Ärzte gelten in der öffentlichen Wahrnehmung oft als Top-Verdiener. Das ist prinzipiell richtig, doch beim Blick auf das Bruttoeinkommen mit einer eigenen Arztpraxis werden Zahlen oft undifferenziert genutzt, sodass sich ein verzerrtes Bild in Rankings ergibt. Bei angestellten Ärzten zeigt ein Blick in den jeweiligen Tarifvertrag sehr schnell, wie hoch das Bruttoeinkommen je nach Position ist.
Inhaltsverzeichnis
Der Reinertrag darf nicht mit dem Verdienst einer Arztpraxis gleichgesetzt werden. Ohne Berücksichtigung der Kostenstruktur einer Arztpraxis wird sich der Verdienst nicht herleiten lassen. Der Reinertrag besagt nur, wie viel eine Praxis einnimmt. Auf der anderen Seite der Rechnung tauchen alle Kosten auf, die diese Einnahmen mindern. Erst die Differenz aus Reinertrag und Aufwendungen ergibt den tatsächlichen Gewinn.
Was ist der Reinertrag einer Arztpraxis?
Rein formal betrachtet handelt es sich um das Bruttoeinkommen eines Praxisinhabers, das nicht mit dem Verdienst gleichzusetzen ist. Der Reinertrag je Praxis stellt das Gesamtergebnis eines Geschäftsjahres dar.
Der Reinertrag wird als Differenz zwischen Einnahmen und Aufwendungen einer Arztpraxis definiert. Dabei handelt es sich um Aufwendungen für laufende Kosten der Praxis für Personal, Miete, Strom und weitere Nebenkosten. Die Kosten für die Praxisübernahme oder Kosten für Altersvorsorge, Krankenversicherung, Rentenversicherung der Praxisinhaber sowie die Einkommenssteuern bleiben jedoch außen vor.
Das Arzteinkommen mit eigener Praxis hängt unmittelbar von der konkreten Kostenstruktur ab. Völlig pauschale Angaben für den Gewinn von Arztpraxen kann es nicht geben, nur Orientierungswerte. Zu beachten ist zudem, dass der Reinertrag je nach Fachrichtung deutlich abweichen kann.
Wie hoch ist der Reinertrag je Arztpraxis?
Statistische Daten zeigen, dass die Einnahmen pro Praxis zuletzt im Durchschnitt bei etwa 600.000 Euro lagen. Die Abrechnung mit gesetzlichen Krankenkassen stellt mit über 70 % den größten Einnahmefaktor dar. Abrechnungen mit privat versicherten Patienten machen nur etwa 25 % aus. Aus eigener Tasche von Patienten bezahlte Leistungen machen nur einen geringen Anteil aus.
Bei Fachärzten sind die abrechenbaren Fallpauschalen häufig höher, da z. B. mit Röntgenuntersuchungen ein Mehraufwand verbunden ist.
Die folgende Tabelle zeigt, dass es deutliche Unterschiede beim Verdienst je nach Fachrichtung gibt. So ist das Bruttoeinkommen eines Radiologen mit über 1.103.000 Euro am höchsten, Fachärzte der Fachrichtung Haut- und Geschlechtskrankheiten rangieren mit gut 344.000 Euro auf den mittleren Plätzen des Rankings. Neurologen und Psychiater verdienen mit 232.000 Euro am wenigsten.
Rang | Fachbereich | Einnahmen pro Praxis | Reinertrag |
---|---|---|---|
1 | Radiologe | 2.836.000 € | 1.103.000 € |
2 | Augenarzt | 1.212.000 € | 541.000 € |
3 | Urologe | 724.000 € | 371.000 € |
4 | Orthopäde | 805.000 € | 362.000 € |
5 | Internist | 749.000 € | 351.000 € |
6 | Hautarzt | 702.000 € | 344.000 € |
7 | Chirurg | 746.000 € | 317.000 € |
8 | Allgemeinmediziner | 537.000 € | 292.000 € |
9 | HNO Arzt | 554.000 € | 288.000 € |
10 | Kinderarzt | 545.000 € | 271.000 € |
11 | Frauenarzt | 501.000 € | 245.000 € |
12 | Neurologen / Psychiater | 418.000 € | 232.000 € |
Quelle: Destatis (Statistisches Bundesamt) – Kostenstruktur bei Arztpraxen 2019.
