
Die Fachrichtung der Phoniatrie und Pädaudiologie gehört zu den kleineren und doch spannenden Fachrichtungen in Deutschland. Die Ärztinnen und Ärzte dieses Fachbereichs beschäftigen sich einerseits mit Stimmstörungen, Sprachstörungen und Störungen des Schluckens (dieser Bereich wird Phoniatrie genannt), andererseits unterstützen und behandeln sie Kinder, unter anderem mit frühkindlichen Hörstörungen (dieser Bereich ist die Pädaudiologie). Sie arbeiten häufig eng mit Logopäden/-innen und Audiologen/-innen zusammen, um die bestmögliche Behandlung für ihre Patienten/-innen zu gewährleisten.
Das Spannende an diesem Fachbereich ist die Arbeit mit einem sehr breiten Patientenklientel: sowohl die Betreuung von teils noch sehr kleinen Kindern als auch die Behandlung von Sprachstörungen im Erwachsenenalter gehören zu den Aufgaben. Alles weitere zu den Aufgaben und dem Beruf von Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein/e Phoniater/in bzw. Pädaudiologe/-in?
Die medizinische Fachrichtung der Phoniatrie (griechisch für „Stimmheilkunde“) und Pädaudiologie hat sich aus der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO) entwickelt. Während sie zu Beginn noch ein Schwerpunktbereich der HNO war, so gibt es seit 1993 eine eigenständige Facharzt-Weiterbildung Phoniatrie und Pädaudiologie.
Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen sind Ärzte/-innen, die sich auf die menschliche Kommunikation spezialisiert haben. Hierzu gehört einerseits die Sprache und das Sprechen an sich. Besonders bei Kindern fällt jedoch die Bedeutung des Hörens für die Sprachentwicklung auf. Hör- und Wahrnehmungsstörungen (z.B. Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)) gehören dabei vor allem in der Pädaudiologie zu regelmäßigen Behandlungsanlässen.
Ein weiterer wichtiger Teilbereich der Phoniatrie ist die Behandlung von Schluckstörungen. Diese können nicht nur unangenehm für die Betroffenen sein, sondern auch zu ernsthaften Erkrankungen wie einer Lungenentzündung führen.
Angesichts der Art von Beschwerden, die die Behandlung durch Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen nötig machen, wird klar, unter welchem Leidensdruck die Betroffenen oft stehen. Sozialer Anschluss und Kommunikation ist ein zentrales Bedürfnis des Menschen und Hör-, Stimm- und Sprech-Störungen sind oft mit einem gesellschaftlichen Stigma belegt. Phoniater/innen beschäftigen sich also nur mit einem kleinen Teilbereich des Körpers, helfen dem ganzen Menschen jedoch sehr.
Was macht ein/e Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie?
Facharzte/-innen für Phoniatrie und Pädaudiologie beschäftigen sich mit der Diagnose, Therapie und Prävention von Erkrankungen und Störungen des Hör- und Sprachvermögens sowie der Stimme. Dazu gehören Erkrankungen des Ohres, des Sprachapparates und der Hörnerven. Da die Krankheitsbilder oft sehr komplex sind, arbeiten Phoniater/innen und Pädadiologen/-innen eng mit anderen Fachdisziplinen wie der HNO und Neurologie, aber auch anderen Berufsgruppen wie Psychologen/-innen und Logopäden/-innen zusammen. Im Weiteren sind einige häufige Beratungsanlässe aus der phoniatrischen und pädaudiologischen Praxis erläutert:
Schluckstörungen
Schluckstörungen gehören zu einer der häufigsten Störungen in der Phoniatrie. Diese können durch neurologische Erkrankungen, anatomische Veränderungen im Rachen- und Kehlkopfbereich oder auch durch Tumore verursacht werden. Die Behandlung umfasst sowohl medizinische als auch logopädische Maßnahmen und kann beispielsweise durch Schluckübungen, medikamentöse Therapie oder auch durch chirurgische Eingriffe erfolgen.
Stimmverlust
Ein weiteres Krankheitsbild, das Fachärzte/-innen für Phoniatrie und Pädaudiologie behandeln, ist der Verlust der Stimme. Dies kann verschiedene Ursachen haben, wie zum Beispiel Entzündungen, Verletzungen oder Tumore des Sprachapparates. Tritt der Stimmverlust akut auf, so handelt es sich um einen der Notfälle dieses Fachbereichs und erfordert zügige Untersuchung und Behandlung. Diese erfolgt in Abhängigkeit von der Ursache und kann sowohl medizinische als auch logopädische Maßnahmen beinhalten.
