Wer sich die Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene ansieht, mag sich erst wundern, aber einige heute selbstverständlichen Vorgänge mussten sich in der Medizingeschichte erst durchsetzen. Und auch wenn sie zu Beginn als unwichtig abgetan wurde, haben Forschungserfolge rund um das Thema Krankenhaushygiene einen Meilenstein in der medizinischen Versorgung erreicht, die unverzichtbar für die medizinische Behandlung unserer Zeit ist.
Inhaltsverzeichnis
- Das Fachgebiet Krankenhaushygiene
- Voraussetzungen für die Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
- Dauer der Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
- Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
- Prüfung und Abschluss der Zusatz-Weiterbildung
- Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung
- Gehaltsperspektiven mit Zusatzbezeichnung
- Passende Arztstellen als Krankenhausgieniker/in
Krankenhaushygiene als Zusatzweiterbildung umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Prävention, Erfassung und Bewertung nosokomialer Infektionen und multiresistenter Erreger sowie die Durchführung und Koordination insbesondere von patientenbezogenen Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle in medizinischen Einrichtungen.
Krankenhaushygiene im Überblick
Insgesamt hatten die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene zum Jahresende 2022 gerade einmal 255 Ärzte/-innen absolviert. Hinzu kommen weitere 131 Fachärzte/-innen für Hygiene und Umweltmedizin.
Das Robert-Koch-Institut gibt seit 2009 Maßnahmen zur Einhaltung der Krankenhaushygiene vor. Diese beziehen sich sowohl auf den personellen Umfang innerhalb einer Hygienekommission medizinischer Einrichtung als auch auf die Durchführung bestimmter Maßnahmen im Rahmen der Krankenhaushygiene (z.B. Flächendesinfektion und Reinigungspläne).
Das Fachgebiet Krankenhaushygiene
Vor dem 18. Jahrhundert war es noch undenkbar, dass sich Ärzte vor operativen Eingriffen die Hände waschen. Aber die Einhaltung von Krankenhaushygiene brachte schnell erste Erfolge. Dazu zählte beispielsweise eine deutlich reduzierte Sterblichkeit unter Frauen nach einer Entbindung. Auch heute noch gehören im Krankenhaus erworbene (nosokomiale) Infektionen zum medizinischen Arbeitsalltag. Darüber hinaus ist die Relevanz multiresistenter Keime in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Es gehört zur Aufgabe von Ärzten/-innen mit der Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene und den Hygienebeauftragten, dies möglichst zu unterbinden und ein sicheres Behandlungsumfeld für die Patienten/-innen zu schaffen.
Voraussetzungen für die Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
Um sich für die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene zu qualifizieren, muss eine abgeschlossene Facharztausbildung aus dem Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung vorliegen. Dazu zählen folgende Weiterbildungen:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Anästhesiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Chirurgie und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Orthopädie und Unfallchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische Chirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Viszeralchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Humangenetik
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Angiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Gastroenterologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Infektiologie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Nephrologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Pneumologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Rheumatologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurochirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Nuklearmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Radiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Strahlentherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Transfusionsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
Krankenhaushygiene als Zusatzweiterbildung erfordert das Absolvieren einer Kurs-Weiterbildung Krankenhaushygiene mit dem Umfang von insgesamt 200 Stunden.
Im Anschluss an die Facharztausbildung erfolgt eine 200-stündige Kurs-Weiterbildung gem. § 4 Abs. 8 in Krankenhaushygiene. Davon entfallen 40 Stunden auf den Grundkurs und 160 Stunden auf einen Aufbaukurs.
Wie alle Weiterbildungen liegt die Verantwortung bei der zuständigen Landesärztekammer. Dauer, Voraussetzungen und Inhalte können sich daher unter Umständen von den hier gelisteten Inhalten der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) unterscheiden. Beispielsweise heißt die entsprechende Weiterbildung in Baden-Württemberg “Medizinhygiene” und ist in 6 Module aufgeteilt, die man als hygienebeauftragter Arzt bzw. Ärztin (Modul 1 der Fortbildungen) auch einzeln besuchen kann, um aktuelle Entwicklungen oder zusätzliche Informationen zu erfahren, ohne die Fortbildung komplett zu absolvieren.
