Im Jahr 2010 wurde die Zusatz-Weiterbildung Transplantationsmedizin durch die “Deutsche Transplantationsgesellschaft e.V. (DTG)” ins Leben gerufen und hat sich zum Ziel gesetzt, eine höherwertige Qualifikation für Transplantationsmediziner/innen und Fachärzte/-innen weiterer medizinischer Fachgebiete zu schaffen. Die Einführung der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin auf Ebene der (für die Weiterbildung verantwortlichen) Landesärztekammern konnte erfolgreich umgesetzt werden. Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt nahm im April 2016 die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin als erste deutsche Ärztekammer in die Weiterbildungsordnung auf. Eine bundesweite Einführung der Weiterbildung erfolgte im Jahr 2018.
Inhaltsverzeichnis
Transplantationsmedizin im Überblick
- Anzahl an Transplantationszentren: In ganz Deutschland gibt es aktuell 45 Transplantationszentren.
- Anzahl Transplantationen: Im Zeitraum von 1963 bis 2022 wurden in Deutschland über 146.000 Organe transplantiert.
- Häufigste Transplantationen: Nierentransplantationen sind deutschlandweit die mit Abstand häufigste Form der Organtransplantation (knapp 93.000), gefolgt von Leber- und Herztransplantationen (28.000 bzw. 14.000)
- Spendebereitschaft: Im Ländervergleich belegt Deutschland im Rahmen postmortaler Organspenden einen der hintersten Plätze mit lediglich 11 Spendern pro 1 Million Einwohner /innen (Spitzenreiter ist USA mit knapp 42 Spendern pro 1 Million Einwohner).
Die Bedeutung des Fachgebiets Transplantationsmedizin
Im Zuge einer Transplantation werden nicht ausschließlich Organe verpflanzt werden. Die moderne Transplantationsmedizin bietet die Möglichkeit, neben ganzen Organen oder Körperteilen auch weitaus kleinere Strukturen (z. B. Gewebe, Zellen) zu transplantieren.
Durch Absolvieren der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin spezialisieren sich Fachärzte/-innen bestimmter medizinischer Fachgebiete sowohl auf die Indikationsstellung als auch auf die Durchführung und Nachsorge durchgeführter Organtransplantationen, sowie Lebend-Organspenden. Des Weiteren ist das Erkennen und die zielgerechte Behandlung auftretender Komplikationen (z. B. Abstoßungsreaktionen) ein wichtiger Baustein, um die Sicherheit der Patienten/-innen bestmöglich zu gewährleisten. Die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin gibt tiefgründige Einblicke in das Feld der Immunologie (z. B. medikamentöse Immunsuppression nach einer Organtransplantation) und liefert ebenso einen Einblick in das Wartelistenmanagement.
Abhängig von der Herkunft der Transplantate unterscheiden Ärzte/-innen zwischen drei unterschiedlichen Arten der Transplantation:
- Autologe Transplantation: Der/Die Spender/in ist zugleich auch Empfänger/in (z. B. bei großflächigen Brandverletzungen, wo Brandwunden mit einem großen Hautstück abgedeckt werden, das an einer anderen Körperregion entnommen wurde)
- Allogene Transplantation: Der/Die Empfänger/in erhält ein Transplantat (z. B. Organ, Gewebe, Körperteil, Zellen) von einer fremden Person. Diese Person kann bereits verstorben (postmortale Spende) oder noch am Leben sein (Lebendspende). Die Allogene Transplantation ist die bei weitem häufigste Form.
- Xenogene Transplantation: Der/Die Patient/in erhält ein Transplantat von einem Tier (z. B. Herzklappe eines Schweines).
Eine Transplantation wird dann durchgeführt, wenn die Funktion eines Organs, Körperteils oder Gewebeverbandes verloren gegangen ist und nicht wiederhergestellt werden kann. Es handelt sich somit um die letzte mögliche Behandlungsmöglichkeit. Beispiele hierfür sind z. B. ein vollständiger Verlust der Nierenfunktion, schwerste Verbrennungen der Haut und/oder Extremitäten, COPD (chronisch-obstruktive Lungenerkrankung), Herzschwäche oder Leukämie (Blutkrebs).
Patienten/-innen, die auf ein Organ warten, werden durch den/die behandelte/n Arzt/Ärztin auf eine Warteliste gesetzt, die dem/-r jeweiligen Patienten/-in einen Rang zuteilt. Die Dringlichkeit und die Erfolgsaussichten entscheiden über das Ranking des/-r Patienten/-in.
