Die Angiologie ist ein Teilgebiet der Inneren Medizin und damit eine Spezialisierung in diesem Fachbereich. Sie befasst sich sowohl mit der Funktion als auch mit den Erkrankungen von Lymphgefäßen, Arterien und Venen. Angiologen/-innen nehmen daher hauptsächlich die Diagnose verschiedener Gefäßerkrankungen vor und therapieren diese entweder operativ oder konservativ durch Medikamentengaben oder physikalische Anwendungen. Auch die Erläuterung vorbeugender Maßnahmen der Prävention diverser Krankheiten gehört zu den Aufgaben in der Gefäßmedizin.
Wir erläutern hier, was ein/e Angiologe/-in ist, was zu seinen/ihren Aufgaben gehört, welche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden es in der Angiologie gibt, wie man Facharzt/-ärztin für Angiologie wird und was man verdient.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein/e Angiologe/-in?
Angiologen/-innen sind Fachärzte/-innen im Gebiet Innere Medizin mit dem fachlichen Schwerpunkt Angiologie. Sie absolvieren nach ihrem allgemeinen Medizinstudium eine sechsjährige internistische und angiologische Facharzt-Weiterbildung, die mit einer mündlichen Facharztprüfung abschließt. Angiologen/-innen arbeiten sehr oft interdisziplinär mit Ärzten/-innen anderer Fachrichtungen (z.B. Gefäßchirurgie, Neurologie, Radiologie oder Kardiologie) in sog. Gefäßzentren zusammen. Vor allem in der Schlaganfall-Diagnostik leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Erkennung und Lokalisierung verstopfter Gefäße.
Angiologen/-innen diagnostizieren und behandeln sog. Angiodysplasien (Missbildungen von Gefäßen) sowie Erkrankungen des Gefäßsystems bzw. allgemeine Gefäßerkrankungen des zuführenden oder arteriellen Anteils am Kreislaufsystem (Kapillaren und Arterien), des abführenden Anteils am Kreislaufsystem (Venen) und des Lymphsystems.
Was macht ein/e Angiologe/-in?
Angiologen/-innen diagnostizieren verschiedene Gefäßerkrankungen durch
- Patientengespräche (Anamnese)
- körperliche Untersuchungen
- technische Untersuchungsmethoden wie z.B. Angiografie, Phlebografie, MRT, DSA, CT, Ultraschall
- Die fachlichen Schwerpunkte von Angiologen/-innen sind vielfältige altersbedingte und entzündliche Erkrankungen der
- Arterien, Venen und Lymphgefäße der Extremitäten: u.a. arterielle Verschlusskrankheit, Venenthrombosen, Krampfadern, Lymphödeme, Diabetisches Fußsyndrom
- gehirnversorgenden Gefäße: u.a. Schlaganfall, Halsschlagader-Verengungen
- Bauchgefäße: u.a. Nierenarterien-Verengungen, Aortenaneurysma
- Mögliche Behandlungsformen sind z.B.
- Gabe von gefäßerweiternden, blutgerinnungshemmenden oder durchblutungsfördernden Medikamenten
- Operative Aufdehnung von Engstellen, Platzierung von Gefäßstützen
- Physikalische Maßnahmen der Kompressionstherapie (z.B. Stützstrümpfe) oder manuellen Lymphdrainage
Erkrankungen der Arterien
In 90 bis 95 Prozent der Fälle behandeln Angiologen/-innen Arteriosklerosen als häufigste Ursache für arterielle Erkrankungen. Meist sind dies arterielle Verschlusskrankheiten (AVK) der Bein- und Beckenarterien. Diese gehören zu den häufigen Volkskrankheiten, von denen jährlich schätzungsweise 35.000 Patienten/-innen betroffen sind.
Riesenzellarteriitis
Riesenzellarteriitis ist eine rheumatische Autoimmunerkrankung, die durch Entzündungen von großen Blutgefäßwänden entsteht und v.a. ältere Menschen betrifft. Abwehrzellen sammeln sich in den betroffenen Gefäßen an und verursachen eine chronische Entzündung. Angiologen/-innen diagnostizieren Riesenzellenarteriitis durch die Bestimmung der Entzündungswerte im Blut und bildgebende Verfahren (PET-CT, Ultraschall, MRT) oder eine Gewebeuntersuchung der Schläfenarterie.
