Der Heilungsverlauf von Wunden wird durch die Verwendung des korrekten Verbandsmaterial positiv beeinflusst. Je nach Art und Umfang einer Wunde sollte eine geeignete Wundauflage angebracht werden. Welche Wundauflagenarten es gibt und wie sie im Detail funktionieren – wir klären auf.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Wundauflage?
Eine Wundauflage wird auf eine äußere Wunde platziert. Sie verhindert das Eindringen von Fremdkörpern und Krankheitserregern. Zeitgleich nimmt eine Wundauflage Blut und Wundflüssigkeit auf. Durch das Erzeugen eines feucht-warmen Wundklimas sorgt sie für eine heilungsfördernde Atmosphäre. Je nach Art der Wunde und des Wundstadiums können unterschiedliche Wundauflagen zum Einsatz kommen.
Inaktive Wundauflagen
Eine inaktive Wundauflage wird bei der traditionellen bzw. trockenen Wundbehandlung benutzt. Dies ist bei leicht heilenden Wunden der Fall.
Folgende Materialien kommen für die schnelle Wundversorgung in Frage:
- Heftpflaster, Wundpflaster, Haushaltspflaster
- Wundschnellverband
- Mullkompressen, Wundkompressen
- Saugkompressen
- Wundgaze, Wundgitter
- Aktivkohlekompressen
Verwendung von Pflastern
Kleinere Schnittwunden können hierdurch abgedeckt und geschützt werden. Die saugfähige innenliegende Auflage von Pflastern ist in der Lage kleinere Blutmengen aufzunehmen.
Verwendung von Mull- und Wundkompressen
Mullkompressen sind in steriler und nicht steriler Ausführung zu erhalten. Sie eignen sich zur Reinigung von Wunden. Sie bestehen aus grobem Baumwollstoff, der eine durchschnittliche Saugkraft besitzt. Sie sind für kleinere Verletzungen, die im Haushalt passieren können, gut als Erste-Hilfe-Material geeignet. Gerade bei chronischen Wunden eignen sich Wundkompressen jedoch nicht, da sie dazu neigen mit der Wunde zu verkleben. Das Lösen einer solch angeklebten Kompresse ist sehr schmerzhaft und stört die Wundheilung.
Verwendung von Saugkompressen
Bei einer stark nässenden Wunde kann eine Saugkompresse die Wundflüssigkeit gut aufnehmen und besitzt zudem polsternde Eigenschaften.
Verwendung von Wundgaze
Bei der Wundgaze handelt es sich um ein Gitternetz, das mit einer speziellen fetthaltigen Salbe benetzt ist. Wundgitter sind wasserabweisende Wundauflagen, die ein Verkleben der darüberliegenden Wundkompresse mit der Wunde verhindern.
Verwendung von Aktivkohlekompressen
Diese Wundauflage besteht aus einer Aktivkohleschicht. Diese Kompresse darf nicht zerschnitten werden. Die Aktivkohle der Kompresse ist in der Lage schlechte Gerüche aus der Wunde, sowie Eiweißmoleküle und Bakterien zu binden. Sie besitzt eine hohe Saugkapazität und kann bis zu zwei Tage auf der Wunde verbleiben.
Interaktive Wundauflagen
Diese Form der Wundauflage wird bei der modernen/hydroaktiven Wundbehandlung verwendet. Hier steht der Fokus auf dem Erschaffen eines feuchtwarmen Milieus. Somit verhindern interaktive Wundauflagen ein Austrocken der Wunde und ein Verkleben des Verbandmaterials mit der Wunde. Hydroaktive Wundauflagen werden in erster Linie bei chronischen Wunden verwendet. Zu ihnen gehören Ulcus cruris, Dekubitus und der diabetische Fuß.
Eine Übersicht der interaktive Wundauflagen:
- Hydrofaser/Hydrofiberverband
- Alginat
- Hydrogel
- Silberhaltige Wundauflage
- Schaumverband, Hydropolymere
- Hydrokolloide Wundauflage
- Semipermeable Wundfolie
Verwendung von Hydrofaser/Hydrofiberverband
Diese Wundauflage besteht aus Natriumcarboxymethylzellulose und nimmt Wundflüssigkeit sowie Zelltrümmer auf und wandelt diese in ein Gel um. Die Hydrofaser quillt nur in die Höhe, nicht aber in die Breite auf. Die Hydrofaser sorgt so für den Flüssigkeitstransport aus der Wunde. Die Wundumgebung bleibt trocken und wird von einer Mazeration geschützt. Dadurch ist eine sanfte Ablösung des Verbandmaterials möglich und die Wundheilung wird nicht gestört. Wundauflagen mit Hydrofaser können zwei bis drei Tage auf der Wunde verbleiben.
