamente wie Digitalis-Präparate, Betablocker oder Kalzium-Kanal-Blocker abgesetzt oder reduziert werden. Bei vorübergehendem langsamen Herzschlag helfen dahingegen Präparate wie Sympathicomimeticum, Anticholinergicum oder Butylscopolamin für die Beschleunigung der Herzfrequenz.
Weitere Therapieoptionen sind abhängig von der Art der Erkrankung und die Ursache/n, die der Bradykardie vorausgeht (s.o.)
Bradykardie und Sport
Inwieweit man Sport bei bradykarden Rhythmusstörungen treiben darf, ist abhängig von der Art von Bradykardie. Bei einer Bradykardie, welche symptomatisch ist und eine strukturelle Herzkrankheit als Auslöser hat, hängt das Ausmaß von der körperlichen Belastung und der kardialen Grundkrankheit sowie dem Trainingszustand ab. Außerdem ist die verwendete Schrittmachertechnologie von Relevanz.
Bei strukturell herzgesunden Patienten mit Schrittmachern sind allerdings kaum Einschränkungen der körperlichen Belastung gegeben. Ausnahmen können nichtsdestotrotz beispielsweise in Form von Kontaktsport bestehen.
Zusätzlich existieren bradykarde Normvarianten des Herzrhythmus, die bei asymptomatischen herzgesunden Personen auftreten. Hieraus ergibt sich keine Notwendigkeit der Diagnostik und Behandlung. Denn insbesondere gesunde Leistungssportler weisen des Öfteren trainingsbedingt einen langsamen Herzschlag auf. Der Grund liegt darin, dass das regelmäßige Training den Herzmuskel vergrößert, was einen relativ niedrigen Puls zur Folge hat.
Bradykardie Krankheitsverlauf und Ausblick
Eine langsame Herzfrequenz ist nicht immer problematisch. Mit Hausmitteln lässt sich die Bradykardie bei harmlosen Verläufen entgegenwirken. Eine durch sportliche Belastung auftretende Bradykardie hat eine gute Prognose. Sie tritt eher als Nebeneffekt des Trainings auf anstatt als Krankheit zu zählen.
Bei plötzlichem Auftreten im Alltag, insbesondere bei steigendem Lebensalter, kann die Bradykardie jedoch zu Problemen führen. Allerdings kann ein durch Herzerkrankungen verursachter langsamer Herzschlag gut durch einen Herzschrittmacher therapiert werden.
Hierneben können Betroffene durch allgemeine Maßnahmen ihr Herz entlasten und dazu beitragen, dass sich die Bradykardie bzw. die zugrunde liegende Krankheit nicht verschlimmert. Denn unter die Risikofaktoren zählt:
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Drogenkonsum
- Rauchen
- Ungesunde und nicht ausgewogene Ernährung
- Bewegungsmangel
Bei Einhalten der Rahmenbedingungen können Betroffene wieder schrittweise zu ihrem Lebensstil zurückkehren und schätzen die Lebensqualität sogar noch höher ein. Arbeit, Sport, Reisen und gewöhnliche Hobbies sind mit dem Herzschrittmacher problemlos möglich.
Mehr zu Puls
1. Arasteh, K., H.-W. Baenkler, C. Bieber, et al.: Innere Medizin, Thieme (Verlag), 2. Auflage, 2009
2. U. Beise, S. Heimes, W. Schwarz: Gesundheits- und Krankheitslehre, Springer Medizin Verlag, 2. Auflage, 2009
3. T. Ziegenfuß: Notfallmedizin, Springer Medizin Verlag, 5. Auflage, 2011
4. Sporttauglichkeit bei bradykarden Herzrhythmusstörungen und Herzschrittmacherträgern, www.kup.at (Abrufdatum: 23.04.2020)
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