Man trifft immer wieder auf Menschen, die mit farbenfrohen Tapes gepflastert sind. Kinesio-Tapes. Was hat es mit diesen speziellen Klebebändern auf sich? Für was genau man sie einsetzen kann, wie und ob sie überhaupt wirken und helfen klärt unser Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Kinesio-Tape?
1973 entwickelte der japanische Chiropraktiker Kenzo Kase eine besondere Art von Pflaster und auch eine Methodik wie dieses Pflaster anzuwenden ist. Es ist äußerst elastisch, hautfreundlich sowie atmungsaktiv. Kinesio-Tape ist in der Lage sich zu dehnen und wieder zusammen zu ziehen, ohne dabei die Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Dem Kinesio-Tape wird dabei eine schmerzreduzierende und stoffwechselanregende Wirkung nachgesagt. Mit seiner Hilfe sollen sich Muskel,- und Sehnenerkrankungen therapieren lassen, sowie Erkrankungen des Skelettapparats. Wissenschaftlich bewiesen ist diese Wirkung jedoch nicht.
Dennoch findet das Kinesio-Tape reichlich Anklang und wird beispielsweise in der Therapierung von Leistungssportlern aller Disziplinen sehr häufig angewendet. Aber es erfreut sich inzwischen auch alltäglicher physiotherapeutischer Beliebtheit.
Das Kinesio-Tape besteht in erster Linie aus einem Baumwollgewebe. Eine spezielle Acrylbeschichtung ist für die Elastizität verantwortlich. Das Tape soll hierbei die Dehnbarkeit und Dicke der menschlichen Haut imitieren. Die Tapes sind in unterschiedlichen Farben erhältlich. Den Farben werden unterschiedliche Wirkungen auf den Körper nachgesagt. Dazu später mehr. Bewiesen ist diese Wirksamkeit jedoch nicht.
Kinesio-Tape – Anwendungsgebiete
Angewendet wird Kinesio-Tape in erster Linie im orthopädischen Bereich. Dabei sind seine Einsatzmöglichkeiten breit gefächert. Beschwerden mit Knie-, Sprung- und Schultergelenken lassen sich ebenso gut damit therapieren wie Verspannungen im Rücken und Nacken. Auch bei Tennis- und Golferarm kommt das Tape zum Einsatz und leistet gute Dienste bei der Behandlung von Sehnenscheidenentzündungen und Prellungen. Das Kinesio-Tape kann zudem bei Kopfschmerzen, Neuropathien, Multiple Sklerose und Aszites angewendet werden. Bei Lymphödemen fördert es den Abtransport von Lymphflüssigkeit, um sie zu reduzieren. Im Folgenden werden die Indikationen für Knie, Schulter, Rücken, Nacken, Handgelenk und Fuß aufgelistet.
Kinesio-Tape Knie
Indikationen hierfür sind:
- Kniearthrose
- Überlastung des Kniegelenks
- Nach Patellaluxation (seitliche Verschiebung der Kniescheibe)
- Nach einem Kreuzbandriss, Innenbandanriss oder -riss
- Postoperativ, nach einer Meniskusoperation
- Nach einer Rekonstruktion des Kreuzbandes
Kinesio-Tape Schulter
Indikationen an der Schulter können sein:
- Muskelzerrung
- Muskelfaserriss
- Überdehnung
- Rotatorenmanschettenanriss
- Bicepssehnenreizung
- Impingement-Syndrom
Kinesio-Tape Rücken
Indikationen im Rückenbereich:
- Allgemeine Rückenschmerzen
- Hexenschuss
- Lumbalgie
- Lumboischialgie
- Bandscheibenvorfall
- Skoliosen
Kinesio-Tape Nacken
Indikationen im Nacken:
- Verspannungen
- Kopfschmerzen
- Nackenschmerzen
Kinesio-Tape Handgelenk
Indikationen am Handgelenk:
- Verstauchung
- Zerrung
- Sehnenscheidenentzündung
- Daumensattelgelenkarthrose
Kinesio-Tape Fuß
Indikationen am Fuß:
- Verstauchung
- Zerrung
- Nach Sprunggelenkverletzungen
- Chronische Achillessehnebeschwerden
- Hallux valgus
Kinesio-Tape – Wirkung
Reguläre Tapes fixieren z.B. Gelenke nur starr. Durch diese Fixierung wird der betroffene Muskel nicht mehr beansprucht (Schonhaltung), so dass er sich zurück bildet. Dies hat zur Folge, dass er später wieder aufgebaut werden muss. Zusätzlich kann es zu Stauungen im venösen Blut- und Lymphsystem kommen, wodurch die Heilung verzögert wird. Im Gegensatz dazu ist Kinesio-Tape aufgrund seines Materials sehr elastisch und macht jede Bewegung des Körpers mit. Es fördert die Heilung. Das Tape hebt die oberste Hautschicht (Epidermis) leicht an. Durch die Bewegung der Körperstelle, die mit Kinesio-Tape versehen ist, werden Gewebestrukturen unter der Haut aktiviert, die Durchblutung gesteigert und Nerventätigkeiten angeregt. Diese ganzheitliche Anregung der erkrankten Region unterstützt den Rückgang von Schwellungen und Entzündungen, durch die Förderung des Lymphflusses.
