
Die Zusatzweiterbildung Handchirurgie umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Vorbeugung, Erkennung, operative und nicht operative Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Verletzungen, Fehlbildungen und Tumoren sowie die Rekonstruktion nach Erkrankungen oder Verletzungen der Hand und des distalen Unterarms.
Inhaltsverzeichnis
Handchirurgie im Überblick
- Anzahl der Fachärzte/-innen: In Deutschland tragen insgesamt 2.071 Ärzte/-innen die Zusatzbezeichnung Handchirurgie.
- Dauer der Weiterbildung: Die Ausbildung dauert 24 Monate, also zwei Jahre.
- Bedeutung des Gebiets: Die Bewegungen der Hand gehören zu den komplexesten motorischen Prozessen des menschlichen Körpers. Entsprechend hoch sind die Anforderung an die operative Versorgung dieses Organs.
Das Fachgebiet Handchirurgie
Die Handchirurgie ist eine spezielle Form der Chirurgie, die sich mit der operativen Versorgung von Erkrankungen oder Fehlbildungen der Hände befasst. Die Anforderungen an Handchirurgen/-innen sind wegen der ganz besonderen Anatomie der Hand sehr hoch. Strukturen wie Nerven oder Gefäße sind sehr fein, sodass eine ruhige Hand und viel Fingerspitzengefühl unbedingt nötig sind. Außerdem steuern sehr viele kleine und größere Muskeln die komplexe Handmotorik. Diese gehört zu den motorisch anspruchsvollsten Prozessen im menschlichen Körper.
Fachärzte/-innen, die sich auf die Handchirurgie spezialisiert haben, versorgen beispielsweise traumatische Verletzungen im Bereich der Hände. Dazu gehören unter anderem Knochenbrüche, Schnitt-, Riss-, Biss,- oder Quetschwunden sowie Amputationen.
Auch chronische Erkrankungen der Hand können handchirurgische Interventionen erfordern. Eine häufige Operation ist dabei beim sogenannten „Karpaltunnelsyndrom“ nötig. Hierbei sorgt eine Engstelle im Bereich der Hand dafür, dass Nervenfasern komprimiert werden. Dies löst folglich Schmerzen oder Missempfindungen aus. Während des Eingriffs wird operativ mehr Platz geschaffen, wodurch in der Folge auch die Beschwerden in der Regel abklingen.
Voraussetzungen für die Zusatzweiterbildung Handchirurgie
Neben dem abgeschlossenen Medizinstudium und einer gültigen Approbation, bildet eine abgeschlossene Facharztausbildung die Grundvoraussetzung für die Zusatzweiterbildung Handchirurgie.
Für Fachärzte/-innen mit folgenden Facharztausbildungen ist die Zusatzbezeichnung Handchirurgie möglich:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Allgemeinchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
Dauer der Zusatzweiterbildung Handchirurgie
Die Dauer der Zusatzweiterbildung beträgt 24 Monate. Diese müssen in der Handchirurgie unter Befugnis an Weiterbildungsstätten gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 absolviert werden.
Inhalte der Zusatzweiterbildung Handchirurgie
Folgende Inhalte sind Bestandteil der Zusatzweiterbildung Handchirurgie. Bei den Zahlen in Klammern handelt es sich um Richtzahlen laut Muster-Weiterbildungsordnung. Die Landesärztekammern, in deren Verantwortung die Weiterbildungen liegen, können davon abweichen. Es ist daher sinnvoll, die genauen Informationen bei der entsprechenden Ärztekammer zu überprüfen.
Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Handchirurgie
- Spezielle Anatomie der Hand
- Gutachtenerstellung (10)
- Lokal- und Regionalanasthesie der Hand (20)
- Berufsgenossenschaftliche Heilverfahren
- Interdisziplinäre Indikationsstellung zur weiterführenden Diagnostik einschließlich der Differentialindidkation und Befundinterpretation
Notfälle
- Handchirurgische Notfallmaßnahmen bei komplexen Handverletzungen (10)
- Operative Eingriffe, davon
- Amputationen an Hand und Unterarm (6)
- thermische, chemische, elektrische Verletzungen, Hochdruckeinspritzverletzungen, Kompartment-Syndrome der Hand (5)
Infektionen
- Ätiologie und Pathogenese von Infektionen der Hand
- konservative Behandlung bei Infektionen der Sehnen und Gelenke der Hand
- operative Eingriffe bei Infektionen, davon (20)
- Tiefe Wund- und Sehenscheideninfektionen (10)
- Paronychie, Panaritium (5)
- Osteomyelitis, septische Arthritis (5)
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen von systemischen entzündlichen Erkrankungen, Gichtarthropathien und Kollagenen an der Hand
- Eingriffe bei chronisch entzündlichen Erkrankungen, z.B. Tenosynovialektomien, Gelenksynovialektomien und Sehnenrekonstruktionen bei Rheuma (20)
Tumorerkrankungen
- Ätiologie und Pathogenese von Neoplasien der Hand
- Tumorresektion, davon
- Weichteiltumore (10)
- Knochentumore (5)
- tumorähnliche Läsionen, z.B. Ganglion (10)
- Teilnahme und Vorstellung von Patienten in interdisziplinären Tumorkonferenzen
- Erstellung von Nachsorgeplänen
- Tumorresektion, davon
Diagnostik
- anatomische und funktionelle Untersuchungstechniken an Hand und Handgelenk
- Indiktationsstellung und Befundinterpretation von bildgebenden Verfahren der Hand einschließlich MRT, CT, Angiographie und Sonographie
Handfehlbildungen
- Differentialdiagnose und Therapieoptionen von Handfehlbildungen einschließlich konservativer und operativer Therapiekontrolle
Knochen und Gelenke
- Ätiologie und Pathogenese von Verletzungen und degenerativen Schäden von Knochen und Gelenken
- konservative Frakturbehandlung (20)
- Luxationsbehandlung (5)
- diagnostische Nervenblockaden an Gelenken (5)
- operative Eingriffe, davon
- geschlossene Reposition und Fixierung (10)
- offene Reposition und Osteosynthesen (15)
- Korrekturosteotomien (5)
- Pseudoarthrosenbehandlung (10), davon Skaphoidpseudoarthrosen (5)
- Knochentransplantationen (10)
- Naht und sekundäre Rekonstruktionen der Seitenbänder und der Palmaren Platte (10)
- Naht und sekundäre Rekonstruktionen der Bänder des Handgelenks (10)
- Enervierungen (6)
- Arthrosen (5)
- Arthroplastiken (10)
- Arthrosen und Teilarthrodesen (15)
- diagnostische und therapeutische Arthroskopien (20)
Periphere Nerven und Gefäße
- Grundlagen der elektrophysiologischen Untersuchungen an peripheren Nerven
- Ätiologie und Pathogenese von traumatischen Schäden und Kompressionsyndromen
- Operative Eingriffe, davon
- mikrochirurgische Wiederherstellung von Stammnerven (5)
- mikrochirurgische Wiederherstellung von Digitalnerven (15)
- Nervenrekonstruktion mit Transplantat oder Transposition (5)
- Neurolysen (5)
- Neuromresektion (5)
- bei Karpaltunnelsyndrom (10)
- bei Rezidiv-Karpaltunnelsyndrom (5)
- bei Nervenkompressionssyndromen anderer Lokalisation, z.B. Ulnarisrinnensyndrom, Pronator-teres-Syndrom, Supinatorsyndrom (10)
- mikrochirurgische Arterien- oder Venennähte (nicht bei Replantationen/Revastkularisationen) oder Gefäßrekonstruktionen bei Veneninterponaten (15)
- Replantationen oder Revaskularisationen (5)
- Operative Eingriffe, davon
Haut- und Weichteilmantel der Hand
- Äthiologie und Pathogenese von Schädigungen des Haut- und Weichteilmantels der Hand
- Operative Eingriffe, davon:
- freie Hauttransplantationen (10)
- gestielte lokale Lappenplastiken (10)
- gestielte Fernlappenplastiken oder freie Lappenplastiken (5)
- partielle Aponeurektomien bei Morbus Dupuytren (10)
- Rezidiv-Operationen bei Morbus Dupuytren (5)
- Operative Eingriffe, davon:
Sehnen
- Ätiologie und Pathogenese von traumatischen und degenerativen Sehnenschäden der Hand einschließlich Sehnenengpass-Syndromen
- Grundlagen und Techniken der Versorgung von Sehnenverletzungen einschließlich differenzierter Nachbehandlungskonzepte
- Operative Eingriffe, davon:
- Ringbandspaltungen (10)
- Beugesehnennähte (15)
- Strecksehnennähte (15)
- Sehnenrekonstruktionen mit Transplantat und Ringbandrekonstruktionen (5)
- Tenolysen (10)
- Sehnenumlagerungen als motorische Ersatzoperationen (5)
- Operative Eingriffe, davon:
Prävention, Rehabilitation und Nachsorge
- Maßnahmen zur Vermeidung von Kontrakturen und Bewegungsstörungen nach Verletzungen, bei degenerativen Veränderungen und bei komplexen regionalen Schmerzsyndromen
- Indikationsstellung, Planung und Überwachung physikalischer Therapiemaßnahmen, z.B. bei komplexen regionalen Schmerzsyndromen
- Indikationsstellung, Planung und Überwachung der Rehabilitation und Nachsorge bei Verletzungen und Erkrankungen der Hand
Abschluss: Logbuch und Prüfung
Wenn alle Ausbildungsabschnitte abgeschlossen sind, kann die Anmeldung für die Schwerpunktprüfung Handchirurgie erfolgen. Dafür ist das ausgefüllte Logbuch bei der zuständigen Ärztekammer einzureichen. Das Führen des Logbuchs (meist digital als eLogbuch) ist demnach verpflichtend, die entsprechenden Ausbildungsabschnitte sind zu dokumentieren und von den Weiterbildungsberechtigten gegenzuzeichnen.
Die Prüfung wird bei der jeweils zuständigen Landesärztekammer abgelegt. Im Zuge der kommissionellen Prüfung wird, wie bei der Facharztprüfung, das theoretische Wissen anhand Fallbeispielen aus der Praxis abgefragt. Die Bundesärztekammer schreibt eine Dauer von mindestens 30 Minuten vor. Registrierung und Anmeldung für das eLogbuch sind über die Online-Portale der Landesärztekammern möglich.
Karrieremöglichkeiten als Handchirurg/in
Durch die Zusatzweiterbildung Handchirurgie eröffnen sich chirurgisch tätigen Fachärzten/-innen viele neue Karrieremöglichkeiten. Speziell ausgebildete Handchirurgen/-innen werden häufig händeringend gesucht. Dabei gibt es sowohl stationär, als auch ambulant hervorragende Karrieremöglichkeiten, denn handchirurgische Eingriffe lassen sich sehr häufig auch gut ambulant versorgen.
Handchirurgen/-innen sind in handchirurgischen Spezialabteilungen größerer Kliniken tätig, decken das handchirurgische Spektrum in kleineren Häusern ab oder arbeiten ambulant in medizinischen Versorgungszentren oder Schwerpunktpraxen.
Gehaltsperspektiven als Handchirurg/in
Handchirurgen/-innen verdienen durchschnittlich zwischen 6.400 und 8.400 Euro brutto pro Monat. In Krankenhäusern und vielen Einrichtungen erfolgt die Bezahlung der Fachärzte/-innen nach Tarifverträgen. Dabei schwankt das Facharzt-Gehalt in Abhängigkeit von der speziellen Einrichtung oder dem Dienstgrad. Entsprechend höher fällt dies für Leitende Ärzte/-innen aus. Auch individuelle Absprachen können Einfluss auf die Höhe des Gehalts haben. Dies ist meist bei leitenden Oberärzten/-innen und Chefärzten/-innen der Fall. Diese Karrierelevel setzen Erfahrung, Kompetenz und Weiterbildungen voraus.
Passende Ärztestellen finden
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte und Ärztinnen in Deutschland. In der Stellensuche finden sich täglich zahlreiche Assistenzarzt-Stellen sowie Jobs für Fachärzte/-innen, Oberarzt-Stellenangebote und Stellen für Chefärzte/-innen.
Häufige Fragen zu Handchirurgie
- Was ist Handchirurgie?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Handchirurgie?
- Wie lange dauert die Zusatzweiterbildung Handchirurgie?
Die Handchirurgie befasst sich mit der operativen Versorgung von Erkrankungen, Verletzungen oder Fehlbildungen der Hände.
Wer Facharzt/-ärztin für bestimmte chirurgische Fachgebiete ist und 24 Monate Zusatzweiterbildung in der Handchirurgie absolviert hat, darf nach bestandener Prüfung die Zusatzbezeichnung als Handchirurg/in tragen.
Die Zusatzweiterbildung Handchirurgie dauert insgesamt 24 Monate.