Frühkindliche Hörstörungen
Fachärzte/-innen für Phoniatrie und Pädaudiologie sind auch in der Diagnostik und Therapie von frühkindlichen Hörstörungen tätig. Diese sind häufig angeboren und können sowohl das Innenohr als auch den Hörnerv betreffen. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um möglichst schnell eine adäquate Therapie einleiten zu können. Da das Hörverstehen für die Sprachentwicklung essenziell ist, gibt es etablierte Screenings für Neugeborene.
Stottern
Beim Stottern handelt es sich um eine Störung der Sprachflußsteuerung, die sowohl das Kind als auch einen Erwachsenen betreffen kann. Hier ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders wichtig und die Behandlung kann Sprachübungen und psychologische Beratung umfassen.
Sprachentwicklungsstörungen
Ein weiteres Krankheitsbild, das Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen behandeln, sind Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern. Diese können mit verschiedenen Ursachen sowohl die Laut-Artikulation als auch Grammatik und Wortschatz betreffen. Die Behandlung von Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Logopäden/-innen. Diese können beispielsweise Sprachtherapie, Audiolinguale Therapie oder auch die Verwendung von Sprachcomputer-Systemen umfassen. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie sind hier besonders wichtig, um die optimale Sprachentwicklung des Kindes zu fördern.
Phoniatrie und Pädaudiologie – Untersuchungsmethoden
Ein/e Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie nutzt verschiedene Untersuchungsmethoden, um Störungen des Sprachvermögens und der Stimme zu diagnostizieren und zu behandeln. Einige dieser Methoden umfassen:
Basisuntersuchungen
Die Anamnese stellt den Ausgangspunkt jeder Untersuchung und Behandlung dar. Hier werden die Symptome erfragt, die zum Arztbesuch geführt haben, aber auch Vorerkrankungen, Allergien und die Familiengeschichte werden hier erfasst. Wer mit komplizierten Symptomen oder einer längeren Krankheitsgeschichte in die Sprechstunde kommt, sollte frühere Arztbriefe mitbringen und sich im Vorfeld Notizen und Fragen aufschreiben.
Nach der Anamnese folgt meist die körperliche Untersuchung. Hierbei beurteilt der/die Phoniater/in und Pädaudiologe/-in einerseits die äußerliche Erscheinung des HNO-Bereichs, andererseits können auch Tastuntersuchungen oder die Verwendung von Hilfsmitteln dazu beitragen, den Rachen oder den Gehörgang einzusehen.
Videostroboskopie
Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Videostroboskopie ein bildgestütztes Verfahren. Hierbei wird eine Aufzeichnung der schnellen Bewegungen der Stimmbänder aufgezeichnet. Werden diese dann wie in „Slow-Motion“ langsam abgespielt, können krankhafte Veränderungen der Stimmbänder entdeckt werden und den Patienten/-innen anschaulich erklärt werden. Die Videostroboskopie kommt zum Beispiel bei Heiserkeit oder Stimmschwäche zum Einsatz.
Analyse des Stimmschalls
Wird der Stimmschall untersucht, so geht es um die Klangaspekte der Stimme. Mithilfe von komplexen Computerprogrammen können so Aufzeichnungen der Stimme in Hinblick auf Rauigkeit und Behauchtheit, also gewissermaßen dem Stimmcharakter, analysiert werden. Die Ergebnisse können Hinweise auf Probleme bei der Schwingung der Stimmlippen oder auch auf einen unvollständigen Schluss der Stimmritze geben.
Hörtests
Um Hörstörungen festzustellen, sind außer der Anamnese und den subjektiven Beschwerden weitere Tests notwendig. Diese ermöglichen die Feststellung der Schwere, andererseits kann so auch die Ursache identifiziert werden. Gerade bei frühkindlichen Hörstörungen ist die Testung der Hörfähigkeit jedoch erschwert, da kleine Kinder noch nicht bei den Tests mitarbeiten können. Je nach Alter der Patienten/-innen kommen daher unterschiedliche Hörtests zur Anwendung, teilweise sind diese aktiv gestaltet (beispielsweise müssen die Untersuchten anzeigen, sobald sie einen Ton hören). Hierbei kann einerseits die Messung der Hirnströme zur Anwendung kommen, andererseits können auch aus dem Ohr beim Hörvorgang ausgesendete Schallsignale analysiert werden (Otoakustische Emissionen).
