
Der Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich in Deutschland ist seit Jahren akut. Durch die Corona-Pandemie ist der Mangel an Pflegekräften und Ärzten wie unter einem Brennglas sichtbar geworden. Viele Stellen sind unbesetzt, Kliniken suchen verzweifelt nach Ärzten und Fachkräften. Seit längerem versucht die Politik, qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen.
Inhaltsverzeichnis
Für die gesteuerte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte spielt die hier im Fokus stehende Kenntnisprüfung eine Schlüsselrolle. So soll mit einer Gleichwertigkeitsprüfung sichergestellt werden, dass die deutschen Standards der medizinischen Versorgung eingehalten werden. Ausländische Mediziner brauchen hierzulande eine Approbation oder Erlaubnis, um als Arzt arbeiten zu können. Das im Ausland abgeschlossene Medizinstudium alleine reicht nicht mehr aus. Eine Seltenheit ist das hier vorgeschriebene Verfahren nicht, denn 2020 waren mehr als 55.000 ausländische Ärztinnen und Ärzte in Deutschland tätig.
Was ist eine Kenntnisprüfung?
Mit einer Gleichwertigkeitsprüfung wird analysiert, ob es Abweichungen bei den Inhalten des Medizinstudiums im Herkunftsland im Vergleich zu Deutschland gibt. Falls das der Fall ist, muss eine Kenntnisprüfung ablegt werden. Diese ist an die deutschen Standards angelehnt, die durch die Prüfung eingehalten werden sollen. Chirurgie und Innere Medizin bilden den fachlichen Schwerpunkt dieser Prüfung. Zudem sind fachübergreifende Fragen und Themen Gegenstand der Kenntnisprüfung, so z. B. aus den Bereichen Notfallmedizin, bildgebende Verfahren, klinische Pharmakologie, Strahlenschutz und Rechtsthemen.
Eine Besonderheit ist darin zu sehen, dass die zuständige Approbationsbehörde ein bestimmtes Fach als besonders prüfungsrelevant festlegen kann. Das gilt für den Fall, dass bei der ärztlichen Ausbildung im Ausland in einem bestimmten Bereich erhebliche Abweichungen bestehen.
Kenntnisprüfung: Anmeldung, Prüfungstermin und Kosten
Wurde bei einer Gleichwertigkeitsprüfung eine Kenntnisprüfung auferlegt, ist eine Anmeldung nicht notwendig. Die zuständige Behörde wird alles in die Wege leiten. Ansonsten ist die Anmeldung zur Kenntnisprüfung mit dem Antragsformular bei der zuständigen Landesbehörde möglich.
Grundlegend ist es erlaubt, die Kenntnisprüfung vor der Fachsprachprüfung zu absolvieren. Da mit einer gewissen Vorlaufzeit für den Prüfungstermin zu rechnen ist, sollte der Antrag etwa 6 Monate vor dem Termin eingereicht werden. Die Wartezeit kann für die gezielte Vorbereitung genutzt werden, für die weiter unten wichtige Tipps folgen.
Die Kosten für die Kenntnisprüfung bewegen sich aktuell zwischen 400 und bis zu 1.100 Euro. Die Höhe der Prüfungsgebühr hängt vom jeweiligen Bundesland ab. Interessenten sollten den für sie zutreffenden Wert in Erfahrung bringen.
Wie läuft die Kenntnisprüfung ab?
Grundsätzlich bestehen Kenntnisprüfungen aus einem mündlich-praktischen sowie einer klinischen Prüfung. Die Prüfung findet in einer Universitätsklinik oder in einem für die Prüfungsdurchführung beauftragten Krankenhaus statt.
Die klinische Prüfung mit Patientenvorstellung
In diesem Teil muss der Prüfling einen Patienten untersuchen, dies unter Beaufsichtigung eines Mitglieds aus der Prüfungskommission. Die Untersuchung dauert insgesamt bis zu 45 Minuten, wobei der Prüfling im Anschluss einen Arztbericht zu verfassen hat. Darin werden Angaben zur Anamnese, Diagnose und Behandlung gemacht. Für die Ausarbeitung hat der Prüfling 30 Minuten Zeit.
Mündlich-praktische Prüfung
Am selben Tag oder wenig später findet der mündlich-praktische Teil der Kenntnisprüfung statt. Hierbei handelt es sich oft um eine Gruppenprüfung. Jedem Prüfling stehen in etwa 90 Minuten zu. Hier kommt es zu Fachfragen, die vor allem auf die Bereiche der Chirurgie und der Inneren Medizin zugeschnitten sind. Auch fachübergreifende Themen stehen auf dem Prüfungsplan, also etwa zur Notfallmedizin oder Rechtsfragen.
