Die Infusionstherapie, auch als Flüssigkeitstherapie bekannt, bietet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten zu unterschiedlichen, medizinischen Zwecken. Die Indikationen und einzelnen Infusionstherapiearten werden in diesem Artikel vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Infusionstherapie?
Unter einer Infusionstherapie versteht man das kontrollierte Einführen von größeren Flüssigkeitsmengen zur Versorgung von Wasser, Salzen und Nährstoffen oder Medikamenten, die über einen intravenösen Zugang eingeführt werden. Ob als Notfallmaßnahme um großen Blutverlust auszugleichen, zur Behandlung von Tinnitus oder um Müdigkeit zu bekämpfen, eine Infusionstherapie kann helfen.
Infusionstherapie – Gründe und Ziele
Ziel und Zweck einer Infusionstherapie ist die Stabilisierung und Wiederherstellung von vitalen Körperfunktionen eines Patienten durch die Zufuhr von bestimmten Medikamenten oder Nährstoffen. Mittels der Infusionstherapie ist zum einen die Vergabe von Medikamenten zu diagnostischen Zwecken möglich, z.B.die Kontrastmittelverabreichung direkt in den Blutkreislauf.
Des Weiteren stellt die Volumenersatztherapie bzw. Flüssigkeitszufuhr die Versorgung mit ausreichend Flüssigkeit sicher, wenn zuvor ein hoher Flüssigkeitsverlust (Durchfall, Erbrechen, Blutverlust) stattgefunden hat. Bei der Makro- und Mikronährstofftherapie findet die Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen statt. Die Elektrolyttherapie korrigiert die lebensnotwendigen Elektrolytkonzentrationen im Organismus und unterstützt deren Aufrechterhaltung.
Medikamentöse Infusionstherapie
Hierbei werden Medikamente direkt und kontinuierlich verabreicht, wenn der Patient nicht in der Lage ist diese einzunehmen bzw. die Sicherstellung der Versorgung mit Medikamenten gewährleistet sein muss. Häufig wird die medikamentöse Infusionstherapie im Gebiet der Onkologie angewendet. Ziel ist hierbei eine Tumorrückbildung und Vorbeugung von Metastasenbildung im Rahmen einer Chemotherapie bei Krebspatienten.
Volumenersatztherapie
Eine Volumenersatztherapie wird zumeist bei Verletzungen oder Gefäßerweiterungen vorgenommen, wenn ein Volumenmangel besteht. Dieser Volumenverlust entsteht bei Durchfall, Erbrechen oder Blutverlust. Somit ist diese Art der Infusionstherapie oftmals in der Notfallmedizin anzutreffen.
Flüssigkeitszufuhr
Therapie bei Dehydration, z. B. bei Erbrechen, Diarrhoe (Durchfall) oder verminderter Wasseraufnahme. Sie dient der Stabilisierung des Blutkreislaufes. Gerade bei älteren Menschen, die ein vermindertes Durstgefühl haben, ist häufig in den Sommermonaten ein erhöhter Bedarf an Flüssigkeitszufuhr gegeben, da sie nicht ausreichend trinken.
Elektrolyttherapie
Bei der Elektrolyttherapie justiert der Arzt die Bilanzen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Eine Hypokaliämie (erniedrigter Kaliumspiegel im Blut), kann je nach Ausmaß lebensbedrohliche Auswirkungen haben. Die „Medikamente“, die im Rahmen einer Elektrolyttherapie verabreicht werden, sind einfache Begleitstoffe der Nahrungsaufnahme. Allerdings spielt auch das Verbot von gewissen Speisen und Getränke eine wesentliche Rolle bei der Elektrolyttherapie.
Vitalstofftherapie
Die Vitalstofftherapie dient der Prävention und Therapie mit Makro- und Mikronährstoffen (Nährstoffe, Vitalstoffe). Die Infusionen erfolgen nach einer individuellen Vitalstoff-Analyse. Der Patient erhält somit die Vitalstoffe, die seinen Erfordernissen und Bedürfnissen genauestens entsprechen. Die Verabreichung von Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren und anderen natürlichen organischen Verbindungen als Infusionen beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Biochemie und Physiologie.
Infusionstherapie – Verabreichungsmethoden
Für die Verabreichung der Infusionslösungen gibt es diverse Methoden. Je nach Indikation wird entschieden, welche angewendet wird. Die häufigste Verabreichungsmethode ist mit Abstand die Intravenöse.
Intravenöse Infusion
Die intravenöse Infusion ist eine Form der Infusion, bei der die Infusionslösung über eine Kanüle oder einen Venenkatheter in die peripheren oder Hohlvenen des Körpers eingeschleust wird. Unterschieden wird hierbei zwischen zentralvenösen Zugängen (Nutzung einer großen, herznahen Vene) und periphervenösen Zugängen (Nutzung der Extremitätenvenen). Bei nur geringer Menge der einzuschleusenden Lösung spricht man von einer intravenösen Injektion.