Thrombangiitis obliterans (TAO)
Bei Rauchern/-innen ist die Thrombangiitis obliterans weit verbreitet und wird daher im Fachgebiet der Angiologen/-innen oft behandelt. Diese verschließende Gefäßentzündung betrifft meist die Arterien von Armen und Beinen, weshalb Angiologen/-innen oft die Amputation von Zehen oder Finger verhindern wollen. Erste Anzeichen sind Durchblutungsstörungen wie kalte Hände und Füße.
Diabetische Nebenerkrankungen
Sehr häufig kümmern sich Angiologen/-innen in ihrer ärztlichen Praxis bzw. in der Klinik auch um Nebenerscheinungen von Diabetes. Diabetes-Patienten/-innen haben generell ein erhöhtes Risiko für Gefäßerkrankungen, da sich die Zuckerkrankheit u.a. auch auf den Stoffwechsel sowie das Herz- und Gefäßsystem auswirkt. Bei über 75 Prozent aller Diabetiker/innen besteht zudem die Gefahr eines Schlaganfalls, Herzinfarkts oder einer Amputation unterversorgter Gliedmaßen durch Gefäßverschlüsse.
Allgemeine Erkrankungen der Venen
Sehr häufig behandeln Angiologen/-innen auch folgende venöse Gefäßkrankheiten:
- Primäres Krampfaderleiden (primäre Varikose)
- Hämorrhoiden
- Venenthrombose, Phlebothrombose
- Chronische venöse Insuffizienz (CVI)
- Oberflächliche Venenentzündung (Thrombophlebitis)
Erkrankungen der Lymphgefäße
Angiologen/-innen behandeln neben Blutgefäßen primäre und sekundäre Lymphödeme. Das primäre Lymphödem ist erblich und zeigt sich durch zu wenige oder zu schmale Lymphgefäße. Das sekundäre Lymphödem entsteht meist nach Operationen, bei denen Lymphknoten entfernt wurden, und ist eine Abflussstörung der Lymphe. In Extremfällen werden Lymphödeme zur sog. Elefantiasis, Erysipel oder Lymphangitis.
Angiodyspalsien
Angiodyspalsien sind Missbildungen der Arterien, Venen oder Lymphgefäße und sind vielfältig und komplex. In der Angiologie sind sie eher selten, aber aufgrund ihrer Vielfältigkeit sehr anspruchsvoll. Die gängigsten Missbildungen sind:
- Aplasie (fehlende Gefäße)
- Obstruktion (Verengung)
- Dilatation (Erweiterung)
- arterielle, venöse oder lymphatische Fisteln
- infiltrierende (eindringende) oder umschriebene bzw. hämolymphatische Missbildungen
Untersuchungsmethoden und Behandlungsmethoden Angiologie
Angiologen/-innen richten ihre Untersuchungsmethoden nach ihrer ersten Verdachtsdiagnose aus. D.h. sie vermuten aufgrund der geschilderten Symptome des/-r Patienten/-in eine bestimmte Krankheit und untersuchen gezielt daraufhin. Daran orientiert sich auch die Behandlung.
1. Angiographie
Die Angiographie wird von Angiologen/-innen sehr häufig eingesetzt. Bei ihr werden Kontrastmittel in den Körper eingebracht und anschließend entweder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt oder Röntgenaufnahmen angefertigt. Durch das Kontrastmittel lassen sich die Blutgefäße besser erkennen und ermöglichen so eine Diagnose von z.B. Erweiterungen oder Verengungen diverser Blutgefäße im Gewebe.
2. Doppler- bzw. Duplexsonographie
Mit der Doppler- bzw. Duplexsonographie kann die Fließgeschwindigkeit des Blutes bestimmt werden. Sie ist eine spezialisierte Ultraschalluntersuchung und ermöglicht Angiologen/-innen Rückschlüsse auf mangelhafte Durchblutungen, die z.B. durch Gefäßverschlüsse, -verengungen oder -erweiterungen entstehen. Sie wird v.a. in der Schlaganfalls-Diagnostik eingesetzt, bei der Angiologen/-innen einen maßgeblichen Beitrag leisten.