Voraussetzungen für die Zusatz-Weiterbildung Transplantationsmedizin
Die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin steht Fachärzten/-innen nach den folgenden Facharztausbildungen offen:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Allgemeinchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Viszeralchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und Kardiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und Nephrologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und Pneumologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin
Der Zeitraum der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin beträgt 24 Monate laut Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer. Da es sich um eine interdisziplinäre Weiterbildung handelt, ist diese sowohl mit fachspezifischen Schwerpunkten (für alle Fachgruppen) als auch mit speziellen Schwerpunkten für den jeweiligen Fachbereich (z. B. Kardiologie, Pneumologie, etc.) ausgestattet. Voraussetzungen, Dauer und Inhalte liegen wie die Prüfungsmodalitäten in der Verantwortung der Landesärztekammern, weswegen es je nach Bundesland zu Unterschieden kommen kann. Wir empfehlen eine individuelle Information bei der zuständigen Ärztekammer.
Inhalte der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin
Im Folgenden eine Auflistung der empfohlenen Inhalte der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin inklusive Richtzahlen nach MWBO. Neben allgemeiner Inhalte sind Diagnostik und Therapie je nach Facharztrichtung unterschieden, weil spezifisch für Transplantationen im eigenen Fachgebiet.
Gemeinsame Inhalte der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin
- Rechtliche, ethische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen der Organtransplantation, insbesondere hinsichtlich postmortaler Organspende und Lebendorganspende sowie Allokationsverfahren
- Vorbereitung und Meldung auf die Warteliste zur Organtransplantation sowie Wartelistenmanagement
- Grundlagen der Spender- und Empfängerauswahl
- Indikationsstellung und Kontraindikationen für die Transplantation
- Immunsuppressive Therapieoptionen bei Organtransplantation
- Erkennung und ggf. interdisziplinäre Behandlung von immunologischen, chirurgischen und pharmakologischen Komplikationen nach Organtransplantation
- Infektiologische Aspekte der Transplantation
- Nachsorge nach Organtransplantation, auch in interdisziplinärer Zusammenarbeit
- Transplantationsmedizinische Qualitätssicherung
- Grundlagen der Immunologie, insbesondere der Humanen Leukozyten Antigene (HLA) und Antikörper relevanten Organallokation und Kompatibilitätsdiagnostik
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildungen Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurgie, Viszeralchirurgie, Urologie
- Perioperative Behandlung von Patienten vor und nach Nieren-, Leber-, Pankreas- und/oder Dünndarmtransplantation
- Farbkodierte Duplexsonographie der Leber und/oder Niere (Richtzahl: 25)
- Organentnahme bei Nierenlebendspende und/oder Leberlebendspende (Richtzahl: 20)
- Organentnahme bei postmortaler Organspende Transplantationen (Richtzahl: 25), alternativ entweder Nieren (Richtzahl: 25)
oder Leber (Richtzahl: 40) oder Pankreas (Richtzahl: 15) - Nieren- und/oder Lebertransplantatbiopsie (Richtzahl: 25)
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Herzchirurgie
- Perioperative Behandlung von Patienten vor und nach Herz- und/oder Lungentransplantation
- Organentnahme bei postmortaler Organspende (Richtzahl: 25)
- Thorakale Transplantation von Herz und/oder Lunge und/oder kombiniert Herz-Lunge (Richtzahl: 15)
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Thoraxchirurgie
- Perioperative Behandlung von Patienten vor und nach Lungentransplantation
- Organentnahme bei postmortaler Organspende (Richtzahl: 25)
- Lungentransplantation (Richtzahl: 15)
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Innere Medizin und Gastroenterologie
- Behandlung von Patienten vor und nach Lebertransplantation, auch im Langzeitverlauf
- Farbkodierte Duplexsonographie des Lebertransplantats ERCP nach Lebertransplantation (Richtzahl: 50)
- Lebertransplantatbiopsie nach Lebertransplantation (Richtzahl: 25)
- Teilnahme an Lebertransplantationen
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Innere Medizin und Kardiologie
- Behandlung von Patienten vor und nach Herz- und Herz-Lungentransplantation, auch im Langzeitverlauf
- Endomyokardbiopsie nach Herztransplantation (Richtzahl: 25)
- Linksherzkatheter einschließlich Koronarangiographie nach Herztransplantation (Richtzahl: 25)
- Teilnahme an Herztransplantationen
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Innere Medizin und Nephrologie
- Behandlung von Patienten vor und nach Nierentransplantation und Pankreastransplantation, auch im Langzeitverlauf
- Farbkodierte Duplexsonographie des Nierentransplantats (Richtzahl: 50)
- Nierentransplantatbiopsie (Richtzahl: 25)
- Teilnahme an Nierentransplantationen
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Innere Medizin und Pneumologie
- Behandlung von Patienten vor und nach Lungen- und Herz-Lungentransplantation, auch im Langzeitverlauf
- Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage nach Lungentransplantation (Richtzahl: 25)
- Lungenfunktionsuntersuchungen nach Lungentransplantation (Richtzahl: 50)
- Teilnahme an Lungen- und/oder Herz-Lungentransplantationen
Spezifische Inhalte für die Facharztweiterbildung Kinder- und Jugendmedizin
- Behandlung von Kindern und Jugendlichen vor und nach Nieren-, Leber-, Darm-, Herz- und/oder Lungentransplantation, auch im Langzeitverlauf
- Farbkodierte Duplexsonographie entweder des Nierentransplantats (Richtzahl: 50) oder des Lebertransplantats, davon
vor Transplantation (Richtzahl: 20), nach Transplantation (Richtzahl: 100) - Nieren- und/oder Lebertransplantatbiopsie (Richtzahl: 10)
- Teilnahme an Nieren- und/oder Lebertransplantationen bei Kindern und Jugendlichen
Abschluss der Weiterbildung: Logbuch und Prüfung
Wie bereits während der Facharztausbildung ist das Logbuch auch im Rahmen der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin ein integraler Bestandteil und dient der Dokumentation der erworbenen Leistungsinhalte (inklusive Richtzahlen). Erst wenn das Logbuch vollständig ausgefüllt wurde, ist eine Anmeldung zur Abschlussprüfung bei der zuständigen Ärztekammer möglich.