Intraarterielle Infusion
Bei der Anwendung der intraarteriellen Infusion verteilt sich die Flüssigkeit schneller im Kreislauf durch die Einschleusung über die Arterie. Angewendet wird diese Methode z.B. bei der Vergabe von Kontrastmitteln. Dies ermöglicht eine schnelle Diagnostizierung von Gefäßerkrankungen. Die kontinuierliche Infusion von 0,9%iger Kochsalzlösung im Rahmen einer intraarteriellen Blutdruckmessung ist ein weiteres Beispiel für eine intraarterielle Infusion. Die am häufigsten verwendeten Arterien hierfür sind die Arteria radialis oder die Arteria femoralis.
Subkutane Infusion
Unter einer subkutanen Infusion versteht man das kontrollierte Einbringen von größeren Flüssigkeitsmengen in das Unterhautfettgewebe (Subkutis). Da das Gewebe der Subkutis (Unterhaut) eine lockere Struktur aufweist, ist es in der Lage Flüssigkeit zu speichern und langsam an umliegende Blutgefäße abzugeben. Diese Methode ist besonders Kreislauf schonend. Sie stellt gerade bei älteren Patienten eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit sicher.
Intraossäre Infusion
Bei dieser Infusionsmethode wird Flüssigkeit direkt in das Knochenmark verabreicht. Diese Methode kommt insbesondere bei Kindernotfällen zum Einsatz, bei denen ein intravenöser Zugang nicht möglich ist. Der intraossäre Zugang ist daher bei der Infusion von Flüssigkeit, Verabreichen von Medikamenten und Blutentnahme eine vergleichbare Alternative zum Venenkatheter.
Epidurale Infusion
Bei der epiduralen Infusion wird ein Lokalanästhetikum in den Periduralraum verabreicht. Im Rahmen einer Schmerztherapie bzw. Epiduralanästhesie werden durch die Infusion große Nervenbahnen direkt an ihrer Wurzel innerhalb der Wirbelsäule betäubt. Angewendet wird die epidurale Infusion in Verbindung mit umfangreichen bauchchirurgischen, orthopädischen, gynäkologischen und urologischen Eingriffen. Zudem ermöglicht sie eine schmerzarme Geburt.
Infusionstherapie – Infusionsarten
Infusionen können mit Hilfe unterschiedlicher Techniken verabreicht werden. Hierbei unterscheidet man unter folgenden drei Arten.
Schwerkraftinfusion
Die Flüssigkeitszufuhr erfolgt durch das hydrostatische Druckgefälle zwischen Patient und Infusionsbehälter. Sie zählt zu der geläufigsten Infusionstechnik. Treibende Kraft bei der Schwerkraftinfusion ist einzig der hydrostatische Druck, der durch die Höhendifferenz zwischen Infusionsbehälter und Patient (zur Herzhöhe) zustande kommt.
Pneumatische Druckinfusion
Die pneumatische Druckinfusion ist eine häufig angewandte Technik bei Notfällen. Hierbei muss oftmals Flüssigkeit sehr schnell ersetzt und zugeführt werden. Dazu werden flexible Kunststoffinfusionsbehälter verwendet, die in eine Druckmanschette eingelegt werden. Bei einem Druck von 200 bis 300mmHg wird die Infusionsrate erhöht und die Flüssigkeit fließt dementsprechend schneller ein.
Infusionspumpe/ Spritzenpumpe
Hierbei wird die Infusion mit Hilfe einer Infusionsschlauchpumpe oder einer Infusionsspritzenpumpe durchgeführt. Eingesetzt werden diese Pumpen hauptsächlich bei intravenösen Infusionen. Dadurch ist eine sehr konstante und große Dosiergenauigkeit erzielbar.
Welche Infusionslösungen gibt es?
Je nach Indikation kommen Infusionslösungen unterschiedlichster Zusammensetzung zum Einsatz. Es folgt eine detaillierte Übersicht, der möglichen Infusionslösungen.
Isotonische Kochsalzlösung
Diese Infusionslösung ist eine kristalloide Flüssigkeitslösung (Elektrolytlösung). Sie enthält Natriumchlorid (Kochsalz) und entspricht in ihrer Osmolarität dem Blutplasma. Sie dient in erster Linie dem Volumenersatz oder als Trägerlösung für Medikamente. Eingesetzt wird sie bei hypotoner oder isotoner Dehydration, Chloridverlusten, hypochlorämischer Alkalose und als kurzfristiger Volumenersatz.
Vollelektrolytlösungen
Diese Infusionslösungen enthalten Elektrolyte, wie z.B. Natrium, Kalium, Calcium, Chlorid in körperähnlicher Zusammensetzung. Sie helfen bei Volumenverlust, dienen dem Offenhalten eines venösen Zugangs, sind Trägerlösung für Medikamente und korrigieren den Elektrolythaushalt. Auch sie gehören zu den kristalloiden Infusionslösungen. Im Vergleich zur isotonischen Kochsalzlösung verursachen sie weniger häufig schwerwiegende Nebenwirkungen wie etwa Nierenversagen.
