Die Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen spezialisiert Fachärzte/-innen auf die Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung der körperlichen, psychischen und sozialen Funktionen von Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder nach Unfällen. Die Bedeutung dieser Aufgabe wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger, da die Zahl der Menschen mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen steigt. Um diese Aufgabe professionell und erfolgreich zu bewältigen, ist eine fundierte Weiterbildung im Bereich Rehabilitationswesen unerlässlich. In diesem Text werden die verschiedenen Aspekte der Kurs-Weiterbildung im Rehabilitationswesen und die Karrieremöglichkeiten beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
Rehabilitationswesen im Überblick
- Anzahl Fachärztinnen und -ärzte: In Deutschland gibt es 2.810 Ärzte/-innen mit der Zusatzbezeichnung Rehabilitationswesen, wovon 1817 berufstätig sind. Davon sind 662, also rund 36 Prozent, ambulant tätig, während 797, also 44 Prozent, im stationären Bereich arbeiten.
- Voraussetzung: Die Zusatzbezeichnung kann nach Abschluss einer Facharztausbildung in der direkten Patientenversorgung erwerben.
- Dauer: Die Weiterbildungszeit für das Rehabilitationswesen beträgt 320 Stunden Kursweiterbildung, hinzu kommt die praktische Weiterbildungszeit.
Das Fachgebiet Rehabilitationswesen
Die Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen befähigt in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Einleitung und Koordination von Rehabilitationsmaßnahmen zur beruflichen und sozialen (Wieder-)Eingliederung von Patienten/-innen im Rahmen interdisziplinärer und interprofessioneller Zusammenarbeit einschließlich der damit zusammenhängenden Begutachtung. Ziel der Rehabilitation ist es, die Selbstständigkeit und Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Ein/e Rehabilitationsmediziner/in kann zum Beispiel Patienten/-innen mit Rückenleiden, Amputationen, Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfällen oder nach Unfällen behandeln. Neben der medizinischen Behandlung spielen auch physiotherapeutische, ergotherapeutische, logopädische und psychosoziale Aspekte eine wichtige Rolle.
Voraussetzungen für die Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen
Um die Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen absolvieren zu können, muss man Facharzt/-ärztin sein und eine abgeschlossene Weiterbildung in einem Fachbereich der direkten Patientenversorgung besitzen.
Weiterbildungen für Fachärzte/-innen aus dem Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung sind:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Allgemeinmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Anästhesiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Chirurgie und ihre Teilgebiete
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Humangenetik
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und ihre Teilgebiete
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurochirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Nuklearmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Radiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Strahlentherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Transfusionsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen
Die Weiterbildungszeit der Zusatzweiterbildung Rehabilitationswesen kann variieren. Die Mindestanforderung der Kurs-Weiterbildung laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) beträgt 320 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8 in Rehabilitationswesen (davon 160 Stunden gemeinsame Kurs-Weiterbildung Rehabilitationswesen und Sozialmedizin plus 160 Stunden spezifische Kurs-Weiterbildung in Rehabilitationswesen).
Inhalte der Weiterbildung Rehabilitationswesen
Folgende Weiterbildungsinhalte auf dem Weg zur Zusatzbezeichnung Rehabilitationswesen sind zu durchlaufen. Bei den Zahlen in Klammern handelt es sich um Richtzahlen laut MWBO. Dabei gibt es gemeinsame Inhalte (GI) mit der Zusatz-Weiterbildung für Sozialmediziner/innen und Spezifische Inhalte (SI) für Rehabilitationswesen. Je nach zuständiger Landesärztekammer kann es zu Unterschieden kommen.
GI Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Rehabilitationswesen
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Ethische und juristische Aspekte für die Tätigkeit als Sachverständiger
- Begriffsbestimmung und Konzepte der Sozial- und Rehabilitationsmedizin einschließlich der Behindertenrechtskonvention der UN
- Begriffs-Definition und Abgrenzung der Gesundheitsstrategien Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Anwendung des biopsychosozialen Modells der WHO bei der Beurteilung von Funktionsfähigkeit unter Berücksichtigung von Kontextfaktoren sowie Erstellung von Funktionsdiagnosen
GI Soziale Sicherungssysteme und Versorgungsstrukturen
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Prinzipien des Gesundheits- und Sozialsystems und deren Interaktion
- Epidemiologie, Dokumentation, Statistik und Gesundheitsberichterstattung
- Sozialleistungsträger und ihre Aufgaben und Schnittstellen gemäß Sozialgesetzbuch
- Strukturen und Aufgaben privater Versicherungen zur sozialen Absicherung
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Anwendung des trägerübergreifenden Teilhabebegriffs und Steuerung von trägerspezifischen und trägerübergreifenden Teilhabeleistungen
- Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und leistungsrechtlichen Begriffe im gegliederten System der sozialen Sicherung
GI Grundsätze der Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Leistungsarten, Leistungsformen und Organisation einschließlich Modellen der Prävention und Gesundheitsförderung
- Organisationen und Institutionen in der Rehabilitation einschließlich Einrichtungen der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation
- Theoriemodelle der Rehabilitation und Grundlagen der internationalen Richtlinien und Empfehlungen zu Behinderung und Rehabilitation
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Begehung von Einrichtungen (6), davon
- Betriebe
- Rehabilitationseinrichtungen (2)
- Berufsförderungswerke
- Einrichtungen der sozialen Rehabilitation
SI Begutachtung und Steuerung von Leistungen zur Rehabilitation
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Leistungsformenübergreifende Rehabilitationsplanung, Koordination der Leistungen, interdisziplinäre und intersektorale Zusammenarbeit
- Wesentliche Gesetze und Richtlinien, insbesondere Sozialgesetzbuch, Heil- und Hilfsmittelrichtlinien
- Institutionen der rechtlichen Auseinandersetzung, z. B. Schlichtungsstellen, Gerichte sowie deren Arbeitsweise
- Aufgaben und Interaktion der Berufsgruppen im Rehabilitationsteam
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Gutachtenerstellung in Gerichts- und Schlichtungsverfahren (2)
- Gutachtenerstellung nach den Anforderungen der Leistungsträger (3)
- Indikationsstellung und Beratung zu rehabilitativen Leistungen bei Personen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern
- Erstellung und kontinuierliche Anpassung von Rehabilitationsplänen einschließlich Case Management
- Schnittstellenmanagement im Versorgungssystem
- Leitung und Koordination eines interprofessionellen und patientenzentrierten Rehabilitationsteams einschließlich der Angehörigenarbeit (30)
SI Medizinische Rehabilitation
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Versorgungsformen und Phasenmodelle der Rehabilitation einschließlich der Frührehabilitation, stationärer oder ganztags ambulanter Anschlussrehabilitation sowie Heilverfahren
- Formen und Inhalte der rehabilitativen Langzeitversorgung und Nachsorge
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Planung, Koordination und Beurteilung von stationären oder ganztags ambulanten Anschlussrehabilitationen und/oder Heilverfahren in Rehabilitationseinrichtungen (50), insbesondere
- patientenorientierte Rehabilitationsdiagnostik einschließlich indikationsbezogener Auswertung von Assessmentinstrumenten zur Selbst- und Fremdeinschätzung
- Indikationsstellung, Einleitung und Verlaufsbeurteilung von Therapien
-
- Planung, Koordination und Beurteilung von Leistungen zur Teilhabe in der Langzeitversorgung von Menschen mit chronischen Krankheiten und langfristigen Behinderungen (20), insbesondere
- Verordnung von Nachsorgemaßnahmen wie Funktionstraining bzw. Rehabilitationssport
- Beurteilung des Leistungsvermögens, der Arbeitsunfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit
SI Schulisch-pädagogische, berufliche und soziale Rehabilitation
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Versorgungsformen und Zugangskriterien der schulisch-pädagogischen Rehabilitation
- Grundlagen des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie der Schnittstellen zu anderen präventiven und rehabilitativen Maßnahmen
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Koordination von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in verschiedenen Einrichtungen der sozialen Rehabilitation
- Indikationsstellung und Einleitung beruflicher und/oder arbeitsplatzorientierter Rehabilitationsleistungen (20)
SI Technische Hilfen
Kognitive und Methodenkompetenz – Kenntnisse
- Technische Hilfen und Hilfsmittel für die Teilhabe am Arbeitsleben sowie für Aktivitäten des täglichen Lebens und der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
- Wirkungen und Verordnung körpernaher Hilfsmittel (Orthesen) sowie Grundlagen der Funktionsweise von Prothesen
- Grundlagen der Kommunikationstechnologien und assistierter Technologien
Handlungskompetenz – Erfahrungen und Fertigkeiten
- Erarbeitung von individuellen Empfehlungen für technische Hilfen und Adaptationen am Arbeitsplatz und/oder in der Wohnung (5)
Prüfung / Abschluss
Nach erfolgreicher Absolvierung aller Weiterbildungsabschnitte und einer anschließenden Prüfung erhalten die Fachärzte/-innen die Zusatzbezeichnung im Fach Rehabilitationswesen. In der Prüfung werden die erlernten Inhalte abgefragt und so die notwendige Fachkompetenz bescheinigt. Dabei wird sich an praktischen Themen wie der direkten Patientenbetreuung orientiert.
In der Regel dauert die Prüfung mindestens 30 Minuten und findet vor einem Prüfungsausschuss statt. Dieser führt ein Fachgespräch mit dem/-r zu Prüfenden und stellt in manchen Fällen noch praktische Aufgaben. Generell sollte man sich vor der Prüfung auf der Webseite der jeweiligen Landesärztekammer informieren.
Verpflichtend: Das eLogbuch
Um die erlernten Inhalte und absolvierten Kurse für die Zusatzbezeichnung Rehabilitationsweisen nachzuweisen, sind Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung verpflichtet, ein Logbuch zu führen. Dieses muss nach Abschluss der Weiterbildungszeit ausgefüllt an die zuständige Ärztekammer gesendet werden. Das Logbuch enthält alle geforderten und dokumentierten Inhalte und Kenntnisse, die im Rahmen der Zusatzweiterbildung vermittelt wurden. Als sogenanntes eLogbuch wird es mittlerweile digital geführt.
Registrierung und Anmeldung sind über die Online-Portale der Landesärztekammern möglich.
Karrieremöglichkeiten als Facharzt/-ärztin für Rehabilitationswesen
Besonders gefragt sind die spezialisierten Ärzte/-innen mit Weiterbildung Rehabilitationswesen in Rehabilitationskliniken und Rehabilitationseinrichtungen, die auf einzelne Fachbereiche wie beispielsweise neurologische oder orthopädische Erkrankungen spezialisiert sind. Hier kann man als Facharzt/-ärztin eine leitende Position einnehmen oder eigene Schwerpunkte in der Arbeit setzen.
Ein großer Teil der Spezialisten/-innen entscheidet sich für die Arbeit in einer stationären Einrichtung, unter anderem aufgrund der im Vergleich zur Akutmedizin oft deutlich angenehmeren Arbeitszeiten und der engeren Patientenbetreuung im Vergleich zum ambulanten Bereich.
Dennoch bieten sich auch in der ambulanten Versorgung interessante Karrieremöglichkeiten, beispielsweise in Praxen oder Versorgungszentren, die sich auf die Rehabilitationsmedizin spezialisiert haben und eine Bandbreite an Berufsgruppen und Fachbereichen zusammenführen. Hier werden Patienten/-innen oft langfristiger begleitet, was zu einer engeren Arzt-Patienten-Beziehung führt.
Für welchen Weg man sich auch entscheidet, durch den demografischen Wandel und den steigenden Bedarf an rehabilitativer Versorgung werden auch in Zukunft immer mehr Fachärzte/-innen für Rehabilitationswesen gesucht. Mit zusätzlichen spezialisierten Weiterbildungen kann man sich zudem auf bestimmte Erkrankungen oder Therapieformen fokussieren und sich so von anderen Fachärzten/-innen abheben. Dies verbessert Karrieremöglichkeiten, Praxiserfolg und Gehaltsaussichten.
Gehaltsperspektiven als Facharzt/-ärztin für Rehabilitationswesen
Das Gehalt von Fachärzten/-innen für Rehabilitationswesen orientiert sich in der Regel an den jeweiligen Tarifverträgen. Für Fachärzte/-innen schwankt dieses je nach Erfahrung zwischen 6.196 Euro und 8.078 Euro. Durch die erworbene Zusatzweiterbildung können jedoch besonders bei außertariflich bezahlten Verträgen wie denen für Oberärzte/-innen teilweise deutlich höhere Beträge verhandelt werden. Wer in der eigenen Praxis tätig ist, kann durch geschickte Leitung je nach Fachbereich ein Vielfaches der in der Klinik üblichen Beträge erwirtschaften.
In unserem Karrierebereich finden sich ausführliche Informationen zum den Themen Facharzt-Gehalt und Oberarzt-Gehalt sowie zum Verdienst als Chefarzt/-ärztin.
Passende Arztstellen finden
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