Kostenstruktur einer Arztpraxis
Zu beachten mit Blick auf den Verdienst einer Arztpraxis ist, dass Praxisinhaber als Selbstständige (!) alle Aufwendungen selber zu 100 % zu tragen haben. Hinzu kommen laufende Kosten für die Finanzierung des Praxisbetriebes, denn für medizinische Geräte sind nicht selten immense Kosten aufzubringen. Hierfür sind langfristige Kredite oder Darlehen zu bedienen.
Generell spielt die Auslastung eine Praxis natürlich auch eine Schlüsselrolle für das Bruttoeinkommen. Je mehr Einnahmen erzielt werden, desto mehr bleibt nach Abzug aller Kosten übrig. Die obige Tabelle hat große Unterschiede beim Arzteinkommen aufgezeigt: Demgegenüber stehen aber auch sehr unterschiedliche Kostenstrukturen. Diese sind zu berücksichtigen, wenn man den Reinertrag berechnen möchte. Gerade Facharztpraxen für Radiologie haben in diesem Sinn hohe Aufwendungen für die Praxisausstattung zu bewältigen. Generell haben Fachärzte höhere Aufwendungen, was den Reinertrag relativiert.
In den letzten Jahren lässt sich der Trend festhalten, dass der Reinertrag von Arztpraxen gestiegen ist. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass auch das Bruttoeinkommen von Ärzten in Niederlassung gestiegen ist. Denn auf der anderen Seite der Rechnung sind nicht wenige Aufwendungen deutlich gestiegen und besonders die Corona-Pandemie hat viele Praxen vor große Herausforderungen gestellt.
Einnahmen, Aufwendungen, Reinerträge je Arztpraxis
Vom definierten Reinertrag seiner Praxis muss ein niedergelassener Arzt Einkommenssteuer und sämtliche Versicherungen für sich und ggf. Angehörige zahlen. Zu denken ist besonders an die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Altersvorsorge. Hinzu kommen regelmäßige Beiträge für Versorgungseinrichtungen.
Zu den weiteren typischen Aufwendungen einer Arztpraxis zählen vor allem Kosten für Personal, Miete und Energie sowie laufende Kredite. Experten gehen davon aus, dass als Einkommen unter dem Strich etwa 25 % des Gesamthonorarumsatzes einer Praxis übrig bleiben. Und dann ist noch die Frage offen, wie viel sich Ärzte tatsächlich als Lohn auszahlen oder wieder in ihren Betrieb investieren.
Reinertrag und Nettogewinn als niedergelassener Arzt
Geht man als Faustformel von 25 % des Reinertrags je Praxis aus, lassen sich mit der Tabelle weiter oben für diverse Fachrichtungen Gewinne pro Jahr ableiten. Im Einzelfall kommt es aber immer auf die Kostenstruktur einer Arztpraxis an, sodass es sich nur um Richtwerte handelt. Durch die hohe Abgabenlast sind 50 % für Aufwendungen keine Seltenheit für Praxisinhaber, sodass das monatliche Gehalt als niedergelassener Arzt oft nicht sehr weit über 6.000 Euro hinausgeht. Im Vergleich zu vielen angestellten Kollegen verdienen niedergelassene Ärzte im Schnitt mehr, wobei sie als ihr eigener Chef selbstständig agieren können. Das ist jenseits der Finanzen ein entscheidendes Motiv, das für den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit als Arzt spricht.
Fazit zum Reinertrag von Arztpraxen
Auf der anderen Seite der Gesamtabrechnung stehen enorm viel Verantwortung, ein hohes Arbeitsaufkommen und vergleichsweise wenig Urlaub. Das alles zeigt, dass der Reinertrag je Praxis sehr differenziert zu betrachten ist.
Es sollte deutlich geworden sein, dass der Reinertrag auf keinen Fall mit dem Arzteinkommen gleichzusetzen ist. Wer Auswertungen zum Gehalt von niedergelassenen Ärzten liest, sollte die zugrunde gelegte Datenbasis methodisch immer kritisch prüfen. Reinertrag und Bruttoeinkommen sind differenziert zu betrachten.