
Umweltmediziner/innen (Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin) gehören zu einer vergleichsweise kleinen Fachrichtung innerhalb der Medizin. Nach Informationen des DBU (Deutscher Verband klinischer Umweltmediziner e.V.) sind nur etwas mehr als 200 ausgebildete Mediziner/innen in Deutschland umweltmedizinisch tätig. Sie werden seit einiger Zeit händeringend gesucht, denn vor allem ärztliche Hygienefachkräfte fehlen und müssen aufgrund des Mangels oft von Fachärzten/-innen anderer Fachrichtungen ersetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Welche Aufgaben ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin wahrnimmt, wie die Ausbildung abläuft und was fertig ausgebildete Fachärzte/-innen verdienen, erklärt der folgende Beitrag.
Was ist ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin?
Ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin ist ein/e Arzt/Ärztin, der/die sich auf die Prävention, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen spezialisiert hat, die durch Umweltfaktoren verursacht werden. Man spricht von der Mensch-Umwelt-Beziehung.
Dazu gehören zum Beispiel Erkrankungen, die durch Schadstoffe in der Luft, im Wasser oder im Boden verursacht werden. Außerdem zählen auch Schäden durch Lärm, elektromagnetische Felder oder biologische Faktoren wie Pilze oder Bakterien zum Aufgabenbereich von Hygiene- und Umweltmedizinern/-innen.
Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin arbeiten eng mit andern Fachrichtungen (Allgemeinmedizin, Innere Medizin), sowie dem Gesundheitsamt oder anderen Institutionen zusammen, um die Gesundheit jedes/-r Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt zu schützen.
Die Aufgaben des Facharztes / der Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin umfassen u.a. die Durchführung von Untersuchungen zur Erkennung von Umweltproblemen, die Beratung von Patienten/-innen, Behörden, Einrichtungen oder der Politik und die Durchführung von Impfungen und Schutzmaßnahmen.
Eine weitere wichtige Aufgabe von Fachärzten/-innen für Hygiene und Umweltmedizin ist die Aufklärung der Öffentlichkeit bei Gefahren oder Umweltbelastungen oder großen Infektionsgeschehen, wie zum Beispiel im Rahmen der Corona-Pandemie. In Folge dessen müssen Strategien erarbeitet werden, die dazu beitragen dynamische Prozesse möglichst zu erfassen und präventiv darauf zu reagieren.
Was macht ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin?
Seit 1992 sind die beiden Bereiche Hygiene und Umweltmedizin in einer Facharztausbildung zusammengefasst. Das Hauptmerkmal, das beide Fächer verbindet, ist die Erkennung und Vermeidung von potenziell gesundheitsschädigenden äußeren Einflüssen. Das können einerseits durch pathogene Erreger ausgelöste Erkrankungen, wie zum Beispiel bakterielle oder virale Infektionen, sein. Andererseits können auch Schadstoffe aus der Umwelt Einfluss auf die Gesundheit nehmen, die über verschiedene Wege in Kontakt mit dem Menschen gelangen können.
Während die Hygiene als Lehre der allgemeinen Vermeidung von Gefahren für die Gesundheit bekannt ist, bezieht sich die Umweltmedizin auf umweltspezifische Einflüsse. Neben dem präventiven Anteil befasst sich die klinische Umweltmedizin aber auch mit der Behandlung von Beschwerden, die auf Umwelteinflüsse zurückzuführen sind. Typische Erkrankungen sind zum Beispiel Allergien, Unverträglichkeiten und Überempfindlichkeiten. Umweltmediziner behandeln auch das Chronic fatique Syndrom und die Fibromyalgie.
Zu den relevanten Behandlungsverfahren gehören Analysen von Wasser-, Boden- und Abfallproben, Ortsbegehungen (im Krankenhaus) mit Inspektionen, Probeentnahmen, -aufbereitung, und -analysen, vor allem auf nosokomiale Infektionen bezogen.
