Haben Sie sich als Ärztin oder Arzt für die Arbeit in der ambulanten Versorgung entschieden, stehen Ihnen nun mehrere Pfade offen: eine Anstellung, die eigene Niederlassung oder die Gründung bzw. der Beitritt zu einer Partnerpraxis. Jede dieser Optionen bietet individuelle Vor- und Nachteile, die sorgfältig abgewogen werden müssen, um den Bedürfnissen und Zielen des Einzelnen gerecht zu werden. Neben den persönlichen Präferenzen spielen rechtliche, finanzielle und betriebswirtschaftliche Aspekte eine entscheidende Rolle bei der Wahl des zukünftigen Berufsweges.
Inhaltsverzeichnis
Als Arzt in Anstellung in der ambulanten Versorgung
Die Anstellung im ambulanten Sektor bietet Ärzten diverse Möglichkeiten, darunter Tätigkeiten in Gesundheitszentren, MVZ (Medizinischen Versorgungszentren) oder bei niedergelassenen Ärzten. Das Einkommen als angestellter Arzt in der ambulanten Versorgung variiert je nach Arbeitgeber und Arbeitsort, im Gegensatz zumeist tariflich gebundenen Krankenhäusern. In Praxen kann das Gehalt in der Regel individuell verhandelt werden, wobei neben der Erfahrung die Fachrichtung eine gewichtige Rolle spielt. Fortbildungen sind nicht nur zugänglich, sondern werden oft vom Arbeitgeber unterstützt, was die fachliche Entwicklung und Karrierechancen innerhalb der medizinischen Einrichtung fördert.
Ambulante und stationärer Versorgung? Theoretisch möglich!
Sofern das Arbeitszeitgesetz eingehalten wird, kann ein Arzt gleichzeitig an einem Krankenhaus und in einer Praxis angestellt sein, z.B. jeweils in Teilzeit oder einer Mischung aus Teilzeit und Minijob.
Finanzen und Steuern – eine Win-Win-Situation
Angestellte Ärzte profitieren von einem geregelten Einkommen mit Sozialversicherungsbeiträgen. Steuerlich ergeben sich durch das Einkommensteuergesetz und spezifische Absetzmöglichkeiten für beruflich bedingte Ausgaben Vorteile. In einer Anstellung lassen sich Erfahrungen in einer Niederlassung sammeln, wenn man außerhalb einer Klinik Patienten versorgen möchte aber keine Investitionskosten für eine eigene Praxis aufwenden kann oder kein und unternehmerisches Risiko tragen will.
Für den Praxisinhaber, der andere Ärzte einstellt, hat das Arrangement auch Vorteile: Er kann durch seine Mitarbeiter sein Leistungsspektrum erweitern, wenn diese besondere Fachspezialisierungen mitbringen. Übrigens ist auch in gesperrten Planungsbereichen die Anstellung von Ärzten in Vertragsarztpraxen oder einem MVZ möglich, sofern Praxisinhaber und angestellter Arzt dasselbe Fach ausüben und der bisherige Umfang der Praxis nicht ausgeweitet wird.
Vorteile | Nachteile |
weniger administrative Lasten | weniger unternehmerische Freiheit |
festes Gehalt | geringere Verdienstmöglichkeiten |
gute Work-Life-Balance | |
Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten |
Als Arzt in eigener Niederlassung
Eine Niederlassung als Arzt bedeutet, dass Sie in einer eigenen Praxis praktizieren. Um sowohl Privatpatienten als auch gesetzlich Versicherte zu behandeln, benötigen Sie zusätzlich eine kassenärztliche Zulassung. Diese Zulassung ermöglicht es Ihnen, an der Versorgung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung teilzunehmen und mit den Krankenkassen abzurechnen. Nur mit einer solchen Zulassung dürfen Sie sich als Vertragsarzt niederlassen. Ohne eine solche Zulassung können Sie ausschließlich als Privatarzt tätig sein.
In dem Zulassungsverfahren durch die Kassenärztliche Vereinigung spielen die Verfügbarkeitsquoten in der Region eine zentrale Rolle. Die Bedarfsplanung bestimmt, wie viele Vertragsärzte und -Psychotherapeuten in einem bestimmten Bereich tätig sein dürfen. Bei Überversorgung werden Zulassungsbeschränkungen eingeführt. Dann werden keine neuen Vertragsärzte zugelassen. Sie können sich nur bewerben, wenn ein anderer Arzt seine Zulassung zurückgibt. Der Zulassungsausschuss prüft die Bewerbungen nach verschiedenen Kriterien, darunter berufliche Eignung, Erfahrung und Bereitschaft, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen. Bevorzugt werden Personen, die bereits mit dem abgebenden Arzt verbunden sind.
