![Leitender Arzt](https://www.praktischarzt.de/wp-content/uploads/2023/02/Leitender-Arzt.jpg)
Leitende Ärzte und Ärztinnen trifft man in vielen Bereichen der Gesundheitsversorgung an. Dabei gibt es abhängig vom Kontext der Beschäftigung deutliche Unterschiede hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen und Aufgaben. Im folgenden Artikel werden die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Leitender Arzt?
Die Bezeichnung „Oberarzt“ oder „Chefarzt“ sind den meisten Menschen geläufig und in der Regel besteht ein ungefähres Bild von deren Tätigkeit und Rang in der ärztlichen Hierarchie. Im Gegensatz hierzu hängt die Stellung der Leitenden Ärzte und Ärztinnen vom Kontext der Beschäftigung ab.
Dabei sind Ärzte in leitenden Positionen nicht automatisch „Ärztliche Leitung“.
Leitender Arzt in Kliniken und ähnlichen Strukturen
In einigen Bundesländern wird die Bezeichnung des Leitenden Arztes synonym für den Posten des Chefarztes oder der Chefärztin verwendet. Im Einzelfall kann dies zutreffend sein, etwa wenn die Person gleichzeitig als Ärztlicher Direktor oder Ärztliche Direktorin auftritt.
Nach genauer Auslegung des fünften Paragraphen des Betriebsverfassungsgesetzes beinhaltet eine leitende Position allerdings unternehmensrelevante Entscheidungsgewalt, die deutlich über die Personalausstattung oder Gestaltung der Abläufe der eigenen Krankenhausabteilung hinaus geht. Somit liegt die Funktion der Ärztlichen Leitung an der Schnittstelle zwischen Patientenversorgung und Management und sollte bei Anstellung genau definiert werden.
In großen Kliniken, die mehrere Oberärzte in den einzelnen Fachabteilungen beschäftigen, wird häufig eine oder einer aus deren Riege leitender Oberarzt bzw. leitende Oberärztin. Er oder sie koordiniert die Arbeit der Kollegen und nimmt die Position der Chefarztvertretung ein.
Entgegen der deutschen Definition wird die Position des Oberarztes in der Schweiz als Leitende Ärztliche Position definiert.
Leitender Notarzt
Der Leitende Notarzt bzw. die Leitende Notärztin übernimmt die Koordination von Notfalleinsätzen besonderer Schwere wie dem Massenanfall von Verletzten (MANV) oder im Katastrophenfall. Die Ernennung zur Notärztlichen Leitung erfolgt durch offizielle Bestellung seitens der zuständigen Kreis- oder Gemeindeverwaltung und setzt umfassende Vorkenntnisse und Fähigkeiten zur Situationserfassung und Organisation voraus.
Leitende Ärzte im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ)
Die Rechtsprechung definiert gemäß Paragraph 95 des Sozialgesetzbuchs (SGB) V Medizinische Versorgungszentren als ärztlich geleitete Einrichtungen, welche mindestens einen Leitenden Arzt mit dem Titel “Facharzt” vorweisen müssen. Da üblicherweise mehrere Facharztrichtungen parallel vertreten sind, erfolgt oft eine kooperative Leitung durch die Vorstände der einzelnen Teilbereiche.
Aufgaben der Leitenden Ärzte
Je nach Arbeitsbereich fallen unterschiedliche Aufgaben an, wobei es nicht für jeden Teilbereich rechtlich festgelegte Bestimmungen gibt.
Leitender Arzt im Krankenhaus
Bei einer der Chefarztposition entsprechenden Anstellung stehen die Organisation und Überwachung der medizinischen Abläufe innerhalb der eigenen Abteilung im Vordergrund. Die Sicherung einer wirtschaftlichen Arbeitsweise und die ordnungsgemäße Aus- und Weiterbildung der unterstellten ärztlichen Mitarbeiter gehören ebenfalls zu den Kernaufgaben.
Leitende Oberärzte und Oberärztinnen übernehmen neben ihrer grundsätzlichen Tätigkeit die ständige Vertretung des Chefarztes.
Leitender Arzt im MVZ
Bei Beantragung der Zulassung eines MVZ ist nach Paragraph 95 des SGB V zwingend ein Leitender Arzt bzw. eine Leitende Ärztin mit Facharztstatus gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) namentlich zu benennen. Er oder sie verantwortet die Qualitätssicherung in der ärztlichen Versorgung und überwacht den ordnungsgemäßen Betriebsablauf. Um entsprechende Präsenz zu gewährleisten, muss mindestens eine halbe Arztstelle im MVZ als Vertragsarzt oder Angestellter erfüllt werden. Eine Zugehörigkeit zur Geschäftsleitung ist möglich, jedoch nicht verpflichtend.
Die genauen Aufgaben der Position werden durch Arbeitsvertrag und Zusatzvereinbarungen geregelt. Auch die Etablierung von Behandlungsstandards gehört in der Regel dazu, außerdem die Organisation der Teilnahme am Notdienst und die entsprechende Einteilung des Personals. Eine weitere Pflicht betrifft die Gegenzeichnung der Sammelbescheinigungen bei den Quartalsabrechnungen.
Damit eine externe Einflussnahme auf die Behandlungstätigkeit und die Betriebsabläufe unterbunden wird, ist umfassende Weisungsfreiheit für alle Leiter der Fachbereiche in ihrem Amt zwingend vorgeschrieben.