Das Ergebnis einer Kenntnisprüfung
Die eingesetzte Prüfungskommission wird mitteilen, ob ein Prüfling die Kenntnisprüfung bestanden hat oder nicht. Dieses Ergebnis wird schriftlich durch die Bezirks- oder Landesregierung bestätigt. Zu beachten ist, dass die Prüfungskommission keine Note erteilen wird. Dabei geht es rein formal ‘nur’ darum, die Kenntnisprüfung zu bestehen. Ist das geschafft, steht einer ärztlichen Tätigkeit bzw. Laufbahn in Deutschland nichts mehr im Wege. Um die Kenntnisprüfung zu bestehen, muss der Teilnehmer die notwendigen Fachkenntnisse und Handgriffe sowie die ärztliche Gesprächsführung beherrschen.
Kann man die Kenntnisprüfung wiederholen – wie oft?
Insgesamt haben ausländische Anwärter auf eine Berufserlaubnis in Deutschland maximal drei Versuche. Das bedeutet, dass die Kenntnisprüfung maximal zwei Mal wiederholt werden kann. Wer die Prüfung nicht besteht, wird von der Kommission eine Empfehlung für den frühestmöglichen Wiederholungstermin genannt bekommen. Darüber hinaus gibt die Kommission Empfehlungen für die gezielte Prüfungsvorbereitung, z. B. mit praxiserprobter Fachliteratur.
Kenntnisprüfung für ausländische Ärzte: Was sind die Inhalte?
Aus den obigen Darstellungen zum Prüfungsablauf lassen sich schon Rückschlüsse auf die Inhalte ziehen. Generell müssen Prüflinge das notwendige Fachwissen nachweisen und zwar theoretisch wie praktisch. Sie müssen sicher in der Untersuchung und Diagnostik sein. Für jeden Patienten müssen Therapiekonzepte und Behandlungspläne erarbeitet werden können. Darüber hinaus müssen Prüflinge sehr fit in der komplexen Rechtsmaterie sein, da im Klinikbetrieb oft schnell Entscheidungen zwischen Leben und Tod zu treffen sind. Zu denken ist an die Rechte von Patienten (Verfügungen etc.), das Betäubungsmittelgesetz, die Strahlenschutzverordnung und das Arzneimittelgesetz. Die ärztliche Schweigepflicht ist ein zentraler Bestandteil des rechtlichen Rahmens.
Was das medizinische Können angeht, müssen Prüflinge sicher mit Patienten kommunizieren können. Gängige Untersuchungstechniken müssen sicher beherrscht werden. Dokumente wie Arztbriefe müssen richtig erstellt und sämtliche Befunde ausgewertet werden können (z. B. Laborbefunde, EKG etc.). Je nach Herkunftsland und der Besonderheiten der dortigen Medizinerausbildung können bestimmte Schwerpunkte gesetzt werden, in denen es erhebliche Abweichungen zur Arztausbildung in Deutschland gibt.
Kenntnisprüfung: Tipps für die perfekte Vorbereitung
Vorbereitung ist alles, das gilt auch für das erfolgreiche Ablegen der Kenntnisprüfung. Da es nur drei Versuche gibt, sollte nichts dem Zufall überlassen bleiben. Mit diesen Tipps kann eine gezielte Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung gelingen.
Fachsprachprüfung vor Kenntnisprüfung
Auch wenn es formal nicht notwendig ist, sollte die Fachsprachprüfung zuerst abgelegt werden. So können Prüflinge mit größerer Sicherheit in die Prüfung gehen, Sprachbarrieren sind nicht zu befürchten. Diese Reihenfolge ist logisch, zumal das Patientengespräch zu einem wichtigen Teil der Prüfung zählt. Mit erfolgreich bestandener Fachsprachprüfung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, medizinische Sachverhalte wie gefordert patientenorientiert darstellen zu können. Auch der Austausch mit anderen Kollegen kann mit sprachlicher Sicherheit zielfokussierter genutzt werden.
Deutschkenntnisse weiter vertiefen
Fachwissen ist eines, die Übermittlung mittels professioneller Kommunikation für ausländische Ärzte je nach Deutschkenntnissen auf der anderen Seite eine große Herausforderung. Die Fachkenntnisse können noch so gut sein: Ohne angemessene sprachliche Fähigkeiten werden diese weder Patienten noch die Prüfungskommission überzeugen. Insofern empfiehlt es sich, die eigenen Sprachkenntnisse und Defizite ehrlich einzuschätzen und an Vorbereitungskursen teilzunehmen. Hierfür gibt es viele gute Angebote.
Wichtig ist, dass der Dozent nicht nur eine sprachliche, sondern auch eine ärztliche Expertise aufweisen kann. So ist gewährleistet, Sprache und Fachsprache unter einen Hut zu bekommen für eine ganzheitliche Kommunikation im Klinikbetrieb. Da Sprachenlernen viel effektiver durch aktiven Austausch funktioniert, kann das Bilden von begleitenden Lerngruppen ein wichtiger Baustein bei der Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung sein.