Kinesio-Tape – Wirkungsweise je nach Klebemethode
Im Detail bestimmt man die Wirkungsweise des Kinesio-Tapes dadurch, wie bzw. wo genau es wirken soll.
Lymphatische Wirkung: soll das Kinesio-Tape den Lymphfluss anregen wird es ohne Zug auf die Haut geklebt. Lymphgefäße, die in der Haut lokalisiert sind, werden angekurbelt. So wird z.B. der positive Einfluss einer Lymphdrainage unterstützt und verlängert. Die Durchblutung wird gefördert, wodurch Nährstoffe besser in das Gewebe transportiert und Entzündungsstoffe schneller ausgeschleust werden.
Entlastung von Muskeln oder Gelenken: soll das Kinesio-Tape einen bestimmten Muskel oder ein bestimmtes Gelenk entlasten, wird es mit Zug aufgebracht. Hierbei wird es gedehnt entlang des Muskelverlaufs auf die Haut geklebt. Die gespannte Haut leitet einen Reiz an den Muskel weiter, der sich hierdurch besser entspannt. Die Mobilität wird gesteigert und Schmerzen reduziert.
Kinesio-Tape verbleibt für mehrere Tage auf der Haut, wodurch es konstant die gewünschte Wirkung ausüben kann.
Wie wirken die verschiedenen Farben?
Kinesio-Tape ist in unterschiedlichen Farben erhältlich. Dabei wird jeder Farbe eine konkrete, positive Wirkung/Eigenschaft zugeschrieben. Dieses Prinzip stützt sich dabei auf die Behandlungsmethode der Farbtherapie. Den Ursprung der Farbtherapie findet man bereits bei den Mayas und Azteken.
Bei Farben handelt es sich um elektromagnetische Wellen, die in einen bestimmten Schwingungsbereich zerlegt werden können. Hoch schwingende Farben bilden den Infrarot Bereich als Wärme ab. Niedrig schwingende Wellen bilden den ultravioletten Bereich, also Kälte ab.
Für welche Beschwerden im Einzelnen welche Tape Farbe eingesetzt wird folgt in der Auflistung.
Rot/Pink: Sie gehört zu den wärmsten Farben. Die Farbe steht für Energie und Stärke, Liebe, Wut und Aufregung. Die Farbe wirkt Kreislauf anregend, hilft bei Stoffwechselstörungen, Durchblutungsstörungen und wirkt unterstützend bei niedrigem Blutdruck. Emotional besitzt rot einen weckenden Charakter. Es stärkt das Selbstwertgefühl, macht vital und dynamisch.
Blau/Türkis: Zählt als kalte Farbe, der eine beruhigende, wärmeentziehende und entspannende Wirkung zugesprochen wird. Somit wird sie meist bei Muskelverspannungen eingesetzt. Blau zählt als Gegenspieler von Rot. Verkrampfungen werden gelöst, Schmerz reduziert. Oftmals kommt blaues Tape bei akuten Beschwerden sowie Überreaktionen zum Einsatz. Auf emotionaler Ebene wirkt blau harmonisierend und entspannend. Es fördert die Kommunikation und wirkt fantasieanregend.