Ein Verdacht auf ärztliche oder vertragliche Pflichtverletzungen ist dem Träger durch die Leitenden Ärzte und Ärztinnen anzuzeigen.
Leitender Notarzt
Bestimmte Notarzteinsätze oder Einsatzstichworte erfordern die Verständigung der Leitenden Notärzte und Notärztinnen entsprechend der geltenden Alarm- und Ausrückeordnung.
Bei einem Massenanfall von Verletzten beispielsweise muss durch die entsprechenden Mediziner die Lage aus ärztlicher Sicht erfasst und beurteilt werden. Dies betrifft die Feststellung der Anzahl der Verletzten und die Organisation der weiteren Versorgung ambulant oder in Krankenhäusern, eine realistische Einschätzung der benötigten Hilfs- und Rettungsmittel und begleitender Gefährdungen. Dies wird mit der Gesamteinsatzleitung besprochen und das weitere Vorgehen koordiniert.
Voraussetzung zur Ernennung zum Leitenden Arzt
Während bei Ärzten in Kliniken und MVZ neben Approbation und Abschluss der Facharztausbildung keine weiteren Vorgaben für die Leitungsposition bestehen und diese meist durch den Arbeitgeber beschlossen wird, regeln die Länder und Kreisverwaltungen die Zugangsbedingungen und Zuständigkeiten der Leitenden Notärzte und Notärztinnen.
Um eine hinreichende Anzahl Leitender Notärzte und Notärztinnen bereit stellen zu können, schreiben manche Gemeinden, Städte oder Kreisverwaltungen eigene Stellen aus. Anderswo sind die örtlichen Krankenhäuser zur Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen angehalten oder die aktiven Notfallmediziner werden persönlich angefragt.
Im Einklang mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) gibt es seitens der Bundesärztekammer Empfehlungen und Voraussetzungen für die Ausbildung der Notärzte und Notärztinnen. Diese sollten regelmäßig am Rettungsdienst teilnehmen, wobei keine festen Einsatzzahlen genannt werden. Weiterhin ist ein Kurs über 40 Seminarstunden abzuleisten und es sollten möglichst genaue Kenntnisse der allgemeinen Rettungsabläufe, behördlicher Vorgaben sowie regionaler Besonderheiten bestehen. Während der Rufbereitschaft müssen die leitenden Personen im Rettungsdienst stets erreichbar und ausgerüstet sein.
Ärztliche Leitung – Haftungsrechtliche Aspekte
Haftungsfragen betreffen im MVZ vor allem die Abrechnung. Im ersten Paragraphen des Honorarverteilungsmaßstabes der KV Nordrhein von 01/2023 wird ausgeführt, dass der Leitende Arzt im MVZ durch Unterschrift der Sammelerklärungen in der Quartalsabrechnung bestätigt, dass die Abrechnungsvoraussetzungen erfüllt werden, wahlweise durch ihn selbst oder die Ersteller der Abrechnungen. Hingegen wird nicht gefordert, dass jede einzelne Abrechnung überprüft wird, wie es in einer eigenständig geführten Praxis üblich ist. Die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnungen hat das MVZ zu verantworten, was unter anderem in einem Gerichtsurteil des Bundessozialgerichts 2011 bestätigt wurde.
Gleichzeitig erging im Januar 2021 ein umstrittener Gerichtsbescheid gegen einen Leitenden Arzt eines MVZ in Bayern, wobei hier umfassende Abrechnungsverstöße geahndet wurden. Dabei wurde die Pflicht der „peinlich genauen“ Kontrolle der Abrechnung betont. Insbesondere in großen MVZ kann höchstens ein kleiner Teil der Abrechnungen derart gründlich geprüft werden, zumal die Ärzte ja auch selbst ärztliche Tätigkeiten im MVZ ausüben. Dies sollte bei Annahme der Position berücksichtigt und eine entsprechende Sorgfalt an den Tag gelegt werden.
Im Übrigen besteht zwischen der KV und Mitarbeitern in MVZ kein unmittelbares Rechtsverhältnis. Somit erfolgt eine direkte Haftung lediglich im Falle von Sorgfaltspflichtverletzungen oder Fehlern bei der ärztlichen Berufsausübung, wie es für alle Vertragsärzte üblich ist. Diese kann je nach Schwere des Falls – wie bei jedem anderen Mitglied der KV – von einer Ahndung bis hin zur Positionsenthebung oder gar zum Entzug der Ärztlichen Approbation führen.
Verdienstmöglichkeiten als Ärztliche Leitung
Bei den Positionen bestehen große Unterschiede hinsichtlich der möglichen Gehälter. Oberärzten steht grob orientierend ein jährliches Gehalt um 150.000 Euro für die Vollzeitstelle in Aussicht.
Im MVZ orientiert sich das Gehalt an den Tarifverträgen für Ärzte und orientiert sich am Ausbildungsstatus, wobei Schwankungen von ca. 70.000 bis über 100.000 Euro brutto möglich sind. Notärzte und Notärztinnen werden nach Tarif bezahlt und erhalten gesonderte Vergütung für Rufbereitschaft und Einsätze.
Es gilt also, die Position genau zu definieren und entsprechend zu verhandeln.