Im Bereich Hygiene und Umweltmedizin werden verstärkt präventive Ansätze verfolgt. Diese befassen sich damit, Gefahren durch Erreger oder Umwelteinflüsse zu erfassen und folglich zu minimieren. Darüber hinaus werden vor allem im Bereich der Umweltmedizin auch Beschwerden behandelt, die durch umweltspezifische Einflüsse ausgelöst worden sind. Dazu zählen typischerweise Allergien oder Unverträglichkeiten.
Vor allem die differenzierte Diagnostik und Therapie, also das Arzt-Patienten-Gespräch und der Anspruch auf Behandlung nach ausführlicher Anamnese, unterscheiden die klinische Umweltmedizin von ähnlichen Bereichen wie Toxikologie oder Arbeitsmedizin. Auch im Bereich der speziellen Hygiene ist die Behandlung von Patienten/-innen zwar eher eine Seltenheit, aber beispielsweise in Hinsicht auf ein Antibiotikamanagement nicht ausgeschlossen.
Hygiene und Umweltmedizin – Einsatzbereiche
Fachärzte/innen für Hygiene- und Umweltmedizin haben vielfältige Einsatzbereiche. Diese reichen von Hygienemanagement einzelner Krankenhäuser bis zum öffentlichen Gesundheitsschutz.
Hygienemanagement
Eine Kernaufgabe von Fachärzten/-innen für Hygiene und Umweltmedizin ist das Hygienemanagement. In verschiedenen Bereichen eines Krankenhauses ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an das Hygienemanagement. So müssen beispielsweise im Operationssaal andere Hygiene-Maßnahmen durchgesetzt werden als im Patientenzimmer auf einer Normalstation. Hygieneärzte/-innen erstellen hierfür Hygienepläne, die an das entsprechende Risiko angepasst sind und (inter-)nationalen Richtlinien und Vorgaben entsprechen.
Antibiotikamanagement
Das Antibiotikamanagement in der Hygienemedizin ist ein wichtiger Punkt im Arbeitsalltag von Fachärzten/-innen für Hygiene und Umweltmedizin. Es befasst sich mit der effektiven Verwendung von Antibiotika bei Infektionskrankheiten, um die Entstehung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern. Darüber hinaus gehören auch Ausbildung und Schulung von Ärzten/-innen und Pflegekräften zum Antibiotikamanagement. Das Personal soll dadurch auf den sorgsamen Umgang mit Antibiotika und der Gefahr der Resistenzentwicklungen sensibilisiert werden, damit das Infektionsrisiko minimiert sowie die Ausbreitung resistenter Keime bestmöglich verhindert wird.
Infektionskontrolle und Surveillance
Die Infektionskontrolle und Surveillance sind wichtige Bestandteile in der Hygienemedizin, die darauf abzielen, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in medizinischen Einrichtungen zu verhindern. Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin befassen sich beispielsweise mit Surveillance-Systemen („Überwachung“), um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verfolgen und zu kontrollieren.
Öffentlicher Gesundheitsschutz
Eine wichtige Aufgabe von Fachärzten/-innen für Hygiene und Umweltmedizin ist der öffentliche Gesundheitsschutz. Hierbei steht die Durchführung von Risikoanalysen im Fokus, die es ermöglichen, die Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf die Gesundheit der Bevölkerung zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese potenziell schädigenden Einflüsse werden hierzu identifiziert, überwacht und kontrolliert. Im Rahmen des öffentlichen Gesundheitsschutzes führen Fachärzte/-innen auch Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit durch oder werden im Bedarfsfall in Politik, Behörden oder Einrichtungen auch beratend tätig.