Bücher zur Vorbereitung verwenden
Nicht selten gibt die Prüfungskommission durchgefallenen Prüflingen Literaturempfehlungen für den nächsten Versuch. Insofern sollte gängige Fachliteratur genutzt werden, um auf viele Fragen in der Prüfungssituation eine fachlich fundierte Antwort geben zu können. Sehr hilfreich und oft gelesen ist z. B. ‘MEX: Das Mündliche Examen’. Hierin sind zahlreiche Tipps zur Prüfungsvorbereitung aus der Perspektive von Prüfer und Prüfling enthalten.
Praktische Erfahrung in den Fächern Innere Medizin und Chirurgie sammeln
Nach bestandener Fachsprachprüfung bietet sich die Möglichkeit eine zeitlich befristete ärztliche Berufserlaubnis (keine Approbation!) zu erlangen. Diese kann bei der Landes- bzw. Bezirksregierung erwirkt werden. So können angehende Prüflinge wertvolle Erfahrungen sammeln, ihre Sprachkompetenz erhöhen und sich in der Praxis an deutsche Standards herantasten. Durch den Prüfungsschwerpunkt macht es Sinn, vor allem praktische Erfahrungen in den Bereichen Chirurgie und Innere Medizin zu sammeln.
Medizinische Fachbegriffe auffrischen
Im Studium werden sie hundertfach gelernt, doch nicht jeder Fachbegriff bleibt hängen. Kommen dann noch sprachliche Unterschiede hinzu, kann eine Auffrischung nur zu mehr Erfolg und Sicherheit führen. Zu einer guten Prüfungsvorbereitung sollte es also gehören, die wichtigsten Fachbegriffe aus den prüfungsrelevanten Bereichen immer parat zu haben.
An einem Vorbereitungskurs teilnehmen
Nicht zu vergessen ist die Option an speziellen Vorbereitungskursen für die Kenntnisprüfung teilzunehmen. Diese erlauben nicht nur die fachliche Vorbereitung, sondern auch den gezielten Austausch mit anderen Prüflingen. Durch die Interaktion lässt sich vor allem die wichtige Sprachkompetenz erhöhen.
Effektives Zeitmanagement: Vorbereitungsphase optimal nutzen
Steht der Termin für die Kenntnisprüfung fest, sollte die verbleibende Zeit optimal genutzt werden. Hier wurden viele Tipps bzw. Möglichkeiten zur Prüfungsvorbereitung vorgestellt. Zwischen Vorbereitungskurs und Kenntnisprüfung sollte genügend Zeit liegen, um die Inhalte selber nochmal auf- bzw. nacharbeiten zu können. Es ist keine gute Idee, erst wenige Tage vor der Prüfung mit dem Lernen anzufangen.
Das Wichtigste auf einen Blick zur Kenntnisprüfung für Ärzte
In Deutschland kann eine ärztliche Tätigkeit (fachärztlich oder assistenzärztlich) nur mit einer temporären Berufserlaubnis oder einer Approbation ausgeübt werden.
- Die Kenntnisprüfung ist eine wichtige Voraussetzung, damit ausländische Ärzte ihre erworbene medizinische Qualifikation anerkennen lassen können.
- Seit 2012 kann durch das Anerkennungsgesetz die Approbation unabhängig von der Staatsangehörigkeit beantragt werden.
- In jedem Bundesland gibt es Approbationsbehörden: Interessenten sollten sich dort frühzeitig melden und ihre Voraussetzungen klären. Eine Liste der Approbationsbhehörden gibt es hier.
Geschafft! Jobsuche für ausländische Ärzte nach bestandener Kenntnisprüfung
Ist die Kenntnisprüfung erfolgreich abgeschlossen, steht mit der Approbation einer Arzttätigkeit in Deutschland nichts mehr im Wege. Durch den Fachkräftemangel haben Ärzte aus dem Ausland hervorragende Karriereperspektiven in Deutschland: Ihr Marktwerk ist als begehrte Fachkraft sehr hoch.
Das wird zahlenbasiert schnell bei einem Blick auf die Jobbörse von praktischArzt deutlich: Viele offene Stellen zeigen, dass mehr als eine Karriereoption zeitnah ergreifbar ist. Die Börse wird täglich mit neuen Stellenangeboten für Ärztinnen und Ärzte aktualisiert. Mit der erweiterten Suche können bei der Jobsuche in Deutschland gezielt ihre Präferenzen berücksichtigt werden. Abgesehen von der Postleitzahl und der Fachrichtung als wichtige Suchparameter, lässt sich auch der Arbeitgebertyp mit Klinik, MVZ, Praxis, Pharma, Personalvermittler und Unternehmen differenziert berücksichtigen.