Anwendung des Nasofibroskops
Ein Nasofibroskop ist ein medizinisches Instrument zur Untersuchung der Nasenhöhle und des Rachens. Es besteht aus einer langen, biegsamen Sonde mit einer Lichtquelle und einer Kamera. Das Nasofibroskop wird durch die Nase eingeführt und ermöglicht es dem Arzt/der Ärztin, das Innere der Nasenhöhle und des Rachens zu betrachten und zu untersuchen. Nasofibroskope werden häufig bei der Diagnose von Erkrankungen der Nase und des Rachens, wie zum Beispiel Kehlkopfentzündungen, eingesetzt. Sie können auch zur Beurteilung von Verletzungen oder Tumoren in diesen Bereichen verwendet werden.
Wie wird man Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie?
Um in Deutschland Phoniater/in und Pädaudiologe/-in zu werden, muss man zunächst ein Studium der Medizin abschließen und daraufhin eine Facharztausbildung für Phoniatrie und Pädaudiologie absolvieren. Die Facharztausbildung dauert in diesem Fall 60 Monate, also fünf Jahre. Bevor man diese als Assitenzarzt/-ärztin beginnen kann, muss man eine Approbation beantragen.
Bis zu 12 Monate der Weiterbildungszeit können in anderen Fachbereichen abgeleistet werden. Naheliegend wäre der Bereich HNO als verwandtes Fachgebiet. Nach Abschluss der Facharztausbildung muss die anschließende Facharztprüfung bestanden werden. Danach erhält man den Titel „Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie“ und ist zur selbstständigen Patientenbetreuung berechtigt.
Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie – Gehalt und Karriere
Die Höhe des Einkommens von Phoniatern/-innen und oder Pädaudiologen/-innen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählt zum Beispiel die Region des Arbeitsortes (wenn nicht nach Tarif gezahlt wird), die beruflichen Erfahrung und das Arbeitsumfeld. In der Regel verdienen Phoniater/innen in Deutschland ein Facharzt-Gehalt zwischen 75.000 und 100.000 Euro pro Jahr. Diese Einkommensschätzung bezieht sich auf die Vergütung von Fachärzten/-innen im öffentlichen Dienst und kann in der Privatwirtschaft höher oder niedriger sein. Es ist auch wichtig zu beachten, dass das Einkommen von Phoniatern/-innen während der fünfjährigen Facharztausbildung in der Regel geringer ist.
Nach der Facharztweiterbildung können sich Phoniater/innen entweder für eine Karriere im Krankenhaus oder in einer Praxis entscheiden. Insgesamt gibt es in Deutschland weniger als 200 Fachärzte/-innen in diesem Fachbereich, sodass der Konkurrenzdruck eher klein ist. Um sich besonders breit aufzustellen, kommt auch ein Doppel-Facharzttitel mit der HNO in Frage. So kann man Patienten/-innen rundum betreuen und die Karrierechancen steigen noch einmal an.
Häufige Fragen zu Phoniatrie und Pädaudiologie
- Ist ein/e Phoniater/in ein HNO-Arzt?
- Wie wird man Phoniater/in und Pädaudiologe/in?
- Wo arbeiten Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen?
- Was macht ein/e Phoniater/in und Pädaudiologe/-in?
Auch wenn sich die Phoniatrie aus der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde entwickelt hat, so sind dies zwei verschiedene Fachbereiche. Einige Phoniater/innen entscheiden sich jedoch für eine doppelte Facharztweiterbildung in den beiden Bereichen.
Nach dem Medizinstudium muss die fünfjährige Facharztweiterbildung Phoniatrie und Pädaudiologe absolviert werden. Wird die sich daran anschließende Facharztprüfung bestanden, ist man berechtigt den Titel „Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie“ zu tragen.
Als Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie kann man sowohl ambulant in einer Praxis als auch stationär im Krankenhaus tätig sein.
Zu den Behandlungsanlässen in der Phoniatrie und Pädaudiologie gehören Erkrankungen wie Hör-, Sprach- und Schluckstörungen. Phoniater/innen und Pädaudiologen/-innen betreuen ein breites Altersspektrum von Patienten/-innen, von kleinen Kindern bis hin zu Menschen im hohen Lebensalter.