- Modul I: Grundkurs “Qualifikation Hygienebeauftragte/r Ärztin/Arzt” (40 Stunden)
- Modul II : Organisation der Hygiene (32 Stunden)
- Modul III: Grundlagen der Mikrobiologie (32 Stunden)
- Modul IV: Bauliche und technische Hygiene (32Stunden)
- Modul V: Gezielte Präventionsmaßnahmen (32Stunden)
- Modul VI: Qualitätssichernde Maßnahmen, Ausbruchsmanagement (32 Stunden)
Die gesamte Kurs-Weiterbildung Krankenhaushygiene kann durch zwölf Monate praktische Weiterbildung bei einem Weiterbildungsbefugten ersetzt werden. Diese sind über die jeweilige Landesärztekammmer zu finden.
Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene
Die Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) definiert die folgenden Inhalte für die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene. Bei den Zahlen in Klammern handelt es sich um Richtwerte. Die praktischen Kompetenzen sollen in dieser Mindestmenge nachgewiesen sein.
Kognitive und Methodenkompetenz Kenntnisse
- Hygiene und Infektionsprävention in Krankenhäusern und Praxen
- Hygienisches Qualitätsmanagement
- Vorbeugung und Epidemiologie von infektiösen Krankheiten einschließlich des individuellen und allgemeinen Seuchenschutzes
- Surveillance nosokomialer Infektionen
- Grundlagen der Hygiene von Lebensmitteln, Gebrauchs- und Bedarfsgegenständen und der Lebensmittelversorgung im Krankenhaus
- Grundlagen der technischen Hygiene, der Wasserversorgung und der Raumlufttechnik im Krankenhaus
Handlungskompetenz Erfahrungen und Fertigkeiten
- Erstellung von Hygieneplänen und Überwachung von deren Umsetzung
- Beratung bezüglich Infektionsverhütung, Infektionserkennung und Infektionsbekämpfung
- Überwachung der Desinfektion, Medizinprodukteaufbereitung, Versorgung und EntsorgungErmittlung des Risikoprofils einer Einrichtung für die Entstehung nosokomialer Infektionen
- Erkennung nosokomialer Infektionen, Erreger- und Resistenzüberwachung
- Beteiligung bei der Bewertung der Antibiotikaverbrauchsdaten, auch im ABS-Team
- Planung und Durchführung von Interventionen zur Reduktion nosokomialer Infektionen und Besiedlungen mit multiresistenten Erregern (5)
- Beratung beim Umgang mit multiresistenten Erregern (50)
- Hygienische Beratung bei der Planung und patientengerechten Durchführung von Bau- und Umbaumaßnahmen in medizinischen Einrichtungen
- Hygienische Begehungen und Inspektionen in klinisch-medizinischen Einrichtungen mit Analyse spezifischer hygienischer Risiken vor Ort, davon
- OP-Trakt und dezentrale Eingriffs- und Untersuchungsräume, insbesondere Endoskopie, Herzkatheterlabor, Dialyse (4)
- Pflegestationen einschließlich Bereiche mit besonderen hygienischen Anforderungen, z. B. Intensivstationen, hämatologisch- onkologische Stationen (2)
- patientennahe Versorgungs- und Entsorgungsbereiche, z. B. Krankenhausküche und Lebensmittelversorgung, Hauswirtschaft, Wäscheversorgung, Bettenaufbereitung, Hausreinigung, Entsorgung (2)
- Schulungen für ärztliche Mitarbeiter und Pflegepersonal (20)
- Mitwirkung bei der Durchführung eines Ausbruchsmanagements (3)
Prüfung und Abschluss der Zusatz-Weiterbildung
Zum Ende der Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene erfolgt eine mündliche Prüfung von mindestens 30 Minuten. Diese findet in der Regel als Fachgespräch anhand eines Fallbeispiels statt. Es können je nach Prüfenden und Landesärztekammer auch praktische Prüfungsteile anfallen. Die Prüfung und Bescheinigung der erfolgreich absolvierten, strukturierten curricularen Fortbildung erfolgen durch die zuständige Ärztekammer.