Schwarz: Ist die Farbe der Basisenergie. Der Effekt von rot und blau wird durch schwarz intensiviert. Schwarz wird der Leber und der Lunge zugeordnet. Die Farbe steht für Stärke und Willenskraft.
Gelb: Diese Farbe soll Heiterkeit und Leichtigkeit vermitteln. Ihr wird ein positiver Einfluss auf Magen und Leber nachgesagt. Außerdem soll sie entzündungshemmend, stoffwechselanregend und nervenstärkend wirken. Die Farbe fördert die Intelligenz sowie Konzentration. Es steigert die Lust am Lernen.
Grün: Diese Farbe symbolisiert Revitalisierung und Regeneration. Sie wirkt auf den Körper sehr ausgleichend und harmonisierend. Seele und Geist kommen ins Gleichgewicht. Die Farbe erfrischt, steigert die innere Ruhe und reduziert Ängste.
Beige: Der neutrale Farbton kommt zum Einsatz, wenn man sich als Anwender unsicher ist, welche Wirkung das Kinesio-Tape auf einen haben soll. Sie schonen bei Nervenverletzungen. Häufig wendet man sie im Gesichts- oder Halsbereich an, da sie besonders unauffällig sind.
Violett: Hat eine ähnliche Wirkung wie Blau. Es soll kühlend und regenerierend wirken. Violett soll helfen, den Schmerz zu vergessen, da es eine hypnotische, befreiende und ausgleichende Wirkung hat.
Orange: Es regt in erster Linie den Lymphfluss an. Als stimmungsaufhellende Farbe verursacht sie gute Laune. Das Immunsystem wird gestärkt und der Energiefluss angeregt.
Kinesio-Tape kleben – Anleitung
Ehe man selbst mit dem Tapen beginnt, gibt es im Vorfeld einiges zu beachten. Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass das Kinesio-Taping keine Erste-Hilfe-Maßnahme ist. Wenn es also darum geht eine akute Verletzung zu versorgen oder wenn Beschwerden ungeklärter Ursache vorhanden sind, sollte man sich auf alle Fälle als ersten Schritt in die Hände eines Mediziners begeben. Der Arzt klärt die Ursache der Beschwerden und entscheidet dementsprechend über die ideale Taping-Methode. Im Anschluss an eine medizinische Versorgung kann auch ein Physiotherapeut als Unterstützung beispielsweise beim Sport Kinesio-Tape kleben. Bei diagnostizierten Einschränkungen wie etwa Gelenkschmerzen am Knie oder in der Schulter kann man anschließend nach Anleitung durch den Arzt oder Physiotherapeut auch selbst tapen.
Vorbereitung
Die Stelle, die getapt werden soll muss frei von Infektionen und Wunden sein. Zudem ist es wichtig, dass die Haut sauber und trocken ist, um die Haftung des Tapes zu gewährleisten. Zunächst wird das Kinesio-Tape in die richtige Länge geschnitten. Die Ecken rundet man ab, da das Tape so noch besser auf der Haut haftet. Je nach Beschwerden muss die betroffene Region (Muskel, Gelenk) in eine bestimmte Haltung gebracht werden. Das Tape wird mit den Händen warm gerieben, um den Klebstoff zu aktivieren.
Kinesio-Tape richtig anlegen
Je nach Körperabschnitt, der getapt werden soll, wird entsprechend vorgegangen. Die Möglichkeiten des Kinesio-Tape Anlegens sind vielfältig. Eine Pauschalmethode gibt es nicht. Möchte man das Tapen zuhause selbst machen, orientiert man sich am besten an den Instruktionen, die man vom Arzt oder Physiotherapeuten erhalten hat. Wir führen hier nur wenige von zahlreichen Taping-Methoden beispielhaft auf:
Schulter-Arm Tape
- Ein Ende eines etwa 50cm langen Tapes seitlich an der Halsvorderseite festkleben, so dass er auf dem Muskelstrang unterhalb des Schlüsselbeins aufliegt.