3. Plethysmographie
Plethysmographie (von griech. plethore = Fülle, graphein = schreiben) ist ein angiologisches Messverfahren, mit dem Schwankungen im Volumen eines Körperteils gemessen werden können. Angiologen/-innen nutzen es zur Diagnostik arterieller und venöser Durchblutungsstörungen v.a. in den Extremitäten, also Armen und Beinen.
4. Kapillarmikroskopie
Die Kapillarmikroskopie dient meist der Früherkennung von Gefäßerkrankungen, wird von Angiologen/-innen aber auch zur Beurteilung der Hautmikrozirkulation und zur Begutachtung der Kapillaren eingesetzt. Angiologen/-innen können damit u.a. folgende Krankheiten diagnostizieren:
- Störungen der Mikrozirkulation (Mikroangiopathie)
- organische Kapillarschädigungen oder -erkrankungen
- Raynaud-Syndrom
- Bindegewebserkrankungen (z.B. Sklerodermie)
- entzündliche Gefäßerkrankungen (Vaskulitis)
- Kollagenosen
5. Lichtreflexionsrheographie (LRR)
Angiologen/-innen wenden dieses Messverfahren (auch Photoplethysmographie (PPG) genannt) an, um die Funktionsfähigkeit der Venen zu überprüfen. Mit Sensoren und Infrarotlicht wird gemessen, wie sich z.B. die Beinvenen bei Bewegung der Beine füllen und wieder leeren. Auf diese Weise kann diagnostiziert werden, ob z.B. der Bluttransport der Beinvenen überdurchschnittlich, normal oder zu gering ist.
Allgemeine Behandlungsmethoden
Gefäßerkrankungen können sowohl auf konservative als auch auf interventionelle Weise therapiert werden. Angiologen/-innen bevorzugen dabei meist konservative Methoden, also Therapien, die entweder durch vorbeugende Maßnahmen, Änderungen des Lebensstils oder die Gabe von Medikamenten zur Heilung führen. Nur wenn diese Methoden nicht erfolgversprechend sind oder versagen, verweisen Angiologen/-innen ihre Patienten/-innen für Operationen an Gefäßchirurgen/-innen.
Vorbeugung
Die beste Behandlung ist das Vermeiden der Notwendigkeit einer Behandlung. Angiologen/-innen sind daher bemüht, Patienten/-innen umfangreich über ihre individuellen Vorerkrankungen aufzuklären. Sie erklären z.B. Diabetikern/-innen die Besonderheiten ihrer Krankheit oder bewegen Raucher/innen zum Aufhören. Viele angiologische Erkrankungen lassen sich so vorbeugen oder nach deren Auftreten deutlich reduzieren.
Behandlung mit Medikamenten
Bringt die Vorbeugung nichts, folgt die medikamentöse Behandlung von Gefäßkrankheiten. Dabei werden bereits bestehende Vorerkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte etc.) in die Diagnose und das Behandlungskonzept mit einbezogen und mitbehandelt. Medikamente zur Durchblutungsförderung, Blutverdünnung oder Blutgefäßerweiterung kommen ergänzend hinzu.
Konservative Behandlungsansätze
Ergänzend zur medikamentösen Behandlung könne viele angiologische Krankheitsbilder auch mit sog. konservativen Therapien behandelt werden. Kompressionstherapie (z.B. Binden oder Stützstrümpfe), Bewegungstherapie (z.B. Krankengymnastik) oder manuelle Lymphdrainage bekommen Erkrankungen der Gefäße als sog. physikalische Maßnahmen meist gut in den Griff.