Wichtig: Das Weiterbildungs-Logbuch
Für jede ärztliche Ausbildung ist das Führen eines Logbuchs verpflichtend. Alle relevanten Ausbildungsabschnitte, sowie Gespräche mit Führungskräften und Fallzahlen, werden im Logbuch dokumentiert und von den Weiterbildungsbefugten gegengezeichnet.
Muster-Logbücher für die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene liegen bei den jeweiligen Landesärztekammern vor. Diese werden mittlerweile in der der Regel als eLogbuch in digitaler Form geführt.
Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung Krankenhausgieniker/in
Jede medizinische Einrichtung benötigt Personal, um die Einhaltung der Krankenhaushygiene zu gewährleisten. In größeren Häusern mit mehreren Abteilungen sollte jeder Bereich mindestens einen Hygienebeauftragten ernennen. Dabei sollten hygienebeauftragte Ärzte/-innen möglichst in dem gewählten Fachbereich auch Facharzt/-ärztin sein. Eine Weiterbildung in der Krankenhaushygiene kann demnach eine zusätzliche Chance auf einen Arbeitsplatz bedeuten. Außerdem erhöhen Fortbildungen und Weiterbildungen nicht nur die Kompetenz, sondern auch die Chance auf eine Oberarzt-Position. Man kann unter Umständen auch Chefarzt/-ärztin werden.
Die Weiterbildung Krankhaushygiene ist für alle Ärzte/-innen attraktiv, die neben der Patientenversorgung noch weitere Aufgaben übernehmen möchten und Abwechslung in ihren Arbeitsalltag integrieren wollen. Anstelle eines erhöhten Arbeitsaufwands wird der/die hygienebeauftragte Arzt/Ärztin stundenweise von seiner ärztlichen Tätigkeit freigestellt, um den Aufgaben des/der Hygienebeauftragten nachzugehen.
Gehaltsperspektiven mit Zusatzbezeichnung Krankenhausgieniker/in
Die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene wird von Arbeitgebern häufig verlangt, um hygienebeauftragte Ärzte/-innen in ihren Einrichtungen zu benennen. Jede Art der Zusatzqualifikation bietet gute Chancen auf eine Gehaltserhöhung – wenn eine leitende Position erreicht wird. Beispielsweise ist es in Krankenhäusern üblich, dass Oberärzte/-innen bestimmte Aufgaben im Betriebsumfeld übernehmen und damit mehr Verantwortung tragen als Fachärzte/-innen, deren Bezahlung allein vom gültigen Tarifvertrag und ihrer Berufserfahrung bestimmt wird.
Die Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene könnte somit für manche Fachärzte/-innen ein gutes Sprungbrett in die Oberarzt-Position sein. Im Vergleich zum durchschnittlichen Facharzt-Gehalt verdienen die mittleren 50 Prozent der Oberärzte/-innen monatlich zwischen 7.470 Euro und 10.578 Euro brutto.
Passende Arztstellen als Krankenhausgieniker/in
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte und Ärztinnen in Deutschland. In der Stellensuche finden sich täglich zahlreiche Assistenzarzt-Stellen sowie Jobs für Fachärzte/-innen, Oberarzt-Stellenangebote und Stellen für Chefärzte/-innen.
Häufige Fragen zu Krankenhaushygiene
- Was ist Krankenhaushygiene?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Krankenhaushygiene?
- Wie lange dauert die Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene?
Laut Definition der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie befasst sich Krankenhaushygiene mit Feststellung und Verhütung aller möglichen auftretenden Ursachen für Gesundheitsschädigungen im Krankenhaus. Über die zugehörige Zusatz-Weiterbildung können sich Fachärzte/-innen in diesem Bereich spezialisieren.
Die Zusatzbezeichnung Krankenhaushygiene wird entweder durch Absolvieren einer Kurs-Weiterbildung in Krankenhaushygiene (für Fachärzte/-innen der unmittelbaren Patientenversorgung) oder während eines Weiterbildungsabschnitts (12 Monate) bei einer befugten Weiterbildungsstelle erlangt.
Die Kurs-Weiterbildung hat einem Umfang von 200 Unterrichtsstunden, kann allerdings ersetzt werden, indem zwölf Monate Ausbildung in Krankenhaushygiene bei einer weiterbildungsbefugten Ausbildungsstelle absolviert werden.