Registrierung und Anmeldung zum eLogbuch, der digitalen Version, ist über die Portale der Landesärztekammern möglich.
Für die Anmeldung zur Prüfung muss das vollständig ausgefüllte Logbuch bei der jeweiligen Ärztekammer vorgelegt werden. Bei der Prüfung handelt es sich, wie schon bei der Facharztprüfung, um eine kommissionelle Prüfung. Hier wird sowohl das theoretisch als auch das praktisch erworbene Wissen der Kandidaten/-innen abgeprüft. Sie dauert mindestens 30 Minuten.
Karrieremöglichkeiten als Transplantationsmediziner/in
Transplantationsmediziner/innen sind vorwiegend am Transplantationszentrum einer gesundheitlichen Einrichtung tätig, je nach ihrem Schwerpunkt und ihrer Spezialisierung. Einige der häufigsten Arbeitsplätze für Transplantationsmediziner/innen sind:
- Krankenhäuser
- Universitätskliniken: Neben Diagnostik und Therapie besteht hier die Möglichkeit, gleichzeitig an klinischen Studien und Forschungsprojekten zu arbeiten.
- Transplantationszentren
- Forschungseinrichtungen
- Regierungsbehörden (wie zum Beispiel die National Organ Transplantation Foundation)
- Non-Profit-Organisationen, die sich auf Organspende und Transplantationen spezialisiert haben
Gehaltsperspektiven als Transplantationsmediziner/in
Ein/e Transplantationsmediziner/in mit einigen Jahren Berufserfahrung kann in der Regel ein höheres Gehalt erwarten als ein/e Arzt/Ärztin ohne Erfahrung. Außerdem können Transplantationsmediziner/innen in größeren Kliniken und spezialisierten Transplantationszentren tendenziell höhere Gehälter erhalten als diejenigen, die in kleineren Einrichtungen arbeiten. Hier spielt aber vor allem eine Rolle, ob es eine Tarifbindung gibt. Grundlegend werden Fachärzte/-innen im öffentlichen Dienst und auch bei einigen privaten Häusern nach Tarifvertrag für Ärzte/-innen bezahlt. Entsprechend ihres Karrierelevels und der Berufserfahrung wird das Facharzt-Gehalt gezahlt. Der Median liegt bei 7.226 Euro brutto im Monat.
Das Einkommen mit eigener Niederlassung unterscheidet sich hiervon naturgemäß. Weiterbildungen verbessern neben den eigenen Fähigkeiten und Kompetenz aber auch die Chance auf eine Leitungsposition in einer Klinik, die naturgemäß auch mit einem höheren Einkommen einhergeht:
Passende Stellen für Ärzte/-innen finden
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte und Ärztinnen in Deutschland. In der Stellensuche finden sich täglich zahlreiche Stellenangebote für Assistenzärzte/-innen, sowie Facharzt-Jobs, Oberarzt-Stellen und Chefarzt-Stellenangebote.
Häufige Fragen zu Transplantationsmedizin
- Was ist Transplantationsmedizin?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Transplantationsmedizin?
- Wie lange dauert die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin?
Unter Transplantationsmedizin kann ein Teilgebiet der Medizin verstanden werden, das sich mit der Übertragung von Organen, Körperteilen, Geweben oder Zellen von einem/-r Spender/in zu einem Empfängerorganismus befasst. Die Transplantate können sowohl körpereigener Natur sein als auch von fremder Herkunft (z. B. fremde Person oder Tier) stammen.
Hierfür muss die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin (gemäß § 11 MWBO) absolviert werden. Voraussetzung ist ein zuvor abgeschlossenes Medizinstudium (Approbation als Arzt/Ärztin), sowie eine anschließende Facharztausbildung (siehe Abschnitt “Voraussetzungen”).
Die Dauer der Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin umfasst einen Zeitraum von insgesamt 24 Monaten.