Operative Behandlungsmöglichkeiten
Greifen alle diese Methoden nicht, gehen Angiologen/-innen zur sog. interventionellen Therapie über. Sie wird auch als (minimal-)invasive Therapie bezeichnet und umfasst operative Eingriffe an den Gefäßen. So können z.B. Verschlüsse entfernt oder Verengungen mit sog. Stents (Gefäßstützen) unterstützt bzw. erweitert werden. Diese Eingriffe führen Angiologen/-innen aber meist nicht selbst durch, sondern überweisen ihre Patienten/-innen dafür an Gefäßchirurgen/-innen.
Wie wird man Facharzt/-ärztin für Angiologie?
Voraussetzung für die Facharztausbildung zum/-r Angiologen/-in in einer Weiterbildungsstätte (z.B. Krankenhaus) sind ein abgeschlossenes Medizinstudium und eine Approbation als Arzt/Ärztin. Die Weiterbildung Angiologie umfasst in Vollzeit sechs Jahre und muss wie folgt aufgeteilt werden:
- 36 Monate stationäre Basisweiterbildung Innere Medizin
- 30 Monate Angiologie
- 6 Monate internistische Intensivmedizin
Nach der Facharztausbildung muss die Facharztprüfung erfolgreich abgelegt werden. Danach ist man Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und Angiologie.
Was verdient ein/e Angiologe/-in?
Während ihrer Facharztausbildung verdienen Assistenzärzte/-innen der Angiologie durchschnittlich zwischen 4.694 und 6.287 Euro brutto pro Monat. Das Gehalt von Oberärzten/-innen in der Innere Medizin mit Schwerpunkt Angiologie verdienen durchschnittlich 8.073 bis 11.439 Euro brutto pro Monat. Diese Gehaltsangaben beziehen sich auf geltende Tarifverträge öffentlicher Krankenhäuser. Arzt-Gehälter können daher je nach Arbeitgeber schwanken.
Häufige Fragen
- Welche Krankheiten behandelt ein/e Angiologe/-in?
- Warum geht man zum/-r Angiologen/-in?
- Ist ein/e Angiologe/-in ein/e Gefäßchirurg/in?
- Wie untersucht der/die Angiologe/-in?
- Was heißt Angiologie auf Deutsch?
- Was ist eine Angiologische Abklärung?
Angiologen/-innen behandeln Krankheiten der Venen, Arterien, Lymph- und Kapillargefäße. Die gängigsten Krankheiten sind u.a. Thrombosen (Blutgerinnsel) sowie allgemeine arterielle Verschlusskrankheit, Varizen (Krampfadern), das Diabetische Fußsyndrom (Spätkomplikation von Diabetes aufgrund Nervenschädigung durch Durchblutungsstörung) und Lymphödeme (Flüssigkeitsansammlung im Gewebe).
Zum/-r Angiologen/-in geht man, wenn man Probleme mit dem Adersystem (Venen und Arterien) oder den Lymph- und Kapillargefäßen des Körpers hat. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn man oft kalte Hände und Füße hat.
Nein, ein/e Angiologe/-in kümmert sich zwar ebenfalls um Funktionen und Fehlfunktionen von Gefäßen im Bereich der Inneren Medizin. Ein/e Gefäßchirurg/in ist aber ein/e Spezialist/in für die Operationen dieser Gefäße und klärt i.d.R. keine Krankheitsbilder ab, sondern heilt diese operativ.
Angiologen/-innen haben mehrere Untersuchungstechniken. Die häufigsten sind u.a. Ultraschall (Sonographie), Doppler- oder Duplexsonographie und weitere bildgebende Verfahren wie z.B. Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomographie (CT) und Angio- und Phlebographie.
Angiologie ist das Teilgebiet der inneren Medizin, das sich mit den Blutgefäßen und deren typischen Erkrankungen befasst. Genau übersetzt bedeutet Angiologie Gefäßmedizin.
In einer Angiologischen Abklärung wird primär die Durchblutung kontrolliert. So werden venöse Krankheiten wie Phlebitis, Thrombosen (Blutgerinnsel verstopfen eine Arterie oder Vene), Venenentzündungen und Lungenembolien erkannt. Eine Angiologische Abklärung kann aber auch erfolgen, um diffuse Symptome wie kalte oder schmerzende Gelenke oder schlecht heilende Wunden abzuklären.