Die Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin umfasst in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Beurteilung, Beratung und Betreuung gesunder und kranker Menschen im Kontext von körperlicher Aktivität, Inaktivität sowie Training im Leistungs-, Breiten-, Rehabilitations- und Behindertensport. Seit dem Jahr 2018 ist die Bezeichnung „Sportmediziner/in“ geschützt und darf nur nach der entsprechenden Weiterbildung getragen werden.
Inhaltsverzeichnis
Ärzte in der Sportmedizin betreuen eine Vielzahl unterschiedlicher Patienten/-innen. Sowohl Profis im Hochleistungssport wie Fußball, Handball oder Turnen als auch Freizeitsportler und Couch-Potatos profitieren von dem sportlichen Fachwissen der ausgebildeten Mediziner/innen. Neben der sportärztlichen Tätigkeit in einem Sportverein stehen Ärztinnen und Ärzte mit Zusatzbezeichnung als Sportmediziner/in für generelle Leistungschecks bei Freizeitsportlern/-innen zur Verfügung. Auch Menschen, die zunächst nichts mit Sport zutun haben, ihr Leben jedoch aktiver gestalten möchten, gehören zu ihrem Klientel. Viele Sportmediziner/innen sind zum Beispiel in der Rehabilitation tätig und helfen Menschen nach einer Verletzung wieder auf die Beine zu kommen.
Meist sind Ärzte/-innen, die den Bereich der Sportmedizin wählen, selbst begeisterte Sportler/innen und möchten einen Teil ihres Hobbys in den Beruf einbringen. Neben der behandelnden Tätigkeit, die bei vielen Facharztrichtungen im Vordergrund steht, spielt die Prävention in der Sportmedizin ebenfalls eine große Rolle.
Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin im Überblick
- Im Jahr 2022 waren insgesamt 17.679 Fachärzte/-innen mit der Zusatzweiterbildung Sportmedizin erfasst. Damit gehört die Sportmedizin zu den beliebtesten Top 5 der ärztlichen Zusatzweiterbildungen.
- Die überwiegende Mehrheit der berufstätigen Sportmediziner/innen (n=8.914) ist im ambulanten Bereich tätig.
- Es wird immer wieder diskutiert, ob die Sportmedizin als eine eigenständige Facharztausbildung auch in Deutschland eingeführt werden soll. In der DDR gab es bereits den Facharzt für Sportmedizin und viele andere europäische Länder bieten diese Qualifikationsmöglichkeit direkt nach dem Medizinstudium an. Allerdings werden diese nicht automatisch in Deutschland anerkannt.
Das Fachgebiet Sportmedizin
Die Sportmedizin gliedert sich inhaltlich in die Bereiche Diagnostik, Prävention und Therapie. Personen, die im Rahmen der Sportmedizin behandelt werden, leiden beispielsweise an Adipositas, Diabetes, Hypertonie, koronarer Herzerkrankung, Darmerkrankungen, Erkrankungen des Pankreas oder der Leber. Für viele Krankheitsbilder gibt es spezielle Leitlinien zur enteralen und parenteralen Ernährung. Grundsätzlich dient die Sportmedizin aber sowohl gesunden und kranken Menschen und ist auch für viele Fachrichtungen eine sehr sinnvolle Ergänzung des fachlichen Spektrums und erweitert somit auch den Patientenkreis.
Fachärzte/-innen für Orthopädie sind für die Verletzungen des Bewegungsapparates zuständig. Neben der operativen Vor- und Nachsorge kümmern sie sich um klassische chronische Sportverletzungen wie den Tennisarm (Epicondylitis humeri radialis oder lateralis).
Internisten/-innen beschäftigen sich dagegen eher mit der Physiologie des Körpers. Hierzu gehören die Leistungschecks, aber auch physiologische Veränderungen, die durch Sport entstehen können, wie zum Beispiel die Veränderung des Pulses oder des Blutdrucks.
Mit einer Facharztausbildung für Rehabilitative Medizin fällt die gesamte Nachsorge von Verletzungen in den Zuständigkeitsbereich eines/-r Facharztes/-ärztin mit der Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin.
Fachärzte/-innen für Allgemeinmedizin werden häufig sowohl für internistische als auch für orthopädische Tätigkeiten konsultiert.
In der Profisportbetreuung sind Sportmediziner/-innen nicht nur für die Prävention und Behandlung von Verletzungen zuständig. Sie übernehmen die Funktion eines/-r Hausarztes/-ärztin und entscheiden beispielsweise bei Erkrankungen, ob eine Trainingspause nötig ist. Da sie für die grundlegende Gesundheit der Sportler/-innen zuständig sind, arbeiten sie eng mit Trainern/-innen, Sportberatern/-innen und Physiotherapeuten/-innen zusammen.
Der Weg in die Sportmedizin – Voraussetzungen
Wer als Arzt/Ärztin in der Sportmedizin tätig sein möchte, muss ein sechsjähriges Studium der Humanmedizin abschließen. Im Anschluss erfolgt eine – je nach Fachrichtung 5 bis 6-jährige Facharztausbildung. Erst im Anschluss kann die Zusatzweiterbildung Sportmedizin erfolgen.
Dafür muss eine Facharztausbildung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung erfolgen:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Anästhesiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Chirurgie und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Orthopädie und Unfallchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische Chirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Viszeralchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Humangenetik
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Angiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Gastroenterologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Infektiologie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Nephrologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Pneumologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Rheumatologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurochirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Nuklearmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Radiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Strahlentherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Transfusionsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin
In der Zusatzweiterbildung Sportmedizin müssen weiterhin folgende Bestandteile abgeleistet werden:
- 240 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8 in Sportmedizin. Die Kurs-Weiterbildung kann durch 6 Monate Weiterbildung an einem sportmedizinischen Institut unter Befugnis an Weiterbildungsstätten ersetzt werden.
- 120 Stunden sportärztliche Tätigkeit in einem Sportverein oder einer anderen vergleichbaren Einrichtung
Wer noch ganz am Anfang der medizinischen Laufbahn steht, muss also von Beginn des Studiums bis zur ärztlichen Tätigkeit in der Sportmedizin bis zu 14 Jahre einzuplanen.
Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin
Folgende Inhalte sind in der Zusatzweiterbildung Sportmedizin enthalten und zu absolvieren. Zahlen in Klammern gelten als Richtwerte. Diese als auch die Inhalte laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) dienen der Orientierung. Die für ärztlichen Weiterbildungen zuständigen Landesärzterkammern können auch in Dauer und sonstige Regularien davon abweichen. Wir empfehlen eine individuelle Anfrage bei der betreffenden Landesärztekammer.
Grundlagen der Sportmedizin
- Spezielle anatomische, physiologische, biochemische und pathophysiologische Grundlagen in Ruhe und unter akuter bzw. chronischer Belastung sowie deren Anpassungsreaktionen
- Einfluss, Indikationen und Kontraindikationen von Bewegung und Sport auf verschiedene Erkrankungen
- Überlastungen, Risiken und Gefährdungen bei körperlicher Aktivität und Sport sowie präventive bzw. kompensatorische Maßnahmen
- Bewegungsspezifische Grundlagen, motorische Hauptbeanspruchungsformen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
- Sportartspezifische Techniken, Erscheinungsformen und Disziplinen der jeweiligen Sportarten und ihre sportmedizinische Relevanz
- Bewegungs- und Trainingslehre sowie Sportdidaktik und Sportmethodik
- Erfassung, Berücksichtigung, Einordnung und Bewertung akuter, chronischer und sportartspezifischer Belastungen aller beteiligter Organsysteme und deren Anpassungsreaktionen
- Beratung und Betreuung zu präventiven, therapeutischen und rehabilitativen Bewegungsangeboten
- Beurteilung von Rehabilitationsmaßnahmen und Belastbarkeit in den einzelnen Rekonvaleszenzphasen
- Durchführung relevanter allgemeiner und sportartspezifischer Messmethoden und deren Bewertung, z. B. Spiroergometrie, Feldstufentest, Laktatabnahme/Laktatmessung
Spezifische sportmedizinische Aspekte
- Besonderheiten von Geschlecht und Altersgang aller Organsysteme und Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit
- Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von Lebensalter, Geschlecht und sportlicher Aktivität
- Differenzierung zwischen entwicklungs-/altersbedingten, geschlechtsbezogenen Befunden (Altersinvolution/Trainingsmangel), Abweichungen von der Norm, Schwächen und Schäden der Organsysteme
- Einfluss extremer Umweltbedingungen und Umweltbelastungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit
- Besonderheiten von Impfungen im Zusammenhang mit körperlicher Aktivität und Sport
- Sportartspezifische Erste-Hilfe-Maßnahmen
Sportmedizinische Aspekte bei Erkrankungen
- Sportartspezifische Techniken von Sportarten für Menschen mit Behinderungen in ihren Erscheinungsformen und Disziplinen und ihre sportmedizinische Relevanz
- Betreuung von Menschen mit Behinderungen im Kontext körperlicher Aktivität und Sport
- Sportartspezifische Techniken von Sportarten für Menschen mit chronischen Erkrankungen in ihren Erscheinungsformen und Disziplinen und ihre sportmedizinische Relevanz
- Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei chronischen Erkrankungen
- Beratung und Betreuung von Personen mit funktionellen Beeinträchtigungen, Schäden und chronischen Krankheiten im Kontext körperlicher Aktivität und Sport
- Einfluss medikamentöser und physikalischer Therapie auf körperliche Aktivität und Sport
Ethische und rechtliche Aspekte der Sportmedizin und des Sports
- Ethik sowie (Haft-, Standes-)Recht in der (Sport-)Medizin und im Sport
- Strukturen und Organisation(en) des Sports und der Sportmedizin unter gesundheitlicher und gesellschaftlicher Perspektive
- Ernährung, Pharmaka, Dopingproblematik
- Grundlagen der Sporternährung (Makro-, Mikronährstoffe, Flüssigkeitsbedarf) unter Berücksichtigung verschiedener Leistungsklassen
- Beratung und Bewertung von sportgerechter Ernährung und Nahrungsergänzungsmitteln sowie mögliche Substitution
- Management und Bewertung erforderlicher Medikamenteneinnahme einschließlich exogener Hormongaben, z. B. Kontrazeptiva
- Medikamentenmissbrauch und Doping, rechtliche Grundlagen und Anti-Doping-Regularien sowie Nachweisverfahren
- Anti-Doping-Management
Praktische sportärztliche Tätigkeit in Vereinen oder vergleichbaren Institutionen
- Beratung und Betreuung von Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern, Menschen mit Behinderungen und Senioren in verschiedenen Gruppen, z. B. im Bereich Leistungs-, Breiten-, Rehabilitationssport (3)
- Sportmedizinische Bewertung der Bewegungs- und Trainingslehre, der Sportdidaktik und Sportmethodik
- Sportmedizinische Schulungsmaßnahmen von
Übungsleitern
Abschluss der Zusatzweiterbildung Sportmedizin
Der Abschluss der Zusatz-Weiterbildung Sportmedizin wird von der zuständigen Landesärztekammer anerkannt. Erfolgskontrollen oder Abschlussprüfungen finden je nach Einrichtung oder Kursanbieter in verschiedenem Rahmen statt. In der Regel als mündliches Fachgespräch vor einem Prüfungsausschuss. Auch praktische Prüfungen kommen vor. Die Vorgabe der Bundesärztekammer liegt bei einer Mindestdauer von 30 Minuten.
Prüfungszulassung nur mit Logbuch
Das Logbuch ist auch für die Zusatzweiterbildung Sportmedizin verpflichtender Bestandteil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. So wird von den Landesärztekammern das Führen eines Logbuchs vorgeschrieben.
Dieses gibt es in der Regel bei der zuständigen Ärztekammer als Muster-Logbuch bzw. wie mittlerweile fast überall Konsens: als digitales eLogbuch. Nur mit vollständig ausgefülltem Logbuch kann die Anmeldung zur Prüfung durchgeführt werden.
Karriere und Gehalt mit Zusatzbezeichnung Sportmediziner/in
Bei der Zusatzbezeichnung Sportmedizin handelt es sich nicht um eine Facharztausbildung. Die Bezahlung bei angestellten Fachärzten/-innen erfolgt in der Regel nach ihrer Einstufung in den entsprechenden Tarifverträgen für Ärzte/-innen. Am Facharzt-Gehalt ändert die Zusatzweiterbildung also zuerst nichts.
Allerdings verbessern Weiterbildungen die Chancen auf eine Karriere als Oberarzt/-ärztin und evtl. kann man so irgendwann Chefarzt/-ärztin werden. Dies bringt natürlich auch ein höheres Gehalt mit sich.
Niedergelassene Ärzte/-innen können mit der Zusatzbezeichnung eine Vergrößerung des Patientenstammes erreichen und ihre Arbeit abwechslungsreicher gestalten. Bei Fachärzten/-innen mit eigener Praxis sind die Verdienstmöglichkeiten für Sportmediziner/innen abhängig von ihrer Facharztqualifikation. Orthopäden/-innen verdienen z.B. meist mehr als Allgemeinmediziner/-innen. Mehr dazu hier: Gehalt Facharzt – Wie viel verdient ein Arzt mit eigener Praxis?