Finanzierung und steuerliche Aspekte
Die Finanzierung der Praxisgründung ist eine der größten Herausforderungen. Die Investition in eine Praxisübernahme oder eine Neugründung ist hoch. Die Summe kann leicht in den sechsstelligen Bereich gehen, sodass man einer jahrelangen Kreditzurückzahlung entgegenblickt. Hier kommen Bankkredite, Fördermittel und Zuschüsse ins Spiel. Steuerlich muss eine Vielzahl von Aspekten beachtet werden, von der Einkommenssteuer bis zur Umsatzsteuer, je nach Praxisumsatz. Wer seine Zukunft definitiv in der Niederlassung sieht, sollte die Planung mit ausreichend Eigenkapital und einem guten Finanzierungsplan beginnen. Mehr dazu hier:
Betriebswirtschaftliche Grundlagen
Das Management einer eigenen Praxis erfordert zudem betriebswirtschaftliches Know-how, insbesondere in den Bereichen Buchhaltung, Kostenmanagement und Personalwirtschaft. Ärzte müssen sich mit Budgetplanung, Controlling, Mitarbeiterführung und der Optimierung von Praxisabläufen auseinandersetzen. Dennoch bietet die Selbstständigkeit auch Chancen, wie die Möglichkeit, das eigene Unternehmertum zu entfalten und direkten Einfluss auf die Praxisphilosophie und Patientenversorgung zu nehmen. Die Herausforderung liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen medizinischer Exzellenz und wirtschaftlicher Effizienz zu finden, um eine nachhaltige und erfolgreiche Praxisführung zu gewährleisten.
Partnerpraxis
Die Gründung oder der Beitritt zu einer Partnerpraxis, wie einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder einer Praxisgemeinschaft, bietet Ärzten die Möglichkeit, Ressourcen zu teilen und in Kooperation miteinander zu arbeiten. Ein wesentliches Element dabei ist der Gesellschaftsvertrag, der die Kooperationsstruktur, Gewinnverteilung und Haftungsregelungen definiert, um zukünftige Probleme zu vermeiden. Partner haften üblicherweise gesamtschuldnerisch, was die Bedeutung angemessener Versicherungen und sorgfältiger Partnerwahl hervorhebt. Darüber hinaus müssen Partnerpraxen berufsrechtliche Vorgaben und Qualitätsmanagementstandards erfüllen, um eine hohe Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Anforderungen an das Qualitätsmanagement sind in den Qualitätsmanagement-Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) festgehalten.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Spezialisierung innerhalb der Partnerpraxis verbessern nicht nur die Patientenversorgung, sondern tragen auch zu einer besseren Work-Life-Balance der Ärzte bei. Durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen können zudem Kosten gespart werden. Diese kooperative Arbeitsweise fördert eine qualitativ hochwertige Patientenbetreuung durch die Bündelung von Fachkompetenz und Ressourcen.
Vorteile | Nachteile |
Teilung von Verantwortung und Risiko | Konfliktpotenzial |
Synergieeffekte | Teilung der Einkünfte |
fachlicher Austausch | in geschäftliche Entscheidungen nicht frei |
Teilzulassung und Vertretungszeiten
Egal ob angestellt oder selbstständig: es gibt in der Niederlassung zahlreiche Möglichkeiten, Beruf und Familie zu vereinen. Die Möglichkeit der Teilzulassung kann hier auch eine gute Lösung sein.
Niedergelassene Ärztinnen haben die Möglichkeit, sich nach der Geburt eines Kindes für 12 statt nur für 6 Monate vertreten zu lassen. Zur Kindererziehung können sich beide Elternteile bis zu 3 Jahre vertreten lassen. Zur Pflege eins Angehörigen gibt es 6 Monate Vertretungszeit. Außerdem wurde die Residenzpflicht aufgehoben, was bedeutet, dass der Ort des Wohnsitzes nun unabhängig vom Praxisstandort gewählt werden kann.
Fazit: Gewünschte Work-Life-Balance und persönliche Ziele sind entscheidend
Die Entscheidung zwischen Anstellung, Niederlassung und Partnerpraxis hat wesentliche Auswirkungen auf die Work-Life-Balance. Während eine Anstellung oft mehr Sicherheit und vorhersehbare Arbeitszeiten bietet, ermöglichen die Niederlassung und Partnerschaften eine größere Flexibilität und Autonomie. Es ist wichtig, die persönlichen Ziele und Lebensumstände in die Entscheidung einzubeziehen, um eine Karriereoption zu wählen, die nicht nur finanziell, sondern auch beruflich und persönlich erfüllend ist.