Glukoselösungen
Diese Art der Infusionslösung dient der parenteralen Energieversorgung. Sie können in unterschiedlichen Konzentrationsstärken verwendet werden. Sie enthalten keine Elektrolyte. Eingesetzt werden sie bei hypertoner Dehydration, wenn nur Flüssigkeit substituiert werden soll.
Kolloidale Lösungen
Sie werden sowohl in der Volumentherapie als auch zur Blutverdünnung eingesetzt. Kolloidale Infusionslösungen beinhalten Makromoleküle, wie z.B. Kohlenhydrate oder Proteine, die die Gefäßwand nicht durchdringen können. Bis zu ihrem enzymatischen Abbau verweilen sie somit in der Blutbahn und halten dadurch einen gewissen kolloidosmotischen Druck aufrecht. Diesen Effekt macht man sich vor allem in der Akuttherapie des hypovolämischen Schocks zu Nutze.
Osmotherapeutische Infusionslösungen
Bei der Zuführung osmotisch wirksamer Substanzen handelt es sich um hochkonzentrierte Lösungen von Zuckeralkoholen, die hyperton sind. Dadurch steigt der osmotische Druck im Extrazellulärraum. Dies bewirkt eine Bindung von Flüssigkeiten, die sich im Gewebe angesammelt haben. Somit wird diese Infusionslösung bei der Behandlung von Ödemen eingesetzt, sowie bei akuten Vergiftungen und Nierenfunktionsstörungen.
Chemotherapeutika
Chemotherapeutika werden in Verbindung der sogenannten Chemotherapie eingesetzt. Die Medikamente, die man während einer Chemotherapie mittels Infusionslösung erhält, heißen Zytostatika. Es gibt zahlreiche, verschiedene Wirkstoffe. Allen ist gemeinsam, dass sie die Teilung und Vermehrung von Tumorzellen hemmen.
Wie läuft eine Infusionstherapie ab?
Am Beginn einer Infusionstherapie steht eine gründliche Anamnese und Diagnosestellung. Im Anschluss daran wird dem Patient eine individuell dosierte Menge an Infusionslösung verabreicht. Eine Infusionstherapie kann je nach Indikation stationär oder ambulant verlaufen. Je nach Krankheitsbild verläuft eine Infusionstherapie als einmalige Maßnahme oder wird in bestimmten Abständen regelmäßig wiederholt.
Wie lange dauert eine Infusionstherapie?
Eine Infusionstherapie dauert ca. 30 bis 60 Minuten. Dabei kann es sich um eine einmalige, akut notwendige Maßnahme handeln oder muss beispielsweise im Zuge einer Tinnitusbehandlung oder Chemotherapie über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt werden.
Infusionstherapie – Was gibt es danach zu beachten?
Im Anschluss an eine Infusionstherapie sollte man auf Rötungen und Überwärmungen an der Punktionsstelle achten. Treten diese Symptome auf, kann dies auf eine Entzündung hinweisen und sollte überprüft werden. Atemnot, Schwellungen sowie Bewusstseinsstörungen gehören ebenfalls zu typischen Anzeichen von Komplikationen einer Infusionstherapie.
Infusionstherapie – Risiken und Nebenwirkungen
Die Risiken und Nebenwirkungen von Infusionstherapien sind umfangreich. Um sie auf ein Minimum zu reduzieren sollte die Infusionstherapie von geschultem Personal durchgeführt werden und ständiger ärztlicher Aufsicht unterliegen.
Mögliche Risiken und Nebenwirkungen sind:
- Embolie durch Luft im Infusionssystem
- Verletzungen der Blutgefäße durch Kanülen
- Allergische Reaktionen auf Infusionslösung
- Reizung der Blutgefäße
- Falsche Lage des Venenverweilkatheters
- Übermäßige Belastung des Herzens
- Bewusstseins- und Nierenfunktionsstörungen
- Ungleichgewicht des Säure-Basen-Haushaltes
- Medikamentöse Überdosierung
- Ödeme durch das Einlagern von Wasser im Gewebe
- Atemnot und Entzündungsreaktionen wie Schwellung, Rötung, Schmerz
- Blutvergiftung bei unzureichender Desinfektion und Sterilisation
- Embolie wenn Luft in die Blutgefäße gelangt
- Bildung eines Thrombus oder eines Gerinnsels
Infusionstherapie – Kosten
Die Kosten für Infusionstherapien können stark variieren. Je nach Indikation werden die Kosten von den Krankenkassen getragen oder müssen selbst finanziert werden.
Kosten einer Infusionstherapie zur Behandlung eines Hörsturzes gehören zu den sogenannten IGeL Leistungen und werden nicht von den Kassen getragen. Hier belaufen sich die Kosten auf 10 bis 25 Euro pro Infusion. Die Kosten einer sogenannten Vitamininfusionstherapie können sogar zwischen 80 und 200 Euro pro Infusion betragen.
Mehr zu Infusion
1. I care Pflege, Thieme (Verlag), 2015
2. J.-M. Hahn, Checkliste Innere Medizin, Thieme (Verlag), 5. Auflage, 2007
3. A.Sturm, F. Largiadèr, O.Wicki: Checkliste Onkologie, Thieme (Verlag), 5. Auflage, 2001