Störfall- und Ausbruchsmanagement
Auch das Management von Störfällen und Ausbrüchen fällt in den Fachbereich von Hygiene- und Umweltmedizinern/-innen. Sie werden tätig, wenn Infektionen oder Erkrankungen in größerem Maße auftreten. Auch bei Havarien und Ausbrüchen mit Wasser-, Boden-, Luft,- oder Lebensmittelbelastung durch chemische, physikalische oder mikrobiologische Stoffe, sind Umweltmedizinern/-innen beteiligt. Hierzu erfolgt das systematische Erfassen und die Ableitung nachhaltiger Strategien zur Vermeidung von gesundheitlichen Folge- und Langzeitschäden.
Hygiene und Umweltmedizin – Untersuchungsmethoden
Dem/-r Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin stehen zur bestmöglichen Ausübung der Tätigkeit eine Vielzahl von Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Dabei kann es sich sowohl um die Untersuchung menschlicher Proben als auch um Methoden zur Untersuchung von Umweltstoffen (Boden, Luft, Wasser, Lebensmittel, usw.) handeln.
Wahl des korrekten Analyseverfahrens
Ein wichtiges Kriterium stellt die Wahl des korrekten Analyseverfahrens dar. Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin haben eine Vielzahl verschiedener Messmethoden zur Analyse verschiedenster Proben zur Verfügung. Je nach klinischer Fragestellung und dem zu untersuchenden Objekt ergeben sich daher konkrete Anforderungen an die Auswahl der entsprechenden Untersuchungsmethoden, die von Fachärzten/-innen für Hygiene und Umweltmedizin getroffen wird.
Mikroskopische Untersuchungen
Mikroskopische Untersuchungen sind ein wichtiger Bestandteil der Hygiene und Umweltmedizin. Sie ermöglichen es, Mikroorganismen in Wasser, Boden, Luft und Lebensmitteln sowie in menschlichen Proben zu identifizieren und zu quantifizieren. Dies hilft bei der Überwachung von Umweltverschmutzungen und der Kontrolle von Infektionskrankheiten. Eine sorgfältige mikroskopische Untersuchung ist daher unerlässlich, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
Kulturelle Methoden
In der Hygiene und Umweltmedizin spielen kulturelle Methoden eine wichtige Rolle bei der Erkennung und Kontrolle von Krankheitserregern. Diese Methoden beinhalten die Anwendung von Labortests, die auf die Kultivierung von Mikroorganismen abzielen, um ihre Anwesenheit in klinischen oder Umweltproben nachzuweisen. Sie sind eine nützliche Möglichkeit zur Diagnose von Infektionskrankheiten oder Identifizierung resistenter Keime.
Massenspektromie und molkekularbiologische Untersuchungen
Die Identifizierung und Typisierung von Erregern ist ein wichtiger Schritt in der Diagnostik von Infektionskrankheiten. Dazu können biochemische, massenspektrometrische und molekularbiologische Untersuchungen genutzt werden. Biochemische Tests ermöglichen zum Beispiel die Bestimmung von Enzymen oder Antigenen des Erregers. Massenspektrometrie erlaubt die Analyse der Erregerproteine, während molekularbiologische Untersuchungen wie die PCR (Polymerase Kettenreaktion) schnelle und zuverlässige Ergebnisse zur Identifizierung und Typisierung von Erregern liefern.
Wie wird man Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin?
Der Weg zum/-r Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin ist lang und erfordert ein gewisses Durchhaltevermögen.
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Medizinstudiums beginnt die Facharztausbildung. Diese dauert insgesamt mindestens 60 Monate, also weitere fünf Jahre.
Falls bereits eine andere Facharztausbildung begonnen wurde, können 12 Monate aus der Klinischen Pharmakologie, Arbeitsmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie oder dem Öffentlichen Gesundheitswesen angerechnet werden.
Am Ende der Facharztausbildung erfolgt die Facharztprüfung, in denen die erlernten Kompetenzen überprüft werden. Nach erfolgreich bestandener Facharztprüfung darf die Berufsbezeichnung „Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin“ getragen werden.
