
Wer eine Praxiseröffnung plant, muss sich neben den grundlegenden Fragen zur Finanzierung oder Standortwahl auch überlegen, ob sie oder er als Vertragsarzt oder Privatarzt tätig sein möchte. Beide Praxisformen haben Vor- und Nachteile für den Praxisbetreiber. Wer an der individuellen Betreuung seiner Patienten und Freiheiten in der Therapiegestaltung interessiert ist, könnte für eine Privatpraxis geeignet sein. Besteht der Wunsch nach einer ganzheitlichen ärztlichen Versorgung, die alle Menschen betrifft und eine sichere berufliche Basis bildet, ist eine Vertragspraxis hingegen besser geeignet.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Als Vertragsarzt muss man viele Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigung erfüllen.
- Je nach Bundesland müssen Privatärzte anders als Vertragsärzte nicht am kassenärztlichen Bereitschaftsdienst beteiligt sein.
- Praxisstandort und Facharzttitel sind für Privatärzte nicht unbedingt nötig.
- Privatärzte haben Niederlassungsfreiheit, aber keinen Gebietsschutz und damit mehr Konkurrenz.
Unterschiede Privatpraxis und Vertragspraxis
Die Unterschiede zwischen Privat- und Vertragspraxis stehen bereits im Namen: Vertragsärzte stehen in einem vertraglichen Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und sind Teil des Kassensystems im Gesundheitswesens. Sie arbeiten auf Grundlage des Sozialgesetzbuches, sind Teil des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes und decken das gesamte medizinische Spektrum in ihrem Fachbereich ab. Dafür ist eine abgeschlossene Facharztweiterbildung gemäß der Weiterbildungsordnung zusätzlich zur Approbation nötig.
Im Fokus liegt als Privatarzt bei der Praxisgründung – wie bei vielen anderen Privatunternehmen auch – die Nischensuche sowie das Definieren einer Zielgruppe beziehungsweise eines bestimmten Klientels. Je nach Bundesland müssen Privatärzte anders als Vertragsärzte nicht am kassenärztlichen Bereitschaftsdienst beteiligt sein. Auch ein Praxisstandort ist nicht unbedingt nötig – während das „Umherziehen“ im Rahmen eines Kassenvertrags nicht möglich ist, kann eine Privatpraxis nach diesem Prinzip funktionieren. Viele Ärztinnen und Ärzten nutzen die Privatpraxis als Nebentätigkeit – in diesem Rahmen sind bis zu zwei Privatpraxen möglich, wenn der eigene Arbeitsvertrag nichts anderes besagt.
Mögliche Vor- und Nachteile Vertragspraxis
Als Vertragsarzt ist man dem kassenärztlichen System verpflichtet, was mit erheblicher Bürokratie einhergeht. Die Zulassung für einen Kassenplatz ist zeitaufwendig und erfordert oft Bewerbungen und Vertragsabschlüsse. Zusätzlich zur finanziellen Belastung durch den Erwerb eines Kassenplatzes müssen Richtlinien für Arznei- und Verbandsmittel beachtet werden, eine Obergrenze, die gerade beispielsweise für Praxen mit vielen chronisch kranken Patienten problematisch sein kann.
Darüber hinaus hat man einen Versorgungsauftrag: Vertraglich festgelegt muss man persönlich für mindestens 20 Stunden in der Woche für Sprechstunden in der Praxis verfügbar sein. Um Konflikte zu lösen, die dabei entstehen, hat man jedoch die Möglichkeit, Modelle zu nutzen wie eine Teilzulassung, bei der man sich den Kassenplatz mit einem anderen teilt. Man muss weniger Aufwand in Patientengewinnung und Praxismarketing stecken, denn der Patientenpool ist groß, weil die Tätigkeitsbereiche geschützt sind. Wenn man einen Kassenplatz an seinem Wunschstandort hat, entsteht keine unerwartete Konkurrenz, wenn kein Bedarf besteht.
Viele Ärztinnen und Ärzte entscheiden sich für eine Vertragspraxis, um Menschen aus allen Sozial- und Bevölkerungsschichten zu helfen und eine ganzheitliche medizinische Versorgung anbieten zu können. Häufig handelt es sich hierbei um jüngere Mediziner, die noch kein großes privates Vermögen aufgebaut haben. Man hat aber auch mit einem Kassenplatz die Möglichkeit, private Dienstleistungen anzubieten. Ein Umstieg auf eine Privatpraxis ist im Laufe der Karriere ebenfalls möglich. Alles Wichtige zur Praxisgründung hier:
Mögliche Vor- und Nachteile Privatpraxis
Im Gegensatz zu einem Vertragsarzt hat man als Privatarzt keinen Gebietsschutz – man steht also ständig in der Konkurrenz zu anderen Ärzten, aber je nach Leistungsspektrum auch zu nicht-ärztlichen Leistungserbringern wie Physiotherapeuten, Osteopathen oder Therapeuten. So oder so ist das Einkommen um einiges unsicherer als bei einer Praxis mit Kassensitz. Man braucht entweder besonders viele Patienten, Leistungen, die viel Geld einbringen, oder man muss mit einem geringer ausfallenden Einkommen rechnen.
Bei ausreichend Patienten gilt aber die Tendenz: Je mehr Privatpatienten, desto höher der Reinertrag. Für die Patienten kann man außerdem freier und individuelle Therapien anbieten, die keinen kassenärztlichen Vorgaben entsprechen müssen. Darüber hinaus hat man als Privatarzt meist mehr Zeit für seine Patienten. Zudem gilt die Niederlassungsfreiheit: Privatpraxen sind nicht an einen bestimmten Ort gebunden und an weniger Bedingungen geknüpft. Erfüllt man die Facharzt-Standards seiner Behandlungen, muss man keine Facharztausbildung abgeschlossen haben, um eine Privatpraxis zu gründen. Aus diesem Grund ist diese Niederlassungsform besonders als Nebenjob beliebt.
Alles zu den wichtigsten Voraussetzungen bei der Eröffnung einer Privatpraxis finden Sie hier: