Deutschlandweit gibt es rund 700 Ärzte/-innen, die eine Zusatz-Weiterbildung in Flugmedizin, zusätzlich zu ihrer fachärztlichen Ausbildung, abgeschlossen haben. Von großer Bedeutung ist tiefgründiges Wissen über die speziellen Anforderungen und Herausforderungen (sowohl physiologisch als auch psychologisch) an Flugpersonal, um einen sicheren Transport von Patienten/-innen mittels Lufttransport zu ermöglichen.
In den Zuständigkeitsbereich eines/-r Flugmediziners/-in fällt ebenso die Sicherstellung des Wohlbefindens von Flugzeugbesatzungen, Astronauten/-innen, Passagieren/-innen und Fluglotsen/-innen im Luft- bzw. Weltraum. Im folgenden Beitrag werden die Inhalte und Voraussetzungen für den Erwerb einer Zusatzbezeichnung in Flugmedizin ebenso erklärt wie Karrieremöglichkeiten und Gehaltsperspektiven erklärt.
Inhaltsverzeichnis
Flugmedizin im Überblick
- Der Beginn der Flugmedizin geht auf das Jahr 1959 zurück.
- Die Möglichkeit einer Kurs-Weiterbildung in der Flugmedizin ist nur für abgeschlossene Facharztrichtungen der unmittelbaren Patientenversorgung gegeben.
- In Deutschland tragen 700 Fachärzte/-innen die Zusatzbezeichnung Flugmedizin (Stand 2022) und sind in der zugrundeliegenden Kammer registriert.
- Innerhalb einiger Kammerbezirke ist die Weiterbildung in Flugmedizin nur möglich, wenn Fachärzte/-innen selbst in Besitz eines Flugscheines sind und genügend Erfahrung in einem Cockpit nachweisen können.
Die Bedeutung des Fachgebiets Flugmedizin
Der Mensch ist aufgrund evolutionärer Anpassung für ein Leben auf dem Boden ausgestattet. Durch den Fortschritt technischer Entwicklungen und Möglichkeiten, sind wir mittlerweile in der Lage, gewohntes Terrain zu verlassen und uns in die Lüfte begeben. Mittlerweile reicht die Distanz sogar bis in den Weltraum, in dem ein Mensch ohne die nötige Ausrüstung keinerlei Überlebenschancen hätte. Exakt hier setzt die Flugmedizin an und untersucht, welche Auswirkungen dies auf den menschlichen Körper hat.
Die Weiterbildung in Flugmedizin liefert eine Spezialisierung in diesem Gebiet, in dem Fachärzte/-innen häufig als eine Art Arbeitsmediziner/in und medizinischer Sachverständige/r tätig sind. Dazu zählen sowohl Piloten/-innen als auch Astronauten/-innen und Flugbegleiter/innen. Eine Reihe von Ärzten/-innen, welche die Zusatzbezeichnung Flugmedizin tragen, agieren als Sachverständige und führen für die oben erwähnten Berufsgruppen Flugtauglichkeitsuntersuchungen durch.
Piloten/-innen tragen eine große Verantwortung, Menschen auf dem Luftweg sicher an ihr Ziel zu bringen. Dies erfordert regelmäßig stattfindende, ärztliche Untersuchungen. Hinzu zählt auch die augenärztliche Untersuchung. Ab einem Alter von 40 Jahren findet zweimal jährlich eine flugmedizinische Untersuchung statt, für jüngere Piloten/-innen einmal jährlich.
Trägt ein/e Arzt/Ärztin die Zusatzbezeichnung Flugmedizin, fallen auch Passagiere/-innen in deren Zuständigkeitsbereich. Zu ihren Tätigkeitsgebieten gehören z.B. Flugphysiologie, Thrombosen, Jetlag, Flugrettung und Flugangst.
Voraussetzungen für die Zusatz-Weiterbildung in Flugmedizin
Die Zusatzbezeichnung Flugmedizin erfolgt aufbauend auf eine Facharztausbildung im Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung. Entsprechend ist eine der folgenden Weiterbildungen abzuschließen:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Allgemeinmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Anästhesiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Chirurgie und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt /Fachärztin Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin Orthopädie und Unfallchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische Chirurgie
- Weiterbildung Facharzt /Fachärztin Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin Viszeralchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Humangenetik
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Angiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Gastroenterologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Infektiologie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Nephrologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Pneumologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Rheumatologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurochirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Nuklearmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Radiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Strahlentherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Transfusionsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatz-Weiterbildung Flugmedizin
Die Dauer der Weiterbildung in der Flugmedizin beinhaltet einen Umfang von 180 Stunden (gemäß § 4 Abs. 8) und setzt sich aus 3 Modulen zu jeweils 60 Stunden zusammen. Ein Überblick über die Module kann über das Kursbuch Flugmedizin der Bundesärztekammer entnommen werden. Diese dient allerdings nur zur groben Orientierung. Die Weiterbildungen liegen in der Verantwortung der Landesärztekammern. Entsprechend können sich Details ja nach Bundesland unterscheiden.
