Wer eine Privatpraxis eröffnen will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Niederlassung als Privatarzt ist eine Möglichkeit, über die vertragsärztlichen Grenzen heraus agieren zu können. So bietet sich diese Form der Niederlassung etwa für (Assistenz-)Ärzte an, die dem stressigen Alltag entkommen wollen oder nebenberuflich etwas dazuverdienen möchten. Auch Personen, die jahrelang als Vertragsarzt tätig sind, wechseln im Laufe der Karriere manchmal zur Privatpraxis, um freier Entscheidungen treffen zu können oder die Patientenanzahl herunterzufahren. Doch die Eröffnung einer nicht-vertraglichen Praxis bringt trotzdem Pflichten mit sich.
Inhaltsverzeichnis
1. Approbation und Facharzttitel
Bevor Sie als Arzt eine Privatpraxis eröffnen dürfen, bedarf es genau genommen lediglich der ärztlichen Approbation. Dennoch scheuen sich viele Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung vor der Praxisgründung. Dabei ist der Facharzttitel genauso wenig Voraussetzung für eine Privatpraxis wie für kompetente Versorgung nach fachärztlichen Standards. Möglichkeiten bei der Eröffnung einer privaten Niederlassung ohne Facharzt sind beispielsweise:
- Wahl eines Fachbereichs, die keines Facharzttitels sondern lediglich einer Zusatzbezeichnung bedarf
- allgemeinmedizinische Tätigkeit
- von der Schulmedizin abweichende Fachbereiche, wie Traditionelle Chinesische Medizin, Osteopathie oder Naturheilverfahren
- beratende Tätigkeiten
Ärzte ohne abgeschlossene Weiterbildung sollten dabei beachten, keine geschützten Berufsbezeichnungen zu verwenden. Mit einer Facharztbezeichnung kann der Tätigkeitsbereich wiederum auf bestimmte Handlungen begrenzt sein. Am besten nehmen Sie hierzu rechtliche Beratung in Anspruch.
2. Anmeldung bei der Ärztekammer
Auch als Privatarzt besteht eine Meldepflicht bei der zuständigen Ärztekammer. Diese ist im landesabhängigen Heilberufegesetz (HeilBerG) sowie in der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte geregelt. In der Regel müssen sie unverzüglich Ort und Zeitpunkt der Niederlassung melden, sowie alle gesetzlich erforderlichen Berechtigungsnachweise vorlegen. Im Zuge dessen sollte man sich auch informieren, inwiefern bzw. ob man am ärztlichen Notdienst beteiligt ist.
Wenn patientenbezogen in einer Niederlassung gearbeitet wird, muss ein Praxisschild angebracht werden. Man kann aber auch als Privatarzt ohne Praxis tätig sein.
3. Anmeldung als Freiberufler
Die Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte gibt den Arztberuf als „freien Beruf“ im Allgemeinen an. Die Voraussetzung für eine Niederlassung – auch einer Privatpraxis – ist die Anmeldung beim Finanzamt als Freiberufler. Während sich viele vor der Bürokratie scheuen, die mit diesem Schritt einhergeht, bedarf es lediglich einer formlosen Mitteilung. Alle weiteren Informationen werden in Form eines Fragebogens zur steuerlichen Erfassung eingeholt – mittlerweile in Deutschland fast ausschließlich einfach und bequem online über ELSTER.
Privatpraxis als Nebentätigkeit
Generell darf man Nebentätigkeiten als Arzt ausüben. Dies gilt auch für die Möglichkeit einer privatärztlichen Tätigkeit. Die Hürde hierbei liegt in Ihrem Arbeitsvertrag: Dieser kann Abschnitte enthalten, die eine Nebentätigkeit verbieten. Meist sind Arbeitnehmer aber lediglich zur Mitteilung ihrer Nebentätigkeiten verpflichtet. Steht im Arbeitsvertrag „schriftliche Mitteilung“, ist eine Unterschrift zur Bestätigung einzuholen. Bei der Bezeichnung „in Textform“ reicht eine E-Mail. Auch wenn man keine entsprechenden Absätze im eigenen Arbeitsvertrag findet, sollte man sich dennoch absichern und dem Arbeitgeber die Nebentätigkeit mitteilen – am besten schriftlich, um eine entsprechende Dokumentation zu haben. Ist vertraglich keine zeitliche Frist gesetzt worden, reicht eine Information kurz vor Beginn der Tätigkeit. Generell gilt bei den Nebentätigkeiten: keine loyalitätspflichtverletzende Arbeit bei der Konkurrenz und keine Tätigkeit, die einen Interessenkonflikt auslöst.