Alginate
Alginate werden aus Kalium- und Natriumsalzen der Braunalge gewonnen. Hierbei handelt es sich um ein Polysaccharid. Die Alginate binden die Wundflüssigkeit und bilden ein hydrophiles Gel. Dieses Gel schmiegt sich an die Wundoberfläche an, reinigt sie und regt die Wundheilung an. Sie verbleiben zwei bis drei Tage auf der Wunde. Diese Wundauflage ist gut für infizierte, stark nässende Wunden geeignet. Eher ungünstig ist deren Verwendung bei trockenen Wunden, da sie mit der Wundoberfläche verkleben können und beim Verbandswechsel neu gebildete Epithelzellen abreißen. So wird der Heilungsprozess stark verzögert und gestört.
Hydrogele
Hydrogele haben eine befeuchtende Wirkung, da sie aus wasserunlöslichen Polymeren bestehen und bis zu 95% Wasser enthalten. Sie eignen sich sehr gut für trockene oder schmierig-belegte Wunden, die nicht sehr stark nässen. Hydrogele weichen Wundbeläge auf, die anschließend mit einer Kompresse oder Pinzette entfernt werden können. Die Wunde wird durch das Hydrogel feucht gehalten. Die Wundauflage sollte täglich erneuert werden, bei gleichzeitiger Entfernung entstandener Belege.
Silberhaltige Wundauflage
Silber ist in der Lage die Keimvermehrung zu unterbinden und Keime abzutöten. In begrenzter Weise ist es auch wirksam gegen Pilze und Viren. Deshalb wird es gerne bei infektionsgefährdeten Wunden bzw. bereits infizierten Wunden eingesetzt. Durch seine hypoallergene Eigenschaft ist Silber zudem gut verträglich. So werden unterschiedliche Arten von Wundauflagen wie beispielsweise Alginate, Hydrokolloide oder Wundgazen mit Silber angereichert. Silberhaltige Wundauflagen eignen sich auch sehr gut zum Tamponieren von Wunden. Sie besitzen, dank ihrer Tragedauer von bis zu sieben Tagen, eine hohe Kosteneffizienz.
Schaumverband, Hydropolymere
Diese Wundauflage besteht entweder aus Polyurethan oder Silikonschaum. Je nachdem, ob diese große oder kleine Poren besitzen, sind sie in der Lage unterschiedliche Mengen an Exsudat aufzunehmen. Gewöhnlich werden sie für Wunden verwendet, die wenig nässen. Der Schaumverband hat die Aufgabe die Wundflüssigkeit zu binden und diese in der Wunde zu halten. Dadurch wird ein ideales Milieu erzeugt, in dem die Wunde granulieren und somit abheilen kann. Ist eine gute Granulationsphase gegeben und die Wunde weist keinerlei Infektion auf, kann ein Schaumverband zwischen fünf und sieben Tage genutzt werden.
Hydrokolloide Wundauflage
Hydrokolloide Wundauflagen bestehen aus quellfähigen Stoffen, wie z.B. Gelatine oder Cellulose. Eine sehr gebräuchliche hydrokolloide Wundauflage ist ein klassisches Blasenpflaster. Die Wundauflage ist durchlässig für Gase jedoch wasserdicht, schmutz- und keimabweisend. Kommt die Wundauflage mit Wundsekret in Kontakt wird sie flüssig und bildet ein Gel.
Superabsorber
Sogenannte Superabsorbent Polymers (SAP) sind Kunststoffe, die eine große Menge an polaren Flüssigkeiten aufnehmen können. Bei der Aufnahme von Flüssigkeit quellen diese Kunststoffe auf und bilden ein Gel. Gerade in der Exsudationsphase einer Wunde, bei der viel Wundflüssigkeit abgesondert wird, bietet sich der Einsatz von Superabsorbern in Kombination mit einer Wundgaze oder Hydrofaser an.
Semipermeable Wundfolien
Diese Folien bestehen aus einem selbstklebenden, durchsichtigen sowie wasserfesten Material. Sie eignen sich zur Anbringung auf trockene, oberflächliche Wunden, da sie ein feuchtes Wundmilieu schaffen können. Da die Wundfolie durchsichtig ist, kann der Arzt die Wunde gut beobachten und somit frühzeitig reagieren, falls eine Infektion auftritt.
Aktive Wundauflagen
Diese besondere Form der Wundauflage besteht aus bioaktivem Material. Hauttransplantate oder gezüchtete Hautzellen (Keratinozyten) werden hierbei verwendet. Meist kommen aktive Wundauflagen bei Brandwunden zum Einsatz. Sie dienen der zeitlich begrenzten Wundabdeckung bis diese komplett verschlossen ist.
Wundauflage richtig anbringen – So geht’s
Am Beginn der Wundauflagen Anbringung steht die Wahl der angemessenen Wundauflage. Je nach Art und Stadium der Wunde wird die dementsprechende Wundauflage zusammen mit den restlichen, benötigten Materialien und Hilfsmitteln bereit gestellt. Der Behandlungsraum sollte angenehm temperiert und gut ausgeleuchtet sein. Der Patient wird auf die Wundversorgung hingewiesen und gebeten die betroffene Stelle für die Wundversorgung frei zu machen.
Notwendige Materialien:
Nr. | Bezeichnung | Beschreibung |
1. | Einmalhandschuhe | Die Einmalhandschuhe dienen dem Eigenschutz |
2. | Desinfektionsmittel | Desinfektion der Hände |
3. | Einmalschürze/Schutzkittel | Schutz vor Kontamination der Arbeitskleidung bei MRE-Patienten (MRE= multiresistente Erreger) |
4. | Mund-Nasen-Schutz | Bei Erkältungen des Personals |
5. | Sterile Schere/Pinzette | Durchtrennung und Entfernung des alten Verbandmaterials |
6. | Wundantiseptikum/antiseptische Lösungen | Desinfektion der Wunde |
7. | Sterile Tupfer, Kompressen, Wundauflagen | Wundreinigung und -abdeckung |
8. | Keimarmes Verbandsmaterial, Pflaster | Fixierung der Wundabdeckung |
9. | Offener oder via Fußtritt bedienbares Abfallbehältnis | Entsorgung von benutztem Material |
Es folgt nun ein detaillierter Ablauf der Wundauflagen Anbringung:
- Desinfektion der Hände
- Anlegen nichtsteriler Handschuhe
- Anlegen von Schutzkleidung falls Kontaminationsgefahr besteht (Schutzkittel/Schürze, Mund-Nasen-Schutz)
- Vorsichtiges Entfernen des alten Verbandmaterials und der Wundauflage
- Entsorgung der Einmalhandschuhe und des benutzen Wundversorgungsmaterials im Abfallbehältnis
- Wiederholung der Handdesinfektion
- Aseptischer (keimfreier) Verbandswechsel mittels neuer, steriler Einmalhandschuhe oder sterilen Instrumenten (Non-Touch-Technik)
- Begutachtung und Beurteilung der Wunde. Bei Bedarf werden zu Dokumentationszwecken Fotos von der Wunde gemacht. Je nach Zustand der Wunde erfolgen die nächsten Arbeitsschritte.
8a. Nur Wundreinigung (aseptische Wunde) erforderlich: Hierbei wird eine sterile Pinzette und Tupfer angewendet, die in antiseptischer Lösung getränkt sind. Blutreste und angetrocknetes Wundsekret werden entfernt. Die Reinigung erfolgt von innen nach außen. Nekrosen und Beläge werden abgetragen.
8b. Bei Verdacht auf eine Infektion (septische Wunde): die Wunde wird nach der Reinigung mit Wundantiseptikum behandelt. Die Reinigung muss von außen nach innen erfolgen. - Platzieren der sterilen Wundauflage.
- Fixierung der Wundauflage mittels Pflaster.
- Entsorgung der benutzen Materialen in das Abfallbehältnis, Instrumente zur Aufbereitung (Sterilisation) geben
- Abschließende Desinfektion der Hände
Mehr zur Wundversorgung
1. I care Pflege: Thieme (Verlag), 2015
2. F. Largiader u.a.: Checkliste Chirurgie, Thieme (Verlag), 2007
3. Verbandsmaterial-Wundauflagen, www.pflege.de (Abrufdatum 27.07.2020)