2. Das Tape mit wenig Zug zur vorderen Seite der Achsel ziehen und fixieren.
3. Mit stärkerem Zug über die Schulter zur Innenseite des Oberarms in einer Linie bis auf Ellenbogenhöhe weiter fixieren bis das Tape auf der Innenseite des Unterarms endet. Wirkungsdauer etwa 3-5 Tage.
Sprunggelenk stabilisieren
- Je nach Beinlänge ein Tape von 40 bis 50 cm Länge zuschneiden. Sitzend ein Ende unter dem Fuß, etwa in der Mitte des Quergewölbes, fixieren.
2. Das Tape über Fußsohle und Fußaußenkante schräg über den Knöchel führen. Dabei noch nicht festkleben. Das Tape erst auf Knöchelhöhe bis zur Mitte quer einschneiden.
3. Mit kräftigem Zug das Tape bis zum Fußknöchel festkleben. Die nicht eingeschnittene, hintere Tapehälfte an der Rückseite des Außenknöchels fixieren. Die eingeschnittene Hälfte des Tapes umschließt den vorderen Teil des Knöchels. Dadurch wird er stabilisiert.
4. Vom Außenknöchel beginnend das Tape vor der Achillessehne mit Zug anschließend zum Unterschenkel hochziehen und das Tape fixieren.
5. Das Tape verläuft dann bis zum spür- und sichtbaren Wadenbeinköpfchen, das sich etwa auf Höhe der Kniemitteaußenseite befindet. Dort endet das Tape und wird ebenfalls fixiert. Das Kinesio-Tape sollte mindestens 5-7 Tage verbleiben. Alle 3-5 Tage das Tape erneuern.
Nacken-Tape
- An einen Tisch setzen und dabei beide Ellenbogen aufstützen. Den Kopf leicht gesenkt halten.
2. Eine 2. Person befestigt ein Tape von etwa 15cm Länge von der knöchernen Schulterecke ausgehend schräg hoch zum Haaransatz im Nacken. Dabei wird starker Zug ausgeübt.
3. Ein zweites, kürzeres Tape wird genauso auf die andere Schulter platziert. Hierbei soll das Ende auf Höhe Haaransatz, das erste Tape überlappen.
Wie lange bleibt das Kinesio-Tape auf der Haut?
Das Tape bleibt solange auf der Haut, bis die Schmerzen und Beschwerden abgeklungen sind. Durchschnittlich spricht man von einer Verweildauer von 4-6 Tagen. Da sich das Tape gerade an beanspruchten Stellen (Gelenken) nach einiger Zeit löst, muss es jedoch auch nach einigen Tagen erneuert werden.
Kinesio-Tape – Risiken
Der positive Effekt von Kinesio-Tape ist in erster Linie durch die korrekte Anwendung gegeben. Wird das Tape unsachgemäß fixiert, kann dies zu Bewegungseinschränkungen oder Schwellungen führen.
Durch die zu straffe Anbringung des Kinesio-Tapes kann es zur Beeinträchtigung des Blutflusses kommen. Dies zeigt sich durch Kribbeln, Schmerzen oder Weiß/Blaufärbung der Haut.
Der im Kinesio-Tape verarbeitete Klebstoff kann Hautirritationen und Allergien auslösen. In so einem Fall ist die Anwendung des Tapes sofort abzubrechen. Ist man sich über eine vorhandene Überempfindlichkeit unsicher, empfiehlt es sich ein kleines Stück Tape zunächst an einer unauffälligen Stelle aufzubringen und zu beobachten, ob eine Hautreaktion erfolgt.
Das Tape darf niemals auf offene Wunden oder Infektionen geklebt werden. Auch bei Neurodermitis, Ekzemen und Psoriasis ist von der Anwendung dringend abzusehen.
Mehr Behandlungsmethoden
1. Seifert, S.: Kinesiologisches Taping in Osteopathie und Manueller Therapie, Thieme (Verlag), 1. Auflage, 2015
2. Was ist dran am Kinesio-Tape, www.ruecken-zentrum.de, Abrufdatum 18.05.2020
3. Taping als Selbsthilfe, www.vital.de, Abrufdatum: 19.05.2020
4. Was ist Kinesiotaping?, www.orthopaedicum-frankfurt.de (Abrufdatum: 20.05.2020)