Separate Zusatzweiterbildung
Sowohl für Hygiene als auch für die Umweltmedizin werden separate Zusatzweiterbildungen der Bundesärztekammer angeboten. Sie richten sich an Fachärzte/-innen anderer Bereiche, die sich weiterbilden möchten. Für die Qualifikation zum/-r hygienebeauftragten Arzt/Ärztin müssen insgesamt 200 Stunden Kursweiterbildung erfolgen. Für die Weiterbildung zum/-r Umweltmediziner/in sind 80 Stunden Kursweiterbildung und ein 20-stündiger Praxisteil erforderlich. Im Anschluss der Weiterbildungen erfolgt eine Prüfung bei der zuständigen Landesärztekammer.
Berufschancen und Arbeitsbedingungen als Umweltmediziner/in
Nachdem viele Universitätskliniken ihre Lehrstühle für Hygiene abgebaut haben und sich pro Jahr meist nur eine kleine zweistellige Anzahl von Ärzten/-innen für die Facharztausbildung entscheidet, stehen nur sehr wenige Ausbildungsplätze zur Verfügung. Mediziner/innen in diesen “kleinen” Fächern, sogenannte Orchideenfächer, haben dann aber große Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Daher werden Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin händeringend gesucht. Vor allem ärztliche Hygienefachkräfte fehlen und müssen aufgrund des Mangels oft von Fachärzten/-innen anderer Fachrichtungen ersetzt werden.
Im Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetztes wurden vom Deutschen Bundestag rechtliche Vorlagen zur Einstellung hygienebeauftragter Ärzte/-innen festgelegt. Demnach müssen in Krankenhäusern mit mehr als 400 Betten, Einrichtungen für ambulante Operationen, Vorsorge- und Rehaeinrichtungen, Dialysepraxen und Tageskliniken hygienebeauftragte Ärzte/-innen vorhanden sein. Außerdem sollen weitere Plätze zur Weiterbildung geschaffen werden.
Ein großer Vorteil der Facharztweiterbildung zum Arzt für Hygiene und Umweltmedizin ist die flexible Arbeitsplatzwahl. Während die Facharztausbildung in vielen anderen Fächern auf Krankenhäuser beschränkt ist, besteht die Möglichkeit, dem Klinikalltag den Rücken zuzukehren und für Ämter und Behörden zu arbeiten. Das geringere Gehalt wird durch flexible Arbeitszeitmodelle und eine bessere Work-Life-Balance aufgehoben.
Was verdient ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin?
Auch für Ärzte/-innen in der Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin gelten die Tarifverträge der Krankenhäuser. Je nach Berufsjahr liegt das durchschnittliche monatliche Facharzt-Gehalt zwischen grob zwischen 4.500 Euro und 6.000 Euro brutto.
50 Prozent der beschäftigten Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin verdienen zwischen 5.671 Euro und 8.950 Euro brutto pro Monat. In Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen fällt das Durchschnittsgehalt am höchsten aus.
Häufige Fragen zu Hygiene und Umweltmedizin
- Was ist Umweltmedizin?
- Was macht ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin?
- Wie hoch ist das Gehalt eines/-r Umweltmediziners/-in?
- Wie lange dauert es, bis man Facharzt/-ärztin für Umweltmedizin ist?
Die Umweltmedizin beschäftigt sich mit der Prävention, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen, die durch Umweltfaktoren verursacht werden. Sie umfasst dabei die Untersuchung von Schadstoffen in der Luft, Wasser und im Boden, sowie von biologischen Faktoren wie Pilzen oder Bakterien und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.
Ein/e Facharzt/-ärztin für Hygiene und Umweltmedizin spezialisiert sich auf die Prävention, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen, die durch Umwelteinflüsse ausgelöst werden können und arbeitet hierzu eng mit anderen Fachrichtungen zusammen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
50 Prozent der ausgebildeten Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin verdienen zwischen 5.671 Euro und 8.950 Euro pro Monat brutto.
Die Facharztausbildung dauert mindestens fünf Jahre und schließt sich an das 6-jährige Medizinstudium an. Insgesamt dauert die Ausbildung also mindestens 11 Jahre.