Inhalte der Weiterbildung Flugmedizin
Um die Zusatzbezeichnung Flugmedizin zu erhalten, müssen folgende Inhalte laut Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) absolviert werden (Zahlen in Klammern sind Richtwerte):
Übergreifende Inhalte der Zusatzweiterbildung Flugmedizin
- Luftrecht und andere für die Luft- und Raumfahrtmedizin relevante nationale und internationale Rechtsvorschriften
- Medizinische Anforderungen an fliegendes Personal und Fluglotsen
- Grenzen und Möglichkeiten der Verbesserung des menschlichen Leistungsvermögens
Luft- und Raumfahrtphysiologie
- Untersuchungstechniken einschließlich deren Anpassung an die Umgebungsbedingungen
- Besondere Aspekte der Höhenphysiologie, z. B. Hypoxie
- Mitwirkung an einer Sauerstoffmangeldemonstration
- Weltraumphysiologie
- Beschleunigungsphysiologie
- Besondere Aspekte der Sinnesphysiologie, z. B. Sinnestäuschungen
- Mitwirkung an einer Desorientierungsdemonstration oder Desorientierungssimulation
- Besondere Aspekte der Leistungsphysiologie
- Besondere Aspekte der Thermophysiologie/Strahlung
Flugpsychologie
- Prinzipien der Informationsverarbeitung und Kommunikation
- Induktion, Strategien zur Reduzierung menschlicher Fehler und ihrer Auswirkungen (human factors)
- Ursachen und Therapieoptionen der Flugangst
- Grundlagen des Crew Ressource Managements (CRM)
- Gesprächsführung in Krisensituationen, z. B. Critical Incidence Stress Management (CISM)
Flugmedizinische Untersuchung
- Beurteilung der Leistungsfähigkeit und der fliegerischen Eignung sowie Fliegertauglichkeit gemäß nationaler und internationaler rechtlicher Voraussetzungen zur Durchführung von flugmedizinischen Untersuchungen unter Berücksichtigung von Vorerkrankungen und Risikofaktoren, auch in interdisziplinärer Zusammenarbeit (Richtzahl: 30)
- Flugmedizinisch relevante Wirkungen und Nebenwirkungen häufig verordneter Medikamente
- Einfluss von Alkohol, Drogen und sonstigen psychoaktiven Stoffen
- Indikationsstellung zur weiterführenden Behandlung bei Sucht und Abhängigkeit
Tropen- und reisemedizinische Aspekte der Flugmedizin
- Tropen- und reisemedizinische Besonderheiten für Flugpersonal und Passagiere, insbesondere hinsichtlich der Flieger- und Flugreisetauglichkeit
- Flugmedizinische Beratung von Fernreisenden einschließlich des Flugpersonals über Malariaprophylaxe, Einreisebestimmungen, Hygiene- und Prophylaxemaßnahmen und Medikamentenanpassung bei Zeitverschiebung
- Maßnahmen bei Pandemien, z. B. Desinfektion im Luftfahrzeug
Beurteilung der Flug- und Reisetauglichkeit, insbesondere bei Vorerkrankungen und nach Operationen - Umgang mit FREMEC- und MEDA-Formularen der IATA für kranke und behinderte Passagiere
Medizinische Zwischenfälle an Bord
- Medizinische Versorgungsmöglichkeiten an Bord von Luftfahrzeugen
- Medizinische Bordausrüstung
- Erste-Hilfe-Maßnahmen mit Bordmitteln unter Berücksichtigung der Besonderheiten an Bord
Lufttransport Verletzter und Kranker
- Grundlagen des Lufttransports Verwundeter und Kranker im zivilen und militärischen Bereich
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Planung, Organisation und Dokumentation von Lufttransporten
Arbeitsmedizinische Aspekte der Flugmedizin
- Technische, ergonomische und arbeitsphysiologische Grundlagen an verschiedenen Arbeitsplätzen, z. B. Cockpit, Kabine, Flugsicherung
- Arbeitsplatz-Begehung von Fluglotsen (Richtzahl: 5)
- Besondere Belastungen des fliegenden Personals, z. B. bei Zeitverschiebung, Lärm, Vibration
- Erfahrung in großen Verkehrsflugzeugen, auch über mehrere Zeitzonen
- Erfahrung in Luftfahrzeugen, spezifisch leichter oder schwerer als Luft, mit oder ohne Kraftantrieb
Flugunfallmedizin, Flugunfalluntersuchung
- Risiken von und Maßnahmen bei Flugunfällen
- Toxische Risiken, z. B. Verbundstoffe, Flugbetriebsstoffe, CO, Cyan, Hydracin
- Brandbekämpfung und Explosionsgefahr
- Grundlagen der Flugunfallbearbeitung, Zusammenarbeit mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen
Logbuch zur Zusatz-Weiterbildung Flugmedizin
Das Logbuch dient der genauen Dokumentation der in der Weiterbildungsordnung vorgeschriebenen Inhalte und ist, wie auch schon während der Facharztausbildung, ein essenzieller Bestandteil für die Weiterbildung in der Flugmedizin. Neben den erworbenen Weiterbildungsinhalten werden im Logbuch zudem die erbrachten Leistungszahlen (Richtzahlen) dokumentiert.
Für die Anmeldung zur Abschlussprüfung muss das vollständig ausgefüllte Logbuch bei der jeweils zuständigen Ärztekammer abgegeben werden. Die Bundesärztekammer bietet ein Muster-Logbuch für die Weiterbildung Flugmedizin zum Download an. Registrierung und Anmeldung für das eLogbuch erfolgt über die Online-Portale der Landesärztekammern.
Prüfung/Abschluss der Zusatz-Weiterbildung Flugmedizin
Die Prüfung, die Kandidaten/-innen das Tragen der Zusatzbezeichnung Flugmedizin ermöglicht, wird bei der jeweils zuständigen Ärztekammer abgelegt. Im Zuge der kommissionellen Prüfung wird, ähnlich wie bei der Facharztprüfung, das theoretische Wissen, verknüpft mit Fallbeispielen aus der Praxis, abgeprüft. Eine Dauer von 30 Minuten darf bei der Prüfung nicht unterschritten werden.
Nach erfolgreichem Abschluss sind Absolventen/-innen befähigt, die Zusatzbezeichnung Flugmedizin zu tragen und die damit verbundenen Tätigkeiten auszuüben. Die Anmeldung zur Prüfung ist nur mittels vollständig ausgefülltem Logbuch möglich.
Gehaltsperspektiven als Flugmediziner/in
Mit Stand 2023 verdienen Fachärzte/-innen mit der Zusatzbezeichnung Flugmedizin zwischen 6.400 und 8.400 EUR brutto pro Monat. Das tatsächliche Entgelt richtet sich nach vorhandener Berufserfahrung und den jeweils zugrunde liegenden Tarifverträgen für Ärzte/-innen. Hier ist vor allem die Position als Facharzt/-ärztin auschlaggebend. Die Zusatz-Weiterbildung erweitert die Karrieremöglichkeiten und je nach Art der Beschäftigung auch zusätzliche bzw. alternative Einkommensmöglichkeiten.
Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung Flugmedizin
Fachärzte/-innen mit der Zusatz-Bezeichnung Flugmedizin können sowohl in einer eigenen Praxis als selbstständige/r Arzt/Ärztin tätig sein als auch als angestellte/r Arzt/Ärztin in einer Gemeinschaftspraxis. Überdies bietet sich jedoch auch eine Karrieremöglichkeit als Arzt/Ärztin bei der Bundeswehr oder der Raumfahrt. Einige Ärzte/-innen mit der Zusatzbezeichnung Flugmedizin sind bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) tätig. Im Zuge der Tätigkeit untersuchen die Flugmediziner/innen unter anderem das Phänomen der Schwerelosigkeit, die Zusammensetzung der Atmosphäre, sowie einfallende Strahlung auf den Körper eines menschlichen Individuums.
Eine Untersuchung zur Flugtauglichkeit kann ausschließlich durch einen amtlich anerkannten Flugmedizinischen Sachverständigen (umgangssprachlich: Fliegerarzt) entsprechend den amtlichen Tauglichkeitsrichtlinien durchgeführt werden. Die Sachverständigen befinden sich in Deutschland entweder in einem der sieben Aeromedical Center (AeMC) oder in einer Fliegerärztlichen Untersuchungsstelle der Klasse 1 und 2.
Weiterbildungskurse für Fliegerärzte/-innen finden in Deutschland bei der Lufthansa und der Bundeswehr statt. Diese allein berechtigen allerdings nicht zur Leitung einer Fliegerärztlichen Untersuchungsstelle. Die Zulassung erfolgt ausschließlich durch das Luftfahrt-Bundesamt für die Aeromedical Center und die Flugmedizinischen Sachverständigen der Klasse 1 und 2 (bzw. durch bei Bundeswehrangehörigen über das Luftfahrtamt der Bundeswehr).
Passende Stellen als Flugmediziner/in finden
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte und Ärztinnen in Deutschland. In der Stellensuche finden sich täglich zahlreiche Assistenzarzt-Jobs sowie Stellen für Fachärzte/-innen, Oberarzt-Stellenangebote und Jobs für Chefärzte/-innen.
Häufige Fragen zu Flugmedizin
- Was ist Flugmedizin?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Flugmedizin?
- Wie lange dauert die Weiterbildung Flugmedizin?
Unter Flugmedizin kann eine Teildisziplin der Medizin bezeichnet werden, die sich vorwiegend mit der Raum- und Luftfahrtmedizin beschäftigt. Fachärzte/-ärztinnen mit der Zusatzbezeichnung Flugmedizin befassen sich mit medizinischen und physikalischen Besonderheiten bei einem Aufenthalt im Welt- oder Luftraum und den damit verbundenen Auswirkungen auf den menschlichen Körper.
Um die Zusatzbezeichnung Flugmedizin zu erhalten, muss ein Studium der Humanmedizin mit anschließender Facharztausbildung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Dauer der Weiterbildung umfasst das Ausmaß einer 180-stündigen Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8.