5. Betriebswirtschaftliche Planung und Finanzierung
Auch zur Eröffnung einer Privatpraxis gehört die Ausarbeitung eines guten Geschäftskonzepts und der richtigen Praxisorganisation. Nach abgeschlossener Planung sollte man die folgenden Fragen beantworten können:
- Nach welcher Rechtsform soll die Praxis aufgebaut sein?
- Wie ist die Praxis organisiert?
- Wie sieht der Businessplan aus (Einnahmen, Ausgaben und Risiken)?
- Welche Software wird zur Organisation verwendet?
- Wie wird die Abrechnung organisiert? (Achtung! Unbedingt die Gebührenordnung für Ärzte beachten!)
- Wie finanziert man die Praxis?
Die Finanzierung der Arztpraxis erfolgt meist aus privatem Vermögen oder Spenden aus dem Umfeld. Doch es gibt auch Investoren, die in Privatpraxen investieren. Man kann auch einen Kredit aufnehmen, um die finanziellen Voraussetzungen für eine Privatpraxis zu erfüllen. Es ist sinnvoll in den genannten Punkten, Expertenrat vom Anwalt, Buchhalter und/oder Steuerberater in Anspruch zu nehmen.
Checkliste Praxisfinanzierung
Die eigene Niederlassung ist ein langfristiges Projekt für Sie als Ärztin oder Arzt. Dafür braucht es Geduld, Durchhaltevermögen, das nötige Quäntchen Glück und vor allem gute Vorbereitung und Planung. Wenn Sie mit Ihrer Praxisfinanzierung starten möchten, finden Sie in unserem Whitepaper-Bereich eine ausführlichere Checkliste Praxisfinanzierung als PDF zum Download.
6. Praxisstandort gut wählen
Die Wahl des Praxisstandorts kann über Erfolg oder Misserfolg einer Privatpraxis entscheiden. Der fehlende Standortschutz stellt einen Vorteil in der Entscheidungsfreiheit dar, kann aber auch ein Nachteil sein. Deshalb sollte man sich frühzeitig Gedanken über Angebote, Nachfrage und Konkurrenz in gleichen oder ähnlichen Tätigkeitsbereichen machen, bevor man sich auf einen Praxisstandort festlegt. Unter Umständen kann das Festlegen einer speziellen Nische Konkurrenz vermeiden.
7. Versicherungen
In jedem Fall ist eine Berufshaftpflichtversicherung für tätige Ärzte und Ärztinnen nach HeilBerG verpflichtend und muss bei der Ärztekammer auf Aufforderung nachgewiesen werden können. Weitere wichtige Versicherungen für Arztpraxen sind beispielsweise eine Rechtsschutzversicherung, eine Praxispolice und eine Inhaltsversicherung. Besonders in Zeiten von digitalen Patientenakten nimmt die Cyberschutzversicherung eine bedeutende Rolle ein. Die zuletzt genannten sind aber keine Voraussetzung für die Privatpraxis.
8. Mitarbeitergewinnung
Mitarbeiter lassen sich für die Arbeit in privaten Arztpraxen häufig gut durch verschiedene Benefits locken, die tarifvertraglich nicht umsetzbar sind. So kann je nach Umfang oder Art des Jobs beispielsweise ein Firmenfahrzeug, moderne Hardware oder eine Art von Gewinnbeteiligung motivierte und kompetente Angestellte anlocken. Auch die flexibleren Arbeitszeiten oder Wegfall von (unterbezahlten) Überstunden kann ein Pullfaktor sein. Aufgrund weniger Patienten kann manchmal aber schon die Anstellung eines Minijobbers zur organisatorischen Unterstützung ausreichen. Manche Ärzte und Ärztinnen leiten ihre Privatpraxis sogar komplett allein. Mehr zum Thema Personalbeschaffung hier:
Achtung: Wer ärztliches Personal in seiner Privatpraxis anstellt, muss dies der Ärztekammer melden.
9. Patientenakquise
Die Patientenakquise ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Privatpraxis, da man in ständiger Konkurrenz zu anderen Dienstleistern steht und der Patientenpool generell kleiner ist. Sinn macht es, sich zu überlegen, welche Gruppe man ansprechen will, ob beispielsweise nur gesetzlich Versicherte mit privaten Zusatzleistungen oder privat Vollversicherte behandelt werden sollen. Auch über die Art, wie man Patienten auf sich aufmerksam machen will, sollte man sich in diesem Schritt Gedanken machen. Klassische Methoden sind beispielsweise Bewertungsportale oder eine Praxis-Homepage. Moderner ist beispielsweise Praxismarketing über Social Media. Hierbei sollte man unbedingt die Regelungen nach Telemediengesetz beachten. Mehr zum Praxismarketing: